JudikaturOLG Linz

2R30/25g – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
Immobilienrecht
25. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Mag. Christine Mayrhofer und Dr. Werner Gratzl in der Rechtssache des Klägers Ing. A* B* , geb. am **, Pensionist, **straße **, **, **, vertreten durch den Verfahrenshelfer Dr. Christoph Bamberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, gegen die Beklagte Dr. C* D*-B* , geb. am **, Selbständige, **straße **, **, vertreten durch die Rechtsanwälte Hüttinger Partnerschaft in 5020 Salzburg, wegen Vertragsaufhebung (Streitwert EUR 480.000,00), über die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 9. Jänner 2025, Cg*-54, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen die mit EUR 5.107,62 (darin EUR 851,27 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000,00.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte erwarb von ihrer Schwester E* F* mit Kaufvertrag vom 18. Juni 2020 die von dieser auch bewohnte Liegenschaft in der G*straße ** in H*, die EZ ** Grundbuch ** H* (im Folgenden: die Liegenschaft), zu einem Kaufpreis von EUR 480.000,00. Sie übernahm dabei ein Wohnungsgebrauchsrecht an der Wohnung im Erdgeschoss (samt Gartenmitbenutzung) für I* und räumte ihrer Schwester ein solches an deren Wohnung im Obergeschoß ein.

E* F* verstarb am 28. Mai 2022. Der Kläger ist der Bruder der beiden, dem die Verlassenschaft nach E* F* eingeantwortet wurde.

Mit Klage vom 12. Juni 2023 begehrt er die Aufhebung des Kaufvertrags, gestützt auf List, Zwang und Wucher, hilfsweise Verkürzung über die Hälfte. Die Liegenschaft sei unter Berücksichtigung beider Wohnungsgebrauchsrechte zumindest EUR 1,4 Mio. wert gewesen, daher nahezu den dreifachen Kaufpreis. Die Beklagte habe ihre Schwester unter Druck gesetzt und deren missliche finanzielle und persönliche Lage und Unkenntnis über den wahren Wert der Liegenschaft ausgenutzt und sie so in die Enge getrieben, dass sie sich schließlich genötigt gesehen habe, den äußerst ungünstigen Kaufvertrag abzuschließen. Sie habe nicht nur den Verkauf, sondern auch den Kaufpreis einseitig vorgegeben. Schon seit 2014 habe sie sie wiederholt aufgefordert, ihr die Liegenschaft zu verkaufen, aber immer nur den Wert der auf der Liegenschaft sichergestellten Geldlasten geboten, um die Liegenschaft möglichst billig zu erwerben. Sie habe E* F* dazu jahrelang, erkennbar in bestimmten Schreiben, unter massiven Druck gesetzt, ihr Horrorszenarien aufgezeigt und sie emotional erpresst. So habe sie sich gegen eine wertsteigernde Umwidmung ausgesprochen und ihr Interesse am Liegenschaftserwerb auch gegenüber der Pfandgläubigerin geltend gemacht, obwohl E* F* den Verkauf zum angebotenen niedrigen Preis zwischen 2014 und 2020 ausdrücklich abgelehnt und auch er ihr vom Verkauf abgeraten habe. E* F* habe gehofft, einen angemessenen Verkaufserlös, der ihr nach Abdeckung der offenen Schulden auch zu einem angenehmen Lebensabend verhelfen hätte sollen, zu erlangen. Die Beklagte habe erfolgreich jede gewinnbringende Veräußerung verhindert und dafür gesorgt, dass die Schuldenlast auf der Liegenschaft stetig zunehmen würde, und ihre Schwester mit diesen Lasten und emotional laufend unter Druck gesetzt. Ohne ihre Schwester rechtzeitig zu verständigen, habe sie die Liegenschaft aus der Bündelversicherung herausnehmen lassen, sodass I* nach einem Wasserschaden Ansprüche gegen sie geltend gemacht und ein exekutives Pfandrecht an der Liegenschaft eintragen habe lassen. Auch ein Schreiben des mittlerweile verstorbenen Notars Dr. J* K* zeige, dass die Beklagte über die Jahre mit allen Mitteln die Bemühungen eines gewinnbringenden Verkaufs und einer wertsteigernden Umwidmung der Liegenschaft torpediert habe. Vor diesem Hintergrund habe E* F* offenbar im Juni 2020 keinen anderen Ausweg gesehen, als in den von der Beklagten nachdrücklich geforderten Verkauf einzuwilligen. Nur deren ungerechtfertigter Druck und E* F*s Unkenntnis von allen rechtlichen Angelegenheiten, von Immobilienwerten und ihre Unerfahrenheit bei Immobilienverkäufen hätten schließlich zum Abschluss des Kaufvertrags geführt. Die Beklagte habe E* F* auch vorsätzlich getäuscht, als sie ihr wiederholt suggeriert habe, sie wolle ihr lediglich helfen und durch Bezahlung der offenen Kreditschulden und die damit verbundene Abwendung einer Zwangsversteigerung die Immobilie ohnehin überbezahlen. Aufgrund der Korrespondenz sei aber anzunehmen, dass die Beklagte den wahren Wert tatsächlich gekannt habe und schon seit 2014 darauf erpicht gewesen sei, die Liegenschaft zu einem Schnäppchenpreis zu erwerben. Sie habe der Schwester auch damit gedroht, sie im Stich zu lassen, sollte sie nicht in das ungünstige Kaufanbot einwilligen. Sie habe die Zwangslage ihrer Schwester, nämlich die bevorstehende Versteigerung der Liegenschaft, durch die E* F* von Obdachlosigkeit bedroht gewesen sei, schuldhaft ausgenutzt. E* F* habe nur die Wahl gehabt, den für sie äußerst ungünstigen Kaufvertrag abzuschließen oder obdachlos zu werden. Das grobe objektive Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen Wert der Liegenschaft und dem Kaufpreis habe E* F* aus Unerfahrenheit nicht realistisch bewerten können.

