Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Doblinger sowie den Hofrat Mag. Feiel und die Hofrätin Mag. Bayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Rieder, über die außerordentliche Revision der A GmbH (vormals: B GmbH) in C, vertreten durch Dr. Christine Fischer Lode, Rechtsanwältin in Innsbruck, gegen das am 20. November 2024 mündlich verkündete und am 20. Februar 2025 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol, LVwG 2023/14/2088 5, betreffend Vergütung für Verdienstentgang nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die revisionswerbende Partei betrieb im relevanten Zeitraum im örtlichen Zuständigkeitsbereich der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde ein Gastronomie und Buchhaltungsunternehmen.
2Mit Antrag vom 13. November 2020 begehrte die revisionswerbenden Partei eine Vergütung nach § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) in der Höhe von € 34.434,74 aufgrund epidemierechtlicher Absonderung ihres Geschäftsführers mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Oktober 2020 im Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis 10. Oktober 2020.
3 Diesen Antrag wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen, angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, ein Entschädigungsanspruch nach § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG scheide für juristische Personen aus, weil nach der näher genannten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von diesem Anspruch nur natürliche Personen umfasst seien. Zudem habe der mit 30% an der GmbH beteiligte Gesellschafter und alleinige Geschäftsführer der revisionswerbenden Partei während der Zeit seiner Absonderung von dieser Gehalt für seine selbstständige Tätigkeit als Geschäftsführer im Sinne des § 22 Z 2 EStG ausbezahlt bekommen. Da der Geschäftsführer der revisionswerbenden Partei nicht als Person anzusehen sei, die in einem Arbeitsverhältnis stehe, sei ein Übergang des Anspruchs gemäß § 32 Abs. 3 EpiG auf die revisionswerbende Partei ausgeschlossen.
5 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die revisionswerbende Partei sieht die Zulässigkeit ihrer Revision darin gelegen, dass zu der Frage, inwieweit die Absonderung des einzig für diese GmbH tätigen Gesellschafter Geschäftsführers an seiner Wohnadresse, die mit der Betriebsadresse identisch seieiner Beschränkung des Betriebes des Unternehmens gemäß § 20 EpiG gleichzusetzen sei und der Gesellschaft damit ein Anspruch auf Verdienstentgang gemäß § 32 Abs. 1 Z 5 iVm Abs. 4 EpiG zustehe, bislang jede Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle. Ebensowenig habe sich der Verwaltungsgerichtshof bisher „explizit“ mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit auch im Fall einer Ein MannGmbH ohne weitere Mitarbeiter bei Absonderung des einzigen Gesellschafter-Geschäftsführers und Mitarbeiters eine Heranziehung des Tatbestandes des § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG ausscheide.
8Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes scheidet ein Ersatzanspruch nach § 32 EpiG aus, wenn keine der in § 32 Abs. 1 Z 1 bis 7 EpiG aufgezählten Maßnahmen vorliegt, die zu einem Verdienstentgang geführt hat (vgl. VwGH 28.2.2022, Ra 2021/09/0229, mwN).
9Ein Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG setzt voraus, dass das vom Anspruchswerber betriebene Unternehmen „gemäß § 20 in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist“. Danach ist Anspruchsvoraussetzung also eine Betriebsbeschränkung odersperre nach der Bestimmung des § 20 EpiG (vgl. VwGH 9.8.2022, Ra 2022/09/0049, mwN). Eine auf § 20 EpiG gestützte Betriebsschließung oder beschränkung brachte die revisionswerbende Partei aber nicht vor.
10Auch eine Ausweitung der Vergütungsansprüche nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG über den Anwendungsbereich des § 20 EpiG auf mittelbar in ihrem Betrieb beeinträchtigte Unternehmen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits ausdrücklich verneint (vgl. zu einem Veranstaltungsverbot gemäß § 15 EpiG: VwGH 29.11.2021, Ro 2021/03/0011; zu Verkehrsbeschränkungen gegenüber dem Ausland gemäß § 25 EpiG: VwGH 22.4.2021, Ra 2021/09/0005; zu einem Zuund Abfahrtsverbot VwGH 20.9.2023, Ro 2023/09/0008, mwN).
11Auch der Geschäftsbetrieb der revisionswerbenden Partei war von der Absonderung ihres Geschäftsführers bloß mittelbar betroffen. Ein eigener unmittelbarer Ersatzanspruch der revisionswerbenden Partei nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG ist vom Verwaltungsgericht daher zu Recht verneint worden.
12Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits dargelegt, dass ein Ersatzanspruch nach § 32 Abs. 1 Z 1 EpiG eine Absonderung des Anspruchwerbers gemäß §§ 7 oder 17 EpiG voraussetzt, welche überhaupt nur in Bezug auf natürliche Personen (und somit nicht wie im vorliegenden Fallfür eine GmbH) in Betracht kommt (vgl. VwGH 4.7.2024, Ra 2024/09/0029, mwN).
13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 17. Juli 2025