JudikaturVwGH

Ro 2021/03/0011 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
29. November 2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der A GmbH in G, vertreten durch die Hohenberg Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 4. Mai 2021, Zl. LVwG 41.18 2738/2020 7, betreffend eine Angelegenheit nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Die revisionswerbende Partei ist Betreiberin eines Unternehmens mit dem Unternehmensgegenstand Messestandbau und Ausstellungsberatung in Graz.

2 Mit Verordnung vom 11. März 2020, kundgemacht und in Kraft getreten am selben Tag, ordnete der Bürgermeister der Stadt Graz gestützt auf § 15 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) ein Veranstaltungsverbot für sämtliche Veranstaltungen mit voraussichtlich mehr als 100 Personen in einem geschlossenen Raum oder mit voraussichtlich mehr als 500 Personen außerhalb geschlossener Räume oder im Freien befristet bis 3. April 2020 an.

3 Mit Schriftsatz vom 27. April 2020 beantragte die revisionswerbende Partei bei der belangten Behörde eine Vergütung für Verdienstentgang gemäß § 32 EpiG in näher bezeichneter Höhe. Das Veranstaltungsverbot des Bürgermeisters der Stadt Graz habe für die revisionswerbende Partei eine Schließung ihres Betriebes bedeutet. Solcherart gebühre ihr „gemäß §§ 20 ff“ EpiG eine Vergütung für den Verdienstentgang, welcher dadurch entstanden sei, dass aufgrund des Veranstaltungsverbots näher umschriebene Messeveranstaltungen abgesagt worden seien.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark diesen Antrag in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der belangten Behörde als unbegründet ab und erklärte die Revision für zulässig.

5 Zur Begründung verwies es unter anderem darauf, dass nach dem klaren Wortlaut des § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG ein Entschädigungsanspruch nur dann bestehe, wenn das betroffene Unternehmen gemäß § 20 EpiG in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden sei. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Die revisionswerbende Partei leite ihren Anspruch auf Verdienstentgang aus der Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 11. März 2020 ab, mit der ein Veranstaltungsverbot gestützt auf § 15 EpiG erlassen worden sei. Dass dadurch die betrieblichen Tätigkeiten der revisionswerbenden Partei beeinträchtigt worden seien, möge zutreffen. Jedoch rechtfertige diese mittelbare Wirkung nicht „die materielle Extendierung der Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 11.03.2020 auf den Anwendungsbereich des § 20 EpiG.“ Zusammenfassend sei aufgrund der klaren höchstgerichtlichen Judikatur festzuhalten, dass kein Anspruch der revisionswerbenden Partei auf Vergütung für Verdienstentgang gemäß § 32 EpiG bestehe.

6 Zur Zulässigkeit der Revision führte das Verwaltungsgericht aus, dass gegenständlich eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG vorliege, „insbesondere weil es bisher keine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Veranstaltungsverboten nach § 15 EpiG iVm geltend gemachten Entschädigungsansprüchen“ gebe.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die zur Zulässigkeit auf den Zulassungsausspruch des Verwaltungsgerichts verweist und ergänzt, verfahrensgegenständlich gehe es ausschließlich um die Frage, ob der revisionswerbenden Partei, wie von ihr beantragt, eine Entschädigung gemäß § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG gebühre, weil ihr Betrieb mit der Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 11. März 2020 bis 3. April 2020 geschlossen bzw. eingeschränkt worden sei.

8 Die belangte Behörde verzichtete im Vorverfahren über diese Revision auf die Erstattung einer Revisionsbeantwortung.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

11 Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 26.3.2021, Ro 2020/03/0004, mwN).

12 Im gegenständlichen Fall führt das Verwaltungsgericht zutreffend aus, dass § 32 Abs. 1 EpiG nach seinem eindeutigen Wortlaut keinen Anspruch auf Vergütung für ein von einem Veranstaltungsverbot gemäß § 15 EpiG mittelbar betroffenes Unternehmen (wie hier die revisionswerbende Partei) begründet.

13 Wenn die Revision behauptet, ihr gebühre eine Entschädigung nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG, weil ihr Betrieb mit der Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 11. März 2020 bis 3. April 2020 geschlossen bzw. eingeschränkt worden sei, trifft dies nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und der Aktenlage nicht zu. Eine Betriebsbeschränkung oder schließung gemäß § 20 EpiG wurde gegenüber der revisionswerbenden Partei nicht verfügt. Derartiges wird von der revisionswerbenden Partei auch nicht dargetan.

14 Im Ergebnis strebt die revisionswerbende Partei vielmehr eine Erweiterung der Vergütungsansprüche nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG auf Unternehmen an, die von anderen Maßnahmen nach dem EpiG als einer Betriebsbeschränkung oder schließung nach § 20 EpiG mittelbar in ihrem Betrieb beeinträchtigt wurden.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung aber bereits hinreichend klargestellt, dass ein Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG ausgehend vom klaren Wortlaut dieser Norm eine Betriebsbeschränkung oder schließung gemäß § 20 EpiG voraussetzt (vgl. etwa VwGH 24.2.2021, Ra 2021/03/0018).

16 In seiner darauf aufbauenden Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof eine interpretative Erweiterung des Anwendungsbereiches von § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG über den Anwendungsbereich des § 20 EpiG hinaus auch schon ausdrücklich verneint (vgl. etwa VwGH 22.4.2021, Ra 2021/09/0005, im Zusammenhang mit Verdienstentgang, der einem Unternehmen durch Verkehrsbeschränkungen gegenüber dem Ausland gemäß § 25 EpiG entstanden ist).

17 Diese rechtlichen Leitlinien aus der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zusammen mit dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 32 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 20 EpiG reichen aus, um auch den vorliegenden Revisionsfall zu lösen. Sie bestätigen das vom Verwaltungsgericht erzielte Ergebnis, wonach der revisionswerbenden Partei kein Vergütungsanspruch nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG zusteht.

18 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG zurückzuweisen.

Wien, am 29. November 2021

Rückverweise