Die Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung der Klage und wendete zusammengefasst ein, sie habe, seit sie 2014 davon Kenntnis erlangt habe, dass ihrer Schwester, die über kein weiteres Vermögen und nur eine kleine Pension verfügt habe, ihr Grundstück für den Kredit des Klägers über EUR 390.000,00 verpfändet habe, angeboten, ihr das Grundstück gegen Bezahlung der darauf sichergestellten Schulden des Klägers und Einräumung eines unentgeltlichen lebenslangen höchstpersönlichen grundbücherlich sichergestellten Wohnungsgebrauchsrechts an ihrer Wohnung abzukaufen. Da der Kläger den Kredit nicht zurückbezahlt habe, habe die Bank ein Zwangsversteigerungsverfahren gegen E* F* eingeleitet. Sowohl der Kläger als auch der sie beratende Notar Dr. K* hätten E* F* den Verkauf der Liegenschaft an sie verboten. Sie hätten sich erhofft, durch die Zwangsversteigerung Millionen zu gewinnen, ohne dabei zu berücksichtigen, dass E* F* ihre Wohnung in hohen Alter und schwer krank verloren hätte. Nachdem bis 2020 sämtliche ihrer Angebote vom Kläger und E* F* abgelehnt worden seien, habe ein Unfall E* F*s zu Pfingsten 2020 die große Wende gebracht. Sie habe sich den linken Arm gebrochen und sich dann entschlossen, ihre Liegenschaft an die Beklagte zu verkaufen. Der Zwangs-versteigerungstermin sei für den 19. Oktober 2020 anberaumt worden. Erst als sie offensichtlich aufgrund des gegen sie eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahrens realisiert habe, dass ihr bei einer Versteigerung der Liegenschaft die Obdachlosigkeit drohe, habe sie sich an die Beklagte mit dem Wunsch gewendet, ihr die Liegenschaft zu verkaufen. Dazu habe sie I* gebeten, sie zu holen und ihr die Erklärung zu übergeben, dass sie unbedingt an sie verkaufen wolle. E* F* habe sie gebeten, so bald wie möglich den Kaufvertrag errichten zu lassen, weil sie panische Angst davor gehabt habe, dass der Kläger ihren Wunsch vereiteln könnte, weshalb der Kaufvertrag unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus unterzeichnet worden sei. Der Inhalt, als Gegenleistung sämtliche grundbücherlich sichergestellten Verbindlichkeiten, insbesondere den Kredit, zu übernehmen und E* F* ein Wohnungsgebrauchsrecht einzuräumen, sei bereits seit 2014 aufgrund ihres Angebotes festgestanden. Nach dem Gutachten des Sachverständigen im Zwangs-versteigerungsverfahren vom 22. April 2020 habe der Verkehrswert unter Berücksichtigung des verbücherten Wohnungsgebrauchsrechts für I* EUR 299.000,00 betragen; sie habe also wesentlich mehr als den Verkehrswert der Liegenschaft bezahlt. Sie habe neben dem Kaufpreis für die Liegenschaft auch das Wohnungsgebrauchsrecht für I* übernommen und E* F* ein solches eingeräumt, sodass ihre Gegenleistungen EUR 727.000,00 ausgemacht hätten. Sie sei bereit gewesen, einen weit über dem Schätzwert liegenden Kaufpreis zu bezahlen, um die Tilgung sämtlicher Verbindlichkeiten zu ermöglichen und E* F* ein Wohnrecht einzuräumen. Nicht sie habe eine finanzielle Notlage ihrer Schwester ausgenutzt, um die Liegenschaft unter dem wahren Wert zu kaufen, vielmehr habe der Kläger seine Schwester bewusst und willkürlich in diese Notsituation gebracht, aus der sie sie gerettet habe.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Folgenden (leicht zusammengefassten) Sachverhalt legte es seiner Entscheidung zugrunde, wobei die davon bekämpften Feststellungen kursiv dargestellt sind:

