JudikaturOLG Linz

2R34/25w – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
14. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Bernhard Telfser als Vorsitzenden sowie Dr. Werner Gratzl und Mag. Christine Mayrhofer in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* GMBH , FN **, **-Straße **, **, vertreten durch die GEISTWERT Kletzer Messner Mosing Schnider Schultes Rechtsanwälte OG in Wien, wider den Beklagten Mag. C*, geboren am **, Psychologe, **gasse **, **, vertreten durch Dr. Christian Schubert, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 47.500,00) und Widerruf/Urteilsveröffentlichung (Streitwert EUR 6.001,00), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Jänner 2025, Cg1*-10, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit EUR 3.724,92 (darin EUR 620,82 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt insgesamt EUR 30.000,00.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist ein weltweit agierendes Multi-Plattform-Medienunternehmen, welches den privaten Fernsehsender „**“ betreibt und hiefür Programm im Bereich Information und Aktuelles, Sport, Natur, Wissenschaft, Kultur/Volkskultur, Spielfilm, Fiction und Unterhaltung produziert und lizenziert.

Der Beklagte ist als klinischer Psychologe, Gesundheitspsychologe und forensischer Psychologe sowie als klassischer Zauberkünstler tätig. In der Filmbranche war er ausschließlich für die klagende Partei im Zusammenhang mit den ersten beiden Staffeln der Produktion der klagenden Partei „D* – **“ tätig. Er agierte als Fachberater für Psychologie und Zauberkunst. Er schlug angelehnt an seine Person und Profession einen forensischen Psychologen vor, weiters, dass der bereits als Idee vorhandene Zauberer auch größere Tricks bewerkstelligen sollte. Dies wurde in der Folge so umgesetzt. Er war weder davor noch danach in andere Filmproduktionen involviert oder für Film- oder Fernsehproduktionen als Berater tätig und beabsichtigt auch in Zukunft nicht, dies zu tun. Er hat niemals von sich aus Beratungstätigkeiten für die Filmbranche angeboten oder damit geworben, Tätigkeiten in der Filmbranche durchzuführen oder anzubieten.

Die Tätigkeit des Beklagten für die ersten zwei Staffeln der Produktion „E* – **“ war in E* in weiteren Kreisen bekannt. Ebenso wurde bekannt, dass es in diesem Zusammenhang zu einem Urheberrechtsstreit zwischen den Streitteilen gekommen war: Das hier vom Beklagten angestrengte Klagebegehren, es werde festgestellt, dass ihm in den ersten beiden Staffeln und sohin in den ersten 16 Episoden des Werkes der Filmkunst „D* – **“ Rechte nach dem UrhG, und zwar die gesetzlichen Vergütungsansprüche zustünden, und zwar zur Gänze unbeschadeter Rechte der hier klagenden Partei als Laufbildherstellerin, wurde mit erstinstanzlichem Urteil vom 13.10.2023 gänzlich abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung gab das OLG Linz mit Urteil vom 25.01.2024 nicht statt; die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Der Beklagte hat am 29.02.2024 die außerordentliche Revision erhoben. Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren war eine Entscheidung darüber noch offen.

Der Beklagte war wiederholt angesprochen worden, dass er diesen Urheberrrechtsstreit verloren hätte und sinngemäß auch, ob er größenwahnsinnig sei, sich mit A* anzulegen. Der Beklagte antwortete auf solche Äußerungen, dass er das Verfahren noch nicht verloren habe und die Zeit weisen würde, wie es wirklich ausgeht.

Im Zuge solcher Gespräche wurde der Beklagte auch darauf aufmerksam gemacht, dass es im Zusammenhang mit der F* GmbH ein neues „D*-Projekt“ geben soll, wobei der Beklagte keine nähere Kenntnis zu diesem Projekt hatte. Aufgrund der vielfach vertretenen Ansicht, dass er den Urheberrechtsstreit bereits verloren hätte, wollte der Beklagte durch Übermittlung des streitgegenständlichen Schreibens vom 14.06.2024 an die F* GmbH diese über den noch anhängigen Rechtsstreit informieren.

