13R64/25i – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Häckel als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Reden und den Richter Mag. Wessely in der Rechtssache der klagenden Partei A* B*, **, vertreten durch die Niedermayr Gutbrunner Rechtsanwälte GmbH in Steyr, wider die beklagte Partei C*, **, vertreten durch Mag. Ronald Kartnig, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe (EUR 140.000,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 27.2.2025, **–42, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.051,32 (darin EUR 675,22 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,--.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile sind die Kinder des am ** geborenen und am ** verstorbenen D* B* und der E* B*, geboren **. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 11.4.1994 sprach der Kläger mit seiner Mutter über seine Absicht, mit seiner Familie nach ** zu ziehen und bat sie, ihm im Hinblick darauf einen ihrer Baugründe zu übertragen. E* B* war damit einverstanden und stellte dem Kläger die Schenkung ihrer Liegenschaft EZ ** GB ** in Aussicht. Damit die Beklagte nicht benachteiligt würde, sollte auch diese eine Liegenschaft von E* B* erhalten, und zwar die Liegenschaft EZ ** GB **.
E* B* informierte sowohl den Kläger als auch die Beklagte davon, dass sie die Schenkungen nur jeweils gegen Abgabe eines Erb- und Pflichtteilverzichts vornehmen werde. Damit waren sowohl der Kläger als auch die Beklagte einverstanden. Der Grund für den von E* B* geforderten Erb- und Pflichtteilsverzicht war, dass sie Erbstreitigkeiten nach ihrem Tod verhindern wollte, dies insbesondere in Bezug auf die ihr und ihrem Mann gehörende und gemeinsam bewohnte Liegenschaft EZ ** GB **. E* B* wollte zudem erst später darüber entscheiden, wem sie dem ihr gehörenden Teil an der Liegenschaft EZ ** GB ** überträgt. Ohne Abgabe eines gänzlichen Erb- und Pflichtteilverzichts hätte E* B* die Schenkungen an den Kläger und an die Beklagte nicht vorgenommen.
In weiterer Folge beauftragte E* B* Dr. F*, Notarsubstitut des öffentlichen Notars Dr. G*, mit der Errichtung eines Übergabs-, Schenkungs- und Erbverzichtsvertrags. Beim Unterschriftstermin am 11.4.1994 waren D* B*, E* B*, der Kläger, dessen Ehefrau und die Beklagte anwesend. Der Vertrag regelt zunächst die Schenkung der Liegenschaft EZ ** GB ** an den Kläger, die Schenkung einer Hälfte dieser Liegenschaft an die Ehegattin des Klägers sowie die Schenkung der Liegenschaft EZ ** GB ** an die Beklagte. In Punkt 5. heißt es:
„Herr A* B* [Kläger] und Frau C* [Beklagte] erklären hiermit mit Rücksicht auf die vorstehenden Übertragungen, auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber ihren Eltern D* und E* B* zu verzichten. A* und E* B* nehmen diesen Erb- und Pflichtteilsverzicht ihrer Kinder A* B* und C* ausdrücklich an.“
Bei der verwendeten Formulierung handelt es sich um die vom Notariat des Notarsubstituten üblicherweise verwendete Textierung eines gänzlichen – und nicht bloß partiellen – Erb- und Pflichtteilsverzichts. Vor Unterzeichnung des Vertrags vom 11.4.1994 las der Notarsubstitut Dr. F* den Vertragsparteien den Vertragstext vor und erläuterte dessen Bedeutung und Folgen. Dabei klärte Dr. F* die Parteien insbesondere auch darüber auf, dass der Kläger und die Beklagte damit zur Gänze auf ihr Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber E* und D* B* verzichten. Eine Belehrung durch Dr. F* dahingehend, dass der Kläger und die Beklagte mit dem in Beilage ./D formulierten Erbverzicht nur wechselseitig und nur bezogen auf die ihnen übertragenen Liegenschaften auf etwaige Ansprüche verzichten würden, erfolgte nicht. Über einen bloß partiellen oder teilweisen Erb- und Pflichtteilsverzicht wurde am 11.4.1994 nicht gesprochen.