Seit 2014 ist auf der Liegenschaft ein lebenslanges Wohnungsgebrauchsrecht für die am ** geborene I* an der Wohnung im Erdgeschoss samt Terrassen- und Gartenbenützung grundbücherlich sichergestellt. Zugunsten der M* reg. GenmbH war aufgrund einer Pfandurkunde vom 1. April 2014 ein Pfandrecht bis zum Höchstbetrag von EUR 390.000,00 sichergestellt. Als Kreditnehmer scheinen der Kläger und E* F* auf. Auf Betreiben der Pfandgläubigerin bewilligte das Bezirksgericht Salzburg zu E* die Zwangsversteigerung der Liegenschaft und beraumte den Versteigerungstermin für den 19. Oktober 2020 an. Der im Versteigerungsverfahren beigezogene Sachverständige DI Dr. N* gab in seinem Gutachten vom 22. April 2020 den Verkehrswert der Liegenschaft zum Stichtag 11. März 2020 mit EUR 299.000,00 unter Berücksichtigung des I* eingeräumten Wohnungsgebrauchsrechtes mit einem Barwert von EUR 137.000,00 und unter Berücksichtigung eines Marktanpassungsabschlags von 10 % an. Den Verkehrswert ohne Wohnungsgebrauchsrecht und Marktanpassungs-abschlag bezifferte er mit EUR 469.000,00.

Die betreibende Gläubigerin gab den offenen Forderungsstand per 15. Juli 2020 mit insgesamt EUR 443.491,75 bekannt.

Die Beklagte versuchte seit 2014, die Liegenschaft gegen Bezahlung der darauf lastenden Schulden zu erwerben.

Im Mai 2020 teilte E* F* I* mit, dass sie die Beklagte wegen der Liegenschaft öfters um ein Gespräch gebeten habe. Nun würde sie die Liegenschaft gerne an die Beklagte verkaufen, traue sich aber nicht, an sie heranzutreten, weil sie damit jahrelang zugewartet habe, und sie würde sich freuen, wenn I* einen Kontakt zur Beklagten herstellen könnte.

Am 13. Juni 2020 schickte I* der Beklagten eine Nachricht mit der Bitte um Kontaktaufnahme mit E* F*, was diese noch ignorierte. Am nächsten Tag schickte sie erneut eine Nachricht an die Beklagte, dass E* F* einen Unfall gehabt habe und die Beklagte ihr einen Besuch abstatten möge. Noch am selben Tag suchte die Beklagte ihre Schwester auf und stellte fest, dass sie sich zu Pfingsten den linken Unterarm gebrochen hatte. E* F* teilte ihr mit, dass sie ihr die Liegenschaft verkaufen wolle, und hielt dies handschriftlich fest, was I* als Zeugin unterfertigte.

E* F* weigerte sich zunächst, mit der Rettung ins Krankenhaus zu fahren, weshalb die Beklagte mit ihr vereinbarte, sie am nächsten Tag abzuholen und hinzubringen. E* F* wurde stationär aufgenommen, verweigerte aber eine Operation und wollte nur einen Gips und rasch entlassen werden, obwohl Metastasen im Arm festgestellt worden waren. Als die Beklagte E* F* am folgenden Tag vom Krankenhaus abholte, teilte sie ihr mit, dass sie ihren Vertreter so schnell wie möglich bitten solle, den Kaufvertrag auszuarbeiten, weil sie Angst habe, dass der Kläger dies verhindern würde.

Mit dem Kaufvertrag vom 18. Juni 2020 räumte die Beklagte als Liegenschaftskäuferin E* F* auf Lebenszeit ein unentgeltliches und höchstpersönliches Wohnungsgebrauchsrecht an der Wohnung im Obergeschoß des Hauses G*straße ** im Ausmaß von ca 75,48 m 2 samt dem Recht zur Mitbenützung des Gartens ein.

Der Verkehrswert der Liegenschaft betrug ohne Berücksichtigung der Lasten zum 18. Juni 2020 EUR 854.000,00. Das Wohnungsgebrauchsrecht für I*, das die Beklagte übernahm, führte zu einer Wertminderung von EUR 138.000,00, weshalb sich der Verkehrswert auf EUR 716.000,00 belief. Das E* F* eingeräumte lebenslange Wohnungsgebrauchsrecht war EUR 82.000,00 wert.

E* F* verfügte außer der Liegenschaft über kein nennenswertes Vermögen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt eine gewinnbringende Veräußerung oder eine wertsteigernde Umwidmung der Liegenschaft be- und/oder verhinderte .

