JudikaturBVwG

I425 2309296-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
14. Mai 2025

Spruch

I425 2309296-1/9Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Philipp RAFFL als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX , geb. XXXX , StA. Kongo, vertreten durch RA Dr. Herbert POCHIESER, Schottenfeldgasse 2/4, 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2025, Zl. XXXX :

Der Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.04.2025 auf schriftliche Ausfertigung des am 14.04.2025 zur Zl. XXXX mündlich verkündeten Erkenntnisses wird als verspätet zurückgewiesen.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

Am 14.04.2025 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht in der gegenständlichen Beschwerdesache eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers sowie seiner Rechtsvertretung abgehalten. Im Anschluss an diese Verhandlung wurde sogleich das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen zur Zl. XXXX verkündet und die Parteien gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung des Erkenntnisses zu verlangen und dass ein solcher Ausfertigungsantrag eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt, wobei der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung einen Rechtsmittelverzicht unterfertigte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) hatte indessen bereits vorab mit Schreiben vom 21.03.2025 erklärt, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei.

Am 14.04.2025 um 10:53:34 Uhr wurde seitens der Kanzlei des Bundesverwaltungsgerichts die elektronische Zustellung (duale Zustellung über den BRZ Zustelldienst) der Verhandlungsschrift mit mündlicher Verkündung sowie Rechtsmittelbelehrung an die belangte Behörde erfolgreich angestoßen. Am 14.04.2025 um 11:08:15 Uhr waren die Zustellstücke im Verfügungsbereich des BFA eingelangt und wurden durch eine elektronische Signatur (Name: XXXX ) angenommen.

Am 29.04.2025 um 08:12 Uhr brachte die belangte Behörde beim Bundesverwaltungsgericht via Telefax einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung dieses am 14.04.2025 mündlich verkündeten Erkenntnisses ein.

Mit Schriftsatz des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.04.2025 ("Verspätungsvorhalt") wurde der belangten Behörde vorgehalten, dass die zweiwöchige Frist, um die Ausfertigung des am 14.04.2025 mündlich verkündeten Erkenntnisses zu beantragen, bereits mit Ablauf des 28.04.2025 geendet habe und sich der am 29.04.2025 eingebrachte Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses daher als verspätet erweise. Der belangten Behörde wurde die Möglichkeit eingeräumt, hierzu innerhalb einer Frist von zehn Tagen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Von dieser Möglichkeit machte die belangte Behörde keinen Gebrauch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am 14.04.2025 um 10:53:34 Uhr wurde seitens der Kanzlei des Bundesverwaltungsgerichts die elektronische Zustellung (duale Zustellung über den BRZ Zustelldienst) der verfahrensgegenständlichen Verhandlungsschrift vom 14.04.2025 zur Zl. XXXX mit mündlicher Verkündung sowie Rechtsmittelbelehrung an die belangte Behörde erfolgreich angestoßen. Am 14.04.2025 um 11:08:15 Uhr waren die Zustellstücke im Verfügungsbereich des BFA eingelangt und wurden durch eine elektronische Signatur (Name: XXXX ) angenommen.

Am 29.04.2025 um 08:12 Uhr brachte die belangte Behörde beim Bundesverwaltungsgericht via Telefax einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung dieses am 14.04.2025 mündlich verkündeten Erkenntnisses ein.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt.

Die Annahme der durch das Bundesverwaltungsgericht via elektronischer Zustellung (duale Zustellung über den BRZ Zustelldienst) übermittelten Verhandlungsschrift samt mündlicher Verkündung sowie Rechtsmittelbelehrung seitens der belangten Behörde am 14.04.2025 um 11:08:15 Uhr ist in einem im Akt einliegenden E-Zustellungsprotokoll dokumentiert (OZ 5).

Im Kopf des seitens der belangten Behörde via Telefax eingebrachten Ausfertigungsantrags ist indessen der Einbringungszeitpunkt am 29.04.2025 um 08:12 Uhr ersichtlich. Um 08:13 Uhr wurde das eingelangte Fax über das Outlooksystem an die Einlaufstelle des BVwG weitergeleitet (OZ 7).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 35 Abs. 5 ZustG gilt ein im Wege der elektronischen Zustellung durch einen Zustelldienst zur Abholung bereitgehaltenes Dokument jedenfalls mit seiner Abholung als zugestellt.

