JudikaturVwGH

Ro 2020/10/0002 4 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
01. Juni 2021

Gilt für die Antragstellerin die Verordnung Nr. 883/2004, so ist zunächst die Frage der Gewährung von Familienleistungen iSd. Art. 1 lit. z der Verordnung Nr. 883/2004 durch mehrere Mitgliedstaaten in den Blick zu nehmen und sind die für eine derartige Prüfung erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, bevor das VwG der Gewährung einer Familienleistung (hier: im Grunde des § 6 Abs. 5 FamLAG 1967) durch Österreich Priorität beimisst. Ein Anspruch auf Familienleistungen durch einen anderen Mitgliedstaat im Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 führt nämlich dazu, dass ein österreichischer Familienbeihilfenanspruch nach den Prioritätsregeln des Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004 zu beurteilen ist, nicht jedoch dazu, dass dadurch ein Anspruch auf Ausgleichszahlung iSd. § 4 FamLAG 1967 gegeben ist (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2015/16/0089). Bei nachrangigen Familienleistungen gemäß Art. 68 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 sieht diese aber lediglich - unter weiteren Voraussetzungen - eine Differenzzahlung vor. Ohne eine derartige Prüfung lässt sich daher nicht beurteilen, ob ein im Grunde des § 6 Abs. 5 FamLAG 1967 bestehender Eigenanspruch der Antragstellerin iSd. § 30 Abs. 2 Z 4 StudFG 1992 "zustünde": Aus den Materialien zur Stammfassung des § 30 Abs. 2 Z 4 StudFG 1992 ergibt sich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Familienbeihilfe deswegen von der Höchststudienbeihilfe abgezogen werden soll, weil für Studierende, für die auf Grund ihres Alters ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, dieser Teil der Studienförderung durch die Familienbeihilfe, die als in das Studienförderungssystem integrierte Förderung bezeichnet wird, gewährt wird. Es ergeben sich hingegen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Abzug auch erfolgen soll, wenn ein Anspruch auf Familienbeihilfe - unabhängig vom Alter des Studierenden und von der Erfüllung der sonstigen in den Materialien genannten Voraussetzungen - von vornherein gar nicht besteht (vgl. VwGH 21.12.2016, Ro 2015/10/0012, VwSlg. 19512 A) .

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