Am 14.06.2024 richtete der Rechtsvertreter des Beklagten in dessen Namen folgendes Schreiben an die F* GmbH:

Betrifft: Rechtsstreit Mag. C* gegen A* B* GmbH am Landesgericht Salzburg zu Aktenzeichen Cg2*

Sehr geehrte Damen und Herren!

In obiger Angelegenheit erlaube ich mir Sie im Namen meines Mandanten Herrn Mag. C* höflich davon in Kenntnis zu setzen, dass bezüglich der Urheberrechte an den ersten 16 Episoden des Werkes der Filmkunst "D* - **" ein Urheberrechtsstreit beim Landesgericht Salzburg zu Aktenzeichen Cg2* anhängig ist, welcher noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

Ich verbleibe mit der Bitte um Kenntnisnahme“

Die F* GmbH nahm das Schreiben zum Anlass, eine Anfrage an G*, die die Serie „D* – **“ produziert hatte, zu richten, ob der Urheberrechtsstreit nach deren Einschätzung Auswirkungen auf die Koproduktion der zwei Salzburg-Krimis habe.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei den Beklagten schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten und/oder Dritte anzustiften zu behaupten, dass bezüglich der Urheberrechte an den ersten 16 Episoden des Werkes der Filmkunst „D* - **" beim Landesgericht Salzburg ein Urheberrechtsstreit gegen die klagende Partei (A* B* GMBH) anhängig sei, sofern nicht gleichzeitig darüber aufgeklärt wird, dass die Klage des Beklagten gegen A* B* GMBH vom Landesgericht Salzburg und auch vom Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht abgewiesen wurde und eine (ordentliche) Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zugelassen wurde (Hervorhebung durch Verfasser), weiters die irreführende Mitteilung an die F* GmbH binnen 14 Tagen unter Nachweis gegenüber der klagenden Partei zu widerrufen bzw richtigzustellen und ihr die Ermächtigung zu erteilen, auf Kosten des Beklagten den Spruch eines dieser Klage stattgebenden Urteils im redaktionellen Teil einer Ausgabe der Tageszeitungen **, ** und ** oder einem vom angerufenen Gericht zu bestimmenden Medium (mit weiteren Präzisierungen) zu veröffentlichen.

Der Beklagte verstoße zu Zwecken des Vorteils des eigenen Wettbewerbs bzw des Nachteils des Wettbewerbs der Klägerin gegen die §§ 1, 2 und 7 UWG sowie § 1330 ABGB, weil er einen Dritten irreführend und exzessiv vor einer Urheberrechtsverletzung gewarnt habe. Darin liege auch eine unzulässige Schutzrechtsverwarnung gegenüber einem unbeteiligten Dritten. Der Beklagte handle offenbar aus Frust ob des verlorenen Urheberrechts-Verfahrens in reiner Schädigungsabsicht und versuche, sich durch die Diskreditierung der Klägerin in einem Rechtsanwaltsschreiben selbst Vorteile im Wettbewerb zu verschaffen. Da der Beklagte eine außergerichtliche Aufforderung zur Unterlassung abgelehnt habe, bestehe Wiederholungsgefahr. Da zu befürchten sei, dass der Beklagte derartige unwahre Tatsachenbehauptungen auch gegenüber anderen Unternehmern in der Filmbranche aufgestellt habe, bedürfe es zur Richtigstellung des unrichtigen Eindrucks einer Urteilsveröffentlichung in den genannten Tageszeitungen.

Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wendete ein, es bestehe kein Wettbewerbsverhältnis; er sei nur einmalig im Rahmen eines speziellen Auftrags für die Klägerin als Berater bei einer Filmproduktion tätig geworden. Das ausschließlich an die F* GmbH übermittelte Schreiben stelle eine reine, keine unrichtigen Fakten enthaltende Sachinformation dar. Auf einen „D* Spielfilm“ habe sich das Schreiben nicht bezogen. Nachdem er auf ein neues D* Projekt der F* GmbH verbunden mit der Behauptung, er hätte den Urheberrechtsprozess ohnehin bereits verloren, angesprochen worden sei, habe er sich bemüht, den Sachverhalt objektiv richtig darzustellen. Durch die Angabe des Aktenzeichens sei der F* GmbH die Möglichkeit gegeben worden, sich über das gesamte Verfahren objektiv zu informieren. Auch sei davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Vertragspartner über derartige Umstände wie nicht abgeschlossene Gerichtsverfahren, die für den jeweiligen Vertragsgegenstand von Bedeutung sein könnten, umfassend informiere. Er habe nicht in Schädigungsabsicht gehandelt und bestehe auch keine Wiederholungsgefahr.

