Ro 2023/18/0005 3 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Handlungen, die auf die Verletzung des Rechtsgutes der sexuellen Integrität von Kindern abzielen, kommt grundsätzlich die Eignung zu, eine schwere (nichtpolitische) Straftat darzustellen. Ob die antragstellende Partei, die eine solche Straftat begangen hat, von der Zuerkennung internationalen Schutzes ausgeschlossen ist, muss aber unter Bedachtnahme auf sämtliche Umstände der Geschehnisse einer Klärung unterworfen werden (vgl. VwGH 11.9.2024, Ra 2024/20/0004).
Im gegenständlichen Fall hat sich das BVwG tragend darauf gestützt, dass der Antrsgsteller nach dem Recht seines Herkunftsstaates (Syrien) und dem Recht des Staates, in dem er die Ehe mit einer Unmündigen geschlossen hat (Libanon), nicht strafbar wäre. Allein das reicht aber nicht aus, um das Vorliegen des Ausschlussgrundes des Art. 1 Abschnitt F lit. b GFK zu verneinen, da die im zitierten Erkenntnis geforderte Einzelfallprüfung nicht stattgefunden hat, sodass sich nicht abschließend beurteilen lässt, ob ernsthafte Gründe für den Verdacht bestehen, dass der Antragsteller ein schweres (nichtpolitisches) Verbrechen im Sinne des Art. 1 Abschnitt F lit. b GFK begangen hat.