Nicht festgestellt kann werden, ob und inwiefern E* F* Kenntnis oder eine Vorstellung vom Wert der Liegenschaft vor Erstellung des Gutachtens durch DI Dr. N* im April 2020 hatte. Der Inhalt seines Gutachtens war ihr am 18. Juni 2020 bekannt.

Die Beklagte übte keinerlei Druck auf E* F* aus, den Kaufvertrag vom 18. Juni 2020 zu unterschrieben. Vielmehr ging die Initiative von E* F* aus, die den Entschluss ohne Einflussnahme durch die Beklagte fasste .

Es kann nicht festgestellt werden, ob die Beklagte am 18. Juni 2020 den Verkehrswert der Liegenschaft kannte. Auch ihr war zu diesem Zeitpunkt der Inhalt des Gutachtens von DI Dr. N* vom 22. April 2020 bekannt.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht nach Gegenüberstellung des Verkehrswerts abzüglich des zu übernehmenden Wohnungsgebrauchsrechts von EUR 716.000,00 und des Kaufpreises samt eingeräumtem Wohnungsgebrauchsrecht von EUR 562.000,00 eine Verkürzung über die Hälfte.

Zum Wucher führte es aus, dafür müssten drei Voraussetzungen vorliegen, nämlich ein auffallendes Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung und der Gegenleistung, der durch das Geschäft Begünstigte müsse die Lage des Bewucherten ausgenutzt haben und es müssten bei dem durch das Geschäft Benachteiligten gewisse Umstände oder Eigenschaften vorhanden sein, die ihn gehindert hätten, seine Interessen gehörig zu wahren. Die Differenz zwischen Verkehrswert der Liegenschaft von EUR 716.000,00 und Gegenleistung der Beklagten belaufe sich auf EUR 154.000,00 und somit [erreiche die Gegenleistung] 78,50 %. Zum Ausmaß der für § 879 Abs 2 Z 4 ABGB erforderlichen groben leicht erkennbaren Äquivalenzstörung gebe es keine konkreten Grenzwerte. Wenn E* F* 78,50 % des Wertes ihrer Liegenschaft erhalten habe, könne nicht davon gesprochen werden, dass ihre Leistung die Leistung der Beklagten bedeutend überstiegen habe und ein auffallendes Missverhältnis vorgelegen sei. Unabhängig davon scheitere die Anfechtung wegen Wuchers aber auch am Nichtvorliegen der sonstigen Voraussetzungen. Selbst wenn im drohenden Zwangsversteigerung eine Zwangslage zu sehen sei, habe die Beklagte mangels eigener Kenntnis des wahren Werts deren Lage nicht ausgenutzt. Beiden sei das Gutachten von DI Dr. N* bekannt gewesen und beide hätten berechtigterweise darauf vertrauen dürfen, dass der darin ermittelte Wert von EUR 299.000,00 dem tatsächlichen Verkehrswert entspreche. Dass die Beklagte den wahren Wert erkennen hätte können und auch müssen, habe der Kläger nicht vorgebracht und ergebe sich auch nicht aus den Feststellungen.

Ebensowenig lägen die Voraussetzungen für eine Anfechtung wegen List und/oder Drohung nach § 870 ABGB vor. Aus den Feststellungen sei ein listiges Verhalten der Beklagten nicht ansatzweise abzuleiten. Der Hinweis auf die wegen der drohenden Zwangsversteigerung massiv eingeschränkte Handlungsmöglichkeit ihrer Schwester sei richtig gewesen und sie habe auf den vom Sachverständigen im Zwangsversteigerungsverfahren ermittelten Verkehrswert vertrauen dürfen. Auch eine rechtswidrige Drohung sei dem Sachverhalt nicht zu entnehmen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Klagsstattgabe gerichteten Abänderungs- und einem hilfsweise gestellten Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Die Beklagte strebt mit ihrer Berufungsbeantwortung die Bestätigung des Ersturteils an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Mit der Tatsachen- und Beweisrüge bekämpft der Berufungswerber die oben kursiv dargestellten Feststellungen, die sich thematisch grob in zwei Bereiche unterscheiden lassen: Zum einen betreffen sie die Kenntnis oder Unkenntnis beider Vertragspartnerinnen vom wahren Wert der Liegenschaft und vom Ergebnis des im Zwangsversteigerungsverfahren eingeholten Gutachtens, zum anderen die Be- oder Verhinderung einer gewinnbringenden Veräußerung oder wertsteigernden Umwidmung und das Ausüben von Druck zum Vertragsabschluss durch die Beklagte. Die Wesentlichkeit der begehrten Änderungen begründet der Berufungswerber ausschließlich im Hinblick auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Wuchers nach § 879 Abs 2 Z 4 ABGB. Auch die Ausführungen der Rechtsrüge kritisieren das Urteil ausschließlich am Maßstab des Wuchertatbestandes, weshalb auf die übrigen im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Anspruchsgrundlagen (List, Zwang und laesio enormis) nicht einzugehen ist.

