JudikaturVwGH

Ro 2023/03/0031 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. September 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Mag. Samm und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des F H in S, vertreten durch die Hopmeier Wagner Kirnbauer Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Rathausstraße 15, gegen das am 31. Jänner 2023 verkündete und am 12. April 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, Zl. VGW 103/040/6451/2022 24, betreffend Ausfolgung von Waffen nach dem Waffengesetz 1996 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Über den Sohn des Revisionswerbers wurde am 15. Juli 2021 ein vorläufiges Waffenverbot gemäß § 13 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) ausgesprochen und es wurden vier Langwaffen, die im Waffenregister auf ihn eingetragen waren, nach dieser Bestimmung sichergestellt. Diese Waffen wurden dabei zum Teil vom Revisionswerber, zum Teil von der Lebensgefährtin seines Sohnes an die Polizei übergeben.

2 Mit dem unbekämpft gebliebenen Mandatsbescheid vom 23. Juli 2021 wurde über den Sohn des Revisionswerbers schließlich ein Waffenverbot nach § 12 Abs. 1 WaffG verhängt.

3 Der Revisionswerber beantragte am 12. August 2021 die Ausfolgung der sichergestellten Waffen an ihn gemäß § 12 Abs. 5 Z 2 WaffG.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wurde dieser Antrag in Bestätigung eines Bescheides der belangten Behörde vom 30. März 2022 abgewiesen. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

5 Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Revisionswerber nicht habe glaubhaft machen können, dass die vier betroffenen Langwaffen zum Zeitpunkt der Sicherstellung am 15. Juli 2021 oder zum Zeitpunkt der Rechtkraft des Waffenverbotsbescheides am 11. August 2021 in seinem Eigentum gestanden seien. Dabei stützte es sich beweiswürdigend neben weiteren Erwägungen unter anderem darauf, dass im Zuge der Waffenübergabe weder vom Revisionswerber noch von der Lebensgefährtin seines Sohnes geäußert worden sei, dass eine oder alle Waffen im Eigentum des Revisionswerbers stünden. Von diesem als einem Jäger wäre zu erwarten gewesen, dass er bereits bei der Übergabe der Waffen an die Polizei klar darauf hinweist, dass die Waffen in seinem Eigentum stünden und nicht seinem Sohn gehörten. Diesbezüglich werde dem vom Verwaltungsgericht vernommenen Polizisten geglaubt, dass bei der Sicherstellung der Waffen ein fremdes Eigentum nicht vorgebracht worden sei.

6 Die Revision sei zulässig, weil § 12 Abs. 5 WaffG auf „gemäß Abs. 2 sichergestellte Waffen“, also auf eine Sicherstellung aufgrund eines behördlichen (mit Bescheid verhängten) Waffenverbots abziele. Im konkreten Fall seien die Waffen hingegen gemäß § 13 Abs. 1 WaffG von Exekutivbeamten auf Basis des Ausspruchs eines vorläufigen Waffenverbotes sichergestellt worden. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes seien die §§ 12 und 13 WaffG so zu verstehen, dass auch nach § 13 Abs. 1 WaffG sichergestellte Waffen durch die Übergabe dieser Waffen an die Behörde als solche im Sinne des § 12 Abs. 2 WaffG sichergestellte Waffen anzusehen seien. Dazu bestehe jedoch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und diese Auslegung könne „für das weitere Verfahren von Bedeutung sein“.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (ordentliche) Revision. Es wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

8 Die Revision erweist sich als nicht zulässig.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 26.3.2021, Ro 2020/03/0004, mwN).

11 Die maßgeblichen Bestimmungen des WaffG lauten:

Waffenverbot

§ 12. (1) Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dieser Mensch durch mißbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

...

(2) Die im Besitz des Menschen, gegen den ein Waffenverbot erlassen wurde, befindlichen

1. Waffen und Munition sowie

2. Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach diesem Bundesgesetz zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen,

sind unverzüglich sicherzustellen. Für die damit betrauten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gilt § 50 des Sicherheitspolizeigesetzes SPG, BGBl. Nr. 566/1991.

(3) Eine Beschwerde gegen ein Waffenverbot hat keine aufschiebende Wirkung. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbotes gelten

1. die sichergestellten Waffen und Munition als verfallen;

2. die im Abs. 2 Z 2 angeführten Urkunden als entzogen.

