Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MIKULA, MBA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , 2512 Tribuswinkel, gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom XXXX 2024, Beitragsnummer: XXXX , GZ: XXXX , zu Recht:
A)
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Mit am XXXX 2024 an die ORF-Beitrags Service GmbH (in der Folge: belangte Behörde) übermittelten Antragsformular vom XXXX 2024 beantragte XXXX (im Folgenden: „beschwerdeführende Partei“) eine Befreiung von der Verpflichtung zur Entrichtung des ORF-Beitrags ab 01.01.2024.
Mit Bescheid vom XXXX 2024 wies die belangte Behörde den Antrag auf Befreiung von der ORF-Gebühr gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück, da die beschwerdeführende Partei der Aufforderung, Unterlagen vorzulegen, nicht fristgerecht nachgekommen sei.
Mit einem am XXXX 2024 bei der belangten Behörde eingelangten E-Mail erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde gegen diesen Bescheid.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt mit Schreiben vom XXXX 2024 dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Mit am XXXX 2024 an die belangte Behörde übermittelten Antragsformular vom selben Tag beantragte die beschwerdeführende Partei eine Befreiung von der Verpflichtung zur Entrichtung des ORF-Beitrages ab 01.01.2024. Dem Antrag war eine Kopie der Seite 1/3 einer an den Ehegatten der beschwerdeführenden Partei gerichteten Mitteilung über den Leistungsanspruch des AMS vom XXXX 2023 angeschlossen.
Mit Schreiben vom XXXX 2024 forderte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei auf einen „Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand)“ und einen „Nachweis über alle Bezüge des/der Antragsteller/in bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben … Gesetzlichen Anspruch und aktuelles Einkommen (Mitversicherungsbestätigung/ AMSTaggeldbestätigung/etc.) von XXXX “ nachzureichen. Sollten die benötigten Unterlagen und Informationen nicht nachgereicht werden, müsse die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei „ihren Antrag leider zurückweisen“. Als Rechtsgrundlage wurde in diesem Schreiben auf § 13 Abs. 3 AVG hingewiesen. Das Schreiben wurde nach den Angaben der belangten Behörde postalisch ohne Zustellnachweis versendet.
Mit am XXXX 2024 signiertem Bescheid, datiert mit XXXX 2024, wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, sie habe mit ihrem „letzten Schreiben“ die beschwerdeführende Partei aufgefordert, fehlende Angaben bzw. Unterlagen nachzureichen und dabei darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde den Antrag zurückweisen müsse, falls die benötigten Unterlagen und Angaben „nicht innerhalb von 14 Tagen“ nachgereicht würden. „Gesetzlichen Anspruch und aktuelles Einkommen (Mitversicherungsbestätigung/AMSTaggeldbestätigung/etc.) von XXXX wurde nicht nachgereicht“, weshalb der Antrag spruchgemäß zurückzuweisen gewesen sei. Die belangte Behörde stützte sich bei der Angabe der Rechtsgrundlage im Bescheid auf § 13 Abs. 3 AVG. Laut Angabe der belangten Behörde, wurde der Bescheid postalisch ohne Zustellnachweis versendet.
Mit dem folgenden E-Mail vom XXXX 2024 erhob die beschwerdeführende Partei „Beschwerde“ gegen diesen Bescheid:
Dem E-Mail war eine Fotografie der Seite 1/3 einer an den Ehegatten der beschwerdeführenden Partei gerichteten Mitteilung über den Leistungsanspruch des AMS vom XXXX 2023 angeschlossen.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen gründen sich auf die vom Bundesverwaltungsgericht nachgeprüften und für zutreffend befundenen Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid, auf den Inhalt des von der Behörde vorgelegten Verwaltungsakts bzw. sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Durch BGBl I 112/2023 wurden die Rundfunkgebühren für Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen per 01.01.2024 durch den ORF-Beitrag iSd ORF-Beitrags-Gesetz 2024 ersetzt.
Fallgegenständlich beantragte die beschwerdeführende Partei im Jänner 2024 eine Befreiung von der Verpflichtung zur Entrichtung des ORF-Beitrags. Im Verfahren ist daher das ORF-Beitrags-Gesetz 2024 anzuwenden. Die belangte Behörde hat das AVG anzuwenden (§ 12 Abs. 1 ORF-Beitrags-Gesetz 2024). Nach § 12 Abs. 3 ORF-Beitrags-Gesetz 2024 kann gegen von der belangten Behörde erlassene Bescheide Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Zur Erledigung der vorliegenden Beschwerde ist daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einer diesbezüglichen Bestimmung im Materiengesetz liegt im gegenständlichen Verfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2. Rechtzeitigkeit und Inhalt der Beschwerde
Die beschwerdeführende Partei führte im an die belangte Behörde gerichteten E-Mail vom XXXX 2024 aus, sie erhebe „Beschwerde“ gegen den Bescheid vom XXXX 2024, womit die beschwerdeführende Partei erkennbar nach wie vor eine Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrags beantragt. Sie führte auch eine Begründung an. Die (nicht vertretene) beschwerdeführende Partei hat daher sowohl die belangte Behörde (als Adressatin des E-Mails) als auch den angefochtenen Bescheid bezeichnet und auch durch die Ausführungen zu erkennen gegeben, dass sie ein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid erheben möchte.