Mit dem angefochtenen Urteilwies das Erstgericht die Klagebegehren ab. Seiner Entscheidung legte es die auf den Seiten 2 sowie 4 bis 6 seines Urteils ersichtlichen Feststellungen zugrunde, die eingangs zusammengefasst wiedergegeben wurden und auf die gemäß § 500a ZPO verwiesen wird. Folgende sind – weil überwiegend bekämpft – noch hervorzuheben:

„[…] Da es ihm wichtig war, eine korrekte Information zu übermitteln, ließ er das Schreiben von seinem Rechtsvertreter verfassen. Dem Beklagten ging es nicht darum, die klagende Partei zu schädigen. An andere Unternehmen oder Personen hat er ein derartiges Schreiben nicht übermittelt. […]“

In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht von einem Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis aus. Es gehe ganz konkret um die Verwertung der Urheberrechte im Zusammenhang mit „D*“, die der Beklagte teilweise im Sinne eines Vergütungsanspruchs für sich beanspruche. Es liege daher ein Handeln des Beklagten im geschäftlichen Verkehr vor und bestehe ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen. Das Verhalten des Beklagten stelle sich jedoch nicht als wettbewerbswidrig dar. Er habe keinerlei unwahre Tatsachenbehauptung verbreitet. Zum Zeitpunkt des Schreibens an die F* GmbH hätte die Möglichkeit bestanden, dass die Revision zugelassen und der Klage stattgegeben werde. Der Beklagte habe mit seiner Information in keinster Weise einen Prozessausgang in die eine oder andere Richtung suggeriert, sondern lediglich objektiv über Tatsachen informiert. Ein „Vorenthalten von Informationen“ könne in dem Schreiben nicht erblickt werden. Es sei nicht notwendig, in einer objektiven, den Tatsachen entsprechenden kurzen Information alle Details im Einzelnen zu schildern. Es wäre auch der F* GmbH leicht möglich gewesen, den Verfahrensstand und -gegenstand durch Einholung näherer Informationen beim Informanten oder bei der klagenden Partei zu erheben. Die objektiv gehaltene Information über Tatsachen stelle daher weder einen Verstoß nach § 7 UWG noch eine Irreführung nach § 2 UWG dar. Dass auch der „D*“-Film oder sämtliche Episoden vom Rechtsstreit betroffen wären, suggeriere das Schreiben nicht. Auch habe der Beklagte mangels näherer Kenntnis über die geplante Produktion gar nicht beurteilen können, ob die nach seiner Ansicht ihm zustehenden Rechte von der neuen Produktion betroffen seien. Dass jede auch nur so objektive Information für den Empfänger einen Interpretationsspielraum und Spekulationen über den weiteren Geschehnisverlauf in verschiedene Richtungen zulasse, liege in der Natur der Sache und bedeute nicht, dass die Information damit wettbewerbswidrig sei bzw der Informant falsche Tatsachen verbreite. Damit liege weder ein Wettbewerbsverstoß noch ein Fall des § 1330 ABGB vor; das Informationsschreiben enthalte weder ehrenbeleidigende noch unwahre Aussagen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung. Sie beantragt die Abänderung im Sinne einer Klagsstattgabe. Der Beklagte beantragt in seiner Berufungsbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Berufung, die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln war, ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer Rechtsrügemacht die Klägerin zusammengefasst geltend, das inkriminierte Schreiben sei irreführend und herabsetzend gewesen, weil es – zumindest nach der Unklarheitenregel – den Eindruck erwecke, dass der Beklagte in einem Urheberrechtsstreit betreffend die ersten 16 Folgen D* gegen sie obsiegt hätte, was gleichbedeutend mit dem Vorwurf sei, sie sei in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung der Urheberrechtsverletzung an den ersten 16 Episoden des Werkes der Filmkunst „D* – **“ schuldig gesprochen worden, was eine Verletzung von § 7 UWG darstelle. Dies habe bei der F* GmbH Sorge ob der Auswirkungen auf das anhängige Filmprojekt ausgelöst und damit Sorge vor einer Urheberrechtsverletzung bewiesen. Wenn schon ein fehlender Hinweis auf eine noch nicht eingetretene Rechtskraft eines (gerichtlichen) Urteils irreführend sei, dann sei – argumentum a maiore ad minus – ein fehlender Hinweis auf eine Abweisung einer Klage noch vielmehr zur Irreführung geeignet. Jeder Leser des Schreibens müsse zu dem Schluss kommen, dass der hier Beklagte im damals noch nicht rechtskräftig entschiedenen Urheberrechtsstreit obsiegt hätte.

