JudikaturVwGH

Ra 2025/08/0076 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Posch und die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des Arbeitsmarktservice Schwaz gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2025, I419 2312275 1/8E, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe (mitbeteiligte Partei: N T), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit Bescheid vom 7. März 2025 sprach die nunmehr revisionswerbende regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) aus, die Mitbeteiligte habe ihren Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 AlVG für 42 Bezugstage ab 14. Februar 2025 verloren; Nachsicht werde nicht erteilt. Die Mitbeteiligte habe das Zustandekommen einer zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung als Reinigungskraft bei der „Fa.“ I ohne triftigen Grund vereitelt.

2 Die Mitbeteiligte erhob dagegen Beschwerde, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, sie habe die Annahme der zugewiesenen Stelle nicht absichtlich verweigert oder vereitelt, sondern während des Bewerbungsgespräches lediglich erwähnt, dass möglicherweise eine Operation bevorstehe, was „mittlerweile fixiert“ sei.

3 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. April 2025 wies das AMS die Beschwerde ab. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass durch das Anführen einer möglicherweise geplanten Operation die Chancen auf die Erlangung eines Arbeitsplatzes vermindert würden. Die Mitbeteiligte habe es zumindest ernstlich für möglich halten müssen und sich damit abgefunden, durch ihr Verhalten im Bewerbungsgespräch die Chancen auf Erlangung des Arbeitsplatzes zu verringern.

4 Nach Stellung eines Vorlageantrages durch die Mitbeteiligte gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde Folge und änderte die Beschwerdevorentscheidung dahin ab, dass es den Bescheid des AMS aufhob und der Mitbeteiligten ab 14. Februar 2025 Notstandshilfe zusprach. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

5 Zum Sachverhalt stellte das Bundesverwaltungsgericht insbesondere fest, das AMS habe der Mitbeteiligten am 3. Februar 2025 eine Teilzeitstelle als Reinigungskraft bei der I GmbH in einem von dieser betriebenen Fitnessstudio in B (Tirol) im Ausmaß von „ca. 10 bis 15 Stunden pro Woche“ mit einer Arbeitszeit „Montag bis Samstag jeweils ca. 2 Stunden“ sowie einem Mindestentgelt von „brutto € 1.700, pro Monat auf Basis Vollzeitbeschäftigung mit Bereitschaft zur Überzahlung“ zugewiesen.

6In der rechtlichen Würdigung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der vom AMS gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG verhängten Sanktion (Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe wegen Vereitelung einer zugewiesenen Beschäftigung) sei insbesondere die Zumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung. Gemäß § 9 Abs. 2 erster Satz AlVG setze die Zumutbarkeit einer Beschäftigung u.a. die angemessene Entlohnung voraus. In Fällen, in denen Normen der kollektiven Rechtsgestaltung auf ein zugewiesenes Beschäftigungsverhältnis anwendbar seien, stellten diese Normen den verbindlichen Maßstab für die Beurteilung der angemessenen Entlohnung dar (Hinweis auf VwGH 28.1.2025, Ra 2024/08/0026). Wenn auf das Dienstverhältnis kein Kollektivvertrag anwendbar sei, habe das AMS zu beurteilen, ob es sich bei der angebotenen Entlohnung für die konkrete Beschäftigung um ein angemessenes Entgelt im Sinne des § 1152 ABGB handle, also um ein Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme darauf ergebe, was unter ähnlichen Umständen geschehe oder geschehen sei (Hinweis auf VwGH 7.5.2008, 2007/08/0084, mwN).

7 Die I GmbH unterliege betreffend die Beschäftigung der Mitbeteiligten nicht dem „Kollektivvertrag für Fitnessbetreuerinnen und Fitnessbetreuer“; für die Fachgruppe „Freizeit- und Sportbetriebe“ der WKO, der die I GmbH angehöre, existiere außer für Wien kein Kollektivvertrag.

8 Demnach sei im vorliegenden Fall „Bedacht darauf zu nehmen, was unter ähnlichen Umständen gilt“. Die nicht kollektivvertraglich geregelte Tätigkeit als Reinigungskraft in einem Fitnessstudio sei mit einer solchen Tätigkeit in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, im sonstigen Reinigungsgewerbe und in der Hausbetreuung vergleichbar.

9 Laut dem Kollektivvertrag für Arbeiterinnen/Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, im sonstigen Reinigungsgewerbe und in Hausbetreuungstätigkeiten sei ab 1. Jänner 2025 in Lohngruppe 6 („Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, welche in der ständigen [Unterhalts ]Reinigung in [...] Tourismus- und Freizeiteinrichtungen oder auf anderen vergleichbaren Arbeitsstellen [beschäftigt werden.]“) ein Mindest Stundenlohn von € 12, festgelegt. Die wöchentliche Normalarbeitszeit betrage nach § 6 Abs. 1 dieses Kollektivvertrages 40 Stunden.

