Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Sonntag als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Mag. Ingemarsson und Mag. Janschitz in der Rechtssache der klagenden Partei A* Holding AG , **, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei B* C* , geboren am **, **, vertreten durch Schopf Zens Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen USD 1.500.000, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 8. März 2024, **-85, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Rekurses selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten mit ihrer Klage vom 4.5.2020 die Zahlung von USD 1.500.000 sA. Der Beklagte bestritt und beantragte, die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 29.12.2023 (ON 77) verpflichtete das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung von USD 1.500.000 samt 4 % Zinsen seit 12.3.2020 und zum Kostenersatz an die Klägerin. Das Mehrbegehren auf Zahlung von 4 % übersteigenden Zinsen wies es ab. Das Urteil wurde der Beklagtenvertreterin am 2.1.2024 zugestellt.
Mit am 25.1.2024 beim Erstgericht eingelangtem Antrag begehrte der Beklagte, ihm die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a und f sowie Z 3 ZPO zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen das Ersturteil zu bewilligen. In seinem damit vorgelegten Vermögensbekenntnis gab der Beklagte an, keinen Anspruch auf Unterhalt gegen seine Ehegattin zu haben.
Mit Beschluss vom 29.1.2024 trug das Erstgericht dem Beklagten auf, den Verfahrenshilfeantrag binnen 14 Tagen nach Zustellung unter anderem durch Vorlage eines vollständigen Vermögensbekenntnisses der Ehefrau des Beklagten - zur Prüfung, ob ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt gegenüber seiner Ehegattin bestehe - zu verbessern. Unter einem wies das Erstgericht daraufhin, dass die Angaben vollinhaltlich und wahrheitsgemäß zu erstatten seien. Komme der Beklagten der aufgetragenen Verbesserung nur unvollständig nach, könne dies vom Erstgericht zum Nachteil des Beklagten gewürdigt werden und dies könne zur Abweisung des Verfahrenshilfeantrages führen. Dieser Beschluss wurde der Beklagtenvertreterin am 30.1.2024 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 27.2.2024 gab der Beklagte bekannt, dass sich die Ehefrau des Beklagten geweigert habe, ein „vollständiges Vermögensbekenntnis“ vorzulegen. Die Ehefrau des Beklagten sei nicht unvermögend; tatsächlich leiste sie den Unterhalt für die beiden gemeinsamen Kinder und auch für den Beklagten, wenn Zahlungen anstünden.
Ein allfälliger Anspruch auf Ehegattenunterhalt umfasse jedoch keinesfalls die Verpflichtung, für den Ehegatten eine (relativ hohe) gerichtliche Pauschalgebühr zu bezahlen, sodass aus Sicht des Beklagten die Vorlage eines Vermögensbekenntnisses der Ehefrau des Beklagten für die Bewilligung des Verfahrenshilfe nicht von Relevanz sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag ab. Es ging dabei auszugsweisevon folgendem Sachverhalt aus:
„ Der Beklagte ist verheiratet mit D* C*-E*. Die beiden sind Eltern von Zwillingen, geboren am **. Der Beklagte bewohnt mit seiner Familie eine Mietwohnung in **. Die monatlichen Aufwendungen für diese Mietwohnung trägt seine Ehefrau. Außerdem verfügt der Beklagte über ein Wohnrecht an einer ca 80 m² großen Wohnung in **. Für diese zahlt der Beklagte, wenn er über entsprechende Mittel verfügt, lediglich Betriebskosten. Falls das nicht der Fall ist, übernimmt seine Ehefrau diese Kosten.
Der Beklagte bezieht als Geschäftsführer der F* GmbH 14 mal jährlich ein Nettoeinkommen von EUR 512,28.
Der Beklagte ist Eigentümer der Liegenschaft KG **, BG Kitzbühel, EZ **. Der Wert der bebauten ca EUR 5.000 m² großen Liegenschaft beträgt EUR 9.233.000. Sie erwirtschaftet keinen Ertrag und ist mit einem Pfandrecht von EUR 10.000.000 und einem Belastungs- und Veräußerungsverbot belastet.