Am 21.1.2019 errichtete D* B* beim öffentlichen Notar ein Testament, mit dem er seine Ehegattin E* B* zur Universalerbin einsetzte und die Beklagte zur Ersatzerbin. In diesem Testament wurde auch festgehalten, dass seine Kinder A* B* und die Beklagte ihm gegenüber auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet haben. Mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 15.4.2021 wurde der Beklagten zu ** – nach Entschlagung durch die erbliche Witwe E* B* – die Verlassenschaft nach dem am ** verstorbenen D* B* zur Gänze eingeantwortet.
Mit der vorliegenden Klage begehrte der Klägervon der Beklagten die Herausgabe der eingeantworteten Verlassenschaft nach D* B* zur Hälfte, in eventu zu einem Viertel, in eventu die Zahlung von EUR 140.000,-- sA mit dem Vorbringen, das Testament von D* B* sei formungültig, weil keine (innere) Urkundeneinheit vorliege und sämtliche Unterschriften nicht auf dem Blatt mit dem Text der letztwilligen Verfügung geleistet worden seien. Gemäß § 823 ABGB stünde ihm daher ein Anspruch auf Herausgabe der Hälfte der Erbschaft zu, zumindest aber – im Falle der Gültigkeit des Testaments – ein Anspruch auf den Pflichtteil im Umfang eines Viertels der Verlassenschaft. Der von ihm abgegebene Erbverzicht im Übergabs-, Schenkungs- und Erbverzichtsvertrag vom 11.4.1994 sei nicht zur Gänze erfolgt, sondern lediglich partiell, und zwar hinsichtlich der in diesem Vertrag erfolgten Schenkungen, sohin nur in Bezug auf die Liegenschaften EZ ** und EZ ** GB **. Der Kläger habe den Erbverzicht auch nur deshalb abgegeben, weil er sich in einer Notlage befunden hätte. Dass er im Gegenzug für die Schenkung einen Erbverzicht abgeben solle, habe er erst bei Unterfertigung des Vertrages am 11.4.1994 erfahren. Seine Familie hätte ihn arglistig getäuscht.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wendete ein, dass der Kläger mit Notariatsakt vom 11.4.1994 auf sein Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber D* B* zur Gänze – und nicht bloß partiell – verzichtet habe. Der Wortlaut der Verzichtserklärung sei klar und widerspruchsfrei und lasse keinen Raum für Interpretationen. Etwas anderes als einen gänzlichen Erb- und Pflichtteilsverzicht hätten die Eltern der Streitteile auch nicht akzeptiert. Die Tragweite seiner Entscheidung sei dem Kläger bewusst gewesen. Der Kläger habe daher keinerlei Erb- oder Pflichtteilsansprüche. Gründe für eine Formungültigkeit des Testaments von D* B* seien nicht ersichtlich. Der Kläger habe sich im Zeitpunkt der Abgabe des Verzichts auch nicht in einer Notlage befunden. Die Eltern der Streitteile hätten bereits vor Abgabe des Erbverzichts klar kommuniziert, dass eine Schenkung nur bei einem gleichzeitigen vollständigen Verzicht auf den Erb- und Pflichtteilsanspruch erfolgen werde.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Haupt- und die Eventualklagebegehren ab.
