Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Fabian als Vorsitzende sowie die Richterin Mag. Nigl, LL.M., und den Richter MMag. Klaus in der Firmenbuchsache der A* GmbH , FN **, **, wegen der Eintragung der Geschäftsanschrift, über den Rekurs des Geschäftsführers B* , **, gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 21.1.2025, **-5, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Die A* GmbH ( Gesellschaft ) ist seit 30.9.2021 zu FN ** im Firmenbuch eingetragen. Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer ist B* ( Geschäftsführer ).
Am 14.10.2024 beantragte der Geschäftsführer zu ** die Eintragung der neuen Geschäftsanschrift, und zwar „**“. Die Zustellung des diesbezüglichen Eintragungsbeschlusses vom 15.10.2024 an die Gesellschaft scheiterte in der Folge aber an der ungenügenden Anschrift (Postfehlbericht vom 21.10.2024).
Mit Beschluss vom 5.11.2024 (ON 2) erteilte das Erstgericht daraufhin dem Geschäftsführer den Auftrag, die aktuelle für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift in unbeglaubigter Form zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden oder schriftlich darzulegen, dass diese Verpflichtung nicht bestehe. Komme der Geschäftsführer diesem Auftrag nicht binnen 14 Tagen ab Zustellung nach, werde die Tatsache der unbekannten Geschäftsanschrift von Amts wegen im Firmenbuch eingetragen (§ 3 Abs 1 Z 4a FBG) und ein Zwangsstrafverfahren (§ 24 Abs 1 FBG) eingeleitet werden. Aus dem Postfehlbericht vom 21.10.2024 gehe hervor, dass an der zuletzt bekanntgegebenen und im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift **, keine Zustellungen erfolgen könnten. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung müsse über eine zustellfähige Geschäftsadresse verfügen. Jede Änderung sei von den Geschäftsführern unverzüglich anzumelden (§ 26 Abs 1 GmbHG). Diese gesetzliche Verpflichtung sei mit Zwangsstrafen nach § 24 FBG durchzusetzen. Die Zustellung dieses Beschlusses an den Geschäftsführer erfolgte durch Hinterlegung zur Abholung ab 11.11.2024 (tatsächliche Behebung durch den Empfänger am 12.11.2024).
Da es zu keiner Eingabe durch den Geschäftsführer kam, vollzog das Erstgericht mit Beschluss vom 10.12.2024 (ON 3) die Eintragung des Zusatzes bei der Geschäftsanschrift: „ Für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift unbekannt. “
Mit Beschluss vom selben Tag (ON 4) forderte das Erstgericht den Geschäftsführer unter Einräumung einer Frist von vier Wochen und Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe von EUR 350,- über ihn für den Fall der Nichtbefolgung auf, die aktuelle Geschäftsanschrift der Gesellschaft in unbeglaubigter Form zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden oder aber binnen derselben Frist darzutun, dass diese Verpflichtung nicht bestehe. Die Zustellung dieses Beschlusses an den Geschäftsführer erfolgte durch Hinterlegung zur Abholung ab 16.12.2024 (tatsächliche Behebung durch den Empfänger am 17.12.2024).
Nachdem auch diese Frist ungenützt verstrichen war, setzte das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss die angedrohte Zwangsstraße mit EUR 350,- fest und verhängte diese über den Geschäftsführer. Es forderte ihn neuerlich auf, binnen zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses die aktuelle Geschäftsanschrift der Gesellschaft in unbeglaubigter Form zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden, widrigenfalls eine weitere Zwangsstrafe von EUR 700,- verhängt werde (§ 24 Abs 2 FBG).
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Geschäftsführers mit dem erkennbaren Antrag, die verhängte Strafe zu erlassen bzw zu mindern. Die Angabe der fehlerhaften Adresse sei ein Versehen gewesen. Es sei ihm nicht aufgefallen, dass die Büronummer gefehlt habe. Mittlerweile habe er die korrekte Adresse mit den entsprechenden Unterlagen nachgereicht.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Aus zahlreichen Gesetzesstellen (§ 13 UGB; § 3 Z 4 und § 11 FBG; § 26 GmbHG) ist abzuleiten, dass eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung über eine zustellfähige Geschäftsadresse verfügen muss. Jede Änderung der für Zustellungen an die Gesellschaft maßgeblichen Anschrift ist von den Geschäftsführern unverzüglich anzumelden (§ 26 Abs 1 GmbHG). Bei der Geschäftsanschrift muss es sich um eine Abgabestelle iSd § 2 Z 4 ZustG handeln; ein Postfach bspw erfüllt diese Voraussetzung nicht (RS0036329 [T 2]; Stummvoll in Fasching/Konecny 3 § 2 ZustG Rz 38). Die Anmeldepflicht dient dem Grundsatz der Richtigkeit des Firmenbuchs, der es im Interesse der Sicherheit des rechtsgeschäftlichen Verkehrs mit Unternehmern erfordert, dass die wesentlichen Rechtsverhältnisse der Unternehmer und der eingetragenen Gesellschaften vollständig und richtig im Firmenbuch wiedergegeben werden.
