BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Wiebke Peperkorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom 2. Dezember 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 3. November 2022 hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
I. Der Vorlageantrag vom 10.2.2023 wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. d BAO in Verbindung mit § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.
Damit gilt die Beschwerde gemäß § 264 Abs. 3 Satz 3 BAO wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt.
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
1. Verfahrensgang und Sachverhalt
Strittig war im gegenständlichen Fall, ob bestimmte Ausgaben der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen waren.
Am 25.10.2022 brachte die Bf. einen Antrag auf Veranlagung der Einkommensteuer 2021 über FinanzOnline ein. Konkrete Ausgaben wurden darin nicht geltend gemacht.
Am 3.11.2022 erging der Einkommensteuerbescheid 2021, gegen den die Bf. am 2.12.2022 Beschwerde erhob. Im Zuge der Beschwerdeeinbringung legte die Bf. die Formulare L1, L1i, L1ab und L1d vor, die sie aus gesundheitlichen Gründen zuvor nicht habe einreichen können. Darüber hinaus legte sie Unterlagen betreffend ihre geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.1.2023 wurde der Einkommensteuerbescheid 2021 geändert, wobei nicht sämtliche der von der Bf. geltend gemachten Ausgaben berücksichtigt wurden.
Die Bf. brachte in der Folge am 10.2.2023 eine weitere Beschwerde ein, die vom Finanzamt als Vorlageantrag gewertet wurde.
Am 19.6.2023 legte die belangte Behörde die Beschwerde sowie die dazugehörigen Akten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Am 19.8.2024 langte beim Bundesfinanzgericht ein Schreiben der Bf. ein. Dieses hat den Betreff: "Zurückziehung Vorlagebericht / Beschwerde bzw. Zurückziehung Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht Außenstelle Graz".
In der Folge hält die Bf. darin fest:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
meine Beschwerde betreffend der Arbeitnehmerveranlagung 2021 beim Finanzamt Österreich, welche vom Finanzamt Österreich Dienststelle Waldviertel (FA23) an das Bundesfinanzgericht Außenstelle Graz im Juni 2023 vorgelegt wurde (siehe Vorlagebericht datiert mit 19.06.2023) ziehe ich hiermit - wie am 08.08.2024 telefonisch mit der zuständigen Bearbeiterin Frau ***A***, Tel: +***123456***, besprochen - zurück bzw. den Vorlagebericht datiert mit 19.06.2023 ziehe ich hiermit zurück.
Begründung:
Leider war ich über den Beschwerdeablauf beim Finanzamt in Unkenntnis und wusste nicht, dass eine zweite Beschwerde an das Bundesfinanzgericht mittels eines Vorlageberichts erfolgt. Da die zweite Beschwerde nun schon 1,5 Jahre her ist, ziehe ich den Vorlagebericht bzw. die Beschwerde zurück. (…)"
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Aktenteilen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I (Gegenstandsloserklärung)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) kommt es für die Beurteilung von Parteianträgen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes (vgl. VwGH 29.7.2020, Ra 2020/13/0046).
Parteierklärungen sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d.h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl. VwGH 29.7.2020, Ra 2020/13/0046 m.w.N.; 20.9.2023, Ra 2023/13/0063).
Bei undeutlichem Inhalt eines Anbringens ist die Behörde gehalten, die Absicht der Partei zu erforschen (vgl. wiederum VwGH 29.7.2020, Ra 2020/13/0046 m.w.N.).
Im gegenständlichen Fall ist das Schreiben der Bf. insoweit undeutlich, als sie einerseits den Vorlagebericht als auch die Beschwerde zurückzieht und sich hierbei nicht ausdrücklich auf die erste oder zweite Beschwerde bezieht.
