JudikaturBVwG

W296 2300185-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
18. Oktober 2024

Spruch

W296 2300185-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea FORJAN als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die Celar Senoner Weber-Wilfert Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Heerespersonalamtes vom XXXX , Zl. XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , Zl. XXXX , betreffend die Aufhebung eines Einberufungsbefehls zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch zu lauten hat: „Ihre gegen den Bescheid des Heerespersonalamtes (HPA) vom XXXX , GZ XXXX , eingebrachte Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom XXXX meldete die Beschwerdeführerin, eine (ehemalige) Bedienstete des Österreichischen Bundesheeres, sich zu einer freiwilligen Waffenübung gemäß §§ 22 und 39 WG 2001 vom XXXX bis zum XXXX . Diese Meldung wurde vom mob-verantwortlichen Kommando mit Stellungnahme vom XXXX befürwortet. Die Eignung der Wehrpflichtigen und der Bedarf seien gegeben.

2. Mit Einberufungsbefehl des Heerespersonalamts (in Folge: belangte Behörde) vom XXXX wurde die Beschwerdeführerin gemäß §§ 39 und 24 Abs. 1 WG 2001 mit Wirkung vom XXXX bis zum XXXX zur Leistung einer freiwilligen Waffenübung beim Österreichischen Bundesheer einberufen.

3. Mit Schreiben des Kommandos der Garde des Österreichischen Bundesheeres vom XXXX wurde die vorzeitige Entlassung der Beschwerdeführerin aus dem Präsenzdienst und die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung dieses Präsenzdienstes aus militärisch rücksichtswürdigen Gründen angeregt. Begründend wurde die Erstverurteilung der Beschwerdeführerin laut der Strafkarte des Landesgerichtes XXXX , GZ XXXX (Datum der letzten Tat: XXXX , Eintritt der Rechtskraft: XXXX , Strafbare Handlungen: §§ 288 (1), 288 (3) StGB; §§ 297 (1) 1. Fall, 297 (1) 2. Fall StGB; Freiheitsstrafe bedingt: 18 Monate, Probezeit: 3 Jahre), angeführt. Mit XXXX sei ihr die Prüfungsbescheinigung GEHEIM entzogen worden.

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs. 1 Z 5 iVm § 38 Abs. 4 WG 2001 aus militärischen Rücksichten von Amts wegen von der Leistung der freiwilligen Waffenübung mit Ablauf des XXXX befreit. Sie gelte daher gemäß § 38 Abs. 5 WG 2001 mit Ablauf des XXXX als vorzeitig aus der freiwilligen Waffenübung entlassen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 39 Abs. 1 Z 5 iVm § 38 Abs. 4 und § 40 WG 2001 seien Frauen, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Leistung eines Wehrdienstes nach § 39 Abs. 1 von Amts wegen durch das Heerespersonalamt zu befreien, wenn und solange es militärische Rücksichten erfordern. Am XXXX sei bei der belangten Behörde aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung der Beschwerdeführerin eine Anregung auf vorzeitige Entlassung aus der freiwilligen Waffenübung eingelangt. In Anbetracht dessen liege es im militärischen Interesse, sie zum ehestmöglichen Zeitpunkt von der Leistung der freiwilligen Waffenübung zu befreien und aus diesem Wehrdienst zu entlassen.