Diese Meinung wird nicht geteilt: Die Bestimmungen des UWG erfordern zunächst ein „Handeln im geschäftlichen Verkehr“. Das Gesetz bezieht sich daher nicht auf rein private Handlungen oder rein amtliche Tätigkeiten; Gewinnerzielungsabsicht ist jedoch nicht erforderlich. Nach den Materialien zur Stammfassung des UWG von 1923 sollte jede selbständig betriebene Tätigkeit mit wirtschaftlicher Zielsetzung erfasst sein, somit nicht nur gewerbliche Tätigkeiten, sondern auch Land- und Forstwirtschaft, der Bergbau, die freien Berufe sowie wissenschaftliche und künstlerische Betätigung, sofern sie Erwerbszwecken dient. Eine Schutzrechtsverwarnung ist somit unabhängig vom Beruf des Verwarners als Handlung im geschäftlichen Verkehr anzusehen, sofern sie nur im Rahmen einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit erteilt wird. Bei urheberrechtlichen Fallkonstellationen knüpft der Begriff des „Werkes“ und der „Schöpfung“ nicht an eine gewerbliche Nutzung an und spielt gerade im Urheberrecht auch die Wahrung der ideellen Interessen des Urhebers eine Rolle. In aller Regel wird jedoch auch hier eine Handlung im geschäftlichen Verkehr vorliegen, weil eine Urheberrechtsverwarnung zumeist ebenso im Rahmen einer Erwerbszwecken dienenden Tätigkeit zur Wahrung wirtschaftlicher Interessen ausgesprochen wird ( Schima, Die Haftung für unbegründete Herstellerverwarnungen [2020], 33f).

Das Schreiben des Beklagten stellt eine derartige Schutzrechtsverwarnung dar, die nach dem Gesagten ein Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis (4 Ob 96/19z) begründet: Derartige Mitteilungen sind so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen bei ungezwungener Auslegung verstanden werden, nicht so, wie sie gemeint waren oder verstanden werden sollten. Diese Betrachtungsweise ist nicht nur für die Beantwortung der Frage maßgebend, ob überhaupt eine Tatsachenbehauptung vorliegt, sondern auch für die Konkretisierung des Inhalts. Dabei muss der Behauptende bei mehreren ernstlich in Betracht kommenden Deutungsvarianten die ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt darin, dass das Schreiben nur an einen einzigen Empfänger gerichtet war. Das Abstellen auf den „Durchschnittsleser“ oder die „angesprochenen Verkehrskreise“ kann in diesem Fall nicht bedeuten, dass auf das Verständnis eines außenstehenden Dritten abgestellt werden müsste, der von den geschäftlichen Verhältnissen des Erklärungsempfängers nichts weiß. Vielmehr kommt es darauf an, welche Wirkung das Schreiben beim Empfänger haben konnte. Denn der Wettbewerbsnachteil tritt ja nicht bei einem fiktiven Dritten ein; der mögliche Schaden für den Betroffenen liegt in der Reaktion des konkreten (einzigen) Erklärungsempfängers. Die von der Rechtsprechung geforderte objektive Betrachtungsweise bedeutet hier daher nur, dass der Kläger nicht das tatsächliche Verständnis der Mitteilung durch den Empfänger nachzuweisen hat, sondern dass insofern ein objektiver Empfängerhorizont maßgeblich ist. Dabei ist aber der Kenntnisstand des Empfängers zugrunde zu legen; es ist zu fragen, wie ein verständiger Leser in dessen Position die Äußerung verstünde (4 Ob 184/06x).