Es traf die auf den Seiten 1 bis 2 und 3 bis 6 ersichtlichen Feststellungen, deren für das Berufungsverfahren wesentliche Inhalt eingangs wiedergegeben wurde (bekämpfte Feststellungen durch Unterstreichung hervorgehoben). In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, auf die Auslegung der vom Kläger abgegebenen Erbverzichtserklärung fänden die Auslegungsregeln der §§ 914 ff ABGB Anwendung. Dabei sei nicht nur der objektive Erklärungswert des schriftlich Bekundeten maßgebend, sondern auch die etwa mündlich erklärte Absicht der Parteien zu berücksichtigen. In Anbetracht ihres klaren Wortlauts könne die Verzichtserklärung nur so verstanden werden, dass der Kläger und die Beklagte den Erb- und Pflichtteilsverzicht als Gegenleistung für die erfolgten Schenkungen abgeben sollten; eine Einschränkung des Verzichts (auf die genannten Liegenschaften) sei der Erklärung nicht zu entnehmen. Die gegenteilige Deutung durch den Kläger, er hätte einen wechselseitigen Erb- und Pflichtteilsverzicht nur bezogen auf die von den Eltern übertragenen Liegenschaften abgegeben, scheitere am Wortlaut der Verzichtserklärung und wäre zudem widersinnig, zumal diese Liegenschaften ja aus dem künftigen Nachlassvermögen ausgeschieden seien. Im Übrigen habe es auch der erklärten Absicht der Parteien entsprochen, dass es sich im gegenständlichen Fall um einen gänzlichen (und nicht bloß partiellen) Pflichtteilsverzicht handle. Ein abweichender gemeinsamer Parteiwille sei nicht vorgelegen. Der Kläger sei bei Unterzeichnung des Erb- und Pflichtteilsverzichts weder einem Irrtum unterlegen noch sei er (arglistig) getäuscht worden oder habe sich in einer Zwangslage befunden. Der Anfechtung des Erbverzichts sei daher ein Erfolg zu versagen. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte für ein etwaige Ungültigkeit des Testaments von D* B*. Eine solche würde den Ansprüchen des Klägers auch nicht zum Durchbruch verhelfen, habe dieser doch wirksam auf sein Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1. Tatsachenrüge:
Der Berufungswerber bekämpft die oben durch Unterstreichung hervorgehobenen Feststellungen und begehrt ersatzweise die Feststellungen:
„Ohne Abgabe eines gänzlichen Erb- und Pflichtteilverzichts bezogen auf die bis zum Zeitpunkt des Vertrags vom 11.4.1994 (./D) vollzogenen Schenkungen, nämlich der Liegenschaft EZ ** GB ** an den Kläger und der Liegenschaft EZ ** GB ** an die Beklagte mit der Wirkung, dass insoweit seitens der Streitteile in Bezugnahme auf diese konkreten Schenkungen jede weitere Auseinandersetzung im Innenverhältnis derselben (allfällige Pflichtteilsansprüche oder solche auf dessen Ergänzung bzw. Schenkungspflichtteil im Hinblick auf D* und E* B*) aufgrund Verzichts zu unterbleiben habe, was sich jedoch ausdrücklich nicht auf allfällige künftige Schenkungen an die Streitteile durch E* B* bezogen hat, hätte E* B* die Schenkungen an den Kläger und an die Beklagte nicht vorgenommen.“
„ Vor Unterzeichnung des Vertrags vom 11.4.1994 las der Notarsubstitut Dr. F* den Vertragsparteien den Vertragstext vor und erläuterte dessen Bedeutung und Folgen. Dabei erklärte er die Parteien insbesondere auch darüber auf, dass der Kläger und die Beklagte auf ihr Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber E* und D* B* insofern verzichten, als ihnen bezogen auf Schenkungen bis zum Zeitpunkt der Unterfertigung (nämlich Liegenschaft EZ ** GB ** von E* B* an den Kläger und Liegenschaft EZ ** GB ** an die Beklagte) keine weiteren Ansprüche zukommen würden. Dr. F* hat ausdrücklich darüber aufgeklärt, dass mit dem in Beilage ./D formulierten Erbverzicht wechselseitig und ausschließlich bezogen auf die ihnen übertragenen Liegenschaften auf Ansprüche verzichtet werde, dass dieser Verzicht jedoch nicht allfällige künftige Schenkungen seitens D* und/oder E* B* betreffe und den Parteien daher mögliche Ansprüche aus dem Titelpflichtteil, Pflichtteilsergänzung oder Schenkungspflichtteil bezogen auf Vorgänge ab dem 11.4.1994 zustünden. Die vor Dr. F* anwesenden Personen haben diese Aufklärung verstanden und der Vereinbarung bzw. jeweiligen Erklärung zugrunde gelegt.“
Die bekämpfte Feststellung, wonach E* B* die Schenkungen an den Kläger und an die Beklagte ohne Abgabe eines gänzlichen Erb- und Pflichtteilsverzichts nicht vorgenommen hätte, hat das Erstgericht auf die Aussage der Zeugin H* gestützt (Seite 4 der UA). Diese schilderte, dass ihr ihre Großmutter E* B* anlässlich der Schenkungen der Grundstücke an die Streitteile gesagt habe, dass sie den gänzlichen Erbverzicht dafür haben wollte, dass ihr eigenes Haus der bekommen sollte, der sie einmal pflege. Deshalb habe sie das so entschieden, dass jeder seinen Teil bekomme, aber mit einem gänzlichen Erbverzicht. Sie habe damals gesagt, dass sie das Grundstück nur hergebe, wenn beide auf einen weiteren Anspruch verzichteten. Sie habe gesagt, das sei für jeden in Ordnung, sonst hätte sie das auch nicht so gemacht und alles hergegeben (ON 20.2, 13).
