2R88/25p – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann als Vorsitzenden und die Richter MMag. Popelka und Mag. Viktorin in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH, **, vertreten durch Dr. Alfred Feitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* GmbH, **, vertreten durch die Stefan Prochaska Rechtsanwälte GmbH in Wien, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Univ. Prof. DDr. C*, **, vertreten durch Dr. Fritz Arlamovsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 7,021.143,71 samt Anhang und Feststellung (Streitwert EUR 60.000), hier wegen Akteneinsicht, über den Rekurs des Antragstellers Dr. D*, geboren am **, **, vertreten durch die Berlin Partner Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 2.5.2025, GZ **-141, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Die mit dem Rekurs vorgelegten Urkunden werden zurückgewiesen.
II. Die Rekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
III. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Verfahrensgegenständlich sind Schadenersatzansprüche, die die Klägerin aus anwaltlicher Fehlberatung durch die Beklagte, unter anderem in den Jahren 2007/2008, ableitet.
Der Antragstellerbegehrt Akteneinsicht. Soweit für das Rekursverfahren noch relevant, brachte er vor: Er sei im Zeitraum 2007 bis 2009 Vorstandsvorsitzender der damaligen E* AG („E*“) gewesen. Die Beklagte habe - auch im Zusammenhang mit dem Themenkomplex „Fairness Opinion“ - die E* beraten und vertreten. Während dieses aufrechten Mandatsverhältnisses habe der Antragsteller in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der E* davon ausgehen können, dass die Beklagte die E* und ihn vor erkennbaren Risiken warnen und schützen würde. So hätte die Beklagte ihn auf rechtliche Bedenken bezüglich der aus den gegenständlichen Verträgen resultierenden Abrechnung und über das Erfordernis einer Genehmigung durch den Aufsichtsrat ausdrücklich hinweisen müssen, was nicht erfolgt sei. Der Antragsteller habe erst sehr viel später erkennen können, dass die Loyalität des für die Beklagte auftretenden Anwalts Dr. F* bei der Klägerin und nicht bei der E* und schon gar nicht bei ihm als Vorstandsvorsitzendem gelegen sei, der die Geschäftsbeziehung der E* zur Klägerin habe beenden wollen. Dies habe sich erst im Nachhinein aus der Tatsache erwiesen, dass Dr. F* federführend für die Beklagte ein inhaltlich falsches und irreführendes Information Memorandum mitentwickelt und mitverantwortet habe, mit dessen Hilfe die G* S.a.r.l. bei Erwerb von 25 % + 1 der Aktien der E* Ende 2006 von den verkaufenden Aktionären getäuscht und betrogen worden sei. Hätte die Beklagte ihrer Warn- und Hinweispflicht im Zusammenhang mit den Teilrechnungen Ende 2007 Genüge getan und den Antragsteller als (unmittelbar involvierten) Vorstandsvorsitzenden auf die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung hingewiesen, dann hätte der Antragsteller die Abwicklung in dieser Form nicht mitgetragen, und es wäre in Folge auch nicht zu seiner Verurteilung im Ausmaß einer Freiheitsstrafe von 34 Monaten gekommen. Die Beklagte habe es schuldhaft unterlassen, auf die gebotenen rechtlichen Bedenken hinzuweisen; dieses Unterlassen sei kausal für die Verurteilung des Antragstellers wegen Untreue gegenüber der E* gewesen. Die Beklagte hafte daher für alle Schäden, die dem Antragsteller durch die Unterlassung der gebotenen Aufklärung entstanden seien, wie Vertretungskosten, Reputationsverlust, entgangene Verdienstmöglichkeiten uvm. Da sich das Verfahren - wie sich aus der veröffentlichten Entscheidung 1 Ob 200/23b ergebe - mit der fehlerhaften rechtlichen Beratung der Klägerin durch die Beklagte auseinandersetze, habe der Antragsteller als (ehemaliger) Vorstandsvorsitzender der von der beklagten Partei vertretenen Bank (und somit schutzwürdiger Dritter) ein berechtigtes rechtliches Interesse an der Akteneinsicht. Die Akteneinsicht wirke sich direkt auf die privatrechtlichen und/oder öffentlich-rechtlichen Verhältnisse des Antragstellers aus, da er dadurch in die Lage versetzt werde, sich ein belastbares Bild vom Umfang der Fehlberatung der E* bzw des Antragstellers als Vorstandsmitglied der Bank durch die beklagte Partei im Zusammenhang mit der Bezahlung der Fairness Opinion bzw der damit im Zusammenhang stehenden Zahlungen der Bank und ihrer Tochtergesellschaften machen zu können, um als Konsequenz beurteilen zu können, ob er sich dem streitgegenständlichen Verfahren allenfalls als Nebenintervenient anschließe oder zumindest in der Lage sei, die Beweislage in einem späteren Verfahren gegen die beklagte Partei für sich günstiger zu gestalten.