Wird ein Dritter (hier: die F* GmbH) auf eine Störung eines Mitbewerbers (hier: die klagende Partei) hingewiesen, liegt eine sogenannte „Abnehmerverwarnung“ vor, weil sie sich in der Regel an tatsächliche oder potenzielle Abnehmer wendet (4 Ob 211/19m). Ausgehend von den genannten Auslegungsgrundsätzen konnte die F* GmbH als Erklärungsempfängerin das Schreiben des Beklagten durchaus als Schutzrechtsverwarnung ansehen, weist der Beklagte darin doch auf einen behängenden Urheberrechtsstreit betreffend der Urheberrechte an den ersten 16 Episoden des Werkes der Filmkunst „D* – **“ hin. Zielrichtung des Schreibens ist nicht bloß die Information über ein Verfahren, sondern auch die Absicht, seine bestimmt bezeichneten Urheberrechte auch gerichtlich durchzusetzen (vgl 17 Ob 23/09w).

Insbesondere die Generalklausel des § 1 UWG und die diese konkretisierenden §§ 1a und 2 UWG sind vom Begriff der Geschäftspraktik geprägt. Eine Geschäftspraktik ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs 4 Z 2 UWG „jede Handlung, Unterlassung, Verhaltensweise oder Erklärung, kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing eines Unternehmens, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts zusammenhängt“. Eine zweipersonale Verwarnung steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Absatzförderung und stellt eine Geschäftspraktik dar, wenn sie sich – wie hier – an einen Abnehmer wendet (vgl Schima,aaO S 37). Das Vorliegen einer Geschäftspraktik eröffnet daher die Prüfung, ob der Beklagte – wie von der Klägerin behauptet – gegen § 2 Abs 4 Z 2 UWG verstoßen hat.

Danach gilt eine Geschäftspraktik auch als irreführend, wenn sie wesentliche Informationen gemäß Z 1 unter Berücksichtigung der darin beschriebenen Einzelheiten verheimlicht, oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt oder ihren kommerziellen Zweck nicht kenntlich macht, sofern dieser sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt.

Wenn die Berufungswerberin meint, das Schreiben habe durch Verschweigung der Abweisung der Klage des (hier) Beklagten in zwei Instanzen und der Nichtzulassung der ordentlichen Revision bei der F* GmbH den Eindruck erweckt, dass die Klägerin Urheberrechte des Beklagten verletze oder verletzt haben könnte, so ändert sich – wie unten noch näher darzustellen sein wird - für einen objektiven Empfängerhorizont auch bei einem Hinzudenken der genannten Tatsachen nichts am Erklärungsinhalt betreffend einen noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Urheberrechtsstreit. Soweit die Berufungswerberin rügt, es sei die äußerst geringe Erfolgswahrscheinlichkeit einer außerordentlichen Revision verschwiegen worden, betrifft dies ausschließlich ein Werturteil und kann daher schon deswegen keine vorenthaltene Information (Tatsache) sein (UWG: Kommentar, Görg Rz 1031).

Auch das zur noch nicht eingetretenen Rechtskraft geführte argumentum a maiore ad minus überzeugt nicht: Darin wird abweichend von der Meinung der Berufungswerberin vor allem betont, wie wichtig es in einer Information über eine gerichtliche Entscheidung ist, auf eine noch nicht eingetretene Rechtskraft hinzuweisen. Dem hat der Beklagte in seinem Schreiben entsprochen. Entgegen der Berufungsansicht kann – aus der Sicht eines verständigen Lesers in der Position der F* GmbH – der Hinweis auf ein noch nicht abgeschlossenes Gerichtsverfahren nicht dahingehend verstanden werden, der Erklärungsverfasser habe bisher in diesem Verfahren in den Unterinstanzen obsiegt.