10 Das der Mitbeteiligten von der I GmbH angebotene Mindestentgelt von € 1.700, bei einer Vollbeschäftigung ergebe ausgehend von 40 Wochenstunden einen Stundenlohn von € 9,78. Beim angebotenen Beschäftigungsausmaß von ca. 10 bis 15 Stunden (bzw. Montag bis Samstag jeweils ca. 2 Stunden, also 12) hätte die Mitbeteiligte ein monatliches Entgelt von ca. 25 % bis 38 % bzw. 30 % der € 1.700, erwarten dürfen, also etwa € 425, bis € 837,50 (bzw. € 510, ).

11Weil das von der I GmbH gebotene Entgelt um gut 18 % unter dem heranzuziehenden Mindestbruttoentgelt liege, könne nicht von einer angemessenen Entlohnung im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG ausgegangen werden. Dies wäre auch der Fall, wenn die I GmbH mit „Arbeitgebern anderer Fachgruppen verglichen“ würde (das angefochtene Erkenntnis stellt in diesem Zusammenhang auch die - im Vergleich zum genannten Kollektivvertrag höheren - Mindestlöhne etwa nach dem „Mindestlohntarif für die Betreuung und Bedienung von Anlagen und Einrichtungen auf Liegenschaften für Tirol“, BGBl. II Nr. 338/2024, sowie den „nur für Wien vorhandenen“ Kollektivvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Angestellte in Bäder-, Sauna- und Solarienbetrieben dar). Die wider die Mitbeteiligte verhängte Sanktion erweise sich somit als rechtswidrig.

12Bei diesem Ergebnis könne unerörtert bleiben, dass die Mitbeteiligte für ca. zwölf Wochenstunden - je zwei montags bis samstags - benötigt worden wäre und dafür weniger als die „Geringfügigkeitsgrenze“ von € 551,10 (BGBl. II Nr. 417/2024) erhalten hätte (Hinweis auf VwGH 25.3.2025, Ra 2022/08/0090, Rz 21, mwN, wonach ein Arbeitsloser auch zur Annahme einer die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden und Arbeitslosigkeit daher ausschließenden Teilzeitbeschäftigung bereit sein müsse, um das Erfordernis der Arbeitswilligkeit zu erfüllen).

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Den Erkenntnissen VwGH 28.1.2025, Ra 2024/08/0029, und VwGH 7.5.2008, 2007/08/0084, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht berufen habe, sei jeweils ein Sachverhalt zugrunde gelegen, der sich von jenem des vorliegenden Falles in einem entscheidungswesentlichen Punkt unterscheide. In diesen Verfahren sei nämlich die Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung aufgrund der Entlohnung seitens der arbeitslosen Person im Verfahren vorgebracht worden, während diese hier „erstmalig von der belangten Behörde“ (gemeint wohl: vom Bundesverwaltungsgericht) aufgegriffen worden sei. „Darüber hinaus“ habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis VwGH 9.6.2015, Ra 2015/08/0004, etwa festgehalten, dass hinsichtlich einer Beschäftigung, für welche eine „Entlohnung im Rahmen des anzuwendenden Kollektivvertrags“ angeboten worden sei, wobei im Stelleninserat angemerkt worden sei, dass die Entlohnung „verhandelbar“ sei, die Nennung eines „zu niedrigen“ Mindestentgeltes zwanglos als bloße (fehlerhafte) Wissensmitteilung gewertet werden könne und auf Basis der Feststellungen im vorangegangenen Verfahren nicht von einer Unzumutbarkeit wegen nicht angemessener Entlohnung ausgegangen werden dürfe. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne ein Arbeitsloser vom AMS zu einer Beschäftigung zugewiesen werden, sofern diese nicht evident unzumutbar sei bzw. das AMS nicht von vornherein (etwa aufgrund eines diesbezüglichen Einwands des Arbeitslosen) Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit begründenden Umstand habe; es liege dann am Arbeitslosen, beim Vorstellungsgespräch mit dem potenziellen Dienstgeber die näheren Bedingungen der bekanntgegebenen Beschäftigungsmöglichkeit zu erörtern (Hinweis auf VwGH 2.11.2022, Ra 2021/08/0133, mwN). Hinzu komme, dass, selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht die Beurteilung der Angemessenheit des Entgeltes zu Recht vorgenommen hätte, sich seine Argumentationslinie hinsichtlich des „zustehenden Mindestentgeltes“ auf von ihm ungeprüfte, fiktive Annahmen ohne Tatsachensubstrat gestützt habe: Die Feststellung, dass das Stundenausmaß der verfahrensgegenständlichen Beschäftigung zwölf Stunden betragen hätte, sei willkürlich erfolgt, zumal in der Stellenausschreibung zehn bis 15 Stunden angegeben worden seien, das Stundenausmaß im Vorstellungsgespräch nicht thematisiert worden sei und es keine Befragung des potentiellen Dienstgebers dazu gegeben habe. Da somit bereits die Feststellung der tatsächlichen Stundenanzahl unkorrekt gewesen sei, litten auch die weitergehenden Berechnungen „der belangten Behörde“ (gemeint wohl: des Bundesverwaltungsgerichts) an dieser Unkorrektheit. Darüber hinaus sei der potentielle Dienstgeber auch hinsichtlich der tatsächlichen Höhe des Entgeltes nicht befragt worden. Auch die Schlussfolgerung, dass sich die Angabe des Mindestentgelts von € 1.700 brutto pro Monat „auf Basis Vollzeitbeschäftigung“ auf eine 40 Stundenwoche beziehe, ohne den potentiellen Dienstgeber dazu befragt zu haben, könne „aus den Feststellungen nicht getroffen werden“.

