JudikaturBFG

RV/3100100/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
03. März 2025

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf_Adr***, vertreten durch ***RA***, ***RA_Adr***, betreffend Beschwerde vom 30. Juli 2024 gegen den Haftungsbescheid gem. § 9 BAO des Finanzamtes Österreich vom 28. November 2022, Steuernummer ***Bf_StNr***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

1. Mit Vorhalt vom 18.05.2022 wurde der Beschwerdeführer (Bf) als Vertreter iSd § 80 BAO der ***X_GmbH*** aufgefordert, die Erfüllung der ihm obliegenden abgabenrechtlichen Pflichten der GmbH, insbesondere die Gläubigergleichbehandlung bei der Verwendung der vorhandenen liquiden Mittel, nachzuweisen. Dem Bf wurde außerdem aufgetragen, zur Beurteilung der Einbringlichkeit der aushaftenden Abgabenschulden der GmbH bei ihm als Vertreter seine persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen.

Mit E-Mail vom 12.06.2022 wurde vorgebracht, der Abgabengläubiger sei allenfalls marginal schlechter gestellt worden als andere Gläubiger, der diesbezügliche Nachweis sei jedoch aufgrund des umfangreichen Haftungszeitraumes mit einem enormen Aufwand verbunden. Der Bf selbst verfüge über kein relevantes Vermögen, sei bereits 78 Jahre alt und gesundheitlich angeschlagen. Es werde angeboten, mit Unterstützung von dritter Seite eine Abschlagszahlung von 40 % in 12 Monatsraten zu leisten.

Die angeforderten Unterlagen wurden nicht vorgelegt; das Angebot der Abschlagszahlung wurde von der Abgabenbehörde mit Schreiben vom 03.11.2022 abgelehnt.

2. Mit Bescheid vom 28.11.2022, zugestellt am 07.12.2022, wurde der Bf zur Haftung für offene Abgabenschulden der ***X_GmbH*** iHv insgesamt € ***Betrag*** herangezogen.

3. Erstmals am 21.12.2022 richtete der rechtliche Vertreter des Bf per E-Mail ein Ersuchen um Verlängerung der Beschwerdefrist an die Abgabenbehörde. Derartige Fristverlängerungsansuchen, sämtliche per Mail, wurden über eineinhalb Jahre mehr oder weniger monatlich an die Abgabenbehörde gesendet. Seitens der Abgabenbehörde wurden ebenfalls E-Mails an den rechtlichen Vertreter, jeweils mit "Gewährung" der beantragten Fristverlängerung, retourniert.

Die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid wurde am 30.07.2024 eingebracht und mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.09.2024, zugestellt am 11.09.2024, als unbegründet abgewiesen.

4. Im Vorlageantrag vom 10.10.2024 wurde angeboten, die Unterlagen zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung bis 15.12.2024 vorzulegen, sowie die Meinung vertreten, eine Geltendmachung der Haftung gem. § 9 BAO für während der Corona-Zeit aufgelaufene Abgabenverbindlichkeiten habe im Ermessen zu unterbleiben.

5. Im Vorlagebericht vom 25.02.2025 wurde nunmehr auf die Unbeachtlichkeit von Anbringen per E-Mail im Geltungsbereich der BAO verwiesen und folglich die Zurückweisung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom 28.11.2022 beantragt.

II. Rechtliche Erwägungen

1. Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) grundsätzlich schriftlich einzureichen (Eingaben).

§ 86a Abs. 1 BAO sieht vor, dass Anbringen im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden können, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird.

Behördliche Fristen können verlängert werden, wenn vor Ablauf der Frist ein entsprechender Antrag gestellt wird (VwGH 16.12.1987, 85/13/0108; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 110 Anm 5). Fristverlängerungsanträge sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 BAO und müssen nach dieser Bestimmung in Verbindung mit § 86a BAO entweder schriftlich, per Fax oder über FinanzOnline gestellt werden. Ein per E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen (Eingabe) abhängig ist. Wird ein Anbringen (Eingabe) auf einem nicht zugelassenen Weg der Abgabenbehörde zugeleitet, so gilt es als nicht eingebracht. (VwGH 17.04.2023, Ra 2023/16/0016; 27.04.2017, Ra 2015/15/0007, VwGH 27.09.2012, 2012/16/0082, VwGH 28.05.2009, 2009/16/0031).

Für den Beschwerdefall folgt daraus, dass die vom rechtlichen Vertreter des Bf per E-Mail fortlaufend eingebrachten Ansuchen um Verlängerung der Beschwerdefrist eine solche fristverlängernde Wirkung nicht auszulösen vermochten, ungeachtet dessen, dass die Abgabenbehörde diese Wirkung durch ihre eigenen Mails suggeriert hat. Aus welchen Gründen die Abgabenbehörde den Mails des rechtlichen Vertreters zunächst die Eigenschaft von wirksam eingebrachten Anbringen beigemessen hat, muss dahingestellt bleiben.

Damit ist das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden: Die Einbringung am 30.07.2024 erfolgte verspätet, weshalb sie gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen war.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erübrigt sich somit.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage wurde im Beschwerdefall nicht aufgeworfen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Innsbruck, am 3. März 2025