5. Mit Schreiben vom XXXX erhob die vertretene Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, die angefochtene Entscheidung sei damit begründet worden, dass der „militärische Bedarf“ im Fall der Beschwerdeführerin nicht mehr gegeben sei. Dieser bestehe jedoch sehr wohl, da gegenwärtig Soldaten gesucht werden würden. Die Verurteilung der Beschwerdeführerin sei nicht dazu geeignet, die angefochtene Entscheidung zu begründen. Die Verurteilung sei der Dienstbehörde und der belangten Behörde unmittelbar nach deren Rechtskraft bekanntgegeben worden und der belangten Behörde somit bereits zum Zeitpunkt der freiwilligen Meldung der Beschwerdeführerin bekannt gewesen. Zudem betreffe die Verurteilung lediglich außerdienstliches Verhalten und keine dienstlichen Belange. Die Entlassung nach der rechtskräftigen Einberufung verstoße gegen das Verschlechterungsverbot im Verwaltungsverfahren, da einseitig in ein der Beschwerdeführerin bereits zuerkanntes Recht, nämlich die Besoldung bei Teilnahme an der Waffenübung, eingegriffen werde. Dies widerspreche § 68 AVG. Der angefochtene Bescheid sei auch unzureichend begründet, da die Wiedergabe des Gesetzestextes nicht ausreiche, um die angefochtene Entscheidung zu begründen.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom XXXX wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei die gültige Prüfbescheinigung mit XXXX aufgrund des Vorliegens einer rechtskräftigen Strafkarte aufgrund strafbarer Handlungen und einer dadurch umgehenden vorzeitigen Entlassung aus einem Dienstverhältnis des Österreichischen Bundesheeres entzogen worden. Eine neuerliche Überprüfung wäre ab XXXX möglich gewesen, bis dato sei aber keine neuerliche Überprüfung der Verlässlichkeit eingeleitet worden. Eine Heranziehung zu einem Präsenzdienst beim Österreichischen Bundesheer könne erst nach einer neuerlichen Beurteilung über den Entzug der Verlässlichkeit mit positivem Ausgang gestattet werden. Die militärische Verlässlichkeit stelle einen wesentlichen Bestandteil des Österreichischen Bundesheeres dar. Die Beschwerdeführerin sei mit Wirksamkeit XXXX zu einer freiwilligen Waffenübung einberufen worden. Eine solche Heranziehung sei bei Entzug einer Prüfbescheinigung jedoch nicht vorgesehen, weshalb unverzüglich nach Bekanntwerden die vorzeitige Entlassung angeregt worden sei. Bereits mit XXXX sei die Beschwerdeführerin aus einem Dienstverhältnis beim Österreichischen Bundesheeres aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung umgehend entlassen worden. Die Beschwerdeführerin habe das Vergehen der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs. 1 und 3 StGB und das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster und zweiter Fall StGB begangen. Diese Verhaltensweisen seien geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Person und die Sachlichkeit ihrer Amtsführung ganz wesentlich zu verletzen. Die Verurteilung betreffe auch nicht, wie von ihr vorgebracht, außerdienstliches Verhalten, sondern den dienstlichen Bereich. Der militärische Bedarf sei erst wieder gegeben, wenn die entzogene militärische Verlässlichkeit abermals überprüft und keinerlei Bedenken geäußert werden würden.

7. Mit Schreiben XXXX beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte aus, die Vorwürfe gegen die Beschwerdeführerin würden sich auf das Jahr XXXX beziehen, sodass die Aufhebung des Einberufungsbefehls verspätet und nicht gerechtfertigt sei. Die angefochtene Entscheidung sei zudem nicht mit der Unzuverlässigkeit der Beschwerdeführerin, sondern mit einem mangelnden militärischen Bedarf begründet worden. Diese Begründung sei unverständlich, da der militärische Bedarf jedenfalls bestehe und die Verurteilung der Beschwerdeführerin stets bekannt gewesen sei. Die Verurteilung betreffe ausschließlich außerdienstliches Verhalten und keine dienstlichen Belange. Die Entlassung nach der rechtskräftigen Einberufung verstoße gegen das Verschlechterungsverbot im Verwaltungsverfahren, da einseitig in ein der Beschwerdeführerin bereits zuerkanntes Recht, nämlich die Besoldung bei Teilnahme an der Waffenübung, eingegriffen werde. Dies widerspreche § 68 AVG.

8. Mit Schreiben vom XXXX , eingelangt am selben Tag, legte die belangte Behörde die Beschwerde mitsamt bezugshabendem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben ausgeführte Verfahrensgang wird den Feststellungen zugrunde gelegt.

Die Beschwerdeführerin stand in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war als Soldatin im Österreichischen Bundesheer tätig.

Mit der am XXXX in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Landesgerichtes XXXX , GZ XXXX , war die Beschwerdeführerin wegen von ihr begangener Straftaten gemäß §§ 288 Abs. 1, 288 Abs. 3 StGB sowie §§ 297 Abs. 1 erster Fall, 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt worden. Mit XXXX wurde die Beschwerdeführerin aus dem Dienstverhältnis beim Österreichischen Bundesheeres aufgrund dieser strafgerichtlichen Verurteilung entlassen und mit XXXX wurde ihr die Prüfungsbescheinigung GEHEIM entzogen.