17Dem ist zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis VwGH 28.1.2025, Ra 2024/08/0026, auf das sich das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall zentral berufen hat, zunächst darauf hingewiesen hat, dass nach seiner Rechtsprechung (vgl. VwGH 1.6.2017, Ra 2016/08/0120, mwN) in Fällen, in denen Normen der kollektiven Rechtsgestaltung auf ein zugewiesenes Beschäftigungsverhältnis anwendbar sind, diese Normen den verbindlichen Maßstab für die Beurteilung der „angemessenen Entlohnung“ der Beschäftigung im Sinn des § 9 Abs. 2 AlVG darstellen. Das Angebot einer unterkollektivvertraglichen Entlohnung lässt die zugewiesene Beschäftigung trotz der rechtlichen Durchsetzbarkeit des kollektivvertraglichen Mindestlohnesals unzumutbar erscheinen. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine arbeitslose Person vom AMS zu einer Beschäftigung zugewiesen werden kann, sofern diese nicht evident unzumutbar ist bzw. das AMS nicht von vornherein (etwa auf Grund eines diesbezüglichen Einwands des oder der Arbeitslosen) Kenntnis von einem die Unzumutbarkeit begründenden Umstand hat; es liegt dann an der arbeitslosen Person, beim Vorstellungsgespräch mit dem potentiellen Dienstgeber bzw. der potentiellen Dienstgeberin die näheren Bedingungen der bekannt gegebenen Beschäftigungsmöglichkeit zu erörtern (vgl. etwa VwGH 9.6.2015, Ra 2015/08/0004, mwN). Lässt das Stellenangebot aber erkennen, dass der potentielle Dienstgeber von einem unter dem Kollektivvertragstarif liegenden Entgeltanspruch ausgeht, ohne dass es sich dabei um ein offenkundiges (Schreib-)Versehen bzw. (wie in dem Fall, der dem soeben zitierten Erkenntnis VwGH 9.6.2015, Ra 2015/08/0004, zugrunde lag) eine bloße (fehlerhafte) Wissensmitteilung handelt, dann ist die Beschäftigung evident unzumutbar und darf der arbeitslosen Person von vornherein nicht zugewiesen werden. Eine dennoch erfolgte Zuweisung kann nicht die unter der Sanktion des § 10 AlVG stehende Verpflichtung zur Bewerbung begründen. Denn selbst wenn die Bereitschaft zur Überzahlung signalisiert wird, liegt ein auch den allfälligen Verhandlungsspielraum über die Entlohnung determinierendes kollektivvertragswidriges Angebot vor, das den gesetzlichen Zumutbarkeitskriterien widerspricht. In einer solchen Situation obliegt es nicht etwa der arbeitslosen Person, im Vorstellungsgespräch eine mit dem Kollektivvertrag im Einklang stehende (bzw. hier: eine angemessene) Entlohnung zu erwirken, sondern ist es Sache des AMS, die potentielle Dienstgeberin auf die notwendige Einhaltung des Kollektivvertrags (bzw. hier: auf das Erfordernis einer angemessenen Entlohnung) hinzuweisen, bevor überhaupt eine Zuweisung erfolgen kann.