Angesichts des Signaturdatums des Bescheides ( XXXX 2024) und des Datums des Einlangens des E-Mails der beschwerdeführenden Partei ( XXXX 2024) besteht – obwohl die belangte Behörde auch den Bescheid ohne Zustellnachweis versendet hat – kein Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Beschwerde.
Zusammengefasst liegt daher fallgegenständlich eine rechtzeitige und vollständige Beschwerde iSd § 9 VwGVG vor.
3.3. Zu Spruchpunkt A)
3.3.1. Sache des Verfahrens
Wird ein Antrag von der belangten Behörde zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145). Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, über diesen Rahmen hinaus eine Entscheidung über die „Hauptsache“ zu treffen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrags und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 09.03.2023, Ra 2020/07/0121).
Im vorliegenden Fall ist daher für das Bundesverwaltungsgericht lediglich Prüfgegenstand, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags der beschwerdeführenden Partei durch die belangte Behörde mit der Begründung, Unterlagen und Informationen seien trotz Aufforderung nicht nachgereicht worden, zu Recht erfolgte.
3.3.2. Kein verbesserungsfähiger Mangel
§ 13 AVG lautet auszugsweise:
„(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“
Die Zurückweisung eines Antrags setzt nach § 13 Abs. 3 AVG somit einerseits voraus, dass dem Antragsteller von der Behörde die Behebung konkreter, verbesserungsfähiger Mängel innerhalb einer angemessenen Frist aufgetragen wird. Andererseits muss auf die Rechtsfolge, dass der Antrag nach fruchtlosem Ablauf der Frist zurückgewiesen werden wird, explizit hingewiesen werden.
Eine Zurückweisung nach § 13 Abs. 3 AVG ist allerdings nur bei verbesserungsfähigen Mängeln überhaupt zulässig. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind von solchen verbesserungsfähigen Mängeln eines Anbringens iSd § 13 Abs. 3 AVG Umstände zu unterscheiden, die die Erfolgsaussichten betreffen und die daher gegebenenfalls zur Abweisung eines Antrags führen können. Ob es sich um einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG oder um eine Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch Auslegung der Bestimmungen der Materiengesetze zu ermitteln (vgl. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042, mwN). Ein „Mangel“ im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG liegt dann vor, wenn ein Anbringen von den für die Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht (vgl. z.B. VwGH 24.05.2016, Ra 2016/07/0016).
Der Verwaltungsgerichtshof verneint die Zulässigkeit der Zurückweisung eines Antrags auf Befreiung von den Rundfunkgebühren infolge Nichterfüllung eines behördlichen Verbesserungsauftrags (vgl VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040). Gemäß § 3 Abs. 5 Rundfunkgebührengesetz (RGG) sind von den Rundfunkgebühren auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 Fernmeldegebührenordnung (FMGebO) genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen. Die §§ 47 bis 49 FMGebO regeln aber nur, auf welcher Grundlage Bezieher staatlicher Unterstützung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren befreit werden können und dass diese an der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen mitzuwirken haben. Sie enthalten keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre (vgl. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042). Auch § 51 Abs. 1 FMGebO, wonach die gemäß § 50 FMGebO erforderlichen Nachweise anzuschließen sind, ist angesichts des Umstandes, dass in § 50 FMGebO keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte (vgl. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0042, mit Hinweis auf VwGH 9.6.2010, 2006/17/0161). Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch auf die Rechtslage nach dem ORF-Beitrags-Gesetz zu übertragen.
Da fallgegenständlich somit zusammengefasst kein iSd höchstgerichtlichen Judikatur verbesserungsfähiger Mangel vorliegt, war die Behörde von daher nicht berechtigt, mit Zurückweisung gemäß § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen.
Da Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags der beschwerdeführenden Partei ist (vgl. oben Punkt II.3.3.1.), war der angefochtene Bescheid daher spruchgemäß ersatzlos zu beheben. Das Verfahren über die gestellten Anträge ist daher (wieder) bei der belangten Behörde anhängig und von dieser – unter Abstandnahme vom bisherigen Zurückweisungsgrund – weiterzuführen.
3.4. Absehen von einer mündlichen Verhandlung
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall – auch mangels eines entsprechenden Parteienantrages – gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben ist.
3.5. Zu Spruchpunkt B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der im jeweiligen Zusammenhang zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einschlägiger Rechtsprechung. Auch in der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der im jeweiligen Zusammenhang zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.