JudikaturOLG Wien

22Bs154/25w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A*wegen §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über dessen Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Dezember 2024, GZ **-20.3, nach der am 15. Juli 2025 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Mathes, im Beisein des Richters Mag. Gruber und der Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag. Gretzbacher, LL.M. sowie in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Kienast durchgeführten Berufungsverhandlung

I./ zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe auf fünf Jahre herabgesetzt .

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last;

II./aus Anlass der Abänderung des Strafausspruchs wird der gemäß § 494a Abs 1 StPO gefasste Beschluss aufgehoben und der

B eschluss

gefasst:

Gemäß § 53 Abs 3 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. März 2020, AZ **, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen .

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene slowakische Staatsangehörige A* des Verbrechens des schweren Raubes und des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall; 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung der §§ 28 Abs 1 und 39 Abs 1 StGB nach § 143 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.

Gemäß § 19a Abs 1 StGB wurde das sichergestellte Klappmesser konfisziert.

Unter einem fasste das Erstgericht den Beschluss, vom Widerruf der dem Angeklagten mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. März 2020, AZ **, gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen.

Nach dem Schuldspruch hat A* am 5. Oktober 2024 in **

I./ durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe, nämlich eines Klappmessers, als Drohmittel (US 4 f) B* fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Zigaretten, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

II./ Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme, zu hindern versucht, indem er mehrfach mit seinen Füßen in Richtung der einschreitenden Polizeibeamten trat und mit Fäusten um sich schlug, um sich aus seiner Fixierung zu befreien.

Bei der Strafbemessung werteten die Tatrichter das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen, die einschlägigen Vorstrafen und den raschen Rückfall als erschwerend, mildernd demgegenüber das teilweise reumütige Geständnis, den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben war sowie die Enthemmung durch Suchtmittel. Davon ausgehend erachteten sie unter Berücksichtigung des gemäß § 39 Abs 1 StGB erhöhten Strafrahmens eine siebenjährige Freiheitsstrafe für schuld- und tatangemessen.

Das Absehen vom Widerruf gründeten sie darauf, dass es zusätzlich zur nun verhängten Sanktion nicht des Widerrufs der angeführten Verurteilung bedürfe, wodurch dem Angeklagten auch eine Perspektive nach der Haft geboten werde.

Nach Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten durch den Obersten Gerichtshof am 6. Mai 2025, GZ 11 Os 30/25h-4, verbleibt zur Entscheidung dessen Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe, womit eine Herabsetzung der Unrechtsfolge samt teilweise bedingter Nachsicht derselben begehrt (ON 26.2).

Rechtliche Beurteilung

Dem Rechtsmittel kommt teilweise Berechtigung zu.

Zunächst ist den Berufungsausführungen, dass durch die Heranziehung der einschlägigen Vorverurteilungen bei Strafschärfung nach § 39 Abs 1 StGB gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen worden sei, unter Verweis auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0130193) zu widersprechen. Zur Einschlägigkeit der vorliegenden Vorverurteilungen wird auf die angeführte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 6. Mai 2025 verwiesen.

Entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers ist sein Rückfall auch als rasch zu bezeichnen, fand er doch binnen Jahresfrist statt (vgl. dazu Riffel in WK 2StGB § 33 Rz 11).

Weiters ist anzumerken, dass die Tatbegehung während offener Probezeit vorliegend bei der Gewichtung der persönlichen Schuld des Angeklagten zu dessen Nachteil zu berücksichtigen ist, aber keinen eigenen Erschwerungsgrund darstellt (RIS-Justiz RS0090597, RS0091096 [T1]; vgl. auch Riffel , aaO Rz 10).

Angesichts der Schwere der vorliegenden Tathandlung und des Umstands, dass der Angeklagte das Messer bewusst als Drohmittel einsetzte, um den Widerstand des Opfers zu brechen, liegen die Milderungsgründe nach § 34 Abs 1 Z 7 und Z 9 StGB nicht vor.

Eine verminderte Zurechnungsfähigkeit als Folge verpönten Suchtgiftkonsums stellt darüber hinaus keinen Milderungsgrund dar (vgl. RIS-Justiz RS0087417 [T18]).

Darüber hinaus ist dem Berufungswerber jedoch beizupflichten, dass der von ihm verursachte Schaden äußerst niedrig, mithin der pekuniäre Erfolgsunwert der strafsatzbestimmenden Tat sehr gering war.

Selbst unter Berücksichtigung des schwer einschlägig getrübten Vorlebens und des raschen Rückfalls konnte aus letztgenanntem Grund mit einer fünfjährigen Freiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden, weil das Ausmaß der verhängten Strafe in einer realistischen Relation zum Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Tat bleiben muss (RIS-Justiz RS0090854).

Im Hinblick auf die insgesamt zu seinen Lasten ergänzten Strafzumessungsgründe und den Umstand, dass er sich nach der Raubtat auch noch zu einem Widerstand gegen die einschreitenden Polizeibeamten verstand, kommt eine weitere Herabsetzung der Sanktion keinesfalls in Betracht.

Zufolge Abänderung des Strafausspruchs war der gemäß § 494a Abs 1 StPO gefasste Beschluss aufzuheben und mit der neuen Straffestsetzung auch eine neue Entscheidung im Sinne der zitierten Norm zu treffen ( Jerabek / Ropper , WK-StPO § 498 Rz 8), wobei aber schon aufgrund des Verbots der reformatio in peius erneut mit einem Absehen vom Widerruf vorzugehen war.