Leitsatz
Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des StbG 1985 betreffend das Verleihungshindernis für die österreichische Staatsbürgerschaft auf Grund einer einmaligen Verwaltungsübertretung; keine sachliche Ausgestaltung des Systems der Verleihungshindernisse durch Versagung der Staatsbürgerschaft einerseits bei einmaliger Begehung einer – zu einer rechtskräftig verhängten und nicht getilgten Geldstrafe von mindestens € 1.000,– führenden – Verwaltungsübertretung, während andererseits erst eine zumindest zweimalige derartige Verwaltungsübertretung ein Verleihungshindernis darstellt
Spruch
I.Die Ziffern- und Zeichenfolge "2, " in §10 Abs2 Z1 des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl Nr 311/1985, idF BGBl I Nr 38/2011 und BGBl I Nr 65/2021 wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2025 in Kraft.
III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E2425/2023 eine auf Art144 B VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
Die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerinnen sind lettische Staatsangehörige. Die Erstbeschwerdeführerin beantragte am 4. Jänner 2023 die Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß §10 Abs6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG). Gleichzeitig beantragte sie die Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft auf die Zweitbeschwerdeführerin gemäß §18 StbG.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. Mai 2023 wurden diese Anträge gemäß §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) bzw gemäß §18 StbG abgewiesen, weil über die Erstbeschwerdeführerin mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 10. August 2020 gemäß §99 Abs1a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) eine Geldstrafe in Höhe von € 1.200,– verhängt worden sei. Das Verwaltungsgericht Wien bestätigte diese Entscheidung mit Erkenntnis vom 23. Juni 2023.
2. Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde gemäß Art144 Abs1 BVG sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Ziffern- und Zeichenfolge "2, " in §10 Abs2 Z1 des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl 311/1985, idF BGBl I 38/2011 und BGBl I 65/2021 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 12. Juni 2024 beschlossen, diese Ziffern- und Zeichenfolge von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass diese Ziffern- und Zeichenfolge in §10 Abs2 Z1 StbG gegen das Sachlichkeitsgebot des ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 verstößt:
"[…] Der Gesetzgeber dürfte […], so die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, durch das Sachlichkeitsgebot des ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 gehalten sein, das von ihm gewählte System der Verleihungshindernisse auch in dem Sinn sachlich auszugestalten, dass er sachlich nicht zu rechtfertigende Wertungswidersprüche vermeidet. Dies dürfte bei der gleichzeitigen Anordnung des Verleihungshindernisses des §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG und des Verleihungshindernisses gemäß §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG aus folgenden Gründen nicht der Fall sein:
§10 Abs2 Z2 erster Fall StbG dürfte als eine 'schwerwiegend[e] Verwaltungsübertretung mit besonderem Unrechtsgehalt', deren zumindest zweimalige Übertretung ein Verleihungshindernis darstellt, insbesondere auch solche vor Augen haben, deren Übertretung mit einer Verwaltungsstrafe von zumindest € 1.000,– bedroht ist. Dies gilt […] etwa für die – von der demonstrativen Aufzählung in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG erfasste – Verwaltungsübertretung nach §99 Abs1a StVO (ebenso für §99 Abs1 StVO). Bei einer Reihe weiterer, in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG erwähnter Verwaltungsübertretungen dürfte der Strafrahmen zwar (teilweise deutlich) unter € 1.000,– beginnen, aber – wie bei §99 Abs1b und Abs2 StVO, §37 Abs3 und 4 FSG sowie §366 Abs1 Z1 iVm Abs2 GewO – deutlich über € 1.000,– hinausreichen.
Damit dürfte die in Prüfung gezogene Ziffern- und Zeichenfolge die Anordnung beinhalten, dass – wie wiederum der Beschwerdefall zeigt – eine einmalige Verwaltungsübertretung etwa gemäß §99 Abs1a StVO, die zu einer rechtskräftigen und nicht getilgten Geldstrafe von über € 1.000,– geführt hat, ein (absolutes) Verleihungshindernis bewirkt, obwohl nach §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG erst die zumindest zweimalige derartige Verwaltungsübertretung mit gleicher verwaltungsstrafrechtlicher Sanktion zu einem Verleihungshindernis führen soll.