Die Feststellungen zur Kenntnis oder Unkenntnis möchte der Berufungswerber durch solche ersetzt wissen, wonach am 18. Juni 2020 E* F* weder eine Vorstellung vom Wert der Liegenschaft noch Kenntnis vom Inhalt des Gutachtens im Zwangsversteigerungsverfahren gehabt habe, hingegen die Beklagte den Verkehrswert der Liegenschaft gekannt habe, nicht aber festgestellt werden könne, ob sie den Inhalt des Gutachtens gekannt habe.

Der vom Berufungswerber geortete Widerspruch zwischen der Non-liquet-Feststellung, ob und inwiefern E* F* Kenntnis oder eine Vorstellung vom Liegenschaftswert vor Erstellung des Gutachtens im Zwangsversteigerungsverfahren gehabt habe, und jener, wonach ihr der Inhalt des Gutachtens bekannt gewesen sei, ist nicht nachvollziehbar. Die von der Beklagten beschriebene allgemeine Unerfahrenheit und Unkenntnis in Immobilienangelegenheiten konnte durch das Gutachten gemindert, nicht aber beseitigt werden. Dass die Verkäuferin über den Wert genau Bescheid gewusst hätte, wurde ohnehin nicht festgestellt; ob und welche Überlegungen im Verhältnis zu einem – höheren – wahren Wert angestellt wurden, geht aus den von der Berufung zitierten Urkunden nicht hervor. Überdies steht auch gar nicht fest, dass zur Zeit der Korrespondenz der Liegenschaftswert höher gewesen wäre als das damalige Angebot. War E* F* bei der Befundaufnahme durch den Sachverständigen im Versteigerungsverfahren unvertreten anwesend, so erscheint die Schlussfolgerung des Erstgerichts, sie habe auch den Inhalt des Gutachtens schließlich gekannt, plausibel, zeigte sie mit ihrer Anwesenheit doch, nicht etwa völlig desinteressiert am Versteigerungsverfahren zu sein oder die Angelegenheit nur an einen Vertreter delegiert zu haben. Weshalb sie das Gutachten nicht hätte erhalten und durchlesen hätte sollen, ist nicht zu sehen – gerade, wenn sie auf einem Mehrerlös aus der Zwangsversteigerung hoffte, musste sie das dem geringsten Gebot zugrundezulegende Gutachten interessieren. Stammte das Gutachten vom 22. April 2020, so konnte ein die Verbindlichkeiten nicht abdeckender Verkehrswert auch gerade die Motivation gebildet haben, das Anbot der Schwester nun doch annehmen zu wollen.

Zur Begründung der begehrten Ersatzfeststellung, wonach die Beklagte Kenntnis von einem wohl höher angenommenen wahren Wert der Liegenschaft gehabt habe, bezieht sich der Berufungswerber einerseits auf die Urkunden Beilagen ./I, ./K, und ./L, aus denen sich ergebe, dass die Beklagte Druck ausgeübt habe – was die Kenntnis von einem höheren Wert nicht bescheinigt, weil ein Erwerb zu einem unter dem angemessenen liegenden Preis weder das einzig mögliche, noch das überwiegend wahrscheinliche Motiv dafür darstellt, eine Liegenschaft unbedingt kaufen zu wollen. Auch bleibt zu bedenken, dass der Liegenschaftswert zum Zeitpunkt der Schreiben der Beklagten (2017 und 2018) gar nicht feststeht. Im Übrigen stellt der Berufungswerber nur Behauptungen auf, die sich nicht auf Beweismittel stützen. Auch die beweiswürdigende Überlegung des Erstgerichts, wenn sich die Beklagte mehrfach um den Erwerb der Liegenschaft bemüht und auch Kontakt mit der betreibenden Gläubigerin aufgenommen habe, werde sie sich auch um den Erhalt des Schätzgutachtens bemüht haben, erscheint plausibel und unbedenklich.

Die beiden übrigen Feststellungen möchte er durch solche ersetzt wissen, wonach die Beklagte wiederholt und beharrlich jede gewinnbringende Veräußerung und/oder wertsteigernde Umwidmung der Liegenschaft be- und/oder verhindert habe und sie E* F* wiederholt unter Druck gesetzt habe, damit sie den Kaufvertrag vom 18. Juni 2020 unterschreibe; die diesbezügliche Initiative sei nicht ausschließlich von E* F*, sondern auch von der Beklagten ausgegangen.