Abgesehen davon erhellt sich für den Berufungssenat auch nicht, welcher Unterschied sich bei Erwähnung der Entscheidungen der Unterinstanzen in der Beurteilung durch die Erklärungsempfängerin, hier der F* GmbH, im Vergleich zu dem im Schreiben enthaltenen Inhalt ergeben soll, ist doch gerade durch den Hinweis auf ein noch nicht rechtskräftiges Verfahren klargestellt, dass es sich noch in jegliche Richtung hin ändern kann, also über einen behaupteten Urheberrechtsanspruch noch nicht endgültig entschieden ist. Vielmehr beinhaltet die aus dem genannten Schreiben herauszufilternde Aussage (nur) das, was sie ist: Eine Tatsachenbehauptung des Inhalts, dass ein vom hier Beklagten angestrengter Urheberrechtsprozess gegen die Klägerin behängt und dieser noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Alle darüber hinausgehenden Interpretationen der Klägerin gehen zu weit und finden bei der gebotenen Interpretation keine Deckung im genannten Schreiben.

Im Übrigen soll durch § 2 Abs 4 UWG nicht eine verfälschte, sondern eine verkürzte Entscheidungsgrundlage verhindert werden. Es soll sichergestellt werden, dass der Interessent über ausreichende informationelle Sachkenntnis verfügt bzw verfügen könnte, um die Möglichkeit zu haben, eine informationsgeleitete geschäftliche Entscheidung zu treffen. Darüber hinaus bedarf es auch dann, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Verkehr sich die entsprechenden Informationen selbst beschafft, keiner Aufklärung durch den Unternehmer ( Görg, aaO, Rz 1014, 1029). Dies war auch hier insofern der Fall, weil die F* GmbH aufgrund des Schreibens des Beklagten weitere Nachforschungen angestellt hat. Wäre es für sie trotz des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens von Bedeutung, hätte sie insofern die einzelnen Details des vom Beklagten in seinem Schreiben erwähnten Verfahrens bei der Klägerin leicht erfragen können.

Wie bereits schon oben erwähnt, handelt es sich bei den von der Klägerin als rechtswidrig unterlassen beurteilten Informationen jedoch nicht um wesentliche. Jeder verständige Marktteilnehmer wird aufgrund des bis dahin nur ungewissen, weil bisher noch nicht rechtskräftigen Prozessausgangs vor allem auf eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung abstellen und braucht daher für eine geschäftliche Entscheidung keine Vorinformationen über den Prozessausgang in den Unterinstanzen (vgl Görg,aaO). Damit erweist sich der von der Klägerin erhobene Vorwurf einer irreführenden Geschäftspraxis nach § 2 Abs 4 Z 2 UWG als nicht berechtigt.

Auch § 7 UWG bildet keine taugliche Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche: Sie stützt ihre Ansicht darauf, der Beklagte habe den Eindruck erweckt, sie sei im Urheberrechtsstreit beim Landesgericht Salzburg unterlegen, verletze mit den ersten 16 Episoden des Werkes der Filmkunst „D* – **“ Urheberrechte des Beklagten, womit der Beklagte mit einer unwahren Tatsachenbehauptung (weil der OGH keine Revision gegen die Klagsabweisung zugelassen habe) bzw mit einem Wertungsexzess den Kredit und das Fortkommen der klagenden Partei geschädigt habe.

