JudikaturOLG Wien

33R50/25b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Immaterialgüterrecht
02. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* GmbH, FN **, **, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei C* GmbH, FN **, **, vertreten durch Dr. Christopher Toms, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (EUR 16.000), hier wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Streitwert im Sicherungsverfahren EUR 16.000), über den Rekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 2.10.2024, **-3, in nichtöffentlicher Sitzung

Spruch

I. durch den Senatspräsidenten MMMag. Frank als Vorsitzenden, die Richterin Mag a . Tscherner und den Richter Mag. Schmoliner den

B e s c h l u s s

gefasst:

Der Rekurs wegen Nichtigkeit wird verworfen .

II. durch den Senatspräsidenten MMMag. Frank als Vorsitzenden, die Richterin Mag a . Tscherner und den Kommerzialrat Schiefer den

B e s c h l u s s

gefasst:

Im Übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat ihre Rekurskosten endgültig selbst zu tragen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 5.000, nicht aber EUR 30.000.

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung:

Text

Mit der am 28.8.2024 eingebrachten Klage hat die Klägerin und gefährdete Partei (in der Folge Klägerin) von der beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei (in der Folge Beklagte) die Unterlassung begehrt, ohne Zustimmung der Klägerin unter der Domain D* oder unter einer Domain, die sonst in einer Wortfolge oder Buchstabenfolge die Marke „A*“ (Unionsmarke **) oder eine verwechselbar ähnliche Bezeichnung enthält, Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Servicierung und Wartung von Thermen in Österreich und/oder ähnliche Leistungen zu bewerben oder anzubieten oder dies Dritten zu ermöglichen. Zur Sicherung des Unterlassungsbegehrens hat die Klägerin die Erlassung einer inhaltsgleichen einstweiligen Verfügung beantragt. Die Klägerin sei im Rahmen der A*-Gruppe ua im Bereich des Vertriebs von Thermen und Heizkesseln tätig und erbringe die dazugehörigen Dienstleistungen, wie insbesondere auch die Servicierung von A*-Geräten, insbesondere Thermen. Im Zuge dessen sei die Klägerin berechtigt, die für die A* GmbH geschützte Wort-Bild-Marke „A*“, die ua in der Klasse 9 (zB für Mess, Steuer- und Regelgeräte, insbesondere Durchlauf-Wasserheizer, Speicherwasserheizer, kombinierte Zentralheizungs- oder Gebrauchswasserheizer, Heizkessel, Brenner und Wärmespeichergeräte), Klasse 1 (z.B. Heizungs- und Wasserleitungsheizgeräte; Heizkessel und Brenner), Dienstleistungsklasse 37 (zB für die Installation, Montage, Wartung und Reparatur von Heizungsgeräten, Wasserleitungsgeräten, Wasserheizern, Heizkesseln und Brenner) und Dienstleistungsklasse 42 (Ingenieurdienstleistungen) gemäß der „Nizza-Klassifikation“ eingetragen sei, in Österreich zu verwenden. Die Markeninhaberin habe der Klägerin die Berechtigung erteilt, die Marke zu nutzen und der Klagsführung gemäß Art 25 der VO (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juli 2017 über die Unionsmarke („UnionsmarkenVO“) und § 14 MSchG zugestimmt. Die Beklagte stelle auf der Website D* ihre Angebote und Dienstleistungen für Thermentausch, Thermenwartung und Thermenstörungen und Notdienstleistungen für A*-Gasthermen vor, um Aufträge zu akquirieren; zur Verwendung der Marke sei die Beklagte aber nicht berechtigt. Damit greife die Beklagte in die Markenrechte der Klägerin ein; diese sei nach den §§ 10 MSchG und 9 UWG berechtigt, die Nutzung zu untersagen.

Das Erstgericht hat der Beklagten den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Äußerung zugestellt; diese äußerte sich dazu nicht.