Die Klägerin erteilte ihre Zustimmung zur Akteneinsicht.
Die Beklagte sprach sich gegen die Akteneinsicht aus.
Der Nebenintervenient äußerte sich zum Antrag nicht.
Mit dem angefochtenen Beschlusswies das Erstgericht den Antrag auf Akteneinsicht ab. Soweit für das Rekursverfahren relevant, führte es aus: Gegenstand des Verfahrens seien Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus einer allfälligen fehlerhaften Beratung der Klägerin und Mag. H* durch die Beklagte. Es gehe daher um das Mandatsverhältnis und die Verpflichtungen zwischen den Parteien. Weder die Beratung der E* durch die Beklagte noch ein für die E* von der Beklagten erstelltes Information Memorandum seien Themen des gegenständlichen Prozesses. Wie sich eine bestehende oder nicht bestehende Fehlberatung der Klägerin auf den Zeugen und Antragsteller auswirken könnte, sei nicht ersichtlich. Ein rechtliches Interesse gemäß § 219 Abs 2 ZPO liege somit nicht vor.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufzutragen.
Die Klägerin erstattete eine „Rekursbeantwortung“ ohne Gegenantrag.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Der Nebenintervenient beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.
Rechtliche Beurteilung
I. Die auf eine Erweiterung der Beweisgrundlage abzielende und daher nicht bloß zur erlaubten Dartuung eines Rechtsmittelgrundes (vgl RS0041812; RS0105484) mit dem Rekurs erfolgte Urkundenvorlage verstößt gegen das auch im Rekursverfahren geltende (vgl RS0042091) Neuerungsverbot. Die Urkunden waren daher zurückzuweisen.
II. In ihrer Rekursbeantwortung führt die Klägerin aus, dass sie dem Wunsch auf Akteneinsicht weiterhin nicht entgegentrete. Sie weist auf eine Unzulänglichkeit des Rechtsmittelantrags des Antragstellers hin und führt aus, dass das Rekursgericht darüber zu befinden haben werde, ob das Fehlen eines auf Abänderung gerichteten Rekursantrags der Bewilligung der Akteneinsicht entgegenstehe. Im Übrigen enthält der Schriftsatz Ausführungen zum Rechtsstandpunkt der Klägerin in der Hauptsache. Die Rekursbeantwortung enthält keinen Rechtsmittelgegenantrag.
Die Klägerin, die bereits in erster Instanz der Akteneinsicht zugestimmt hat (und daher auch eine bewilligende Entscheidung nicht hätte anfechten können, vgl Rassi in Fasching/Konecny 3§ 219 ZPO Rz 79 e contrario), verfolgt somit im Rahmen des Rekursverfahrens kein Rechtsschutzinteresse, sodass der Schriftsatz zurückzuweisen war.
III. Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Zur Verfahrensrüge :
1.1 Der Antragsteller macht als wesentlichen Verfahrensmangel geltend, dass das Erstgericht die von ihm angebotenen Urkunden und Bescheinigungsmittel unberücksichtigt gelassen habe. Das Erstgericht stelle fest, dass nicht ersichtlich sei, wie sich eine bestehende oder nicht bestehende Fehlberatung der Klägerin auf den Antragsteller auswirken könne. Hätte aber das Erstgericht die angebotenen Bescheinigungsmittel beachtet und gewürdigt, wäre es zu dem Ergebnis gelangt, dass Dr. F* als einschreitender Partner der Beklagten sowohl die Klägerin als auch die E* im gegenständlichen Zeitraum beraten und vertreten habe und daher die Klägerin in einem Prozess gegen die E* auch nicht hätte vertreten können. Er habe die - der Besprechung vom 21.12.2007 vorangehenden - Verträge zwischen der Klägerin und der E* vom 30.11.2007 als gemeinsamer Vertragserrichter erstellt. Dies hätte offensichtlich gemacht, dass eine bestehende oder nicht bestehende Fehlberatung durch die Beklagte (auch) gegenüber der gleichzeitig vertretenen E* und deren Organen Auswirkungen gehabt hätte. Dr. F* habe im gegenständlichen Verfahren als Zeuge - entgegen zuvor gemachten Angaben - eingeräumt, dass er aufgrund des Berichts von Mag. H* erkannt habe, dass die geplante Vereinbarung vom 21.12.2007 über die Zahlungsmodalität von strafrechtlicher Relevanz sei. Von dieser vollständigen Änderung der Aussagen von Dr. F* habe der Antragsteller gesprächsweise erfahren. Sollte sich dies nach Aktenstudium bewahrheiten, so wäre dies verjährungsrechtlich relevant im Hinblick auf die Frage, wann der Antragsteller Kenntnis von Schaden und Schädiger erlange. Daher sei es für den Antragsteller unabdingbar, den genauen Wortlaut der Aussage Dr. F* im gegenständlichen Verfahren zu kennen.
Bei einer persönlichen Vernehmung durch das Gericht hätte der Antragsteller wesentliche Unterlagen zum Nachweis des geforderten rechtlichen Interesses beibringen können. Er hätte Schriftstücke vorlegen können, aus denen sich das (Doppel-)Vertretungsverhältnis durch die Beklagte ergeben hätte. Mangels Vernehmung sei ihm die Möglichkeit genommen worden, persönlich weitere Beweismittel und Unterlagen zu benennen und vorzulegen.
1.2 Falls aufgrund eines primären Verfahrensmangels, etwa Zurückweisung von Beweisanträgen, andere als die vom Beweisführer behaupteten Tatsachen festgestellt wurden, ist dies mit Mängelrüge (entsprechend § 496 Abs 1 Z 2 ZPO) geltend zu machen. Hat es das Erstgericht demgegenüber trotz entsprechenden Tatsachenvorbringens unterlassen, für die rechtliche Beurteilung relevante Feststellungen zu treffen, so liegen sekundäre Feststellungsmängel (entsprechend § 496 Abs 1 Z 3 ZPO) vor, die mit Rechtsrüge geltend zu machen sind (vgl Pimmer in Fasching/Konecny 3§ 496 ZPO Rz 50 f, Rz 57 f).
Das Erstgericht hat der Entscheidung keine vom Antragsvorbringen abweichenden – und daher mittels Verfahrensrüge bekämpfbaren – Tatsachen zugrunde gelegt, sondern schon ausgehend von diesem Vorbringen ein rechtliches Interesse an der begehrten Akteneinsicht verneint. Bei der im Rekurs zitierten Formulierung des Erstgerichts, wonach nicht ersichtlich sei, wie sich eine bestehende oder nicht bestehende Fehlberatung der Klägerin auf den Antragsteller auswirken könnte (vgl Beschluss Seite 2), handelt es sich nicht um eine Tatsachenfeststellung, sondern um eine rechtliche Beurteilung. Primäre Verfahrensmängel liegen daher nicht vor. Soweit der Rekurs der Sache nach auf sekundäre Feststellungsmängel abzielt, ist auf die Behandlung der Rechtsrüge zu verweisen.
