Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag. a Nussbaumer Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Binder, über die Revision des M P in S, vertreten durch die Dr. Ragossnig Partner Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/IX/37, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. April 2021, W257 2240303 1/5E, betreffend Feststellung i.A. einer Weisung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wird als Exekutivbeamter bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich verwendet.
2 Aus dem angefochtenen Erkenntnis (und Akteninhalt) geht der folgende in der Revision nicht bestrittene Sachverhalt hervor:
3 Nach einer Untersuchung im Hinblick auf seine Exekutivdienstfähigkeit durch den polizeiärztlichen Dienst wurde der Revisionswerber, weil seine volle Exekutivdienstfähigkeit fraglich erschien, einer weiteren Untersuchung durch eine Fachärztin für Psychologie und Neurologie zugewiesen. Bei dieser Fachärztin erschien der Revisionswerber zunächst im Beisein seines Rechtsvertreters als Vertrauensperson und verlangte, dass dieser bei der Untersuchung anwesend sein möge. Dies wurde von der Fachärztin verweigert.
4 Nachdem mit schriftlicher Weisung vom 25. November 2020 gegenüber dem Revisionswerber neuerlich angeordnet wurde, sich der Untersuchung zu unterziehen und sich „bei der Auswahl der Vertrauensperson“ vorher mit der Ärztin abzusprechen, gab Letztere bekannt, dass ein Gutachten nicht erstellt werden könne, wenn eine Begleitung (Vertrauensperson) bei der Untersuchung dabei sei. Mit schriftlicher Weisung vom 17. Dezember 2020 wurde der Revisionswerber von seiner Dienstbehörde daraufhin aufgefordert, mit der genannten Fachärztin „bis spätestens 15. Jänner 2021 einen Untersuchungstermin ohne Begleitung durch eine Vertrauensperson zu vereinbaren und beim Untersuchungstermin sämtliche vorhandenen ärztlichen Unterlagen vorzulegen“.
5 Mit Schreiben vom 7. Jänner 2021 remonstrierte der Revisionswerber gegen diese Weisung, machte geltend, dass ihn diese Weisung wegen der darin enthaltenen Pflicht, ohne eine Vertrauensperson zur Untersuchung zu erscheinen, in seinen Rechten verletze, stellte in Frage, ob die Befolgung dieser Weisung „zum Pflichtenkreis des Angewiesenen“ gehöre und beantragte in diesem Zusammenhang die „bescheidmäßige Feststellung“ (gemeint wohl: des Nichtbestehens der Befolgungspflicht sowie der Rechtswidrigkeit der Weisung), „dass es ihm untersagt ist, eine Vertrauensperson zu einer ärztlichen Untersuchung, die ihm weisungsgemäß mit den Weisungen vom 25.11.2020 und vom 17.12.2020 angeordnet wurde, beizuziehen“.
6 Mit Bescheid vom 13. Jänner 2021 erging dem Revisionswerber gegenüber der folgende Abspruch:
„Gemäß § 44 Abs. 3 BDG iVm § 52 BDG idgF wird festgestellt, dass die mit Schreiben vom 17.12.2020 ergangene Weisung, einen Untersuchungstermin OHNE BEGLEITUNG DURCH EINE VERTRAUENSPERSON mit Frau Dr. [...], zu vereinbaren sowie beim Untersuchungstermin sämtliche vorhandenen ärztlichen Unterlagen vorzulegen, rechtskonform und von Ihnen zu befolgen ist“.
7 In der Begründung des Bescheides wurde (unter Hinweis auf eine Stellungnahme der Ärztekammer für Oberösterreich) unter anderem ausgeführt, dass „die Modalitäten sowie die erlaubten Umstände bei einer Untersuchung vom Arzt bzw. vom Gutachter selbst aus dem Gesichtspunkt festgelegt werden dürfen und müssen, um den Behandlungserfolg bzw. die Authentizität einer Begutachtung bestmöglich erreichen zu können“. Dieser Grundsatz müsse umso mehr bei psychiatrischen Gutachten gelten, bei denen als Untersuchungsgegenstand allein die Persönlichkeit des Probanden geprüft werde. Zu diesem Zweck sei es unumgänglich, bei der Erstellung des Gutachtens die Person „alleine“ zu untersuchen bzw. zu befragen, um mögliche durch die Anwesenheit einer Vertrauensperson bedingte Abweichungen der Aussagen bzw. des Verhaltens des Probanden ausschließen zu können.
