JudikaturOLG Wien

20Bs154/25f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Jilke als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Neubauer und Mag. Wolfrum, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* B* uawegen § 156 Abs 1 StGB über die Beschwerde des A* B*, der C* D*, des E* D* und der F* D* gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Mai 2025, GZ G*-197, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird in Ansehung des A* B* als unzulässig zurückgewiesen, im Übrigen wird ihr nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31. Juli 2023, GZ G*-101.2, bestätigt durch Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des A* B* und der Berufung des E* D* mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 28. November 2023, AZ 14 Os 110/23t (ON 123.3), sowie das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 13. Februar 2024, AZ 20 Bs 366/23d (ON 131.1) hinsichtlich der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe des A* B* und des Verfalls hinsichtlich der Haftungsbeteiligten C* D* und F* D*, wurde A* B* wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB zu einer fünfzehnmonatigen, zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt, wohingegen E* D* vom Anklagevorwurf gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde. Die Privatbeteiligten Mag. H* I* und J* I* wurden gemäß § 366 Abs 2 StPO mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Weiters wurden gemäß § 20 Abs 1 StGB hinsichtlich F* D* Wertpapiere im Wert von 10.816 Euro sowie gemäß § 20 Abs 1 und 3 StGB hinsichtlich C* D* ein Geldbetrag in Höhe von 25.958,4 Euro und hinsichtlich E* D* ein Geldbetrag in Höhe von 16.224 Euro für verfallen erklärt. Das Verfahren gegen C* und F* D* wurde nach Durchführung gemeinnütziger Leistungen iSd § 201 StPO diversionell erledigt (ON 125, ON 127). Nach Verwertung von Wertpapieren in Höhe von 40.677,61 Euro und Anrechnung dieses Betrages auf die für verfallen erklärten Beträge (vgl. ON 180) stundete das Erstgericht E* D* mit Beschluss vom 20. August 2024 (ON 160) gemäß § 409a Abs 1 StPO die Bezahlung des noch verbleibenden Verfallsbetrags in Höhe von 12.320,79 Euro nach monatlichen Raten in Höhe von 400 Euro, zumal ihn die unverzügliche Zahlung des Verfalls aufgrund seiner Einkommenssituation unbillig hart treffen würde. Die von den Privatbeteiligten dagegen erhobene Beschwerde wies das Oberlandesgericht Wien als unzulässig zurück (ON 176.3). Nach derzeitigem Verfahrensstand haftet ein offener Verfallsbetrag von 9.095,33 aus (vgl. ON 169, 181, 183, 184, 187, 189, 193).

Mit Blick auf das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 25. Juli 2024, AZ 14 R 71/24z, wonach – soweit relevant – A* B* und die Verlassenschaft nach K* B* zur ungeteilten Hand schuldig sind, den Privatbeteiligten Mag. H* I* und J* I* 53.072,22 Euro samt 4 % Zinsen seit 17. September 2021 binnen 14 Tagen zu zahlen (ON 190.3), das zu AZ ** des Bezirksgerichts Favoriten zur Hereinbringung dieses Betrags eingeleitete Exekutionsverfahren gegen A* B* sowie darauf, dass die Privatbeteiligten unter Verweis auf das rechtkräftige Urteil auch die Republik Österreich zur Herausgabe des für verfallen erklärten Betrages auffordern hätte können, beantragten A* B*, C* D*, E* D* und F* D*, den für verfallen erklärten Betrag von 52.999,88 Euro zu Händen der Antragstellervertreter zur Anweisung zu bringen, in eventu diesen Betrag gemäß § 31a Abs 3 StGB um 1.180,22 Euro nachträglich zu mildern (ON 190.2). Die Privatbeteiligten wiesen in ihrer Stellungnahme vom 30. April 2025 ua darauf hin, gegenüber dem Bund Ansprüche nach § 373b StPO geltend gemacht zu haben; allerdings habe die Finanzprokuratur diese mangels Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen abgelehnt. Dies deckt sich mit den im Akt erliegenden Ablehnungsschreiben der Finanzprokuratur (ON 194; ON 195).

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 197) wies das Landesgericht für Strafsachen den Antrag mit der Begründung ab, dass beim Erstantragsteller A* B* kein Betrag für verfallen erklärt worden sei. Die exekutive Hereinbringung des im Zivilverfahren den Privatbeteiligten zugesprochenen Betrages habe hinsichtlich B* und der Frage einer etwaigen nachträglichen Milderung des Verfalls gemäß § 31a StGB keinen Einfluss. Die Zweit-, Dritt-, und ViertantragstellerIn als durch die verfallsrelevanten Beträge unmittelbar Bereicherten würden durch den zivilrechtlichen Titel zu AZ ** nicht verpflichtet werden und sei mangels Ablehnung der Finanzprokuratur, die Privatbeteiligten auf den Verfallsbetrag zugreifen zu lassen, kein doppelter Ersatz deren Forderungen gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete, rechtzeitige Beschwerde des des A* B*, der C* D*, des E* D* und der F* D* (ON 199), zu der die Oberstaatsanwaltschaft Wien nicht Stellung genommen hat, ist nicht berechtigt.

