JudikaturVwGH

Ro 2023/10/0022 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
12. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision der revisionswerbenden Partei C H W M U in W (P), vertreten durch Mag. Johannes Aigner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Gumppstraße 53, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. Juni 2023, Zl. W227 2236947 1/13E, betreffend Meldung gemäß §§ 27, 27a Hochschul Qualitätssicherungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Board der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. September 2020 wurde dem Antrag der revisionswerbenden Partei „auf Entscheidung über die Meldung“ hinsichtlich 19 aufgelisteter postgradualer Studiengänge gemäß §§ 27, 27a Hochschul Qualitätssicherungsgesetz (HS QSG) iVm § 3 Abs. 1 der Verordnung des Boards der AQ Austria über Meldeverfahren für Studien ausländischer Bildungseinrichtungen 2019 (§ 27 Meldeverodnung 2019) nicht stattgegeben (Spruchpunkt 1.) und die revisionswerbende Partei zum Ersatz der Kosten des Verfahrens gemäß § 20 Abs. 1 HS QSG iVm § 6 der § 27 Meldeverodnung 2019 in Höhe von € 3.000, verpflichtet (Spruchpunkt 2.).

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. Juni 2023 wurde die dagegen von der revisionswerbenden Partei erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.

4 Mit Schreiben vom 14. März 2025 teilte die belangte Behörde mit, dass sie mit Bescheid vom 22. Jänner 2025 die mit Bescheid vom 28. September 2020 getroffene abweisende Entscheidung über die Meldung gemäß § 27 Abs. 9 HS QSG iVm § 5 Abs. 2 der § 27 Meldeverodnung 2019 widerrufen habe. Dieser Bescheid vom 22. Jänner 2025 sei in Rechtskraft erwachsen. Unter einem wurde der Widerrufsbescheid vorgelegt.

5 Daraufhin wurde der revisionswerbenden Partei mit hg. Verfügung vom 20. März 2025 Gelegenheit gegeben, binnen einer Frist von zwei Wochen zur Frage der Gegenstandslosigkeit der vorliegenden Revision Stellung zu nehmen.

6 In ihrer Stellungnahme vom 4. April 2025 macht die revisionswerbende Partei geltend, es sei beim Verwaltungsgerichtshof ein näher genanntes Verfahren einer anderen revisionswerbenden Partei anhängig, das „die Frage der Eintragbarkeit akademischer Grade zum Gegenstand“ habe. Absolventen der revisionswerbenden Partei seien teilweise damit konfrontiert, dass ein Informationszentrum („Naric Austria“) sich auf die „revisionsgegenständliche Entscheidung der belangten Behörde“ beziehe und diese dazu verwende, „deren Ansicht zur Frage der Eintragbarkeit von akademischen Graden zu unterlegen“. Vor diesem Hintergrund sei „die Korrektur der ursprünglichen und verfahrensgegenständlichen Erledigung der belangten Behörde“ von großer Bedeutung. Das gegenständliche Verfahren habe somit „unabhängig [von] aktuellen Entwicklungen im Jahr 2025“ Auswirkungen auf das genannte [weitere] Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof sowie auf weitere Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten. Die höchstgerichtliche Beantwortung der gegenständlichen Rechtsfrage habe eine weit über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung „auch für völlig andere Rechtspersonen“, die inhaltliche Erledigung der Revision sei „aus Gründen der Rechtssicherheit“ unabhängig „von jüngsten Entwicklungen“ geboten. Das gegenständliche Verfahren sei „essenziell für andere Rechtspersonen“, zumal dieses auch für andere Verfahren betreffend die Frage der Eintragbarkeit von akademischen Graden „allenfalls positive Auswirkungen“ habe. In diesem Sinne sei keine Gegenstandslosigkeit gegeben.

7Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.

8Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur bei formeller Klaglosstellung, sondern auch bei „Gegenstandslosigkeit“ der Revision vorzugehen. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. VwGH 1.6.2023, Ra 2022/10/0207; 1.9.2022, Ra 2021/10/0008, 0009; 30.8.2021, Ro 2020/10/0011).

9Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung haben (vgl. nochmals VwGH 1.6.2023, Ra 2022/10/0207; 30.8.2021, Ro 2020/10/0011).

10 Ein derartiger Fall liegt hier mit Blick darauf, dass jener Bescheid vom 28. September 2020, der mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigt wurde, von der belangten Behörde nach Revisionserhebung rechtskräftig widerrufen und damit aus dem Rechtsbestand entfernt wurde, vor. Die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses könnte die Rechtsstellung der revisionswerbenden Partei nicht verbessern, zumal eine meritorische Entscheidung über die Beschwerde nicht mehr in Betracht kommt, da der Bescheid der belangten Behörde vom 28. September 2020 nicht mehr dem Rechtsbestand angehört. Es mangelt daher an einem Rechtsschutzinteresse (vgl. zu einer nachträglichen Nichtigerklärung eines erstinstanzlichen Bescheides VwGH 24.4.2007, 2006/05/0133). Mit dem oben (in Rz 6) wiedergegebenen Vorbringen der revisionswerbenden Partei wird zudem verkannt, dass die Frage der Gegenstandslosigkeit einer Revision ausschließlich aus der Sicht des Revisionswerbers zu prüfen ist (vgl. den zur Rechtslage vor der VerwaltungsgerichtsbarkeitsNovelle 2012 ergangenen, insoweit aber auf die geltende Rechtslage übertragbaren Beschluss VwGH 15.3.2011, 2009/05/0242, mit Verweis auf VwGH 17.5.1993, 91/10/0222). Auch ein weiterhin vorhandenes abstraktes Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage - mag sich diese auch in anderen Fällen stellen - ändert nichts an der Gegenstandslosigkeit der Revision, wenn das mit ihr verfolgte konkrete Rechtsschutzinteresse nicht (mehr) vorhanden ist. Es ist nämlich nur derjenige legitimiert, gegen das Erkenntnis oder den Beschluss eines Verwaltungsgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, dessen Rechtstellung je nachdem eine verschiedene ist, ob die bekämpfte Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird; zu einer lediglich abstrakt-theoretischen Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen (vgl. VwGH 30.11.2015, Ra 2015/08/0111, VwSlg. 19.255 A, mit Verweis auf VwGH 23.4.2015, Ro 2015/07/0001).

11Die Revision war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Revisionsverfahren einzustellen.

12Da nicht ohne Weiteres und daher nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand beurteilt werden kann, welchen Ausgang das Verfahren genommen hätte, wäre keine Gegenstandslosigkeit eingetreten, wurde gemäß § 58 Abs. 2 VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass ein Zuspruch von Aufwandersatz nicht stattfindet.

Wien, am 12. Mai 2025