Beschluss
Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Lisa Fries in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Steuerspezialist Steuerberatungs GmbH, Löwengasse 47A Tür 3, 1030 Wien, zur Beschwerde vom 6. März 2017 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom 29. Dezember 2016 betreffend Haftung gemäß § 9 BAO den Beschluss:
I. Gemäß § 281a BAO werden die Parteien davon in Kenntnis gesetzt, dass nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes in gegenständlicher Beschwerdesache noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist. Die Beschwerde wird an das vorlegende Finanzamt Österreich weiter- bzw. rückgeleitet.
II. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.
Begründung
1. Zu Spruchpunkt I.
Die Beschwerdeführerin hat vertreten durch ihre damalige steuerliche Vertretung ***ehemalige Vertretung*** eine Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom 29. Dezember 2016 eingebracht. Auf der Beschwerde befand sich der Hinweis "Vollmacht ausgewiesen".
Aufgrund der Beschwerde wurde die als Beschwerdevorentscheidung bezeichnete Erledigung vom 6. September 2017 an die Beschwerdeführerin zuhanden der ehemaligen steuerlichen Vertretung adressiert und die Zustellung am ehemaligen Kanzleisitz der ehemaligen steuerlichen Vertretung vorgenommen (vgl. die Erledigung vom 6. September 2017 sowie deren Rückschein).
In den Schreiben vom 16. Oktober 2018 und vom 18. Dezember 2017 wurde von der neuen steuerlichen Vertretung dargelegt, dass die ehemalige steuerliche Vertretung über keine Zustellvollmacht verfügt habe und daher die Beschwerdevorentscheidung noch nicht rechtswirksam zugestellt worden sei.
Beim Bundesfinanzgericht sind daher Zweifel hinsichtlich des Umfanges der Vollmacht der ***ehemalige Vertretung*** aufgetreten (vgl. VwGH vom 7. Dezember 2021, Ra 2021/13/0094), weshalb bei der Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführer der ehemaligen steuerlichen Vertretung (bei diesem handelt es sich auch um den Geschäftsführer der aktuellen steuerlichen Vertretung) nachgefragt wurde, ob die ***ehemalige Vertretung*** über eine Zustellvollmacht verfügt habe.
Aus der dem Bundesfinanzgericht übermittelten von der Beschwerdeführerin der ***ehemalige Vertretung*** erteilten Vollmacht geht hervor, dass die ***ehemalige Vertretung*** tatsächlich über keine Zustellvollmacht verfügt hat (Anm. die entsprechenden Stellen wurden gestrichen).
Weiters wurde durch die Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführer der ehemaligen steuerlichen Vertretung übereinstimmend mitgeteilt, dass das Original der als Beschwerdevorentscheidung bezeichneten Erledigung vom 6. September 2017 der Beschwerdeführerin nicht übermittelt wurde (vgl. die Stellungnahmen vom 7. März 2025 und vom 25. Februar 2025) wurde.
Rechtlich folgt daraus, dass die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung vom 6. September 2017 mangels Zustellvollmacht der ***ehemalige Vertretung*** nicht wirksam zugestellt wurde.
Darüber hinaus wurde die neue steuerliche Vertretung am 1. Juli 2017 mit der Vertretung bevollmächtigt und das Vollmachtsverhältnis zur ***ehemalige Vertretung*** beendet und auch die Abgabenbehörde vom Vertreterwechsel in Kenntnis gesetzt (vgl. die Stellungnahmen vom 7. März 2025 und vom 25. Februar 2025, und Bescheid über die Akteneinsicht in automationsunterstützter Form vom 1. Juli 2017). Auch aus diesem Grund wäre selbst bei Vorliegen einer Zustellvollmacht der ehemaligen steuerlichen Vertretung keine wirksame Zustellung vorgenommen worden.
Mangels tatsächlichen Zukommens des Dokuments an die Beschwerdeführerin im Sinne des § 7 ZustG ist es auch zu keiner Heilung des Zustellmangels gekommen.
Daraus ergibt sich, dass im Beschwerdefall eine Beschwerdevorentscheidung noch nicht wirksam erlassen wurden.
Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.
2. Zu Spruchpunkt II.
Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen (vgl VwGH 20.9.2023, Ro 2023/13/0015, mwN). Gegen verfahrensleitende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts (vgl auch - zur Abgrenzung von sofort anfechtbaren Beschlüssen - VwGH 15.12.2022, Ro 2022/13/0031, mwN) ist nach § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig; sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden.
Gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Beschwerde an eine andere Stelle weiterleitet, ist demnach eine abgesonderte Revision nicht zulässig (vgl zB VwGH 19.6.2018, Ko 2018/03/0002; 2.8.2018, Ra 2018/03/0072, mwN). Gleiches gilt auch für die "formlose" Verständigung über die Weiterleitung (Rückleitung) samt Mitteilung der Ansicht des Bundesfinanzgerichts, die der Bekanntgabe des Inhalts des verfahrensleitenden Beschlusses entspricht (VwGH 20.9.2023, Ro 2023/13/0015).
Belehrung und Hinweise
Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).
Verneint das Bundesfinanzgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit, weil es fälschlich annimmt, es fehle (ohne Rechtfertigung durch eine der Ausnahmen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO) an einer (wirksam zugestellten) Beschwerdevorentscheidung oder es sei kein Vorlageantrag (wirksam) eingebracht worden, und unterlässt es daher die Erledigung der Beschwerde, so steht beiden Parteien (vgl zur Amtspartei VwGH 6.4.2016, Fr 2015/03/0011) des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht der Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof offen (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/13/0010).
Wien, am 17. März 2025