Ro 2022/10/0004 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Bereits nach dem Wortlaut der - seit der Stammfassung des SchPflG 1962 (das mit dem SchPflG 1985 wiederverlautbart wurde) insoweit unverändert gebliebenen - Bestimmung des § 11 Abs. 4 SchPflG 1985 hat die Behörde anzuordnen, dass das Kind "seine Schulpflicht iSd. § 5 zu erfüllen hat". Daraus ergibt sich unmissverständlich, dass die - nach Maßgabe der §§ 2 und § 3 SchPflG 1985 noch nicht absolvierte - Schulpflicht iSd. § 5 legcit. zu erfüllen ist. Dieser Bestimmung kann nicht entnommen werden, dass diese Anordnung nur für einen bestimmten Zeitraum oder nur für bestimmte Teile der (restlichen) Schulpflicht gelten soll. Auch die Materialien zum SchpflG 1962 (732 BlgNR 9. GP, S. 12) lassen in keiner Weise erkennen, dass im Falle der Nicht-Erbringung des Nachweises iSd. § 11 Abs. 4 legcit. eine bloß "befristete" Anordnung der Behörde erfolgen soll. Sie bringen im Gegenteil zum Ausdruck, dass - anders als nach der bis dahin geltenden Rechtslage, die eine Prüfung an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule lediglich am Ende der (damals) achtjährigen Schulpflicht vorgesehen hat, was den Nachteil gehabt hat, dass "acht Jahre unter Umständen nutzlos vergingen, ohne dass ein behördlicher Eingriff möglich" gewesen ist, - durch die jährlichen diesbezüglichen Prüfungen Versäumnisse rechtzeitig festgestellt und "durch die Anordnung des Schulbesuches im Interesse des Kindes noch nachgeholt werden" können. Dass dieser im Interesse des Kindes vorzunehmende behördliche Eingriff in Form der Anordnung des Schulbesuchs iSd. § 5 SchPflG 1985 nicht die restliche Dauer der Schulpflicht umfassen sollte, lässt sich diesen Materialien nicht ansatzweise entnehmen.