[…] Eine sachliche Rechtfertigung für diese unterschiedlichen Anordnungen ist dem Verfassungsgerichtshof vorläufig nicht ersichtlich. Insbesondere scheint es nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ausgeschlossen, angesichts des Unrechtsgehaltes der in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG überwiegend demonstrativ genannten Verwaltungsübertretungen (etwa das Lenken oder die Inbetriebnahme eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss bzw ohne gültige Lenkberechtigung oder trotz Entzuges derselben sowie die Ausübung eines Gewerbes ohne erforderliche Gewerbeberechtigung) anzunehmen, der Gesetzgeber wollte in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG für die dort demonstrativ erwähnten Verwaltungsübertretungen eine Ausnahme von der Grundregel des §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG dahingehend schaffen, dass die in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG demonstrativ genannten Verwaltungsübertretungen (nur) einen solchen besonderen Unrechtsgehalt aufweisen, der erst bei mehr als einmaliger rechtskräftiger Bestrafung zu einem Verleihungshindernis führen soll.
Die Entstehungsgeschichte des §10 Abs2 Z1 StbG dürfte darauf hindeuten, dass die oben dargestellte Konsequenz eines, wie vorläufig angenommen, nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruches ohne gezielte Regelungsabsicht aber, wie die wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zeigt, dennoch Eingang in das Gesetz gefunden haben dürfte:
Der mit BGBl I 37/2006 eingefügte Verweis auf 'bestimmte Tatsachen' bezog sich zunächst auf §60 Abs2 Z4, 5, 6, 8, 9, 10, 12, 13 und 14 FPG, BGBl I 100/2005, und erfasste damit gerade nicht rechtskräftige Bestrafungen auf Grund von Verwaltungsübertretungen mit einer bestimmten Betragsgrenze der verhängten Geldstrafe. Vielmehr dürfte zunächst nur auf bestimmte materielle Verwaltungsstraftatbestände etwa im Zusammenhang mit Prostitution, Schlepperei oder Falschangaben gegenüber Behörden zur Erreichung von Einreise- oder Aufenthaltsberechtigungen im Zusammenhang mit Eheschließung oder Adoption abgestellt worden sein, um diese als 'bestimmte Tatsachen' zu Verleihungshindernissen zu erklären. Dies dürfte mit der in den Gesetzesmaterialien (Erläut RV 1189 BlgNR 22. GP, 5) zum Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers überein- stimmen, dass bestimmte, taxativ aufgezählte Tatsachen ein Einbürgerungshindernis darstellen sollen und zwar auch dann, wenn Art8 EMRK einem damals in §60 FPG geregelten Aufenthaltsverbot entgegensteht, weil diese Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Staatsbürgerschaftswerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde oder anderen, in Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Mit BGBl I 38/2011 wurde der Verweis in §10 Abs2 Z1 StbG – auf Grund einer Neuregelung innerhalb des FPG – terminologisch auf 'bestimmte Tatsachen gemäß §53 Abs2 Z2, 3, 5, 8, 9 und Abs3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005' angepasst. Ebenfalls mit BGBl I 38/2011 wurde §53 FPG zur Gänze neu gefasst und in §53 Abs2 Z2 FPG erstmalig der – ein Einreiseverbot rechtfertigende – Tatbestand der rechtskräftigen Bestrafung 'wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe' eingeführt. Die Gesetzesmaterialien enthalten keine näheren inhaltlichen Erläuterungen zu den damit in den Verweis in §10 Abs2 Z1 StbG neu aufgenommenen 'bestimmte[n] Tatsachen' im Sinne des §53 Abs2 Z2 FPG; sie verweisen lediglich darauf, dass §53 Abs2 Z1 bis 9 FPG einen Katalog 'demonstrativ[er] Beurteilungskriterien für das Verhalten des Drittstaatsangehörigen' aufstellen soll und sprechen sonst von einer bloß 'terminologische[n] Anpassung' (Erläut RV 1078 BlgNR 24. GP, 29 f und 49; zur geringen Aussagekraft dieser Erläuterungen im Hinblick auf dennoch bewirkte inhaltliche Änderungen, vgl hinsichtlich des mit diesem Erkenntnis aufgehobenen Verweises auf §53 Abs2 Z3 FPG schon VfSlg 20.449/2021).