...

(5) Die gemäß Abs. 2 sichergestellten Waffen und Munition gelten trotz eines rechtmäßig verhängten Waffenverbotes nicht als verfallen,

...

2. wenn jemand anderer als der Betroffene binnen sechs Monaten, vom Zeitpunkt der Sicherstellung an gerechnet, der Behörde das Eigentum an diesen Gegenständen glaubhaft macht

und dieser Eigentümer die Gegenstände besitzen darf.

...

Vorläufiges Waffenverbot

§ 13. (1) Die Organe der öffentlichen Aufsicht sind bei Gefahr im Verzug ermächtigt, ein vorläufiges Waffenverbot auszusprechen, wenn sie Grund zur Annahme haben, dass der Betroffene durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte. Zudem gilt mit Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes gemäß § 38a SPG ein vorläufiges Waffenverbot als ausgesprochen. Darüber hinaus sind sie in diesen Fällen ermächtigt,

1. Waffen und Munition sowie

2. Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach diesem Bundesgesetz zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen,

sicherzustellen. Die Organe haben dem Betroffenen über die Aussprache des vorläufigen Waffenverbots sowie im Falle einer Sicherstellung über diese sofort eine Bestätigung auszustellen.

...

(2) Die Organe der öffentlichen Aufsicht haben unverzüglich jene Behörde, in deren Sprengel die Amtshandlung geführt wurde, über das vorläufige Waffenverbot zu informieren und dieser die allenfalls sichergestellten Waffen, Munition und Urkunden vorzulegen; sie hat eine Vorprüfung vorzunehmen. Sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes offensichtlich nicht gegeben, so hat die Behörde das vorläufige Waffenverbot aufzuheben, indem sie den Betroffenen darüber informiert und die allenfalls sichergestellten Gegenstände dem Betroffenen sofort ausfolgt. Andernfalls hat sie das Verfahren zur Erlassung des Verbotes (§ 12) durchzuführen, sofern sich hierfür aus § 48 Abs. 2 nicht die Zuständigkeit einer anderen Behörde ergibt.

(3) Erweist sich in der Folge, dass die Voraussetzungen für das Waffenverbot doch nicht gegeben sind, so hat die Behörde den Betroffenen darüber zu informieren und ihm jene allenfalls sichergestellten Waffen, Munition und Urkunden ehestens auszufolgen, die er weiterhin besitzen darf.

(4) Gegen den Betroffenen gilt ab Aussprache des vorläufigen Waffenverbotes oder, sofern die Sicherstellung zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte, ab diesem ein mit vier Wochen befristetes vorläufiges Waffenverbot, es sei denn, die Behörde hebt es gemäß Abs. 2 oder 3 früher auf oder die sichergestellten Waffen, Munition oder Urkunden werden von der Behörde vorher ausgefolgt.“

12 Die Revision nimmt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst auf den betreffenden Ausspruch des Verwaltungsgerichtes Bezug und führt dazu weiter aus, dass eine wie vom Verwaltungsgericht vorgenommene analoge Anwendung des § 12 Abs. 5 WaffG auf gemäß § 13 WaffG abgenommene Waffen unzulässig sei, weil angesichts der eindeutigen Regelung keine planwidrige Lücke vorliege und eine solche Analogie zulasten des insbesondere durch Art. 5 StGG verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrechts des Revisionswerbers jedenfalls unzulässig sei.

13 Mit diesem Vorbringen übersieht der Revisionswerber offenbar, dass die vom Verwaltungsgericht angewendete Bestimmung des § 12 Abs. 5 WaffG das Unterbleiben des Verfalls u.a. im Falle der Glaubhaftmachung fremden Eigentums und damit gerade nicht einen Eigentumseingriff regelt.

14 Das Verwaltungsgericht hat die von ihm aufgeworfene Frage, ob § 12 Abs. 5 WaffG auch auf solche Waffen anzuwenden sei, die gemäß § 13 Abs. 1 WaffG sichergestellt wurden, vielmehr zu Gunsten des Revisionswerbers gelöst, indem es den Ausfolgungsantrag nicht mangels gesetzlicher Grundlage zurückgewiesen, sondern mangels Erfüllung der materiellen Voraussetzungen abgewiesen hat.