Mit Schreiben vom XXXX meldete die Beschwerdeführerin sich zu einer freiwilligen Waffenübung von XXXX bis XXXX . Mit Einberufungsbefehl der belangten Behörde vom XXXX wurde die Beschwerdeführerin mit Wirkung von XXXX bis XXXX zur Leistung einer freiwilligen Waffenübung beim Österreichischen Bundesheer einberufen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX wurde die Beschwerdeführerin aus militärischen Rücksichten von Amts wegen von der Leistung der freiwilligen Waffenübung mit Ablauf des XXXX befreit und daraus vorzeitig entlassen. Mit Schreiben vom XXXX erhob die vertretene Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid Beschwerde. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom XXXX wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Mit Schreiben XXXX stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen und sind größtenteils unbestritten.

Die Feststellungen zum (ehemaligen) öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin, zu ihrer strafgerichtlichen Verurteilung, zu ihrer Entlassung, zum Entzug ihrer Prüfbescheinigung, zur Meldung und Einberufung der Beschwerdeführerin zu einer freiwilligen Waffenübung vom XXXX bis zum XXXX sowie zu ihrer vorzeitigen Entlassung, ihrer Beschwerde, der Beschwerdevorabentscheidung und ihrem Vorlageantrag ergeben sich ebenfalls aus dem im Wesentlichen unbestrittenen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 55 Abs. 3 WG 2001 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichterinnen und -richter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

Zu A)

3.2. Anzuwendende Normen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146/2001, in der geltenden Fassung maßgeblich:

„Präsenzdienstarten

§ 19. (1) Der Präsenzdienst ist zu leisten als

1. Grundwehrdienst oder

2. Milizübungen oder

3. freiwillige Waffenübungen und Funktionsdienste oder

[…]

Freiwillige Waffenübungen und Funktionsdienste

§ 22. (1) Auf Grund freiwilliger Meldung können Wehrpflichtige freiwillige Waffenübungen oder Funktionsdienste leisten. Freiwillige Waffenübungen dienen Ausbildungszwecken. Funktionsdienste dienen der Besorgung sonstiger militärischer Aufgaben im Interesse einer raschen, sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Aufgabenerfüllung.

(2) […]

(3) Die freiwillige Meldung kann vom Wehrpflichtigen ohne Angabe von Gründen zurückgezogen werden. Diese Zurückziehung ist beim Militärkommando einzubringen und wird wirksam, wenn sie spätestens bis zum Ablauf des dem Einberufungstag vorangehenden Tages eingelangt ist. Mit ihrem rechtzeitigen Einlangen wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Wehrpflichtigen unwirksam.

[….]

Einberufung zum Präsenzdienst

§ 24. (1) Wehrpflichtige sind zum Präsenzdienst nach den jeweiligen militärischen Interessen mit Einberufungsbefehl einzuberufen. Der Einberufungsbefehl ist zu erlassen

[…]

2. spätestens acht Wochen vor dem Einberufungstermin zu

a) Milizübungen und

b) freiwilligen Waffenübungen und Funktionsdiensten.

[…]

Nähere Bestimmungen für den Ausbildungsdienst

§ 38. (1) Frauen und Wehrpflichtige sind zum Ausbildungsdienst nach den jeweiligen militärischen Interessen mit Einberufungsbefehl einzuberufen.

[…]

(4) Frauen und Wehrpflichtige sind von der Leistung des Ausbildungsdienstes von Amts wegen zu befreien, wenn und solange es militärische Rücksichten erfordern. Hinsichtlich dieser Befreiung ist § 26 Abs. 4 über die Unwirksamkeit einer Einberufung anzuwenden.