Sein Bankkonto bei der G* (**) weist ein Guthaben von EUR 522,01 (Stand 25.01.2024) aus. Weiters verfügt der Beklagte über Bargeld iHv ca EUR 800.
Die Gesellschaften, an denen der Beklagte Anteile besitzt, erwirtschaften keinen Umsatz und verfügen über keine Vermögenswerte. Der Beklagte erhält daher auch keine Ausschüttungen als Gesellschafter. […]
In der H* Privatstiftung ist der Beklagte als Mitglied des Beirates tätigt. Grundsätzlich wäre der Beklagte Begünstigter dieser Privatstiftung, erhielt jedoch in der Vergangenheit und erhält voraussichtlich auch in Zukunft keine Zuwendungen aus der Privatstiftung.
Der Beklagte hat Forderungen gegenüber folgenden Personen (ON 78.2):
- Darlehensforderung gegen I* Privatstiftung über EUR 16.552.000: uneinbringlich wegen Insolvenz.
- Forderungen gegen Unternehmen in den USA: J* LLC, K* Inc und L* Inc, iHv ca $ 2.980.000 sowie EUR 5.970.000; alle uneinbringlich, weil die Unternehmen insolvent oder gelöscht sind.
Der Beklagte verfügt über folgende Gewerberechte: Handelsgewerbe beschränkt auf den Handel mit Holz und Holzprodukten; Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Handelsagent; sowie Betrieb eines Sägewerks.
Der Beklagte besitzt eine Armbanduhr, einen TV, Videogeräte, eine Waschmaschine und diverse Fitnessgeräte.
Der Beklagte hat folgende Schulden:
1. M* GmbH, ca. EUR 56.000
2. N* GmbH, ca. EUR 3.000
3. Dr. O* aus Darlehen iHv USD 2.5 Mio
4. Garantieerklärung gegenüber P* C* vom 6.4.2017, EUR 14,22 Mio
5. Garantieerklärung gegenüber P* C* vom 11.12.2019, EUR 412.000
6. Garantieerklärung gegenüber P* C* vom 16.12.2019, EUR 412.000
7. Garantieerklärung gegenüber P* C* vom 23.12.2019, EUR 69.000
8. Garantieerklärung gegenüber P* C* vom 28.2.2020, EUR 250.000
9. Garantieerklärung gegenüber der Klägerin iHv USD 1,5 Mio (hier Verfahrensgegenstand)
10. Haftung gegenüber Q* GmbH, EUR 1,7 Mio
11. Garantie gegenüber R* Privatstiftung vom 11.9.2019, EUR 6.5 Mio
12. S* C* aus Darlehen ca. EUR 150.000,00
13. T* aus Darlehen ca. EUR 250.000,00
Der Kläger leistet derzeit keine Rückzahlungen und ist auch nicht absehbar, dass in naher Zukunft Rückzahlungen von den Gläubigern gefordert werden. Einzige Ausnahme ist die Klägerin, falls sie im Verfahren obsiegen sollte.
Der Beklagte wird immer wieder von seiner Familie finanziell unterstützt, um seine Lebensführung zu bestreiten. So hat er von seiner Mutter am 21.12.2023 quasi als „Weihnachtsgeschenk“ EUR 20.000 erhalten. Welche Zuwendungen er sonst von Dritten laufend erhält, ist nicht feststellbar. Es ist ihm aber durch laufende Zuwendungen Dritter trotz seines geringen Einkommens möglich, seine Kreditkartenabrechnungen zu tilgen (EUR 3.627,71 am 6.11.2023 und ca EUR 9.000 am 4.1.2024), am 20.11.2023 eine Jagdreise um EUR 8.949 zu finanzieren, am 19.12.2023 einen Spiegel um EUR 1.176,53 zu erwerben und am 29.12.2023 eine Forderung der U* AG iHv EUR 7.766,05 zu begleichen. Die tatsächliche Einkommenslage des Beklagten ist daher nicht feststellbar.
