Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela GREML über die Beschwerde der XXXX , whft. in XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 09.07.2024, GZ: XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit am 14.03.2024 bei der belangten Behörde eingelangtem Antragsformular beantragte die Beschwerdeführerin die Befreiung von der Beitragspflicht des ORF-Beitrags und damit verbundenen Abgaben. Unter Punkt 4 des Antragsformulars kreuzte die Beschwerdeführerin als Anspruchsvoraussetzung „Gehörlos oder schwer hörbehindert“ an und gab ein im Haushalt lebendes Kind an. Dem Antrag legte sie ihren Behindertenpass und Meldebestätigungen bei.
Mit Schreiben vom 07.05.2024 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Fehlen erforderlicher Unterlagen mit und wurde sie aufgefordert, Nachweise über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage und Unterlagen zur Einkommensberechnung binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens bei sonstiger Zurückweisung des Antrages nachzureichen.
Die Beschwerdeführerin reichte eine ärztliche Bestätigung sowie eine Gehaltsabrechnung nach.
Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 09.07.2024, GZ: XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Befreiung von der Pflicht zur Entrichtung des ORF-Beitrages zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin der Aufforderung, fehlende Unterlagen nachzureichen, nicht nachgekommen sei. Insbesondere sei eine Bestätigung über den Gehörverlust von mindestens 50 % nicht erbracht worden.
Gegen diesen Bescheid wurde die Beschwerde vom 23.07.2024 erhoben, mit der darauf hingewiesen wurde, dass die Beschwerdeführerin durch Vorlage des Behindertenpasses einen Gehörverlust von 80 % bereits belegt habe.
Am 23.04.2025, sohin genau zehn Monate später, legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 14.03.2024 beantragte die Beschwerdeführerin die Befreiung von der Beitragspflicht des ORF-Beitrags und damit verbundenen Abgaben.
Mit Mängelbehebungsauftrag vom 07.05.2024 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, fehlende Unterlagen nachzureichen.
Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 09.07.2024 wies die belangte Behörde den verfahrenseinleitenden Antrag zurück; die Zurückweisung wurde mit der Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages begründet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf den unzweifelhaften, von der belangten Behörde bzw. von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A):
3.1. Wird ein Antrag von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145). Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, über diesen Rahmen hinaus in einer Entscheidung über die „Hauptsache“ vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (VwGH 09.03.2023, Ra 2020/07/0121).
Im vorliegenden Fall ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Anbringens des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde wegen der Nichterbringung der mit dem Mängelbehebungsauftrag geforderten Nachweise zu Recht erfolgte.
3.2. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur (sofortigen) Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Eine Behörde darf nur dann nach § 13 Abs. 3 AVG vorgehen, wenn das Anbringen einen Mangel aufweist. Was unter einem Mangel schriftlicher Eingaben im Sinne des § 13 AVG zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden. Als Mangel ist insbesondere das Fehlen von Belegen anzusehen, wenn die Partei aufgrund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind (VwGH 31.01.2012, 2009/05/0044).
Von den Mängeln des Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind Umstände zu unterscheiden, die die Erfolgsaussichten betreffen und die gegebenenfalls zur Abweisung führen (VwGH 09.09.2020, Ra 2019/22/0212).
3.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes enthalten die §§ 47 bis 49 Fernmeldegebührenordnung, auf die § 3 Abs. 5 RGG hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Befreiung von den Rundfunkgebühren verweist, keine Regelung dahingehend, dass bei Nichtvorlage bestimmter Unterlagen die Zulässigkeit eines Anbringens nicht gegeben wäre. Die Anordnung in § 51 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung, die „gemäß § 50 erforderlichen Nachweise“ anzuschließen, ist angesichts des Umstandes, dass darin keine konkreten Belege oder Urkunden genannt sind, die für den Nachweis erforderlich wären, nicht geeignet, eine ausdrückliche Anordnung in dem Sinn darzustellen, dass das Fehlen eines bestimmten, von der belangten Behörde im Einzelfall für erforderlich erachteten Nachweises als Fehlen einer erforderlichen Beilage im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG gedeutet werden könnte. Dies erhellt auch bereits aus § 50 Abs. 4 Fernmeldegebührenordnung, der angesichts der grundsätzlichen Anwendbarkeit des AVG im Verfahren der belangten Behörde zur Einhebung der Rundfunkgebühren und im Befreiungsverfahren überflüssig wäre, wenn eine Aufforderung bereits aufgrund § 13 Abs. 3 AVG zulässig und geboten wäre (VwGH 16.11.2022, Ra 2020/15/0040; 18.12.2017, Ro 2016/15/0042; 09.06.2010, 2006/17/0161).
Da sich die Aufforderung der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin sohin auf keine verbesserungsfähigen Mängel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG bezog, war die Zurückweisung nicht berechtigt und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Im Übrigen ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin durch Vorlage des Behindertenpasses, in dem der Gehörverlust mit 80 % dokumentiert ist, den geforderten Nachweis bereits bei der Antragstellung erbracht hat. Ein Mangel lag nie vor.
Damit ist das Administrativverfahren wieder unerledigt und von der belangten Behörde inhaltlich zu entscheiden. Eine inhaltliche Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst ist nicht zulässig, würde ansonsten die Sache des Verfahrens überschritten werden.
3.4. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die vorliegende Entscheidung folgt der unter A) zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.