2. Zur Rechtsrüge :
2.1 Dass der Antragsteller einen Aufhebungs- und nicht ausdrücklich auch einen Abänderungsantrag gestellt hat, stünde einer abändernden Entscheidung durch das Rekursgericht hier nicht grundsätzlich entgegen, zumal nach dem Inhalt des Rekurses kein Zweifel daran bestehen kann, dass der Antragsteller im Ergebnis die Abänderung der Entscheidung im Sinn einer Stattgebung der beantragten Akteneinsicht anstrebt (vgl RS0045820 [T3]).
2.2 Einem Dritten kann Einsichtnahme und Abschriftnahme von Prozessakten gestattet werden, wenn er ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, wobei ein allgemeines öffentliches Interesse an Information sowie ein reines Informationsbedürfnis des Einsichtbegehrenden selbst nicht ausreicht. Das rechtliche Interesse muss ein in der Rechtsordnung gegründetes und von ihr gebilligtes Interesse sein, das über das bloß wirtschaftliche Interesse oder über Interessen der Information, der Pietät, des Anstands oder der Ethik hinausreicht (RS0079198).
Liegt die Zustimmung der Parteien nicht vor, ist eine zweistufige Prüfung vorzunehmen. Zunächst ist zu prüfen, ob ein rechtliches Interesse des Dritten, der Einsicht begehrt, besteht. Erst wenn dieses bejaht wird, ist die Abwägung vorzunehmen, ob das Recht des Dritten dasjenige der Verfahrensparteien überwiegt (RS0079198 [T6]).
Das rechtliche Interesse an der Akteneinsicht muss konkret gegeben sein. Die Einsichtnahme und Abschriftnahme muss Bedeutung für die rechtlichen Verhältnisse des Dritten haben und die Kenntnis des betreffenden Akteninhaltes muss sich auf die privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Verhältnisse des Dritten günstig auswirken, sei es auch nur dadurch, dass er instandgesetzt wird, die Beweislage für sich günstiger zu gestalten. Das rechtliche Interesse kann unter den beschriebenen Voraussetzungen allerdings nur dann anerkannt werden, wenn der Dritte aus dem Akt etwas erfahren will, was er nicht weiß, aber zur Wahrung seiner Interessen wissen muss (RS0037263). Dabei genügt es, wenn der Akteninhalt den Rechtskreis des Antragstellers auch nur mittelbar berührt; angezeigt ist insoweit eine weitherzige Handhabung (RS0037263 [T5]). Von der die Akteneinsicht beantragenden Person kann nicht mit einem Hinweis auf das Verbot des Ausforschungsbeweises verlangt werden, die Kenntnis der Tatsachen genau anzugeben, die sie sich aus der Akteineinsicht erwartet, liegt doch dem Antrag auf Akteneinsicht notwendigerweise ein Ausforschungsinteresse zugrunde (RS0037263 [T16]). Ein rechtliches Interesse kann etwa durch die Verfolgung oder Abwehr von Ansprüchen, aber auch in der Verteidigung in einer Strafsache begründet sein (vgl RS0037263 [T21]).
2.3 Nach dem Antragsvorbringen erwägt der Antragsteller die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber der Beklagten wegen einer im Rahmen eines vertraglichen Beratungsverhältnisses zwischen der E* und der Beklagten erfolgten anwaltlichen Fehlberatung im Jahr 2007, die zu seiner strafrechtlichen Verurteilung geführt habe.
Der Antrag lässt aber nicht erkennen, welche Art von ihm noch nicht bekannten, zur Rechtsverfolgung gleichwohl erforderlichen Informationen er durch die Akteneinsicht zu erlangen hofft.
In welcher Hinsicht die vom Antragsteller gesetzten Handlungen strafrechtswidrig waren, ist ihm jedenfalls aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilung bekannt. Ebenso ist vorauszusetzen, dass ihm bekannt ist, welche anwaltliche Beratung für seinen eigenen Willensentschluss, diese Taten zu setzten, kausal war bzw welche Warnung ihn davon abgehalten hätte.
