19Bs182/25s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 11. März 2025, GZ **-40.7, nach der unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Mag. Baumgartner, im Beisein der Richterinnen Mag. Körber und Dr. Hornich, LL.M. als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Salfelner, LL.M., ferner in Anwesenheit des Angeklagten A*, seines Verteidigers Mag. Anton Pelwecki und der Privatbeteiligtenvertreterin Mag. Simone Bruckner am 9. September 2025 durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I.) sowie (richtig:) mehrerer Vergehen des bildlichen sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterials und bildlicher sexualbezogener Darstellungen minderjähriger Personen nach § 207a Abs 3 zweiter Satz StGB und eines Vergehens nach § 207a Abs 3 erster Satz StGB (II.) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 201 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gemäß § 19a Abs 1 StGB sprach das Schöffengericht die Konfiskation seines Notebooks Marke ** und einer externen Festplatte ** aus. Schließlich wurde der Angeklagte gemäß § 369 Abs 1 iVm § 366 Abs 2 StPO verpflichtet, der Privatbeteiligten B* 5.000 Euro binnen 14 Tagen zu zahlen. Mit ihren darüber hinausgehenden Ansprüchen wurde die Genannte gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* in **
I./ zwischen 1. August und 1. Dezember 2021 B* mit Gewalt zum Beischlaf genötigt, indem er sie an den Handgelenken festhielt, ihre Oberschenkel auseinander drückte und sie gegen ihren Widerstand mit seinem Penis vaginal penetrierte;
II./ ab einem nicht feststellbaren Zeitpunkt bis zum 7. April 2024 Abbildungen oder Darstellungen einer geschlechtlichen Handlung an mündigen und unmündigen minderjährigen Personen oder mündigen und unmündigen Personen an sich selbst oder an anderen Personen sowie der Genitalien oder der Schamgegend mündiger und unmündiger Minderjähriger, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelte, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienten, besessen, indem er diese speicherte und bei sich zu Hause verwahrte, nämlich
1./ gespeichert auf seinem Notebook zumindest sechs Bild- und Videodateien, welche Detailaufnahmen der Schamgegend und sexuelle Missbrauchshandlungen von bzw an unmündigen und mündigen minderjährigen Personen darstellten;
2./ gespeichert auf seiner externen Festplatte zwei Bilddateien, welche Detailaufnahmen der Schamgegend von unmündigen minderjährigen Personen darstellten.
Bei der Strafbemessung wertete der Schöffensenat das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen und die Tatbegehung als Volljähriger gegen eine minderjährige Person erschwerend, mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel.
Nach Zurückweisung der vom Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde (ON 49.3) ist nunmehr über dessen rechtzeitig angemeldete (ON 41), zu ON 45 ausgeführte Berufung zu entscheiden, die eine Herabsetzung der verhängten Sanktion, die Aufhebung des Konfiskationserkenntnisses sowie die Verweisung der Privatbeteiligten mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
Zur Strafe:
Dem Angeklagten gelingt es nicht, weitere Milderungsgründe oder sonstige für ihn sprechende Argumente aufzuzeigen.
Ganz im Gegenteil wirkt es sich im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB erschwerend aus, dass er den Vaginalverkehr mit B* ungeschützt vollzog (zB ON 2.3 S 7; vgl Riffel in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 32 StGB Rz 78).
Weiters fällt die im Zuge der Tat beim Opfer verursachte Verletzung (US 5; vgl zB ON 2.3 S 6 und ON 21.3 S 8 – Blutung aufgrund des Einreißens des Jungfernhäutchens) dem Angeklagten zusätzlich aggravierend zur Last, zumal nicht jede Gewaltanwendung bei einer Vergewaltigung notwendigerweise zu einer Verletzung führen muss ( Mayerhofer, StGB 6 § 201 E 35h).
Der Berufung zuwider wertete das Erstgericht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen zu Recht erschwerend (vgl auch S 2 des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs ON 49.3).
Weshalb es sich zu Gunsten des Angeklagten auswirken sollte, dass der Schuldspruchpunkt II. „lediglich“ acht inkriminierte Dateien umfasst, vermag die Berufung nicht nachvollziehbar darzulegen.