(5) Frauen und Wehrpflichtige sind nach jeder Beendigung des Ausbildungsdienstes aus diesem zu entlassen. Dabei ist § 28 Abs. 1 über die Entlassung anzuwenden. Sie sind vorzeitig aus dem Ausbildungsdienst zu entlassen, wenn sich nach dessen Antritt herausstellt, dass eine die Einberufung ausschließende Voraussetzung zum Einberufungstermin gegeben war. Frauen und Wehrpflichtige gelten mit Ablauf des Tages als vorzeitig aus dem Ausbildungsdienst entlassen, an dem ein Bescheid über eine Befreiung nach Abs. 4 erlassen wird oder, sofern in diesem Bescheid ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist, zu diesem festgelegten Zeitpunkt. Die vorzeitige Entlassung steht einer neuerlichen Einberufung zum Ausbildungsdienst nach Wegfall des Entlassungsgrundes nicht entgegen. Die neuerliche Einberufung ist nur zulässig

1. für die restliche Dauer des Ausbildungsdienstes und

2. mit Zustimmung der Betroffenen.

[…]

Miliztätigkeiten von Frauen

§ 39. (1) Frauen können freiwillige Waffenübungen und Funktionsdienste leisten. Auf diese Wehrdienste sind anzuwenden

1. § 24 über die Einberufung,

2. § 25 Abs. 1 Z 1 und 2 über den Ausschluss von der Einberufung,

3. § 28 Abs. 1 und 3 bis 5 über die Entlassung,

4. § 30 über die vorzeitige Entlassung wegen Dienstunfähigkeit und

5. § 37 Abs. 3, § 38 Abs. 4 und 5 vierter Satz sowie § 38a Abs. 4 über den Ausbildungsdienst.

[…]

Zuständigkeit

§ 40. (1) Die Zuständigkeit zur Erlassung von Bescheiden nach diesem Bundesgesetz hinsichtlich

1. des Ausbildungsdienstes und

2. der Miliztätigkeiten von Frauen

obliegt dem Heerespersonalamt.“

3.3. Zur Abweisung der Beschwerde mit der im Spruch ersichtlichen Maßgabe:

Wenn einem Antrag durch den mit Berufung angefochtenen Bescheid nicht voll Rechnung getragen wird, ist die Beschwer des Antragstellers (als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Berufung) grundsätzlich zu bejahen. Kommt jedoch der dem Antrag zugrunde liegende Anspruch von vornherein nicht in Betracht, so kann auch die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Zurückweisung der Berufung (anstelle der Behebung des erstbehördlichen Bescheides unter gleichzeitiger Zurückweisung des Antrages) nicht in Rechten verletzten ([vgl. E 12. August 2010, 2008/10/0278] VwGH 19.02.2014, 2013/10/0146).

Ein bloß faktisches oder wirtschaftliches Interesse an der Einhaltung der Vorschriften objektiven Rechts vermittelt keine Parteistellung, sofern die Normen nicht erkennen lassen, dass sie nicht nur im öffentlichen, sondern auch im Interesse des Privaten erlassen wurden. In diesem Fall gründet sich das faktische Interesse an der Beachtung der Norm auf eine bloße Reflexwirkung und kann daher allenfalls die Stellung als bloß Beteiligter begründen (VwGH 12.11.2012, 2011/06/0145).

Im Zusammenhang mit der Frage, ob es einen Rechtsanspruch auf Ableistung einer freiwilligen Waffenübung gibt und folglich im Fall eines Widerrufs eines Einberufungsbefehls (bzw. wie im vorliegenden Fall eine vorzeitige Entlassung) eine Beschwer vorliegen kann, ist auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 22.02.1985, B130/79, zum damals in Geltung gestandenen § 30 WehrG 1978, dessen Abs. 1 wortgleich dem nunmehr geltenden und im vorliegenden Fall zur Anwendung kommenden § 22 Abs. 1 WG 2001 entspricht, hinzuweisen. In der genannten Entscheidung führte der Verfassungsgerichtshof folgendes aus:

„1. Bei der aus der Sicht des Beschwerdefalles gegebenen - und auch vom Bf. nicht in Zweifel gezogenen - verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die von ihm behauptete Verletzung des Gleichheitsrechtes gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9015/1981) nur stattgefunden haben, wenn die bel. Beh. Willkür geübt hätte. Dies wirft ihr der Bf. vor. Sein Vorwurf beruht im Wesentlichen darauf, daß ihm mit der als Bescheid gewerteten Erledigung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 6. Juni 1969 ein bestimmter Ausbildungsgang zum Reserveoffizier genehmigt worden sei und er als österreichischer Soldat das Recht habe, im Rahmen dieses Ausbildungsganges jene Waffenübungen abzuleisten, die erforderlich seien, um im Erfolgsfalle die Ernennung zum Leutnant der Reserve beantragen zu können. Der Sache nach macht der Bf. damit geltend, daß die Anwendbarkeit des von der bel. Beh. herangezogenen § 68 Abs2 AVG nicht gegeben sei, weil ihm aus dem Einberufungsbefehl Rechte erwachsen seien.

