Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des G S, vertreten durch die Lerch Nagel Heinzle Rechtsanwälte GmbH in 6890 Lustenau, Millennium Park 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 2. Februar 2022, Zl. LVwG 1 485/2021 R21, betreffend eine Übertretung des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27. Juli 2021 wurde dem Revisionswerber die Übertretung von § 24 Abs. 1 und Abs. 3, § 35 Abs. 1 bis 3 iVm § 57 Abs. 1 lit. e des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung iVm Spruchpunkt I. 7. des Bescheides der belangten Behörde vom 23. März 2009 zur Last gelegt, weil er als Inhaber der S e.U. und damit als Gesamtrechtsnachfolger der S GmbH zu verantworten habe, dass bei den von der belangten Behörde am 24. Juni 2020 und am 9. Juli 2021 durchgeführten Kontrollen eine Auflage des Bescheides der belangten Behörde vom 23. März 2009 (Spruchpunkt I. 7.) missachtet worden sei, indem sich in der gesamten Hafenanlage S zum Zeitpunkt der jeweiligen Kontrolle jeweils 131 Motorboote mit Otto oder Dieselmotorenantrieb mit einer Antriebsleistung über 11 kW (15 PS) befunden hätten, obwohl der Hafenbetreiber dafür zu sorgen habe, dass sich in der Hafenanlage höchstens 121 Motorboote mit Otto oder Dieselmotorenantrieb mit einer Antriebsleistung über 11 kW (15 PS) befänden. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe in der Höhe von € 6.000, (sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen) verhängt. Weiters wurde der Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe verpflichtet.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die vom Revisionswerber gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die angewendeten Normen konkretisiert wurden. Außerdem verpflichtete es den Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht stellte in der Begründung soweit für das vorliegende Revisionsverfahren wesentlich fest, die vom Revisionswerber betriebene Hafenanlage S befinde sich in einem Naturschutzgebiet. Mit Bescheid vom 23. März 2009 habe die belangte Behörde der S GmbH die natur und landschaftsschutzrechtliche Bewilligung unter anderem für die Veränderung bzw. Neueinteilung der bestehenden 182 Liegeplätze für Vergnügungsfahrzeuge mit Erweiterung der Liegeplätze in den Bereich der Hafeneinfahrt unter näher genannten Vorschreibungen erteilt.
Diese Vorschreibungen zu Spruchpunkt I. des Bescheides vom 23. März 2009 lauten auszugsweise:
„...
6. In der Freizeit- und Hafenanlage S dürfen hinkünftig maximal 182 Liegeplätze errichtet und betrieben werden. Die Größe dieser Liegeplätze (Boxengrößen) ergibt sich aus dem vorgelegten Hafenplan im Maßstab 1:500 vom 20.03.2009. Dieser Plan bildet die Grundlage für die Vergabe von Bootsliegeplätzen in der Hafenanlage.
7. Es dürfen höchstens 121 Liegeplätze für Motorboote mit Otto und Dieselmotoren als Antriebsmotoren vergeben werden. Die restlichen Liegeplätze dürfen nur für Segelboote, Ruderboote, Tretboote oder Motorboote mit ausschließlich Solar- oder Elektroantrieb vergeben werden. Der Hafenbetreiber hat dafür Sorge zu tragen, dass sich in der Hafenanlage höchstens 121 Motorboote mit Otto oder Dieselmotorenantrieb über 11 kW (15 PS) befinden.
8. Es dürfen max 35 Boote , deren Bootseigner ihren ordentlichen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft haben, in der Hafenanlage untergebracht werden.
9. Der Hafenbetreiber hat dafür Sorge zu tragen, dass im gesamten Hafenbereich, auch im Bereich Parkplatz, keine Boote an Land abgestellt oder gelagert werden.
10. Im Umkehrbereich für Fahrgastschiffe dürfen keine Dauer und Gastliegeplätze für Vergnügungsboote eingerichtet, vergeben oder betrieben werden.
...“
Organe der belangten Behörde hätten am 24. Juni 2020 und am 9. Juli 2021 einen Augenschein in der Hafenanlage S durchgeführt. An beiden Tagen hätten sich mehr als 121, nämlich 131, Motorboote mit Otto oder Dieselmotorenantrieb mit einer Leistung über 11 kW (15 PS) in der Hafenanlage befunden.