Die Ehefrau ist vermögend und kann sich die weiteren Verfahrenskosten leisten. Ihre Einkommens- und Vermögenslage kann im Detail nicht festgestellt werden. Sie leistet dem Beklagten Unterhalt, wenn Zahlungen anstehen.“
Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass die Deckung notwendiger Prozesskosten und Anwaltskosten zum Unterhalt zähle. Es sei nicht Aufgabe der Verfahrenshilfe, einen Unterhaltspflichtigen in seiner Unterhaltspflicht zu entlasten. Vom Verfahrenshilfewerber seien auch die finanziellen Verhältnisse seiner Ehegattin durch Vorlage eines eigenen Vermögensbekenntnisses darzulegen, weil die Ehegattin im Fall einer Gefährdung des Unterhalts des Verfahrenshilfewerbers diesem gegenüber unterhaltspflichtig sei.
Der Beklagte sei diesem Vorlageauftrag nicht nachgekommen, sodass dies frei zu würdigen sei. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehefrau des Beklagten und der davon abhängige Anspruch auf Ehegattenunterhalt des Beklagten seien mangels Vorlage eines Vermögensbekenntnises nicht feststellbar gewesen. Damit sei aber auch die Einkommenslage des Beklagten nicht feststellbar. Dieser Umstand gehe zu Lasten des Beklagten, sodass der Verfahrenshilfeantrag abzuweisen gewesen sei.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den Beschluss im Sinn einer Antragsstattgebung abzuändern. Weiters beantragt er, ihm die Kosten des Rekurses zuzuerkennen.
Die Klägerin beteiligte sich nicht am Rekursverfahren. Die Revisorin verzichtete auf Rekursbeantwortung.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
1. Der Beklagte bringt im Rekurs vor, dass es die Unterhaltspflicht seiner Ehegattin überspannen würde, wenn diese im Rahmen des Ehegattenunterhaltes verpflichtet wäre, die Pauschalgebühr für die Berufung von EUR 30.189 und die Anwaltskosten von rund EUR 8.550 für die Berufungsschrift zu leisten, was mit Sicherheit nicht mehr als „angemessener Ehegattenunterhalt“ bezeichnet werden könne. Es dürfe der finanzielle Spielraum der Ehegattin des Beklagten für die Zukunft nicht so weit eingeschränkt werden, dass ein allenfalls entstehender Sonderbedarf nicht mehr befriedigt werden könne. Dies vor allem auch im Hinblick darauf, dass zwei noch nicht einmal einjährige Kinder vorhanden seien, für welche die Frau des Beklagten ebenfalls unterhaltspflichtig sei.
2.1.§ 66 ZPO ordnet an, dass dem Antrag auf Verfahrenshilfe ein Bekenntnis der Partei über ihre Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse anzuschließen ist und, soweit zumutbar, entsprechende Belege beizubringen sind. Über den Antrag ist auf Grundlage des Vermögensbekenntnisses zu entscheiden. Hat das Gericht – wie hier - gegen dessen Richtigkeit oder Vollständigkeit Bedenken, hat es das Vermögensbekenntnis zu überprüfen. Dabei kann es auch die Partei unter Setzung einer angemessenen Frist zur Ergänzung des Vermögensbekenntnisses und, soweit zumutbar, zur Beibringung weiterer Belege auffordern. § 381 ZPO ist sinngemäß anzuwenden. Im Falle von Bedenken des Gerichts gegen die Richtigkeit der Angaben zu den Unterhaltsansprüchen ist über entsprechende Aufforderung auch über das Vermögen derjenigen Personen, von denen die Partei versorgt wird und gegen die sie einen gesetzlichen oder vertraglichen Unterhalts- oder Versorgungsanspruch hat, Auskunft zu geben ( M. Bydlinski in Fasching, Zivilprozessgesetze³, § 66 ZPO Rz 5).