Zur Begründung der von ihm begehrten Ersatzfeststellung zum Be- oder Verhindern jeder gewinnbringenden Veräußerung und/oder wertsteigender Umwidmung der Liegenschaft stützt sich der Berufungswerber auf die Schreiben der Beklagten vom 10. August 2017 (Beilage ./I) und vom 9. April 2018 (Beilage ./K), das Schreiben des Notars Dr. K* (Beilage ./L) und die Aussage der Beklagten, aus der hervorgehe, wie wichtig es ihr gewesen sei, dass die Liegenschaft nicht gewinnbringend an einen familienfremden Dritten veräußert werde.

Dass der Beklagten daran gelegen gewesen sein mag, die Liegenschaft ohne wesentliche bauliche Veränderung im Familienbesitz zu erhalten und sie eine solche Auffassung auch der Schwester gegenüber äußerte, taugt nicht als Mittel des Be- oder Verhinderns einer gewinnbringenden Veräußerung oder wertsteigernden Umwidmung, weil daraus nicht hervorgeht, inwieweit ihre abweichende Meinung einen Entschluss oder ein Verhalten der Eigentümerin wirksam beeinträchtigt hätte, auch wenn manche Formulierungen als Versuche emotionaler Erpressung gedeutet werden könnten. Die aus Beilage ./I aus 2017 allenfalls ablesbare Ankündigung, sie werde als Vorkaufsberechtigte einen familienfremden Kauf der Liegenschaft verhindern – „Wir wollen den Garten zusammenhalten, wie wir es den Eltern versprochen haben“, könnte gemeinsam mit einer Behauptung, sie werde verschiedene Personen informieren, die das Vorhaben, den Gemüsegarten in Bauland umwidmen zu lassen, nicht freuen werde, und die Mitteilung, sie habe diesbezüglich schon mit dem Bürgermeister gesprochen, als Einschüchterungsversuch verstanden werden – letztlich vermittelt aber auch ein Vorkaufsrecht nur die Möglichkeit, die Liegenschaft zu dem mit dem Dritten ausgehandelten Kaufpreis selbst zu erwerben, nicht aber, eine Wertsteigerung oder eine gewinnbringende Veräußerung zu verhindern. Welche Schritte E* F* setzte, um den Wert der Liegenschaft zu erhöhen oder sie gewinnbringend zu veräußern, die dann von der Beklagten torpediert worden wären, erläuterte der Kläger nicht. Ein Ver- oder Behindern setzte aber doch zumindest ernsthafte Bemühungen in diese Richtung voraus und nicht bloß allenfalls vorsorglich bekannt gegebene Einwände der Beklagten gegen völlig unkonkret gebliebene Veräußerungspläne. Dass der Notar eine Chance sah, ein Interessent der Versteigerung könnte den tatsächlichen Wert erkennen, und E* F* könnte sich mit einem Mehrerlös einen angenehmeren Lebensabend finanzieren, kann nicht als Nachweis eines tatsächlich bestehenden höheren Werts dienen. Auf das Erkennen eines „wahren“ Werts kommt es bei der Zwangsversteigerung nicht an, sondern auf die Notwendigkeit für die und die Bereitschaft der Bieter, mehr zu bieten. Von konkreten Interessenten oder deren Vielzahl spricht auch der Notar im Schreiben nicht.

Der Abschluss eines Kaufvertrages steht zwar einer anderwärtigen Veräußerung durch den Verkäufer im Weg, bedeutet aber nicht das Vereiteln eines solchen Verkaufs. Auch dazu fehlt jede Behauptung, zu welchem höheren Preis an welchen Käufer verkauft worden wäre. Dass die Zwangsversteigerung durch den Kauf „vereitelt“ wurde, war offenbar von beiden gewollt - aufgrund des Gutachtens dort steht keineswegs fest, dass dabei ein höherer Erlös erzielt worden wäre.

Auch die gewünschte Feststellung, die Beklagte habe E* F* wiederholt unter Druck gesetzt, damit sie den Kaufvertrag vom 18. Juni 2020 unterschreibe, für den die Initiative nicht ausschließlich von E* F*, sondern auch von der Beklagten ausgegangen sei, sucht der Berufungswerber auf die Schreiben Beilage ./G, ./I, ./J, ./K und ./L zu stützen. Die Ausführungen setzen sich nicht mit den beweiswürdigenden Argumenten im Urteil auseinander. Das Erstgericht ging gerade auf den Inhalt der auch hier benannten Urkunden ausführlich ein und stellte die abwägenden Argumente ausführlich dar; es stützte die Feststellungen zur letztlichen Initiative zum Vertragsabschluss auch auf die Aussagen der Beklagten und der Zeugin I*. Dem stellt der Berufungswerber bloß Behauptungen über einen aus den Urkunden abzuleitenden Sachverhalt gegenüber, die einer gesetzmäßigen Ausführung dieses Berufungsgrundes nicht gerecht werden, weil diese auch erfordert, sich mit den Argumenten des Erstgerichts auseinanderzusetzen. In welchem Zusammenhang E* F* die als Beilage ./J vorgelegte Erklärung vom 14.8.2017 verfasste, blieb offen; dass sie dem Kaufansinnen ihrer Schwester bis 2020 kritisch gegenüberstand, blieb aber ohnehin unbestritten. Soweit diese früheren Anbote auch als ursächlich für den Kauf 2020 argumentiert werden, deckt sich auch dies mit dem Vorbringen der Beklagten, der Inhalt des schließlich abgeschlossenen Kaufvertrags sei aufgrund ihrer früheren Angebote, die Schulden abzudecken und ihrer Schwester ein Wohnungsgebrauchsrecht einzuräumen, festgestanden. Dass aber 2020 selbst die Initiative nicht von der Beklagten, sondern von E* F* ausging, beschrieb auch die Zeugin I*.