Soweit der Angeklagte ein längeres Wohlverhalten für sich zu reklamieren trachtet, ist ihm zu erwidern, dass als „längere Zeit“ im Sinne des besonderen Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 18 StGB eine Zeitspanne zu verstehen ist, die sich an der fünfjährigen Rückfallsverjährungsfrist des § 39 Abs 2 StGB orientiert und daher mit Blick auf den Tatzeitpunkt zu I. (zwischen August und Dezember 2021), aber vor allem auch auf den zu II. am 7. April 2024 endenden Deliktszeitraum nicht vorliegt ( Riffel in Höpfel/Ratz , WK 2StGB § 32 Rz 46).
Unter Berücksichtigung der solcherart ausschließlich zum Nachteil des Berufungswerbers ergänzten Strafzumessungsparameter erweist sich ausgehend von einem Strafrahmen von zwei bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe die vom Erstgericht ausgemessene Unrechtsfolge schon aus spezialpräventiven Erwägungen als nicht korrekturbedürftig und trägt auch dessen bislang ordentlichen Lebenswandel hinreichend Rechnung. So ist eine derart gravierende Vergewaltigung, bei der dem jugendlichen Opfer durch die Tat die erste sexuelle Erfahrung in besonders traumatisierender Weise aufgezwungen sowie die Entjungferung gewaltsam herbeigeführt wurde, der Schwerstkriminalität zuzuordnen und zeugt von einer besonderen Rücksichtslosigkeit gegenüber der sexuellen Integrität anderer. Vor diesem Hintergrund wohnt der Tathandlung ein beträchtlicher sozialer Störwert inne, weshalb auch generalpräventiven Aspekten Rechnung tragend ( Riffel in Höpfel/Ratz , WK 2StGB § 32 Rz 23) eine empfindliche Freiheitsstrafe zu verhängen war, um potentielle Nachahmungstäter abzuschrecken und diesen deutlich vor Augen zu führen, dass eine derart schwere Tat mit entsprechender Härte geahndet wird. Die vom Berufungswerber angestrebte Reduktion der über ihn verhängten Unrechtsfolge kam daher nicht in Betracht.
Zum Konfiskationsausspruch:
Das Eigentum des Angeklagten an dem Notebook und der externen Festplatte konnte auf Basis seiner eigenen Angaben (zB ON 40.6 S 13, S 17) festgestellt werden. Anhaltspunkte, die gegen eine Verhältnismäßigkeit iSd § 19a Abs 2 StGB sprechen würden, liegen nicht vor. So käme die Klausel beispielsweise zur Anwendung, wenn der Unrechtsgehalt der Tat oder die Schuld des Täters so gering sind, dass die Konfiskation eine unangemessene Härte und damit ein inadäquates Übel bedeuten würde (vgl Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 14§ 19a Rz 4). Da das den Angeklagten in seiner Gesamtheit treffende Strafübel die Grenze der Schuldangemessenheit nicht überschreitet, kommt ein Absehen von der kritisierten Konfiskation der Festplatte, welche einen handelsüblichen Gegenstand darstellt, nicht in Betracht (vgl RIS-Justiz RS0130619).
Zum Adhäsionserkenntnis:
Zum Ausgleich des erlittenen, mit einem sexuellen Übergriff notwendig verbundenen immateriellen Schadens steht der Privatbeteiligten ein Ersatzanspruch nach § 1328 ABGB zu, bei dessen – global vorzunehmender – Bemessung im Sinne des § 273 ZPO auf eine Schätzung zurückgegriffen werden kann (RIS-Justiz RS0031614, RS0111431). Entgegen der Berufung zog der Schöffensenat zu Recht als Richtmaß für die Höhe der danach zu leistenden Entschädigung den schon in Fällen (bloßer) sexueller Belästigung gemäß § 38 Abs 2 Gleichbehandlungsgesetz gebührenden Mindestschadenersatz von 1.000 Euro heran (zB OLG Wien 18 Bs 84/25x, 21 Bs 44/24k uva). Davon ausgehend erweist sich der zugesprochene Ersatzbetrag von 5.000 Euro in Anbetracht des massiven sexuellen Übergriffs zum Nachteil des jugendlichen Opfers als angemessen und keineswegs überhöht.