4 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, dass die Vorschreibungen des Bescheides der belangten Behörde vom 23. März 2009 als Nebenbestimmungen zu deuten seien, die nach den für generelle Normen geltenden Regeln (§§ 6f ABGB) auszulegen seien. Die Wortinterpretation der Vorschreibung I. 7., wonach der Hafenbetreiber dafür Sorge zu tragen habe, „ dass sich in der Hafenanlage höchstens 121 Motorboote mit Otto oder Dieselmotorenantrieb über 11 kW (15 PS) befinden “, ergebe, dass die Vorschreibung nur so verstanden werden könne, dass damit sämtliche Boote gemeint seien, die mit einem Otto- oder Dieselmotorenantrieb mit einer Leistung über 11 kW (15 PS) ausgestattet seien und sich gleichzeitig in der Hafenanlage (an den Liegeplätzen) aufhielten. Entscheidend sei, dass das im Hafen befindliche Boot, welches an einem Liegeplatz anlege, mit einem derartigen Antrieb ausgestattet sei. Die Vorschreibung unterscheide somit nicht wie der Revisionswerber vermeine zwischen Booten mit Dauerliegeplatz und Gästebooten mit lediglich kurzer Aufenthaltsdauer. Auch der Zweck der Regelung, der Natur und Landschaftsschutz, spreche dafür, dass die Auflage I. 7., also die Vorgabe der Maximalanzahl an Booten, auf sämtliche im Hafen befindliche Motorboote mit dem genannten Antrieb abziele. Auch ein Aktenvermerk der belangten Behörde vom 24. Juni 2021, in welchem der Revisionswerber aufgefordert worden sei, bekannt zu geben, an wen leerstehende Bootsplätze in der Hafenanlage vergeben wären, wobei Tagesgäste in die Auflistung nicht miteinzubeziehen wären, ändere daran nichts, weil aus diesem Aktenvermerk nicht klar hervorgehe, dass die belangte Behörde darin eine Aussage über die Interpretation der Vorschreibung I.7. des Bescheides vom 23. März 2009 habe treffen wollen. Der Revisionswerber habe den objektiven Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung somit erfüllt. Auch seien keine Umstände hervorgekommen, die darauf hindeuteten, dass der Revisionswerber nicht schuldhaft gehandelt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb es dem Revisionswerber nicht möglich sein sollte, die Einhaltung der Auflagen, etwa durch entsprechende Kennzeichnung der Liegeplätze und Kontrollen entsprechend zu überwachen. Die verhängte Strafe befinde sich im unteren Bereich der Strafdrohung und sei jedenfalls schuld und tatangemessen.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird zunächst vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dann vorliege, wenn vom Verwaltungsgericht zur Frage, ob eine Auflage ausreichend bestimmt sei, ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Ergebnis erzielt worden sei.
10 Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt jenem der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Dabei reicht es nicht aus, bloß Rechtssätze zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wiederzugeben oder hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl zu nennen, ohne auf konkrete Abweichungen von dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. VwGH 7.12.2023, Ra 2022/10/0187; 22.8.2022, Ra 2022/10/0005). Die Revision unterlässt es, konkret aufzuzeigen, worin eine Abweichung von der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehen sollte, weil sie mit ihrem weiteren Zulässigkeitsvorbringen nicht behauptet, dass und weshalb die mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. März 2009 erteilten Auflagen (fallbezogen: Auflage I.7.) nicht ausreichend bestimmt gewesen wären.
11 Abgesehen davon geht die Auslegung des Inhaltes eines Bescheides, insbesondere seiner Auflagen, in der Regel nicht über die Bedeutung im Einzelfall hinaus. Es liegt daher nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Ergebnis erzielt wurde (vgl. etwa VwGH 7.9.2022, Ra 2022/04/0091; 6.3.2023, Ra 2023/06/0019; 25.1.2022, Ra 2021/05/0170).
12 Eine derartige Fehlbeurteilung zeigt die Revision nicht auf. Das Verwaltungsgericht ist unter Zugrundelegung des Wortlauts der im Bewilligungsbescheid angeführten Auflage und unter Einbeziehung des Zwecks der Regelung davon ausgegangen, dass die Auflage I.7. des Bescheides der belangten Behörde vom 23. März 2009 so zu verstehen sei, dass damit sämtliche Motorboote, die mit einem Otto- oder Dieselmotorenantrieb über 11 kW (15 PS) ausgestattet seien und sich gleichzeitig an den Liegeplätzen in der Hafenanlage aufhielten, gemeint seien, unabhängig davon, ob es sich um „Gastboote“ handle oder solche mit einem Dauerliegeplatz. Diese Auslegung erweist sich jedenfalls nicht als unvertretbar.
13 Die Revision wendet sich auch gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung und bringt vor, das Verwaltungsgericht habe diese unvertretbar vorgenommen und Beweisergebnisse nicht berücksichtigt.
14 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 16.10.2023, Ro 2021/05/0037, mwN), wobei in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargetan werden muss (vgl. VwGH 22.2.2023, Ra 2022/10/0138; 27.3.2019, Ra 2018/10/0138).
15 Dies vermag die Revision mit ihren Ausführungen, die keinerlei Relevanzdarlegung enthalten, nicht aufzuzeigen.
16 Der von der Revision aufgegriffene Grundsatz „in dubio pro reo“ ist eine Regel für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte. Nur wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen (vgl. VwGH 26.5.2023, Ra 2023/16/0019, mwN). Die Revision zeigt mit ihrem pauschalen Vorbringen, die Beweiswürdigung sei unrichtig, fallbezogen auch nicht auf, dass ein Anwendungsfall des Grundsatzes „in dubio pro reo“ vorgelegen wäre.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 12. März 2024