[…]"
3. Die Bundesregierung hat von der Erstattung einer meritorischen Äußerung Abstand genommen und für den Fall der Aufhebung beantragt, gemäß Art140 Abs5 B VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.
4. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat eine Äußerung erstattet, in der auszugsweise wie folgt Stellung genommen wird:
"Der VfGH äußert nunmehr in seinem Beschluss vom 12.06.2024, E2425/202316, vorläufige Bedenken dahingehend, dass §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG bei gleichzeitiger Anordnung des Verleihungshindernisses des §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG gegen das Sachlichkeitsgebot des ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 verstößt, da sachlich nicht zu rechtfertigende Wertungswidersprüche vorliegen.
Auch das in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG statuierte Einbürgerungshindernis bildet eine Voraussetzung der Entscheidung des Gerichts und war vom Verwaltungsgericht Wien bei Erlassung der angefochtenen Entscheidung anzuwenden.
Es wird daher angeregt den dargelegten Wertungswiderspruch und den damit einhergehenden Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot damit zu beseitigen, dass die demonstrative Aufzählung von schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG insoweit abgeändert wird, dass die Wortfolge 'wegen §99 Abs1 bis 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) BGBl Nr 159,' gestrichen wird. Bei allen übrigen beispielhaft erwähnten Verwaltungsübertretungen ist eine Mindestgeldstrafe von weniger als EUR 1.000 vorgesehen. In diesen Fällen ist ein Wertungswiderspruch mit §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG daher nicht zu erkennen.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass das in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG statuierte Einbürgerungshindernis nicht zuletzt aufgrund der vergleichsweisen Komplexität der Bestimmung anders als das Einbürgerungshindernis des §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG im praktischen Vollzug nur eine untergeordnete Rolle spielt:
Ist nämlich der Tatbestand des §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG erfüllt, liegt regelmäßig zugleich das Einbürgerungshindernis des §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG vor oder es ist die Verleihungsvoraussetzung des §10 Abs1 Z6 StbG nicht erfüllt, sodass eine in diesem Zusammenhang abzuweisende Entscheidung regelmäßig nicht auf §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG gestützt wird.
[…]"
5. Die Beschwerdeführerinnen im Anlassverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof haben als beteiligte Parteien eine Äußerung erstattet, in der sie sich den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes anschließen.
II. Rechtslage
1. Die maßgebliche Bestimmung des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG), BGBl 311/1985, idF BGBl I 38/2011 und BGBl I 65/2021 lautet auszugsweise wie folgt (§10 Abs2 Z1 StbG wurde mit BGBl I 38/2011 zuletzt novelliert; mit BGBl I 65/2021 wurde die Aufhebung der Ziffern- und Zeichenfolge "3, " in §10 Abs2 Z1 StbG durch den Verfassungsgerichtshof [VfSlg 20.449/2021] kundgemacht; die in Prüfung gezo-gene Ziffern- und Zeichenfolge ist hervorgehoben):
"Verleihung
§10. (1) […]
(2) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden nicht verliehen werden, wenn
1. bestimmte Tatsachen gemäß §53 Abs2 Z 2,5, 8, 9 und Abs3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl I Nr 100, vorliegen; §53 Abs5 FPG gilt;
2. er mehr als einmal wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung mit besonderem Unrechtsgehalt, insbesondere wegen §99 Abs1 bis 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl Nr 159, wegen §37 Abs3 oder 4 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl I Nr 120/1997, §366 Abs1 Z1 i.V.m. Abs2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl Nr 194, wegen §§81 bis 83 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl Nr 566/1991, oder wegen einer schwerwiegenden Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes 2005, des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl I Nr 100/2005, des Grenzkontrollgesetzes (GrekoG), BGBl Nr 435/1996, oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl Nr 218/1975, rechtskräftig bestraft worden ist; §55 Abs1 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), BGBl Nr 52/1991, gilt;
3. gegen ihn ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung anhängig ist;
4. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß §52 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß §67 FPG besteht;
5. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
6. gegen ihn das mit einer Rückkehrentscheidung gemäß §52 FPG einhergehende Einreiseverbot weiterhin aufrecht ist oder gegen ihn in den letzten 18 Monaten eine Ausweisung gemäß §66 FPG rechtskräftig erlassen wurde oder
7. er ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.