Dem hält der Kläger seine Aussage entgegen und meint, nicht nur bei richtiger Würdigung seiner Darstellung, sondern auch jener der Beklagten und der Zeugin H* hätte man zum Ergebnis gelangen müssen, dass nur ein teilweiser Erbverzicht bezogen auf das bis zum Zeitpunkt der Vereinbarung geregelte intendiert und paktiert worden sei.
Die Frage nach dem Sinn des mit Beilage ./D abgegebenen Erb- und Pflichtteilsverzicht beantwortete der Beklagte dahin, es sei wichtig gewesen, dass beide ziemlich das Gleiche bekommen, damit da keine Streitereien entstehen (ON 20.2, 5). Weiters gab er an, vor dem Termin beim Notar am 11.4.1994 nichts von einem Erbverzicht gewusst zu haben und dort gesagt zu haben, dass es nicht in Ordnung sei, dass er da mit einer Situation konfrontiert werde, die nicht abgesprochen sei, die nur zwischen Tochter und Mutter abgesprochen sei und dass er das nicht unterschreibe. Es habe dann eine hitzige Diskussion gegeben. Der Notar habe dann wieder etwas Ruhe in die Situation gebracht. Er habe das dann unterschrieben, gerne nicht, weil er das nicht in Ordnung gefunden habe, dass seine Mutter und seine Schwester Dinge besprechen, bei denen er nicht involviert sei (ON 20.2., 4).
Diese Angaben des Klägers stehen nicht nur im Widerspruch zu jenen der Beklagten und der Zeugin H*, sondern lassen sich insbesondere nicht mit den unbekämpft gebliebenen Feststellungen in Einklang bringen, wonach Grund für den von E* B* geforderten Erb- und Pflichtteilsverzicht war, dass sie Erbstreitigkeiten nach ihrem Tod verhindern wollte, insbesondere in Bezug auf die ihr und ihrem Ehemann D* B* gehörende gemeinsam bewohnte Liegenschaften EZ ** GB **, und E* B* erst später frei darüber entscheiden wollte, wem sie den ihr gehörenden Teil an der Liegenschaft EZ ** GB ** überträgt. Weiters steht unbekämpft fest, dass E* B* sowohl den Kläger als auch die Beklagte noch vor der Beauftragung des Notarssubstituten mit der Errichtung des Übergabs-, Schenkungs- und Erbverzichtsvertrags und damit noch vor dem Termin am 11.4.1994 davon informierte, dass sie die Schenkungen jeweils nur gegen Abgabe eines Erb- und Pflichtteilsverzichts vornehmen werde und damit sowohl der Kläger als auch die Beklagte einverstanden waren, und der Kläger jedenfalls bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags mit I* am 31.3.1994 Kenntnis davon hatte, dass er im Gegenzug für die Schenkung seiner Mutter an ihn einen Erb- und Pflichtteilsverzicht werde abgeben müssen (Seite 3 f der UA). Damit lässt sich die Aussage des Klägers, dass er von einem Erbverzicht vor dem Termin beim Notar nichts gewusst habe, nicht in Einklang bringen. Auch die – in der Berufung aus dem Zusammenhang gerissenen - Aussagen der Beklagten und der Zeugin H* stützen den Standpunkt des Klägers, seine Mutter habe mit dem Erb- und Pflichtteilsverzicht nur eine partielle Regelung und nicht eine solche für die Zukunft treffen wollen, nicht.