Ob diese - in der Beschwerde zwar nicht ausdrücklich verfochtene, ihr aber doch mit zureichender Deutlichkeit entnehmbare - Auffassung zutrifft, muß aber dahinstehen. Es genügt hier der Hinweis, daß für die gegenteilige Meinung der bel. Beh. nicht von der Hand zu weisende Argumente ins Treffen geführt werden können, die gegen eine willkürliche Gesetzeshandhabung sprechen. Der dem Einberufungsbefehl zugrundeliegende § 30 WehrG 1978 bietet jedenfalls seinem Wortlaut nach keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß dem Wehrpflichtigen ein Rechtsanspruch auf die Ableistung einer freiwilligen Waffenübung zukommt. Weiters ist die Auffassung vertretbar, daß ein Recht auf Ableistung der im Einberufungsbefehl bezogenen Waffenübung auch nicht aus einem Zusammenhalt mit der Genehmigung eines Ausbildungsganges zum Reserveoffizier abgeleitet werden kann. Da das (in den Verwaltungsakten erliegende) Schreiben des Bundesministers für Landesverteidigung an den Bf. vom 6. Juni 1969 weder als Bescheid bezeichnet ist noch sonstige formelle Merkmale eines Bescheides aufweist, kann nämlich durchaus angenommen werden, daß ein Bescheid im Rechtssinn nicht vorliegt.

2. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. aus anderen als den von ihm vorgebrachten Gründen in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre oder daß eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm stattgefunden hätte.

Die Beschwerde war sohin abzuweisen.“

Hervorzuheben ist auch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 05.03.2007, B1694/06, bezüglich der Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine von Amts wegen mit Bescheid erfolgte Aufhebung eines Einberufungsbefehls mangels Beschwer. Dazu führte der Verfassungsgerichtshof Folgendes aus:

„Mit dem bekämpften Bescheid wurde der von der belangten Behörde erlassene Einberufungsbefehl zur Leistung des Grundwehrdienstes gemäß § 68 Abs2 AVG und § 24 Abs1 WehrG 2001 von Amts wegen aufgehoben. Dieser Bescheid hat keine (nachteiligen) Auswirkungen auf die Rechtsposition des Einschreiters, sodass er auch nicht durch ihn belastet sein kann. […]“

Das VwG hat dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag zurückzuweisen (VwGH vom 04.03.2024, Ro 2021/14/0002 unter Verweis auf VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, mwN und näheren Ausführungen zum Begriff der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor den VwG; vgl. in diesem Sinne auch VfGH 18.6.2014, G5/2014 = VfSlg. 19.882, wonach § 28 VwGVG 2014 dem VwG gebietet, bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 130 Abs. 4 B-VG die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrages zum Inhalt seiner Sachentscheidung zu machen, wenn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorkommt, dass es schon bei Bescheiderlassung durch die belangte Behörde an einer Prozessvoraussetzung mangelte).

Das Verwaltungsgericht hat nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (Hinweis E vom 26. Juni 2013, Ro 2014/03/0063, und E vom 27. November 2014, Ra 2014/03/0036). Vor diesem Hintergrund erschöpft sich die Kognition des Verwaltungsgerichts nicht bloß in der Beurteilung der Frage, ob der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid rechtmäßig ist. Das Verwaltungsgericht hat iSd § 27 VwGVG 2014 bei seiner Prüfung auf Grund der Beschwerde seine Beurteilung im Rahmen der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht vorzunehmen (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066), wobei "Sache" jene Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 29.04.2015, Ra 2015/03/0015, mit Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0049).

"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der belangten Behörde gebildet hat. Dabei bestimmt der Antrag grundsätzlich den Umfang der Sache (VwGH 14.01.2022, Ra 2020/10/0082; vgl. VwGH 5.10.2021, Ra 2020/10/0134).