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 104/2018 wurde in § 35 Abs. 5 ZustG das Wort "spätestens" durch das Wort "jedenfalls" ersetzt; im Übrigen blieb der Wortlaut der Absätze 5 und 6 des § 35 ZustG unverändert. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage führen zu der mit der Novelle BGBl. I Nr. 104/2018 bewirkten Änderung in § 35 Abs. 5 ZustG aus: "Es soll lediglich eine sprachliche Klarstellung erfolgen, die oftmals zu Auslegungsschwierigkeiten geführt hat." (RV 381 BlgNR 26. GP, 9). Damit ist die Rechtsprechung des VwGH zu § 35 Abs. 5 ZustG idF. BGBl. I Nr. 5/2008 auf § 35 Abs. 5 leg. cit. idF. BGBl. I Nr. 104/2018 übertragbar. Bereits zu der vor der zitierten Novelle geltenden Fassung des § 35 Abs. 5 ZustG hat der VwGH in einem Fall, in dem eine Zustellung im Wege eines elektronischen Zustelldienstes iSd. § 35 ZustG am selben Tag sowohl übermittelt und zur Abholung bereitgehalten, als auch von einer zur Abholung berechtigten Person abgeholt wurde, angenommen, dass die Zustellung mit der Abholung an diesem Tag gemäß § 35 Abs. 5 ZustG bewirkt war (VwGH 6. November 2018, Ro 2018/01/0011). Zum gleichen Ergebnis kam der VwGH im Beschluss vom 8. Oktober 2020, Ra 2020/18/0354, auch in einem Fall, in dem der zu beurteilende Zustellvorgang (in Form der Übermittlung, Bereithaltung und Abholung am selben Tag) nach In-Kraft-Treten der durch BGBl. I Nr. 104/2018 erfolgten Änderung des § 35 Abs. 5 ZustG stattgefunden hat (vgl. VwGH 28.02.2022, Ra 2022/12/0014).

Die Verhandlungsniederschrift samt mündlicher Verkündung des Erkenntnisses sowie Rechtsmittelbelehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG wurde der belangten Behörde sohin in Anbetracht der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Abholung des Dokuments jedenfalls am 14.04.2025 um 11:08:15 Uhr im Wege der elektronischen Zustellung (duale Zustellung über den BRZ Zustelldienst) gemäß § 35 Abs. 5 ZustG zugestellt.

Nach § 29 Abs. 2a VwGVG beträgt die Frist für zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierte Parteien und Organe, die Ausfertigung eines mündlich verkündeten Erkenntnisses zu beantragen, zwei Wochen ab Zustellung der Niederschrift (vgl. VwGH 02.03.2022, Ra 2021/20/0393).

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit Ablauf des Tages der letzten Woche, der durch seine Bezeichnung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat (vgl. VwGH 02.08.2017, Ra 2017/03/0071).

Die Verhandlungsschrift wurde dem BFA sohin am Montag, dem 14.04.2025, im Wege der elektronischen Zustellung (duale Zustellung über den BRZ Zustelldienst) zugestellt und endete die zweiwöchige Frist, um die Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses zu beantragen, demgemäß mit Ablauf des Montag, 28.04.2025, zumal dieser Tag ein gewöhnlicher Werktag war und sohin der Ablauf der Frist auch nicht nach § 33 AVG gehemmt wurde.

Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass es sich bei der zweiwöchigen Frist des § 29 Abs. 2a VwGVG um eine nach Wochen und nicht um eine nach Tagen bestimmte Frist handelt, was nach § 32 Abs. 1 AVG nämlich zum Ergebnis gehabt hätte, dass der Tag nicht mitgerechnet wird, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Des Weiteren ist hervorzuheben, dass auch § 21 Abs. 8 BVwGG, wonach als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter Ausfertigungen von Erledigungen des Bundesverwaltungsgerichts und Eingaben jeweils der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag gilt, nur für Erledigungen (des BVwG) und Eingaben (beim BVwG) gilt, die (wie in § 21 Abs. 1 BVwGG ausgeführt) im Wege des ERV nach § 21 BVwGG zugestellt bzw. eingebracht wurden (vgl. VwGH 06.11.2018, Ro 2018/01/0011, mwN), allerdings ist diese Bestimmung nicht auf Zustellungen im Wege elektronischer Zustelldienste nach dem ZustG anwendbar (vgl. VwGH 08.10.2020, Ra 2020/18/0354, mwN).

Der hierorts seitens der belangten Behörde erst am 29.04.2025 um 08:12 Uhr via Telefax eingebrachte Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses erweist sich somit als verspätet und war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

§ 31 VwGVG differenziert zwischen verfahrensabschließenden und verfahrensleitenden Beschlüssen. Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist gemäß § 25a Abs. 3 VwGG eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (vgl. VwGH Ra 2018/19/0020, Ra 2018/19/0020, mwN).

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