(3) [...]"
2. Die maßgebliche Bestimmung des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG), BGBl I 100/2005, idF BGBl I 202/2022 lautet auszugsweise wie folgt:
"Einreiseverbot
§53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs1 ist, vorbehaltlich des Abs3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. […]
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3.-4. […]
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
7. […]
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) [...]"
3. Die maßgebliche Bestimmung des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO. 1960), BGBl 159/1960, idF BGBl I 90/2023 lautet auszugsweise wie folgt:
"§99. Strafbestimmungen.
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,
a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,
b) wer sich bei Vorliegen der in §5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,
c) (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im §5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.
(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.
(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von
800 Euro bis 3700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen,
a) der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des §4 Abs1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt,
c) wer als Lenker eines Fahrzeuges, zB beim Überholen, als Wartepflichtiger oder in Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, sofern nicht eine Übertretung nach Abs2d oder 2e vorliegt,
d) wer im Bereich von Fahrbahnkuppen oder von unübersichtlichen Kurven auf einem von den Lenkern herannahender Fahrzeuge zu benützenden Fahrstreifen oder auf Vorrangstraßen außerhalb des Ortsgebietes bei starkem Nebel oder bei sonstiger erheblicher Sichtbehinderung hält oder parkt (§24 Abs1) oder wer ein Verkehrshindernis nicht kennzeichnet (§89),
e) wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn, die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizeidienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden,
f) wer ein Fahrzeug lenkt, obwohl ihm dies gemäß §59 verboten ist.
(2a) […]"
III. Erwägungen
A. Zur Zulässigkeit
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Ziffern- und Zeichenfolge zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren als zulässig.
B. In der Sache
1. Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes treffen zu, die Ziffern- und Zeichenfolge "2, " in §10 Abs2 Z1 StbG verstößt gegen das Sachlichkeitsgebot des ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973:
1.1. §10 Abs1 StbG legt Voraussetzungen fest, die unter anderem erfüllt sein müssen, damit einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden kann (Verleihungsvoraussetzungen). §10 Abs2 StbG statuiert (wie auch §10 Abs3 StbG) Tatbestände, deren Vorliegen die Verleihung der Staatsbürgerschaft – trotz allfälligen Erfüllens der Verleihungsvoraussetzungen – ausschließt (Verleihungshindernisse). Ein solches Verleihungshindernis liegt gemäß §10 Abs2 Z1 StbG dann vor, wenn "bestimmte Tatsachen" unter anderem gemäß §53 Abs2 Z2 FPG vorliegen.
§53 Abs2 Z2 FPG ist an sich Teil der Regelung, wann gemäß §53 FPG ein Einreiseverbot zu erlassen ist. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß §53 Abs2 zweiter Satz FPG das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist gemäß §53 Abs2 Z2 FPG dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens € 1.000,– oder einer primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde.
Da §10 Abs2 Z1 StbG im Zuge des Verweises auf §53 Abs2 Z2 FPG nur auf die "Tatsache" einer rechtskräftigen Bestrafung abstellt, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich des Vorliegens dieses Verleihungshindernisses lediglich zu prüfen, ob eine (nicht getilgte) rechtskräftige Bestrafung wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens € 1.000,– vorliegt (siehe VwGH 30.9.2019, Ra 2018/01/0227, mwN). Raum für eine Abwägung besteht nicht, weil die taxativ aufgezählten Tatsachen in §10 Abs2 Z1 StbG die Annahme rechtfertigen, dass "der durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft perpetuierte Aufenthalt des Staatsbürgerschaftswerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft" (Erläut zur RV 1189 BlgNR 22. GP, 5). Der Verfassungsgerichtshof ist in VfSlg 20.449/2021 diesem Verständnis des §10 Abs2 Z1 StbG gefolgt.