Die bekämpften Feststellungen zum Ablauf des Unterschriftstermins am 11.4.1994 begründete das Erstgericht damit, dass die Aussage des Klägers, dass es dabei zu einer hitzigen Diskussion gekommen sei und er in weiterer Folge vom Notarsubstitut dahin belehrt worden sei, dass es sich beim Erbverzicht um einen „gegenseitigen“ Erbverzicht handle, der nur dazu führe, dass der Kläger keinen Erbanspruch mehr auf das habe, was seine Schwester erhalte und umgekehrt, bei einer derartigen Verzichtserklärung grundsätzlich nichts passiere und der Kläger ruhig unterschreiben könne, nicht nur im diametralen Widerspruch zur Aussage der Beklagten stehe, sondern auch zu jener des Notarsubstituten Dr. F*. Dieser habe die Verzichtserklärung in Beilage ./D als übliche Formulierung eines gänzlichen Erb- und Pflichtteilsverzichts bezeichnet und sei daher davon auszugehen, dass er seine Belehrung am 11.4.1994 entsprechend ausgerichtet habe. Dass er die Parteien entgegen seiner eigenen Rechtsmeinung belehrt und die vom Kläger behaupteten Aussagen getroffen hätte, sei nicht zu unterstellen. Gleiches gelte für die Angaben des Klägers, wonach Dr. F* die Verzichtserklärung als unproblematisch abgetan und als gleichsam folgenlos qualifiziert und eine Empfehlung abgegeben hätte, den Vertrag ruhig zu unterschreiben. Eine solche unrichtige Belehrung, die die Rechtsfolgen des Verzichts grundlos verharmlosen würde, widerspräche den Amtspflichten eines Notars und habe es für ein solches (auch haftungsbegründendes) Verhalten keinerlei Anlass gegeben. Der Aussage des Klägers bezüglich des Unterschriftstermins am 11.4.1994 könne daher nicht gefolgt werden. Demgegenüber seien die diesbezüglichen Angaben der Beklagten nachvollziehbar und schlüssig gewesen und stünden auch im Einklang mit der Aussage von Dr. F* im Verfahren **, wonach er sich daran erinnern würde, wenn es beim Unterschriftstermin eine große Aufregung gegeben habe (Seite 6 f der UA).
Dem setzt der Kläger lediglich seine eigene Aussage zum Ablauf des Termins am 11.4.1994 entgegen, ohne auf die oben wiedergegebenen beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichts einzugehen, auf die verwiesen werden kann. Dass bei diesem Termin eine – in der Textierung der Beilage ./D nicht zum Ausdruck kommende – Belehrung durch den Notarsubstituten über einen nur auf die übertragenen Liegenschaften bezogenen Erbverzicht erfolgt sein soll, ist schon deshalb nicht vorstellbar, weil ein Erbverzicht der Streitteile gegenüber ihren Eltern (nur) in Bezug auf gleichzeitig an sie übertragene Liegenschaften keinen Sinn gemacht hätte und vollkommen inhaltslos geblieben wäre.
Das Berufungsgericht übernimmt daher die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung (§ 498 Abs 1 ZPO).