Mit dem angefochtenen Beschlusshat das Erstgericht die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Es traf die auf den Seiten 2 und 3 der Beschlussausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird. Rechtlich kam das Erstgericht zum Ergebnis, dass die eingetragene Marke ihrem Inhaber gemäß Art 9 Abs 2 UnionsmarkenVO und § 10 Abs 2 MSchG das ausschließliche Recht gewähre, Dritten zu verbieten, ohne dessen Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, oder ein mit der Marke gleiches oder ähnliches Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Nach § 10 Z 3 MSchG gelte als Benutzung eines Zeichens zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung insbesondere auch das Anbieten von Waren und Dienstleistungen unter dem Zeichen. Die Beklagte biete unter dem Zeichen „A*“ Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Servicierung, insbesondere von Thermen, an. Es bestehe Waren- und Dienstleistungsidentität. Der Wortbestandteil der Wort-Bild-Marke werde in identer Schreibweise verwendet, wobei die Beklagte den Wortbestandteil der Klagsmarke zur Gänze in ihre Domain und den Inhalt ihrer Website aufgenommen habe. Es bestehe daher Verwechslungsgefahr, und dem Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 51 MSchG zu.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen „Nichtigkeit und Verfahrensmängeln“ und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Sie beantragt, die einstweilige Verfügung ersatzlos aufzuheben, in eventu den Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht allenfalls eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung aufzutragen.

Die Klägerin hat keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Zur Nichtigkeits- und zur Mängelrüge:

Die Beklagte macht geltend, ihr sei keine Gelegenheit gegeben worden, sich zu den von der Klägerin aufgestellten Behauptungen in einer Parteieneinvernahme zu äußern. Die Aufforderung zur Äußerung zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei ihr nicht zugestellt worden. Das Erstgericht habe mit seiner Vorgangsweise ihr rechtliches Gehör verletzt.

In einem Zwischenstreit wurde rechtskräftig (* des Oberlandesgerichts Wien) geklärt, dass das Erstgericht mit Beschluss vom 3.12.2024 (ON 14) zu Recht einen Antrag auf neuerliche Zustellung der Klage und des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen und die Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als verspätet zurückgewiesen hat. Der Beklagten wurde ein Äußerungsrecht eingeräumt; ihr rechtliches Gehör ist nicht verletzt.

Die Nichtigkeitsrüge ist deshalb zu verwerfen, und auch die Mängelrüge schlägt nicht durch.

2. Zur Rechtsrüge:

2.1. Die Beklagte wendet die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin ein; Inhaberin der Wort-Bild-Marke sei die A* GmbH. Die Übertragung des Nutzungsrechts auf die Klägerin sei weder behauptet noch nachgewiesen worden und werde bestritten.

Dem ist zu erwidern, dass die Erstrichterin anhand eines entsprechenden – unbestrittenen – Vorbringens der Klägerin die – nicht bekämpfte - Feststellung getroffen hat, dass die Markeninhaberin die Klägerin zur Nutzung der Wort-Bild-Marke und zur Klagsführung ermächtigt hat. Damit ist die Klägerin als Lizenznehmerin iSd § 14 MSchG zu qualifizieren. Aufgrund der Zustimmung der Markeninhaberin ist die Klägerin auch berechtigt, ein Verfahren wegen Verletzung der Marke anhängig zu machen (§ 14 Abs 3 MSchG). Die Aktivlegitimation ist deshalb zu bejahen.

2.2.Weiters bringt die Beklagte vor, die einstweilige Verfügung sei zu Unrecht erlassen worden, weil die Klägerin keine Gefahrenbescheinigung iSd § 381 Z 1 EO erbracht habe.

Nach § 56 Abs 3 MSchG können zur Sicherung von Unterlassungsansprüchen nach dem MSchG einstweilige Verfügungen erlassen werden, auch wenn die in § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen (4 Ob 143/04i; vgl Donath in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 56 MSchG Rz 35 mwN, unter Verweis auf 4 Ob 146/12t und 4 Ob 63/05a). Entgegen der im Rekurs vertretenen Ansicht bedurfte es daher keiner Behauptung und Bescheinigung zu Umständen, aus denen sich eine Gefährdung im Sinn des § 381 Z 1 EO ergeben würde.