§10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG statuiert also ein (absolutes) Verleihungshindernis, wenn eine (nicht getilgte) rechtskräftige Bestrafung des Staatsbürgerschaftswerbers zu einer Geldstrafe von mindestens € 1.000,– (bzw zu einer primären Freiheitsstrafe) wegen einer Verwaltungsübertretung vorliegt. Dabei kommt es weder auf Art und Inhalt der Verwaltungsübertretung noch auf eine Prognoseentscheidung über das zukünftige Verhalten des Staatsbürgerschaftswerbers an.
1.2. §10 Abs2 Z2 StbG regelt zwei weitere Tatbestände, bei deren Verwirklichung ein (absolutes) Verleihungshindernis vorliegt: die wiederholte Bestrafung wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung mit besonderem Unrechtsgehalt (§10 Abs2 Z2 erster Fall StbG) einerseits und die Verurteilung wegen einer schwerwiegenden Übertretung bestimmter Gesetze (§10 Abs2 Z2 zweiter Fall StbG) andererseits.
Nach §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG darf einem Fremden die Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden, wenn er "mehr als einmal" wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung mit besonderem Unrechtsgehalt rechtskräftig bestraft worden ist und die Verurteilung noch nicht getilgt ist. Dazu enthält §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG eine demonstrative Aufzählung solcher schwerwiegender Verwaltungsübertretungen mit besonderem Unrechtsgehalt (vgl Erläut zur RV 1189 BlgNR 22. GP, 5; insbesondere §99 Abs1 bis 2 StVO [vor allem Lenken oder Inbetriebnahme eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss], §37 Abs3 und 4 Führerscheingesetz [FSG; Fahren ohne Lenkberechtigung], §366 Abs1 Z1 iVm Abs2 Gewerbeordnung 1994 [GewO 1994; Gewerbeausübung ohne Gewerbeberechtigung] und die §§81 bis 83 Sicherheitspolizeigesetz [SPG; Störung der öffentlichen Ordnung; aggressives Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber militärischen Organen im Wachdienst; Begehung einer Verwaltungsübertretung in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand]). Für die Erfüllung des ersten Tatbestandes des §10 Abs2 Z2 StbG ist also der besondere Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung im Einzelfall zu beurteilen (VwGH 20.9.2011, 2009/01/0051), womit es auf die konkreten Tatumstände und die tatsächlich verhängte Strafe ankommt.
1.3. Den Verleihungshindernissen des §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG und des §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jeweils eine eigenständige Bedeutung ohne Bedachtnahme auf (das jeweils) andere Verleihungshindernis(se) zu (vgl VwGH 30.9.2019, Ra 2018/01/0227, mwN).
2. Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Verleihung der Staatsbürgerschaft von strengen Voraussetzungen abhängig zu machen und rechtskräftig verhängte Verwaltungsstrafen (bis zu ihrer Tilgung) bei Erreichen einer gewissen Schwere als absolutes Verleihungshindernis im Sinne des §10 Abs2 StbG vorzusehen (zum weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Staatsbürgerschaftsrecht vgl VfSlg 19.516/2011 oder 19.732/2013). Der Gesetzgeber ist dabei nur gehalten, einen entsprechenden Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung zu verlangen, dessen Verwirklichung es rechtfertigt, den Staatsbürgerschaftswerber trotz Vorliegens der sonstigen Verleihungsvoraussetzungen (etwa des §10 Abs1 StbG) von der Erlangung der Staatsbürgerschaft auszuschließen (zur Unsachlichkeit des Verleihungshindernisses wegen jeder rechtskräftigen und nicht getilgten Bestrafung selbst wegen geringfügiger Übertretungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG vgl VfSlg 20.449/2021). Es ist dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht aber weder entgegenzutreten, wenn er bei der Beurteilung, ob rechtskräftige Bestrafungen von Staatsbürgerschaftswerbern auf Grund von Verwaltungsübertretungen ein Verleihungshindernis begründen, auf eine bestimmte Betragsgrenze (wie durch den Verweis auf §53 Abs2 Z2 FPG in §10 Abs2 Z1 StbG) abstellt, noch, wenn er an das Vorliegen bestimmter – als besonders schwerwiegend qualifizierter – Verwaltungsübertretungen (wie in §10 Abs2 Z2 StbG) anknüpft (vgl VfGH 3.3.2021, E2972/2020; 22.9.2022, E4583/2021).