2. Das Zwangsstrafenverfahren nach § 24 FBG soll diese für das Geschäftsleben geradezu denknotwendige Voraussetzung sicherstellen (vgl Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer , FBG § 3 Rz 7). § 24 Abs 1 FBG sieht dazu vor, dass derjenige, der verpflichtet ist, eine Anmeldung zum Firmenbuch vorzunehmen, vom Gericht durch Zwangsstrafen bis zu EUR 3.600,- anzuhalten ist, seine Verpflichtung zu erfüllen. Kommt der Betroffene einer gerichtlichen Anordnung innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Verhängung der Zwangsstrafe nicht nach, ist eine weitere Zwangsstrafe bis zu EUR 3.600,- zu verhängen und der Beschluss über die verhängte Zwangsstrafe zu veröffentlichen (§ 24 Abs 2 FBG). Vor Verhängung der ersten Zwangsstrafe ist der Betroffene aufzufordern, die Verpflichtung zu erfüllen oder darzutun, dass die Verpflichtung nicht besteht, und eine konkrete Zwangsstrafe für den Fall der Nichtbefolgung anzudrohen (§ 24 Abs 3 FBG).
3. Der Verhängung einer Zwangsstrafe muss daher deren förmliche Androhung vorausgehen. Der Betroffene soll mittels stufenweisen Vorgehens zur Erfüllung seiner Anmeldungspflicht angehalten werden. Die mit der Androhung zu verbindende Aufforderung zur Anmeldung stellt die das amtswegige Zwangsstrafenverfahren einleitende Verfügung des Firmenbuchgerichtes dar. Durch sie werden säumige Verpflichtete in die Lage versetzt, unter dem Eindruck der konkreten Strafsanktion entweder die umgehende Anmeldung noch zu veranlassen oder Vorbringen zu ihrer Entlastung zu erstatten ( Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 24 Rz 81 ff). Die vorherige Androhung der Zwangsstrafe ist zwingend; wenn sie unterblieb bzw nicht wirksam zugestellt wurde, ist die Strafverhängung ersatzlos aufzuheben ( Kodek, aaO § 24 Rz 81 ff). Gleiches hat zu gelten, wenn die Androhung der Zwangsstrafe nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 24 Abs 3 FBG entsprach (OLG Wien 6 R 289/24z ua). Gegen die Verhängung der Zwangsstrafe ist jedenfalls der Organvertreter als Adressat rekurslegitimiert ( Jennewein , FBG § 24 Rz 60).
4. Das Erstgericht hat demnach zutreffend nach dem im Verfahren ** aufgetretenen Zustellanstand den Geschäftsführer mit Strafandrohung vom 10.12.2024 dazu aufgefordert, entweder die aktuelle Geschäftsanschrift anzumelden oder darzutun, dass diese Verpflichtung nicht bestehe. In seinem Rekurs stellt der Geschäftsführer die Zustellung dieses Beschlusses an ihn auch nicht in Abrede.
5. Für die Verhängung von Zwangsstrafen ist ein Verschulden des Anmeldepflichtigen Voraussetzung, bloße – auch leichte – Fahrlässigkeit reicht aus ( Jennewein, aaO § 24 Rz 32). Selbst wenn keine Verpflichtung zur Anmeldung (mehr) bestanden haben oder aber die Anmeldung aus faktischen Gründen nicht möglich gewesen sein sollte, lastet auf dem Geschäftsführer die Äußerungspflicht nach § 24 Abs 3 FBG, entgegenstehende Hindernisse bekanntzugeben, dies bereits nach erster Aufforderung durch das Erstgericht.
6. Gründe für die Nichterfüllung der ihn treffenden Äußerungspflicht bringt der Geschäftsführer in seinem Rekurs nicht vor. Auf die Vollständigkeit der Angabe der Geschäftsanschrift hat ein Geschäftsführer zu achten. Da er somit innerhalb der vom Erstgericht gesetzten Frist (vier Wochen ab Zustellung der Strafandrohung) vorwerfbar weder die Änderung der Geschäftsanschrift beantragte noch bekanntgab, dass bzw warum eine solche Verpflichtung nicht bestand, steht die Verhängung der Zwangsstrafe im Einklang mit der Rechtslage.
7. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass der Geschäftsführer am 28.1.2025, somit nach Fassung des angefochtenen Beschlusses, die Eintragung der vollständigen Geschäftsanschrift, und zwar **, beantragte und die Eintragung am 30.1.2025 erfolgte (**). Auch im Hinblick auf die bloße Unvollständigkeit der Anschrift wäre dem Geschäftsführer eine Äußerung freigestanden und oblegen.
8. Die Ausmessung der Zwangsstrafe hängt grundsätzlich von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab (RS0115833; Jennewein, aaO § 24 Rz 48), wobei die in § 355 EO angeführten Kriterien der Art und Schwere des Verstoßes, der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und des Umfangs seines Beitrags auch für das firmenbuchrechtliche Zwangsstrafverfahren eine gewisse Orientierung bieten. Nach ständiger Rechtsprechung wird bei der erstmaligen Verhängung einer Zwangsstrafe im Regelfall ein Betrag von EUR 730,- (vormals: ATS 10.000,-) als angemessen angesehen ( Kodek, aaO § 24 Rz 49 ff mwN). Die Zwangsstrafe darf nicht zu niedrig angesetzt werden, weil sie sonst dem Zweck eines Druckmittels nicht mehr dienen könnte ( Jennewein, aaO § 24 Rz 51).
Hier wurde die verhängte Zwangsstrafe ohnedies unterhalb dieses Betrags ausgemessen. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Bedenken gegen die Höhe der verhängten Zwangsstrafe.
9. Dem Rekurs war damit ein Erfolg zu versagen.
10. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses beruht auf § 15 Abs 1 FBG iVm §§ 59 Abs 1 Z 2, 62 Abs 1 AußStrG. Rechtsfragen im Sinne der zuletzt genannten Gesetzesstelle waren nicht zu lösen.
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