Ra 2021/10/0042 4 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Der Wortlaut der Bestimmung des § 5 NÖ SHG AusführungsG 2020 ließe sowohl die Auslegungsvariante, dass die in § 5 Abs. 2 legcit. enthaltene Aufzählung von iSd. § 5 Abs. 1 Z 3 legcit. "zu einem dauernden Aufenthalt im Inland berechtigten" Personen, als taxativ (erschöpfend), als auch als demonstrativ zu verstehen ist zu: Weder enthält die Einleitung des § 5 Abs. 2 legcit. eine eindeutige auf eine taxative Aufzählung hinweisende Einschränkung (etwa durch Einfügung der Worte "ausschließlich" oder "nur") noch ist ihr eine eindeutige Festlegung auf eine bloß demonstrative Aufzählung zu entnehmen (etwa durch das Wort "insbesondere"). Lässt aber der Wortlaut der Bestimmung beide Interpretationen zu, so ist nach dem Gebot der grundsatzgesetzkonformen Interpretation § 5 Abs. 1 und 2 legcit. dahin auszulegen, dass die Bestimmung mit der Rechtslage nach § 4 Sozialhilfe-GrundsatzG 2019 in Übereinstimmung bleibt. Aus diesem Grund verbietet sich ein Verständnis der ausführungsgesetzlichen Norm, dem zufolge nur in den in § 5 Abs. 2 legcit. genannten Fällen eine Berechtigung zu einem dauernden Aufenthalt im Inland in Betracht käme. Ein solches Verständnis könnte auch nicht etwa mit § 4 Abs. 3 Sozialhilfe-GrundsatzG 2019 begründet werden, sollen doch die damit ermöglichten landesgesetzlichen "ergänzenden Regelungen" über einen "Ausschluss von der Bezugsberechtigung" nach dem erklärten Willen des Grundsatzgesetzgebers lediglich "Ausschlüsse" betreffen, "die den bisherigen Systemen der landesgesetzlichen Sozialhilfe bzw. der Bedarfsorientierten Mindestsicherung stets wesensimmanent waren" (so die Erl. RV, 514 BlgNR XXVI. GP, S. 5). Zu der Rechtslage nach dem Mindestsicherungsrecht hat der VwGH allerdings ausgesprochen, dass die persönliche Anspruchsvoraussetzung eines "dauernden Aufenthaltsrechts im Inland" unabhängig von dem von der zuständigen Behörde erteilten Aufenthaltstitel - gegebenenfalls im Wege einer Vorfragenbeurteilung - von der Mindestsicherungsbehörde zu beurteilen ist und dabei insbesondere auch ein ("materiell-rechtliches") dauerndes Aufenthaltsrecht des Hilfesuchenden im Inland infolge dessen Aufenthaltsverfestigung in Österreich (vgl. nunmehr § 9 BFA-VG 2014; VwGH 29.5.2018, Ra 2018/21/0067) in Betracht kommt (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2016/10/0130; VwGH 27.3.2019, Ro 2018/10/0040). Diese Grundsätze sind - da nach dem Gesagten § 5 Abs. 2 legcit. nicht als taxative Aufzählung verstanden werden darf - auch bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzung der Berechtigung zu einem dauernden Aufenthalt im Inland gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 legcit. heranzuziehen.