Gemäß § 31a Abs 3 StGB hat das Gericht, wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorliegen im Zeitpunkt des Urteils nicht auf Verfall oder nur auf Verfall geringerer Vermögenswerte zu erkennen gewesen wäre, die Entscheidung entsprechend zu ändern. § 31a Abs 1 iVm Abs 3 StGB schafft somit die materiellrechtliche Grundlage für die nachträgliche Änderung des Verfallsausspruchs. Die damit angesprochenen Umstände sind stets Tatumstände, also solche auf der Sachverhaltsebene. Zu denken ist an das Herauskommen von Rechtsansprüchen unbeteiligter Dritter oder das Bekanntwerden ausländischer Abschöpfungserkenntnisse (Tipold in Leukauf/Steininger, StGB 4§ 31a Rz 9). Ein nachträgliches Eintreten wird dabei nachträglichem Bekanntwerden gleichgestellt. Waren Umstände zu einem Zeitpunkt, zu dem sie beim Sanktionssausspruch – soweit zulässig auch erst im Rechtsmittelverfahren – noch vollständig berücksichtigt werden konnten, dem darüber entscheidenden Gericht bekannt, ist ihretwegen eine Milderung nach § 31a StGB nicht möglich. Indem Abs 3 leg cit nicht auf die Ausschlussgründe des § 20a StGB beschränkt ist, kommen auch nachträglich bekannt werdende Umstände, die nur die Beurteilung nach § 20 StGB betreffen, für eine Milderung des Verfalls in Frage. Als im Vergleich zum Vollstreckungsaufwand unverhältnismäßig kommt die Relation zum für verfallen erklärten Vermögenswert in Betracht (vgl Ratz in Höpfel/Ratz, WK 2StGB § 31a Rz 1 mwN, Rz 4 und Rz 8 mwN).

Voranzustellen ist, dass gemäß § 87 Abs 1 StPO gegen gerichtliche Beschlüsse neben der Staatsanwaltschaft und dem Beschuldigten jeder anderen Person, der durch den Beschluss unmittelbar Rechte verweigert werden oder Pflichten entstehen oder die von einem Zwangsmittel betroffen ist, Beschwerde an das Rechtsmittelgericht zustehen. Als subjektive Rechte sind nur solche zu verstehen, welche dem Betroffenen einen Anspruch auf ein bestimmtes Verfahrensrecht einräumen. Sie ergeben sich grundsätzlich aus allen Bestimmungen der StPO, die einer Person ausdrücklich ein bestimmtes Recht einräumen.

Da der Beschwerdeführer A* B* von der Verfallsentscheidung nicht betroffen ist und auch der Umstand, dass er gegenüber den weiteren Antragstellern allenfalls Rückabwicklungsansprüche geltend zu machen gedenkt, er die für verfallen erklärten Vermögenswerte legal erworben hat und nunmehr in Folge des rechtskräftig abgeschlossenen Zivilverfahrens seine Pensionsbezüge gepfändet werden, ihn zu keiner betroffenen Person im Sinn des Gesetzes macht, wurden ihm mangels Antragslegitimation durch die Abweisung seines Antrags weder unmittelbar Rechte verweigert noch entstanden ihm Pflichten noch ist er von einem - gegen ihn gerichteten - Zwangsmittel betroffen (vgl Tipold in WK-StPO § 7 Rz 12 f; Nimmervoll, Beschluss und Beschwerde 136 ff). Ihm kommt sohin – entgegen seinen Rechtsmittelausführungen – keine Beschwerdelegitimation zu. Vielmehr hätte der Antrag des A* B* auf nachträgliche Milderung des Verfallsbetrags bereits vom Erstgericht mangels Antragslegitimation zurückgewiesen werden müssen.

Auch das Rechtsmittel der restlichen Beschwerdeführer vermag nicht durchzudringen, wirkt sich der mittlerweile erwirkte Exekutionstitel der Privatbeteiligten – mangels Beteiligung der C* D*, des E* D* und der F* D* am Zivilverfahren – doch in keinster Weise auf sie aus. Weder entstand ihnen dadurch eine finanzielle Verpflichtung, noch gelingt es ihnen darzulegen, inwiefern die Privatbeteiligten auf den ihnen zugesprochenen Betrag nunmehr doppelt zugreifen könnten. Somit führen sie mittels ihres Antrags und der Beschwerde keine Umstände im Sinne des § 31a Abs 3 StGB ins Treffen.

Im Hinblick auf die Höhe des nach wie vor aushaftenden Betrags ist aber auch nicht von einem unverhältnismäßig hohen Verfahrensaufwand im Sinne des § 20a Abs 3 zweiter Fall StGB auszugehen, der nur dann anzunehmen ist, wenn der Verfallsgegenstand absolut geringfügig ist, etwa bei einem für verfallen erklärten Betrag von zwei Euro (Fuchs/Tipold in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 20a Rz 38). Sohin ist der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.