15 Dadurch, dass das Verwaltungsgericht eine Beschwerde abweist, statt den verwaltungsbehördlichen Spruch in eine allenfalls gebotene Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags abzuändern, könnte der Revisionswerber jedoch nicht in subjektiven Rechten verletzt worden sein (vgl. VwGH 28.2.2018, Ra 2016/10/0061, mwN). Von der vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen und der Revision näher ausgeführten Frage hängt die vorliegende Revision daher nicht ab.

16 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass sowohl der Verfall nach § 12 Abs. 3 WaffG als auch das Unterbleiben des Verfalls nach § 12 Abs. 5 WaffG nicht nur Waffen und Munition betreffen, deren unverzügliche Sicherstellung auf dem im § 12 Abs. 2 WaffG vorgesehenen Weg erfolgt ist, sondern auch solche, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Waffenverbotsbescheides nach § 12 Abs. 1 WaffG auf Grund einer anderen Rechtsgrundlage bereits sichergestellt waren (vgl. VwGH 18.9.2013, 2013/03/0050, zu einer strafprozessualen Sicherstellung). Es besteht also bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, anhand der die aufgeworfene Rechtsfrage gelöst werden kann.

17 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit weiters mit einem „schweren Fehler“ des Verwaltungsgerichtes und bekämpft damit die Beweiswürdigung zur Frage, ob der Revisionswerber sein Eigentum glaubhaft machen habe können.

18 Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (vgl. VwGH 20.7.2022, Ra 2020/07/0046, mwN).

19 Die Revision bringt diesbezüglich vor, dass der die Sicherstellung durchführende Polizist als Zeuge vor dem Verwaltungsgericht ausgesagt habe: „Es gab eine Aussage glaublich [des Revisionswerbers], dass er die Waffen gekauft habe.“ Diese Aussage, die belege, dass der Revisionswerber bereits bei der Sicherstellung auf sein Eigentum hingewiesen habe, sei vom Verwaltungsgericht übersehen oder übergangen worden.

20 Die betreffende Passage des Verhandlungsprotokolls lautet vollständig (vgl. S. 8 des angefochtenen Erkenntnisses): „Wenn ich gefragt werde, ob es im Zuge der Sicherstellung der Waffen Gesprächsthema mit [dem Revisionswerber, seinem Sohn oder dessen Lebensgefährtin] war, wem die Waffen gehören bzw. ob von diesen Personen vorgebracht wurde, dass die Waffen gar nicht [dem Sohn des Revisionswerbers] gehören, gebe ich an: Das wurde von niemandem behauptet. Es gab eine Aussage glaublich [des Revisionswerbers], dass er die Waffen gekauft habe.“

21 Wenn das Verwaltungsgericht aus dieser Aussage ableitet, dass im Zuge der Sicherstellung von niemandem vorgebracht worden sei, dass die Waffen nicht dem Sohn des Revisionswerbers gehörten (und daher die angesprochene Passage über den Kauf dieser Waffen etwa dem Umstand zuordnet, dass der Revisionswerber seinen Ausfolgungsantrag ursprünglich darauf gestützt hatte, dass er nach der Sicherstellung der Waffen darüber einen Kaufvertrag mit seinem Sohn geschlossen habe), so kann darin keine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung erblickt werden, die vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifen wäre.

22 Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit schließlich noch aus, auch im Revisionsverfahren seien „insbesondere der Billigkeitsgrundsatz, das Sachlichkeitsgebot und das Schikaneverbot anzuwenden“.

23 Damit formuliert die Revision allerdings keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG, sodass dadurch ihre Zulässigkeit nicht begründet werden kann. Außerdem bekämpft der Revisionswerber unter diesem Zulässigkeitsgrund zunächst die Rechtmäßigkeit des verhängten Waffenverbotes. Dieses erwuchs jedoch unbekämpft in Rechtskraft und ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Im Weiteren liegt diesem Zulässigkeitsvorbringen die Prämisse zugrunde, dass der Revisionswerber Eigentümer der vom Verfall betroffenen Waffen sei, was das Verwaltungsgericht jedoch nach dem oben Gesagten in unbedenklicher Weise verneint hat.

24 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

25 Die vom Revisionswerber beantragte mündliche Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG unterbleiben.

Wien, am 4. September 2023

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