3. Der Gesetzgeber ist aber durch das Sachlichkeitsgebot des ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 gehalten, das von ihm gewählte System der Verleihungshindernisse (auch) in dem Sinne sachlich auszugestalten, dass er sachlich nicht zu rechtfertigende Wertungswidersprüche vermeidet. Ein solcher sachlich nicht zu rechtfertigender Widerspruch liegt, wovon im Übrigen auch die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme ausgeht, bei der gleichzeitigen Anordnung des Verleihungshindernisses des §10 Abs2 Z1 StbG iVm §53 Abs2 Z2 FPG und des Verleihungshindernisses gemäß §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG vor:
3.1. §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG knüpft an eine "schwerwiegend[e] Verwaltungsübertretung mit besonderem Unrechtsgehalt" an, deren zumindest zweimalige Übertretung ein Verleihungshindernis darstellt. Dabei hat der Gesetzgeber insbesondere auch solche Verwaltungsübertretungen vor Augen, deren Übertretung mit einer Verwaltungsstrafe von zumindest € 1.000,– bedroht ist. Dies zeigt etwa die – von der demonstrativen Aufzählung in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG erfasste – Verwaltungsübertretung nach §99 Abs1a StVO (ebenso §99 Abs1 StVO). Bei einer Reihe weiterer, in §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG erwähnter Verwaltungsübertretungen beginnt der Strafrahmen zwar (teilweise deutlich) unter € 1.000,–, reicht aber – wie bei §99 Abs1b und Abs2 StVO, §37 Abs3 und 4 FSG sowie §366 Abs1 Z1 iVm Abs2 GewO – weit über € 1.000,– hinaus.
Durch die in Prüfung gezogene Ziffern- und Zeichenfolge wird nun auch angeordnet, dass eine einmalige Verwaltungsübertretung etwa gemäß §99 Abs1a StVO, die zu einer rechtskräftigen und nicht getilgten Geldstrafe von zumindest € 1.000,– geführt hat, ein (absolutes) Verleihungshindernis bewirkt, obwohl nach §10 Abs2 Z2 erster Fall StbG erst eine zumindest zweimalige derartige Verwaltungsübertretung mit gleicher verwaltungsstrafrechtlicher Sanktion zu einem Verleihungshindernis führen soll.
3.2. Für diesen Widerspruch (der, worauf die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme hinweist, aus der fehlenden Abstimmung der Neuregelung des §10 Abs2 Z1 StbG durch BGBl I 38/2011 mit §10 Abs2 Z2 StbG resultieren dürfte, vgl dazu auch die Hinweise im vorstehend unter Punkt I. wiedergegebenen Prüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes) ist eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich. Die Regelung verstößt daher gegen die Anforderungen des Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitsgrundsatzes, wie sie sich im vorliegenden Zusammenhang aus ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 ergeben.
4. Die in Prüfung gezogene Ziffern- und Zeichenfolge ist daher als verfassungswidrig aufzuheben. Der Gesetzgeber ist freilich nicht gehindert, unter Beachtung des Sachlichkeitsgebotes des ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 (vgl VfSlg 20.449/2021) eine Neuregelung etwa unter Berücksichtigung der von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme aufgezeigten Gesichtspunkte zu treffen, die abgestimmt mit den sonstigen Regelungen des §10 Abs2 StbG dem Anliegen der aufgehobenen Bestimmung Rechnung trägt.
IV. Ergebnis
1. Die Ziffern- und Zeichenfolge "2, " in §10 Abs2 Z1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl 311/1985, idF BGBl I 38/2011 und BGBl I 65/2021 ist wegen Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot des ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973 als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstelle gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B VG.
3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B VG.
4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz BVG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.