Diese Frage ist im Übrigen auch gar nicht entscheidungswesentlich für das gegenständliche Verfahren, das das Beratungsverhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin (auch hinsichtlich anderer Lebenssachverhalte) betrifft, nicht aber das Beratungsverhältnis zwischen der Beklagten und der E*, aus dem der Antragsteller seine Ansprüche ableiten möchte.
Im Antrag wird nicht ausgeführt, welche Informationen, zu denen sich allenfalls aus dem gegenständlichen Akt Aufschlüsse ergeben könnten, dem Antragsteller zur erwogenen Anspruchsverfolgung bzw zur Beurteilung der Erfolgsaussichten noch fehlen, oder zu welchen Tatsachen, die in einem Verfahren zwischen dem Antragsteller und der Beklagten allenfalls strittig werden könnten, durch die beantragte Akteneinsicht eine Verbesserung der Beweislage für den Antragsteller denkbar wäre.
Es wird damit keineswegs die genaue Angabe jener Tatsachen verlangt, die sich der Antragsteller aus der Akteneinsicht erwartet, sondern lediglich eine konkrete Darstellung seines rechtlichen Interesses, sei es nun im Sinn einer Beweiserleichterung für die Durchsetzung der von ihm erwogenen Ansprüche, sei es im Sinn der Erlangung hierfür benötigter, ihm noch nicht zur Verfügung stehender Informationen. Seine Begründung, er wolle sich ein „belastbares Bild vom Umfang der Fehlberatung der Bank/des Antragstellers als Vorstandsmitglied der Bank durch die beklagte Partei“ machen, lässt nicht erkennen, in welcher Richtung er sich von der Akteneinsicht Aufschluss erwartet, zumal eine Fehlberatung der E* bzw des Antragstellers hier eben nicht verfahrensgegenständlich ist.
Der bloße Umstand, dass im gegenständlichen Verfahren (unter anderem) ein teilweise überschneidender historischer Sachverhalt Thema ist, genügt hier nicht schon für sich genommen, um ein im Sinn der Judikatur ausreichend konkretes rechtliches Interesse gemäß § 219 Abs 2 ZPO darzutun.
2.4 Soweit der Rekurs über das oben wiedergegebene Antragsvorbringen hinaus Tatsachen zur Glaubhaftmachung eines rechtlichen Interesses vorbringt, verstößt er gegen das Neuerungsverbot.
Der Rekurs bezieht sich in der Rechtsrüge – wie schon in der Verfahrensrüge – wesentlich darauf, dass Dr. F* im gegenständlichen Verfahren eine seinen Aussagen im Strafverfahren widersprechende Aussage abgelegt habe. Es sei nun erstmals die Behauptung aufgestellt worden, dass Dr. F* die strafrechtliche Relevanz der „Umetikettierung“ sehr wohl erkannt und auch Mag. H* mehrfach dringlich davor gewarnt habe.
Darauf wurde der Antrag aber nicht gestützt. Dem Antragsvorbringen ließ sich auch nicht entnehmen, dass der Antragsteller beabsichtige, zu überprüfen, ob die hier abgelegte Aussage Dr. F* mit dessen Aussagen im Strafverfahren übereinstimme bzw ob Dr. F* nun entgegen früheren Aussagen ein Wissen um die Strafrechtswidrigkeit der „Umetikettierung“ zugestanden habe (sodass das Erstgericht allenfalls auch eine auf diese Aussage beschränkte Akteneinsicht hätte prüfen können).
Aus dem Antragsvorbringen war zu schließen, dass der Antragsteller die Geltendmachung einer vertraglichen Haftung der Beklagten wegen einer Fehlberatung (somit gemäß § 1300 Satz 1 ABGB) erwog. Dass es ihm vor diesem Hintergrund auf allfällige, ihm noch nicht zur Verfügung stehende Informationen über ein Wissen Dr. F* um die Strafrechtswidrigkeit einer bestimmten Vorgehensweise („Umetikettierung“) ankam, war dem Antrag nicht zu entnehmen. Auf die sogenannte „Umetikettierung“ bezieht sich der Antrag auch gar nicht.