18Dem Vorbringen der Revision, dass diese Erwägungen im vorliegenden Fall keine Anwendung finden könnten, weil die Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung aufgrund der Entlohnung seitens der Mitbeteiligten im Verfahren nicht vorgebracht, sondern „erstmalig von der belangten Behörde“ (gemeint wohl: vom Bundesverwaltungsgericht) aufgegriffen worden sei, ist zu entgegnen, dass die Revision keinerlei rechtliche Argumente vorbringt, warum es dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt sein sollte, die Frage der „angemessenen Entlohnung“ der vom AMS zugewiesenen Beschäftigung im Sinn des § 9 Abs. 2 AlVG von sich aus zu prüfen (zur Befugnis des Verwaltungsgerichts, Rechtswidrigkeitsgründe aufzugreifen, die in der Beschwerde nicht vorgebracht wurden, vgl. etwa VwGH 3.8.2016, Ro 2016/07/0008, mwN).

19Soweit die Revision eine Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses vom Erkenntnis VwGH 9.6.2015, Ra 2015/08/0004, geltend macht (in diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof angemerkt, dass die Nennung eines „zu niedrigen“ Mindestentgeltes für eine zugewiesene Beschäftigung zwanglos als bloße [fehlerhafte] Wissensmitteilung gewertet werden könne, weshalb nicht von einer Unzumutbarkeit wegen nicht angemessener Entlohnung ausgegangen werden dürfe), ist ihr zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof in den oben wiedergegebenen Erwägungen des Erkenntnisses VwGH 28.1.2025, Ra 2024/08/0026, bereits klargestellt hat, dass dem Erkenntnis VwGH 9.6.2015, Ra 2015/08/0004, ein Fall zugrunde lag, in dem es sich bei der Nennung eines unter dem Kollektivvertragstarif liegenden Entgeltanspruchs um ein offenkundiges (Schreib )Versehen und deshalb um eine bloße (fehlerhafte) Wissensmitteilung handelte. Im vorliegenden Fall führt die Revision keinerlei Indizien dafür ins Treffen, dass die Nennung eines Mindestentgelts von € 1.700 brutto pro Monat „auf Basis Vollzeitbeschäftigung“ auf ein offenkundiges (Schreib )Versehen zurückginge.

20 Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit schließlich geltend macht, das Bundesverwaltungsgericht habe die „Argumentationslinie“ hinsichtlich des „zustehenden Mindestentgeltes“ auf von ihm „ungeprüfte, fiktive Annahmen ohne Tatsachensubstrat“ gestützt, ist ihr Folgendes zu entgegnen:

21 Mit dem oben im Einzelnen wiedergegebenen Vorbringen stellt die Revision nicht etwa in Frage, dass das Bundesverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass auf die konkret angebotene Beschäftigung als Reinigungskraft in einem Fitnessstudio kein Kollektivvertrag anwendbar sei, weshalb im Sinne des Erkenntnisses VwGH 7.5.2008, 2007/08/0084 zur Beurteilung, ob es sich bei der angebotenen Entlohnung um ein angemessenes Entgelt handelt, die Entlohnung für die vergleichbare Beschäftigung als Reinigungskraft in Tourismus- und Freizeiteinrichtungen gemäß dem Kollektivvertrag für Arbeiterinnen/Arbeiter in der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung, im sonstigen Reinigungsgewerbe und in Hausbetreuungstätigkeiten heranzuziehen sei, für die ein Mindest-Stundenlohn von € 12, gelte.

22Auf dieser - unbestrittenen - Grundlage konnte das Bundesverwaltungsgericht seine Beurteilung, das angebotene Entgelt stelle keine „angemessene Entlohnung“ im Sinne des § 9 Abs. 2 zweiter Satz AlVG dar, tragend allein darauf stützen, dass das angebotene Mindestentgelt von € 1.700 brutto pro Monat „auf Basis Vollzeitbeschäftigung“ einen Stundenlohn (von € 9,78) bedeute, der deutlich unter dem kollektivvertraglichen Mindest Stundenlohn (von € 12, ) für die als vergleichbar angesehene Tätigkeit liege. Auf jene (Sachverhalts )Fragen, zu denen die Revision (möglicherweise im Sinne der Geltendmachung eines allerdings nicht näher konkretisierten Verfahrensfehlers) eine Befragung des Dienstgebers vermisst, etwa das genaue „Stundenausmaß der verfahrensgegenständlichen Beschäftigung“ und die „tatsächliche Höhe des Entgelts“, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an, zumal sich auch bei Annahme einer 38 Stunden Woche ein zu niedriger Stundenlohn ergäbe.

23 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 8. September 2025