Letztlich lässt auch die aus den genannten Urkunden zu erkennende drastische Darstellung der Einschätzung der Situation ihrer Schwester durch die Beklagte nicht den Schluss zu, ein dadurch ausgeübter Druck habe die Schwester zum Abschluss des Kaufvertrages 2020 veranlasst, liegen doch die Schreiben der Beklagten zum Kaufzeitpunkt bereits mehr als zwei Jahre zurück, während derer die Veräußerung der Liegenschaft an die Beklagte gerade nicht betrieben wurde. Aus dem Schreiben des Notars Beilage ./L geht auch nicht hervor, dass die Beklagte Druck ausgeübt hätte. Wie und weshalb es zur Herausnahme der Liegenschaft aus der Bündelversicherung kam, bleibt vage, die Annahme, die Beklagte habe damit Druck ausüben wollen, spekulativ. Dass sich die Formulierung „ich hatte keine andere Wahl“ in der Geburtstagskarte (Beilage ./G) allein auf die Drucksituation aus der Zwangsversteigerung beziehen konnte, stellte bereits das Erstgericht zutreffend dar.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Erstgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Verhandlungs- und Beweisergebnisse und im Einklang mit den Erfahrungen des täglichen Lebens und den Denkgesetzen seine Feststellungen traf. Der Berufung gelingt es nicht, Bedenken gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung zu wecken.

Mit der Rechtsrüge vermisst der Berufungswerber zunächst Feststellungen zur Kenntnis der Beklagten von der Zwangslage ihrer Vertragspartnerin. Tatsächlich ist unstrittig, dass ein Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet und bereits ein Versteigerungstermin anberaumt worden war – und auch, dass diese Lage den Beteiligten bekannt war. Ergänzender Feststellungen bedarf es dazu nicht.

Im weiteren kritisiert die Rechtsrüge die Verneinung des Wuchertatbestandes mit dem Argument, zwischen der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit und dem Tatbestandsmerkmal der Äquivalenzstörung bestehe eine Wechselbeziehung, sodass bei schweren Einschränkungen der Entscheidungsfreiheit bereits eine geringe Äquivalenzstörung zur Anfechtbarkeit führe. Die drohende Zwangsversteigerung habe für E* F* eine massive Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfreiheit dargestellt, weil sie nur die Wahl gehabt habe, das angebotene nachteilige Geschäft anzunehmen oder aufgrund der Zwangsversteigerung einen noch größeren wirtschaftlichen und persönlichen Nachteil zu erleiden, nämlich obdachlos zu werden und auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Wegen dieser schweren Einschränkung der Entscheidungsfreiheit sei die Voraussetzung des Leistungswert-missverhältnisses gemäß § 879 Abs 2 Z 4 ABGB jedenfalls erfüllt. Zur Annahme des subjektiven Wuchertatbestandes des Ausbeutens genüge Fahrlässigkeit, hier daher, dass der Beklagten die Zwangslage ihrer Vertragspartnerin bekannt gewesen sei oder aus den Umständen offenbar habe auffallen müssen.

Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Wucher im Sinn des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB liegt vor, wenn erstens ein auffallendes Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung und der Gegenleistung besteht, zweitens der durch das Geschäft Begünstigte dieses Missverhältnis kennt, und drittens bei dem durch das Geschäft Benachteiligten gewisse Verhältnisse oder Eigenschaften vorhanden sind, die ihn hindern, seine Interessen gehörig zu wahren; fehlt nur eine dieser Voraussetzungen, unterliegt ein Geschäft nicht der Beurteilung als wucherisch (RIS-Justiz RS0016864). Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit eines Vertrages wegen Wuchers setzt daher neben dem auffallenden Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung die mangelnde Wahrungsmöglichkeit der Äquivalenz durch den Bewucherten wegen Leichtsinns, Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung sowie ein Ausnützen der Lage des Bewucherten durch den Wucherer voraus (RIS-Justiz RS0016861). Wucher erfordert als objektives Merkmal eine grobe leicht erkennbare Äquivalenzstörung, wobei die gesamten beiderseitigen Leistungswerte in ein Verhältnis zu setzen sind (RIS-Justiz RS0016947). Auffallend ist das Missverhältnis der Leistungswerte dann, wenn die Gegenleistung den Wert der Leistung bedeutend übersteigt, ohne dass die Übermäßigkeit durch besondere Umstände des Falls, etwa die Gewagtheit des Geschäfts, sachlich gerechtfertigt wäre (RIS-Justiz RS0104128); bloßes Fehlen der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit reicht nicht aus (RIS-Justiz RS0104128 [T1]). Eine Zwangslage ist dann anzunehmen, wenn der Vertragspartner vor die Wahl gestellt ist, in den Vertrag einzutreten oder einen Nachteil zu erleiden, der nach vernünftigem Ermessen schwerer wiegt als der wirtschaftliche Verlust, den der Vertrag zur Folge hat (RIS-Justiz RS0104125). Das Tatbestandsmerkmal der Ausbeutung setzt voraus, dass der Wucherer zu seiner Bereicherung eine Lage benützt, die er nicht geschaffen haben muss, die ihm aber ebenso wie das Missverhältnis von Leistungen und Gegenleistungen bewusst ist oder hätte bewusst sein müssen (RIS-Justiz RS0016894). „Ausbeuten“ kann somit auch fahrlässig erfolgen (RIS-Justiz RS0104129). Zusammengefasst muss der Wucherer die Lage des Bewucherten und das grobe Missverhältnis der Leistungen gekannt haben oder er hätte sie zumindest erkennen müssen (vgl 7 Ob 89/17i mwN; 7 Ob 50/18f).

Dass bereits eine schwere Zwangslage die übrigen Voraussetzungen ersetzte, trifft nicht zu.

Zutreffend verneinte das Erstgericht hier bereits das Vorliegen eines groben objektiven Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Einzubeziehen ist nämlich nicht bloß das aus dem Bewertungsgutachten ableitbare Fehlen der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit von bewerteten Leistungen und Gegenleistungen, sondern es sind die Umstände im Einzelfall zu betrachten. Hier zählt etwa dazu, dass mit dem Kaufvertrag eine Zwangsversteigerung, die zur Obdachlosigkeit der Verkäuferin geführt hätte, abgewendet wurde. Dabei wurde ihr ein Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt, sodass sich für ihre Lebenssituation eine denkbar geringe Änderung ergab. Im Zwangsversteigerungsverfahren hatte das Gutachten einen deutlich geringeren Verkehrswert ergeben, an dem sich nicht nur das geringste Gebot, sondern wohl auch Interessenten orientiert hätten. Neben dem sicheren Verlust der gewohnten Wohnmöglichkeit drohte auch als realistisch, dass mit dem Erlös aus der Zwangsversteigerung die Verbindlichkeiten nicht zur Gänze abgedeckt hätten werden können. Die Abwendung dieses Risikos ist in die Abwägung einzubeziehen. Auf Käuferseite sind auch die Unwägbarkeiten zu veranschlagen, die mit der Übernahme und Einräumung von Wohnrechten in einer solchen Konstellation einhergehen mochten, in der das Geschwisterverhältnis durch zurücklegende Vorgänge und Differenzen zumindest belastet erscheinen musste. Damit ist mit dem Erstgericht hier schon nicht von einem auffallenden Missverhältnis auszugehen, das entgegen der Auffassung des Berufungswerbers auch nicht durch die Dramatik der Zwangslage substituiert werden kann. Im Übrigen ist auch nicht zu sehen, weshalb nicht, wenn das Missverhältnis so auffallend gewesen sein sollte, zumindest versucht werden hätte können, die Liegenschaft gewinnbringend an einen Dritten zu verkaufen, um die womöglich nicht einmal die Verbindlichkeiten abdeckende Zwangsversteigerung zu verhindern.

Mit dem im Versteigerungsverfahren eingeholten Gutachten ist neben dem Kennenmüssen eines höheren Werts auch eine Auffälligkeit eines allfälligen Missverhältnisses zu verneinen. Gelangte schon ein Sachverständiger für Liegenschaftsbewertung zu einem deutlich geringeren Verkehrswert, konnte ein auf einem höheren Wert gründendes Missverhältnis nicht auffallend sein und es ist der Beklagten kein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen.

Der Berufung kann daher nicht gefolgt werden.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 50, 41 ZPO.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil nicht von gesicherter Rechtsprechung abgewichen wurde und im Übrigen die Umstände des Einzelfalls den Ausschlag gaben.

Der Bewertungsausspruch orientiert sich am Liegenschaftswert, der EUR 30.000,00 übersteigt.