Angewendet auf den vorliegenden Sachverhalt bedeutet das Folgendes:

Im gegenständlichen Fall wurde die Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid (in der Fassung der oben genannten Beschwerdevorentscheidung) aus militärischen Rücksichten von Amts wegen von der Leistung der freiwilligen Waffenübung befreit, wodurch sie als vorzeitig aus der freiwilligen Waffenübung entlassen galt.

Der oben zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofs ist zu entnehmen, dass es keinen Rechtsanspruch auf Ableistung einer freiwilligen Waffenübung gibt. Dementsprechend ist die Beschwerdeführerin durch ihre (vorzeitige) Befreiung bzw. Entlassung auch nicht in einem subjektiven Recht verletzt worden. Ein allfälliges faktisches oder wirtschaftliches Interesse der Beschwerdeführerin – etwa aufgrund einer ihr dadurch entgangenen Entlohnung – ändert daran angesichts der zitierten Judikatur nichts. Daraus folgt, dass im angefochtenen Bescheid auch keine Beschwer der Beschwerdeführerin erkannt werden kann. Ihr kommt daher auch keine Beschwerdelegitimation zu. Die belangte Behörde hat daher mit der oben angeführten Beschwerdevorentscheidung zu Unrecht eine Sachentscheidung getroffen. Vielmehr wäre die gegenständliche Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC nicht entgegenstehen: Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von- der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen. Gemäß Art. 47 Abs. 2 GRC hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.

Das Absehen von einer Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt festgestellt werden kann, ohne dass der Entfall der mündlichen Erörterung zu einer Verminderung der Qualität der zu treffenden Entscheidung führt, trägt zur Erreichung der Verfahrensbeschleunigung, die in einem Verfahren wie dem vorliegenden von höchster Relevanz ist, bei.

Eine mündliche Verhandlung ist grundsätzlich durchzuführen, wenn es um „civil rights“ oder „strafrechtliche Anklagen“ iSd Art 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird ([vgl VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049; 20.10.2015, Ra 2015/09/0051; 2.11.2016, Ra 2016/06/0088; 21.12.2016, Ra 2016/04/0117; 16.2.2017, Ra 2016/05/0038; 14.11.2017, Ra 2017/09/0042] Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 24 VwGVG Anm. 5a).

Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC stehen dem Absehen von einer Verhandlung von Seiten des VwG nur dann nicht entgegen, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt (unstrittig) feststeht und auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten können (vgl VwGH 29.1.2016, Ra 2015/06/0124; 20.12.2016, Ra 2016/03/0113; 26.1.2017, Ra 2016/07/0061); also etwa wenn das Verfahren ausschließlich nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen (vgl VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0026; 21. 12. 2016, Ra 2016/04/0117 mwN aus der Rsp des EGMR) oder nur hochtechnische (Sachverhalts-)Fragen (vgl VwGH 18.10.2016, Ro 2015/03/0029 mwN) betrifft (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 24 VwGVG Anm. 13).

Dies ist hier der Fall, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der eindeutigen Aktenlage feststeht. Es sind auch keine Umstände hervorgetreten, bei deren weiteren Klärung eine mündliche Erörterung notwendig erscheinen würde. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin erschöpft sich in rechtlichen Ausführungen, die jedoch aus den oben dargelegten Gründen dahingestellt bleiben können. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist hingegen gänzlich unstrittig. Daher war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts nicht erforderlich.

Eine mündliche Verhandlung wird vom Bundesverwaltungsgericht weiters aus den folgenden Gründen nicht für notwendig erachtet (§ 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG): Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt ist von der belangten Behörde ausreichend in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden. Es waren auch keine Verjährungsfragen zu klären (vgl. VwGH 31.01.2022, Ra 2020/09/0011; 22.09.2021, Ra 2021/09/0146).

Der für die Beurteilung notwendige Sachverhalt war den Akten zu entnehmen und steht, wie schon dargelegt, unzweifelhaft fest.

Auch sonst hat sich kein Hinweis auf eine allfällige Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt im Rahmen einer Verhandlung zu erörtern (vgl. dazu auch VwGH 17.10.2006, 2005/20/0329; 26.6.2007, 2007/01/0479; 22.8.2007, 2005/01/0015), weswegen seitens des Bundesverwaltungsgerichtes von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen wurde.

3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Rückverweise