Um eine unzulässige Neuerung handelt es sich auch bei dem Rekursvorbringen, die dem Antragsteller bisher bekannt gewordenen Aussagen aus dem gegenständlichen Verfahren seien geeignet, eine Wiederaufnahme der Strafverfahren (gegen ihn bzw gegen Dr. F*) zu begründen und in Folge auch einen vom Antragsteller auf Grundlage seiner strafgerichtlichen Verurteilung geschlossenen Vergleich zur Schadensgutmachung „infrage zu stellen“.
Abgesehen davon ist aber auch unklar, weshalb der Antragsteller erwartet, der allenfalls erweisliche Umstand, dass Dr. F* den Verantwortlichen der Klägerin auf die Strafrechtswidrigkeit der „Umetikettierung“ hingewiesen habe, könne den Antragsteller von seiner eigenen strafrechtlichen Verantwortung exkulpieren.
Soweit der Antragsteller sich im Rekurs auf Umstände stützt, die er im Antrag nicht vorgebracht hat, liegen auch keine sekundären Feststellungsmängel vor (vgl RS0053317).
2.5 Doch selbst wenn man von einem ausreichend konkreten rechtlichen Interesse an der Akteneinsicht ausginge, fiele die gebotene Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus.
Zu berücksichtigen sind bei der Prüfung nicht nur die Geheimhaltungsinteressen der Partei, die der Akteneinsicht widerspricht, sondern sämtlicher Personen, deren personenbezogene Daten im Akt enthalten sind (vgl Rassi in Fasching/Konecny 3§ 219 ZPO Rz 52).
Im Verfahren wurden Personen vernommen, die anwaltlichen Verschwiegenheitspflichten unterlagen, wobei eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht teilweise (auch) durch die Beklagte bzw durch Dritte erforderlich war (zB ON 64.2, Seite 5; ON 71.6, Seite 2, Seite 10; ON 115.2, Seite 3 f, Seite 22; ON 116.2, Seite 25).
Jedenfalls angesichts dessen, dass die Beweisthemen des gegenständlichen Verfahrens nicht unmittelbar das vom Antragsteller herangezogene Beratungsverhältnis zwischen der E* und der Beklagten betreffen, sodass sich für den Antragsteller (in einer vom Antrag überdies nicht dargelegten Weise) verwertbare Verfahrensergebnisse - wenn überhaupt – nur beiläufig ergeben haben könnten, wäre es nicht gerechtfertigt, ihm im Wege der Akteneinsicht die genannten Aussagen zu anwaltlicher Geheimhaltung (auch) im Interesse Dritter unterliegenden Themen zugänglich zu machen. Dass die Aussagen in öffentlicher mündlicher Verhandlung abgelegt wurden, ändert daran nichts (vgl Rassi in Fasching/Konecny 3§ 219 ZPO Rz 36).
Diesen Bedenken könnte auch nicht durch eine Einschränkung der Einsicht auf Aktenteile (vgl Rassi in Fasching/Konecny 3§ 219 ZPO Rz 60) begegnet werden, weil nicht erkennbar ist, wie eine Abgrenzung möglich wäre.
Der Rekurs ist daher nicht erfolgreich.
3. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 40, 50 ZPO. Ein Kostenersatzanspruch gegenüber dem Akteneinsicht begehrenden Dritten besteht nicht (10 ObS 34/22f [Rz 15]).
4. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 2 ZPO. Der Ausnahmefall der Verweigerung des Zugangs zu Gericht oder ein wertungsmäßig gleichzuhaltender Fall liegt bei Abweisung eines Antrags auf Akteneinsicht nicht vor (4 Ob 44/08m = RS0041522 [T3]).