2.3. Die Beklagte bestreitet zu Unrecht einen Verstoß gegen § 10 MSchG:

2.3.1.Dazu ist zunächst auf die Ausführungen des Erstgerichts zu verweisen, in denen die Rechtslage zur Verletzung eines Markenrechts im Sinn des § 10 MSchG richtig dargestellt wurde, und denen die Beklagte nichts Stichhältiges entgegensetzt (§ 500a ZPO iVm § 526 Abs 3 ZPO, § 78 EO). Ergänzend wird zu den Rekursausführungen angemerkt:

2.3.2. Mit dem Hinweis, dass die Beklagte ein Unternehmen sei, das Umzüge und Umsiedelungen durchführe, kann die Beklagte nicht begründen, wieso sie die Marke der Klägerin nicht verwechslungsfähig genutzt habe; immerhin steht fest, dass die Beklagte auf ihrer Website die Servicierung von Thermen anbietet. Dies entspricht auch ihrem eigenen Rekursvorbringen, wonach sie die Dienstleistungen der Servicierung und des Tauschs von (A*-) Thermen anbiete.

2.3.3.Auch der Hinweis, von der Wort-Bild-Marke der Klägerin nutze die Beklagte nur den Wortbestandteil, und diesen in Kombination mit „Installateur“, geht ins Leere: Bereits das Erstgericht hat richtig ausgeführt, dass bei einem aus Wort- und Bildbestandteilen zusammengesetzten Zeichen in der Regel der Wortbestandteil maßgebend ist, weil sich der Geschäftsverkehr meist an diesem, sofern er unterscheidungskräftig ist, zu orientieren pflegt und va den Wortbestandteil im Gedächtnis behält (vgl RS0066779). Das Recht an einer Wort-Bild-Marke wird somit in der Regel auch durch solche Zeichen verletzt, die nur die unterscheidungskräftigen Wortbestandteile in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (vgl 17 Ob 4/07y, JOMA; 4 Ob 225/03x, Lumina ).

Die Beklagte hat den Wortbestandteil der Wort-Bild-Marke der Klägerin übernommen und mit Dienstleistungen in Verbindung gesetzt, die mit den von der Klägerin nach ihren unbestrittenen Vorbringen erbrachten übereinstimmen. Die Verwechslungsgefahr wird auch nicht durch den Zusatz „Installateur“ in der Domain D* ausgeschaltet, handelt es sich dabei doch um eine glatte Beschreibung der von den Parteien erbrachten Dienstleistungen, die nicht geeignet ist, den Eindruck zu zerstreuen, der Webauftritt der Beklagten habe etwas mit der Klägerin zu tun.

2.3.4. Schließlich dringt die Beklagte auch nicht mit der Behauptung durch, sie sei nach § 10 Abs 3 Z 3 MSchG berechtigt, den Wortbestandteil der Marke zu nutzen: Die Übernahme des Wortbestandteils der Marke in die Internetdomain wird vom Verkehr dahin verstanden werden, dass die von der Beklagten angebotenen Dienstleistungen unter dem Zeichen der Klägerin erbracht werden. Für die Interpretation, die Verwendung der Marke stelle nur klar, dass die Beklagte ihre Dienstleistungen im Zusammenhang mit Produkten erbringe, die ein anderes Unternehmen unter dem Zeichen herstellt, und diene nur der Identifizierung oder dem Verweis auf Waren oder Dienstleistungen als die der Markeninhaberin, bleibt kein Raum.

3.Der in diesem Provisorialverfahren unterlegenen Klägerin steht kein Kostenersatz zu (1 Ob 173/06g mwN).

4.Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands orientiert sich an der unbedenklichen Bewertung durch die Klägerin. Da keine Rechtsfrage von der in § 528 Abs 1 ZPO (iVm § 78 EO) geforderten Qualität zu klären war, ist der Revisionsrekurs nicht zuzulassen; so hat die Frage der Verwechslungsfähigkeit von Marken in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (vgl RS0112739).