2.2.Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Personen, die nur ein geringes oder überhaupt kein eigenes Einkommen oder ausreichende Vermögenswerte besitzen stets zu prüfen, ob unterhaltspflichtige Personen vorhanden sind und inwieweit diese zur Finanzierung des Prozesses herangezogen werden können. Dazu wird vielfach vertreten, dass in einem solchen Fall die Verfahrenshilfe nur dann gewährt werden kann, wenn die Unterhaltspflichtigen selbst die Voraussetzungen der Mittellosigkeit im Sinne des § 63 Abs 1 ZPO erfüllen ( M. BydlinskiaaO, § 63 ZPO Rz 7 mwN).
Da die Deckung notwendiger Prozess- und Anwaltskosten zum Unterhalt zählt, sind solche Kosten eines Ehegatten aus seinem Unterhaltsanspruch nach § 94 ABGB zu decken. Der Anspruch auf Bevorschussung von Prozesskosten stellt einen Teil des Unterhaltsanspruchs dar (vgl RS0013486, RS0011602). Deshalb besteht kein Anspruch auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, wenn die voraussichtlichen Prozesskosten im Unterhaltsanspruch gegen den Ehegatten bzw die Ehegattin gedeckt sind (OLG Wien 12 R 133/81 EFSlg 39.372; 12 R 225/85 EFSlg 49.505; 11 R 97/01t EFSlg 98.103; OLG Innsbruck 6 R 24/85 EFSlg 49.505).
Im vorliegenden Fall konnte die Einkommens- und Vermögenslage der Ehegattin des Beklagten zwar (konkret) nicht festgestellt werden, aber die Ehegattin des Beklagten ist vermögend und sie kann sich die Tragung der Verfahrenskosten leisten. Dass der finanzielle Spielraum der Ehegattin des Beklagten bei einer Bevorschussung bzw Tragung der Prozesskosten durch sie eingeschränkt würde, sodass ein allfälliger Sonderbedarf nicht befriedigt werden könnte, hätte der Beklagte durch Vorlage eines Vermögensbekenntnisses der Ehegattin nachweisen müssen. Mit dieser Argumentation verstößt der Beklagte aber ohnehin gegen das für Rekurse gegen die Bewilligung der Verfahrenshilfe geltende Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO (vgl Fucik in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 72 Rz 2).
Die Höhe der zu erwartenden Verfahrenskosten für das (hier) Berufungsverfahren ist für sich allein genommen nicht ausschlaggebend dafür, ob die Ehegattin des Beklagten zur Bevorschussung der Prozesskosten im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht verpflichtet ist. Es kommt stets (auch) auf die konkrete Einkommens- und Vermögenslage des Unterhaltspflichtigen und auf jene des Unterhaltsberechtigten an.
2.3. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte kein von seiner Ehegattin unterfertigtes Vermögensbekenntnis vorgelegt. Mit der bloßen Behauptung seine Ehegattin sei nicht unvermögend, sie leiste ihm Unterhalt, wenn Zahlungen anstünden, ist der Beklagten der vom Erstgericht aufgetragenen Verbesserung jedenfalls nicht hinreichend nachgekommen. Die Bescheinigungslast für die Voraussetzungen der Verfahrenshilfe trifft den Antragsteller (vgl AnwBl 1997/7309 = OLG Wien 3 R 56/96 mwN).
Schon aus diesem Grund ist dem Rekurswerber die erforderliche Bescheinigung des Vorliegens der Voraussetzungen für die von ihm begehrten Begünstigungen im Rahmen der Verfahrenshilfe nicht gelungen.
Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
3.Abgesehen davon, dass der Beklagte mit seinen Rekurs unterlegen ist, findet gemäß § 72 Abs 3 ZPO ein Kostenersatz für Rekurse oder Rekursbeantwortungen gegen Beschlüsse über die Verfahrenshilfe nicht statt.
4.Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig.
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