8 Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde keine Folge. In der Begründung setzte sich das Bundesverwaltungsgericht mit den in der Beschwerde vorgetragenen Argumenten auseinander, verwies u.a. darauf, dass es dem Revisionswerber frei stehe, in einem allfälligen Verfahren, in dem das eingeholte Gutachten verwertet werden würde, Einwände gegen das Gutachten vorzubringen, wies darauf hin, dass der Revisionswerber keine Rechtsprechung oder Rechtsnormen ins Treffen führen könne, die der Weisung, an der Untersuchung ohne Anwesenheit einer Begleitperson teilzunehmen, entgegenstünden, und hielt fest, dass die Behörde eine „vom Außeneinfluss unabhängige Diagnose“ beabsichtigt habe und ihre Weisung aus diesem Grund nachvollziehbar sei.
10 Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht mit der Begründung für zulässig, dass „es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes [dazu], ob die Behörde bei einer Untersuchung eines Beamten gem. § 52 Abs. 1 BDG ex ante die Beiziehung einer Vertrauensperson ausschließen kann“, fehle.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.
12 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Revisionsabweisung und den Zuspruch von Aufwandersatz beantragte.
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. VwGH 21.4.2017, Ro 2016/11/0004; 5.9.2018, Ro 2017/12/0013, jeweils mwN).
16 Zur Darlegung ihrer Zulässigkeit beruft sich die vorliegende Revision ausschließlich auf die Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichts.
17 § 52 Abs. 1 BDG 1979 lautet:
„Ärztliche Untersuchung
§ 52. (1) Bestehen berechtigte Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen gesundheitlichen Eignung des Beamten, so hat sich dieser auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.“
18 Die Bestimmung des § 52 BDG 1979 ermächtigt zur „Anordnung“, sich ärztlichen Untersuchungen zu unterziehen; diese dient der Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten (vgl. VwGH 6.10.2020, Ra 2020/09/0050, mwN). Eine solche Anordnung ist nach ständiger Rechtsprechung als Weisung zu qualifizieren (vgl. VwGH 12.12.2008, 2007/12/0047, mwN). Berechtigte Zweifel im Sinne des § 52 BDG 1979 bestehen dann, wenn die Dienstbehörde kein klares Bild darüber gewinnen kann, ob Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit gegeben ist. Ob diese Zweifel berechtigt oder begründet sind oder nicht, soll gerade durch die ärztliche Untersuchung festgestellt werden (VwGH 17.5.1995, 94/12/0003).
19 Dass die Dienstbehörde Grund hatte, die Untersuchung durch eine Fachärztin für Psychologie und Neurologie anzuordnen, zieht die Revision nicht in Zweifel. Die in der Zulässigkeitsbegründung (unter Wiedergabe der Zulassungsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses) angesprochene Frage betrifft der Sache nach ausschließlich die Frage der Modalitäten dieser Untersuchung (hier: dem der Methodik der Untersuchung zuzuordnenden Umstand, dass der Untersuchte von der Fachärztin für Psychologie und Neurologie unbegleitet untersucht wird).
20 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die vom Sachverständigen bei der Aufnahme des Befundes anzuwendende Methode ausschließlich von objektiven fachlichen Gesichtspunkten ab und unterliegt auch nicht der Disposition der Parteien (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 52 [Stand 1.7.2005] mit Hinweis auf VwGH 20.3.1996, 95/03/0235; vgl. weiters VwGH 20.5.2009, 2008/12/0114; 21.6.2017, Ra 2017/03/0016; siehe ferner zum Fall einer wie hier in Weisungsform von einer Dienstbehörde angeordneten ärztlichen Untersuchung VwGH 29.1.2014, 2012/12/0152 [= VwSlg. 18.773 A/2014]).
21 Wie sich aus dem angefochtenen Erkenntnis ergibt, spiegelte die in der Weisung enthaltene Anordnung, bei der mit der Untersuchung betrauten Ärztin „ohne Begleitperson“ zu erscheinen, letztlich die methodische Vorgabe dieser Sachverständigen wieder. Angesichts des Vorgesagten erweist sich die zitierte Rechtsprechung zur Lösung der in der Zulassungsbegründung aufgeworfenen Frage als einschlägig. Insofern ist daher nicht ersichtlich, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der in der Zulassungsbegründung des Erkenntnisses (und gleichlautend in der Zulässigkeitsbegründung der Revision) formulierten Frage fehlen würde.
22 Im Übrigen begründete das Verwaltungsgericht die Notwendigkeit der in dieser Form angeordneten ärztlichen Untersuchung näher. Dazu, dass ihm dabei eine im Einzelfall revisible Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, führt die Zulässigkeitsbegründung der Revision nichts aus.
23 Andere Gründe, aus denen der Revisionsfall von einer Rechtsfrage der in Art. 133 Abs. 4 B VG definierten Art abhinge (wie etwa ein Abweichen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes), wurden nicht aufgezeigt.
24 In der Revision wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher nach § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
25 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 13. April 2023