Dem ist nicht zuzustimmen: Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung erfasst § 7 UWG jede (unwahre) Tatsachenbehauptung über geschäftliche Verhältnisse, die zu einem Schaden für den Kredit oder den Betrieb des davon Betroffenen führen kann (4 Ob 185/23v). Ein Werturteil – also eine Äußerung, die sich als Ausdruck der subjektiven Meinung darstellt – begründet keinen Anspruch nach § 7 UWG. „Tatsachen“ iSd § 7 Abs 1 UWG sind nach ständiger Rechtsprechung – unabhängig von der im Einzelfall gewählten Formulierung – Umstände, Ereignisse oder Eigenschaften eines greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm anhand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhalts (RIS-Justiz RS0079167). Der Begriff der Tatsachenbehauptung wird von Lehre und Rechtsprechung zum Schutze des Verletzten seit jeher weit ausgelegt und darin jede Äußerung über Vorgänge oder Zustände objektiv nachprüfbaren Inhalts erblickt (RIS-Justiz RS0979443).

Eine Schutzrechtsverwarnung ist eine Tatsachenbehauptung, wenn der Sachverhalt unrichtig dargestellt ist. Ist aber der Sachverhalt richtig wiedergegeben und lediglich die rechtliche Bewertung (über das Vorliegen einer Schutzrechtsverletzung), also die Subsumtion unzutreffend, liegt ein bloßes Werturteil vor (RIS-Justiz RS0112210 [T3]). Ob durch eine Äußerung Tatsachen verbreitet werden oder eine wertende Meinungsäußerung vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsadressaten. Wesentlich ist, ob sich ihr Bedeutungsinhalt auf einen Tatsachenkern zurückführen lässt, der einem Beweis zugänglich ist, sodass sie nicht mehr subjektiv angenommen oder abgelehnt, sondern als richtig oder falsch beurteilt werden kann (RIS-Justiz RS0032262 [T2]). Auch eine konkludente Tatsachenbehauptung geht von bestimmten Tatsachen aus. Ihr Inhalt kann demnach objektiv auf seine Richtigkeit überprüft werden (RIS-Justiz RS0031810 [T2]).

Das von der Klägerin beanstandete Schreiben enthält ausschließlich reine Tatsachenbehauptungen. Dass es nicht so interpretiert werden kann, wie es die Klägerin wünscht, wurde schon oben zu § 2 UWG dargelegt. Ein weiteres Verständnis als jenem, das dem bloßen schriftlichen Inhalt entnommen werden kann, und zwar, dass ein Urheberrechtsstreit des hier Beklagten gegen die hier als Klägerin auftretende Partei behängt, dieses im Zusammenhang mit den ersten 16 Episoden des Werks „D* – **“ steht und dieser Rechtsstreit noch nicht abgeschlossen hat, ist demnach nicht zu berücksichtigen. Dass dieser Inhalt unwahr sein soll, hat die Klägerin ohnehin nie behauptet, sondern ihre Vorwürfe nur auf eine hier abgelehnte, weil zu weitgehende Interpretation gestützt. Eine unwahre Tatsachenbehauptung liegt daher nicht vor und ist daher § 7 UWG als Anspruchsgrundlage ebenfalls zu verneinen. Ein Wertungsexzess käme zudem nur dann in Betracht, wenn überhaupt ein Werturteil vorläge; dies ist hier nicht der Fall (vgl RIS-Justiz RS0054817 [T3]).

Mangels einer unwahren Tatsachenbehauptung fehlt es auch an einem rechtswidrigen Verhalten, das unter § 1330 ABGB subsumiert werden könne. Die Berufung enthält dazu nichts. Da schon die Tatbestände der jeweiligen UWG-Bestimmungen nicht vorliegen, erübrigt es sich in Folge, auf die zur Wiederholungsgefahr erstatteten Ausführungen einzugehen. Diese wären nur bei Bejahung der entsprechenden Vorwürfe von Relevanz.

In ihrer Tatsachenrüge bekämpft die Berufungswerberin die oben hervorgehobenen Feststellungen und begehrt an dessen Stelle jene, dass der Beklagte die F* mit dem Schreiben in Schädigungsabsicht über den Urheberrechtsstreit zu Cg2* informiert habe. Wenn die Klägerin dazu als Begründung ins Treffen führt, das Erstgericht habe nicht begründet, wieso es dieser Schutzbehauptung Glauben geschenkt habe, übersieht sie die ausführlichen und eingehenden Erwägungen des Erstgerichts, die sich auf Seite 6f des angefochtenen Urteils finden.