2. Rechtsrüge:
Mit der Rechtsrüge wendet sich der Kläger gegen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, nach der die Verzichtserklärung nach ihrem klaren Wortlaut nur so verstanden werden könne, dass der Kläger und die Beklagte den Erb- und Pflichtteilsverzicht als Gegenleistung für die erfolgten Schenkungen abgeben sollten und der Erklärung eine Einschränkung des Verzichts nicht zu entnehmen sei. Er argumentiert, aus der Wortfolge „mit Rücksicht auf die vorstehenden Übertragungen“ sei der vom Gericht gezogene Schluss nicht zwangsläufig, sondern könne daraus sehr wohl abgeleitet werden, dass sich das Wort „Rücksicht“ darauf beziehe, das Rechtsband zum vorliegenden Zeitpunkt zu klären, nicht jedoch für alle Zukunft.
Nach § 914 ABGB ist bei Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Ziel der einfachen Auslegung ist die Ermittlung der Absicht der Parteien. Dafür bildet der Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung den Ausgangspunkt. Dabei ist aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden, zu erforschen. Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind (RS0017915). Dabei kommt der objektiven Vertragsauslegung unter Berücksichtigung des üblichen Verständnisses bestimmter Formulierungen und der redlichen Verkehrsübung entscheidende Bedeutung zu.
Als „Absicht“ im Sinne der Vertrauenstheorie ist die dem Erklärungsgegner erkennbare und ohne Widerspruch gebliebene Absicht des Erklärenden zu verstehen. Absicht im Sinne des § 914 ABGB bedeutet nicht irgendeinen unkontrollierbaren Willen einer Partei, sondern den Zweck der Regelung, den beide Teile redlicher Weise unterstellen mussten ( Bollenberger/P. Bydlinski in KBB 7§ 914 ABGB Rz 5 f; RS0043422 [T14]). Nicht der Wille der einen oder anderen Partei ist maßgeblich, sondern, wie die Äußerungen vom Erklärungsempfänger nach den Umständen objektiv zu verstehen waren (RS0014160, RS0113932). Auch bei Beurteilung der Tragweite einer in einer Urkunde abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärung kommt es nicht darauf an, was die Partei bei Abgabe der Erklärung gewollt hat, sondern allein darauf, welche Bedeutung der Vertragspartner der Erklärung seines Partners nach deren Wortlaut unter Berücksichtigung des Geschäftszwecks beiliegen musste (RS0017823).
Auch wenn eine Urkunde errichtet wurde ist auf die Umstände im Zusammenhang mit der Errichtung der Urkunde und den daraus für die Erklärungsempfänger jeweils objektiv zu entnehmenden Erklärungswert abzustellen (RS0017823, RS0017915). Es ist nicht nur der Text der Urkunde, sondern auch das Erklärungsverhalten maßgeblich und der Vertrag im Zusammenhalt mit den Gesprächen zwischen den Parteien so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (RS0017797 [T16]).
Ausgehend von diesen – auch auf die vorliegende Erb- und Pflichtteilverzichtserklärung anzuwendenden – Grundsätzen der Vertragsauslegung ist das Erstgericht zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass diese im Sinne eines umfassenden Erb- und Pflichtteilsverzichts auszulegen ist. Eine Einschränkung der Verzichtserklärung auf die mit Beilage ./D übertragenen Liegenschaften lässt sich weder dem klaren Wortlaut der Verzichtserklärung noch den sonstigen Umständen im Zusammenhang mit der Errichtung der Urkunde Beilage ./D entnehmen. Denn die Vertragsparteien unterfertigten den Vertragstext nach Erläuterung über dessen Bedeutung und Folgen durch den Notarsubstituten, der diese insbesondere auch darüber aufklärte, dass der Kläger und die Beklagte damit zur Gänze auf ihr Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber E* und D* B* verzichten (Seite 5 der UA). Eine andere Bedeutung der Verzichtserklärung als einen gänzlichen Erb- und Pflichtteilsverzicht durch die Streitteile gegenüber ihren Eltern konnten die Vertragsparteien dieser daher nicht beilegen. Unter den gegebenen Umständen war die Verzichtserklärung objektiv nur als gänzlicher Erb- und Pflichtteilsverzicht zu verstehen.
Der unberechtigten Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes orientiert sich an der unbedenklichen Bewertung des Klagebegehrens durch den Kläger.
Die ordentliche Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.