Der Vorlagebericht erfolgte durch die belangte Behörde. Er dient dazu, den Verwaltungsgerichten den Überblick über das Beschwerdeverfahren zu erleichtern (vgl. VwGH 15.4.2025, Fr 2025/15/0007 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Bei der Beifügung eines Vorlageberichtes im Rahmen einer Beschwerdevorlage handelt es sich um die Erfüllung einer Rechtspflicht des Finanzamtes (VwGH 29.1.2015, Ro 2015/15/0001). Er kann vom Beschwerdeführer bzw. von der Beschwerdeführerin nicht zurückgenommen werden.
Allerdings kommt aus dem Schreiben der Bf. eindeutig hervor, dass sich diese bei den Begrifflichkeiten nicht sicher ist. Daher zieht sie auch ausdrücklich die Beschwerde zurück. Hier könnte fraglich sein, welche Beschwerde die Bf. gemeint hat.
Um den Parteiwillen zu erschließen ist auch die Begründung der Zurücknahme heranzuziehen, in der die Bf. auf ihre Unkenntnis verweist, nicht gewusst zu haben, dass eine zweite Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erfolgt und sie die Beschwerde (bzw. den Vorlagebericht) zurückziehe, weil die zweite Beschwerde nun schon 1,5 Jahre her sei.
Aus dieser Begründung kommt eindeutig hervor, dass die Bf. mit der Beschwerdezurücknahme ihre zweite Beschwerde meint.
Diese zweite Beschwerde wurde von der belangten Behörde im Rahmen der Auslegung als Vorlageantrag gewertet. Dies folgt daraus, dass gegen eine Beschwerdevorentscheidung keine Beschwerde gem. § 245 BAO möglich ist. Ist die Partei mit der ergangenen Beschwerdevorentscheidung nicht einverstanden, kann sie diese ausschließlich mit dem Rechtsbehelf des Vorlageantrags gem. § 264 BAO bekämpfen.
Aus der zweiten Beschwerde der Bf. vom 10.2.2023 kommt hervor, dass sie mit der ergangenen Beschwerdevorentscheidung nicht einverstanden ist, weshalb diese zu Recht von der belangten Behörde als Vorlageantrag gewertet wurde (vgl. die oben zitierte Rechtsprechung des VwGH zur Auslegung von Parteianbringen).
Diese als Vorlageantrag zu wertende zweite Beschwerde nahm die Bf. mit ihrem Schreiben vom 19.8.2024 zurück.
Dass nur diese als Vorlageantrag zu wertende zweite Beschwerde gemeint sein konnte, wird auch daraus deutlich, dass der ergangene Einkommensteuerbescheid noch nicht die von der Bf. im Zuge der (ersten) Beschwerde geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen als Ausgaben berücksichtigte. Es kann daher auch aus diesem Grund nicht im Interesse der Bf. sein, die erste Beschwerde zurückziehen zu wollen. Dies lässt sich aber auch aus ihrem Schreiben vom 19.8.2024 nicht ableiten, weil aus diesem eindeutig hervorgeht, (nur) das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht beenden zu wollen.
Gemäß § 264 Abs. 4 lit. d BAO kann ein Vorlageantrag zurückgenommen werden und sind für eine solche Zurücknahme die Bestimmungen des § 256 BAO sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 256 Abs. 3 BAO ist eine Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ( § 262 BAO) oder mit Beschluss ( § 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären, wenn sie zurückgenommen wird.
Aus der sinngemäßen Anwendung dieser Bestimmung ergibt sich, dass der Vorlageantrag (die zweite "Beschwerde") aufgrund der Zurücknahme mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären ist.
Gemäß § 264 Abs. 3 dritter Satz BAO gilt bei Zurücknahme eines Vorlageantrages die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt.
Da die Bf. mit Schreiben vom 19.8.2024 den Vorlageantrag betreffend den hier angefochtenen Bescheid zurückgezogen hat, war dieser gemäß § 264 Abs. 4 lit. d BAO i.V.m. § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos zu erklären.
3.2. Zu Spruchpunkt II (Unzulässigkeit einer Revision)
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Gegenstandsloserklärung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Klagenfurt am Wörthersee, am 18. August 2025