In Vorgriff zu ihren weiteren Ausführungen ist der Klägerin zu erwidern, dass eine unrichtige Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung nicht schon dann vorliegt, wenn das Erstgericht aufgrund des Beweisverfahrens auch Feststellungen treffen hätte können, die für den Rechtsstandpunkt des Berufungswerbers günstiger wären, ohne dass solche Feststellungen eine bedeutend höhere innere Wahrscheinlichkeit für sich hätten als die vom Erstgericht getroffenen. Der geltend gemachte Berufungsgrund liegt vielmehr nur dann vor, wenn das Erstgericht die getroffenen Feststellungen auf unvollständig bzw unrichtige Überlegungen und Schlussfolgerungen stützt, oder, wenn die Beweiswürdigung und die sich darauf gründenden Tatsachenfeststellungen den Denkgesetzen bzw Erfahrungssätzen widersprechen ( Pimmer in Fasching/Konecny² § 467 ZPO Rz 33, 39, 42; Fasching /Lehr- und Handbuch zum ZPR² Rz 1769f). Das Berufungsgericht hat im Zuge einer Tatsachenrüge immer nur zu überprüfen, ob das Erstgericht die ihm vorgelegenen Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat, nicht aber, ob die getroffenen Feststellungen objektiv wahr sind ( Zechner in Fasching/Konecny² § 503 ZPO Rz 146; Kodek in Rechberger, ZPO 4 § 182 Rz 4).

Der von der Berufungswerberin gezogene Schluss, aufgrund des vom Beklagten mit Ausnahme der 16 Episoden D* verneinten Bezugs zur Filmwelt und zur Filmbranche komme als alleiniges Interesse des Beklagten an der Schutzrechtsverwarnung der F* über den Urheberrechtsstreit dann nur Schädigungsabsicht in Frage, ist nicht zwingend und nur eine von vielen Möglichkeiten, dem sich jedoch das Erstgericht in seiner unbedenklichen Beweiswürdigung gerade nicht anschloss. Vielmehr erläuterte es die Motive und Zusammenhänge, aus denen heraus es nachvollziehbar und plausibel eine Schädigungsabsicht des Beklagten verneinte.

Außer der unzutreffenden Behauptung, das Erstgericht habe sich mit der Glaubwürdigkeit des Beklagten nicht auseinandergesetzt, vermag die Berufungswerberin sonst weiter nichts ins Treffen zu führen. Die bekämpfte Feststellung und die zugrunde gelegte Beweiswürdigung erweisen sich daher als unbedenklich, die Tatsachenrüge bleibt erfolglos.

Wenn die Berufungswerberin abschließend eine unrichtige rechtliche Beurteilung zum Veröffentlichungsinteresse moniert, weil das Erstgericht keine Entscheidung über das Veröffentlichungsbegehren getroffen habe, übersieht sie zum einen den auf Seite 1 des Urteils aufzufindenden, darauf Bezug nehmenden Spruch des Erstgerichts. Mangels Berechtigung des Unterlassungs- und Widerrufsbegehrens erübrigte sich zum anderen ohnehin eine weitere rechtliche Auseinandersetzung mit der Berechtigung des Veröffentlichungsinteresses.

Diese Kritik wie die Berufung der klagenden Partei insgesamt bleibt erfolglos.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.

Die Bewertung des Entscheidungsgegenstands beruht auf den unbeanstandet gebliebenen und plausiblen Klagsangaben. Da ein rechtlicher und sachlicher Zusammenhang iSd § 55 Abs 1 JN zwischen einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch und einem diesbezüglichen Veröffentlichungsbegehrens besteht (4 Ob 67/11y), waren die beiden Bewertungsansätze zusammenzurechnen, was einen insgesamt EUR 30.000,00 übersteigenden Betrag ergibt.

Die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO war nicht zuzulassen, weil es so sehr von den Umständen des konkreten Falls abhängt, wie eine Äußerung im Einzelfall zu verstehen ist, sodass dieser Frage keine darüber hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt (vgl RIS-Justiz RS0112210 [T2]).