JudikaturOLG Linz

3R151/24g – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
16. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht durch Senatspräsident Mag. Hans Peter Frixeder als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Gert Schernthanner und die Richterin Mag. a Carina Habringer-Koller in der Rechtssache des Klägers Ing. A* , geboren am **, Pensionist, **weg **, vertreten durch die Heinisch Weber Rechtsanwälte OG in Wien, wider die Beklagte B*AG , **straße **, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen (restlich) EUR 5.385,00 sA über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 23. Oktober 2024, GZ1* (Berufungsinteresse: EUR 2.692,50 sA) und über den Rekurs des Klägers gegen die im Urteil des Landesgerichtes Wels vom 23. Oktober 2024, GZ1*, enthaltene Kostenentscheidung (Rekursinteresse: EUR 5.960,31) in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 731,90 (darin EUR 121,98 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

II. Dem Kostenrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird in seiner Kostenentscheidung (Spruchpunkte 2. und 3.) dahin abgeändert, dass diese wie folgt zu lauten hat:

„2. Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit EUR 7.560,42 (darin EUR 342,87 an anteiligen Barauslagen) saldierten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die Kosten des Rekursverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe und begründung:

Der Kläger erwarb am 17. September 2015 in ** beim Autohaus “C*“ ein Fahrzeug der Marke Mercedes-Benz Typ GLC 220d 4 Matic CDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ** um den vereinbarten Kaufpreis von EUR 53.850,00 (gegen Eintausch seines bisherigen Fahrzeugs Audi Q5 um EUR 16.000,00). Das Fahrzeug enthält den von der Beklagten entwickelten und eingebauten Dieselmotor vom Typ „OM 651“.

Der Klägerbegehrte von der Beklagten ursprünglich Wandlung und die Rückzahlung des um ein Benützungsentgelt geminderten Kaufpreises in Höhe von EUR 40.746,50 sA Zug um Zug gegen die Rückstellung des Fahrzeugs. Der Kläger stützte seine Klage im Wesentlichen auf die Bestimmungen der §§ 874, 1295 und 1311 ABGB. Er brachte zusammengefasst vor, dass der in seinem Fahrzeug verbaute Dieselmotor vom sogenannten „Abgasmanipulations-skandal“ betroffen sei und dass die Stickoxidwerte nicht den Angaben im Typenschein entsprächen. Hätte er gewusst, dass im Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut war, hätte er das Fahrzeug nicht gekauft. Auch ein allfälliges Software-Update habe an diesem Umstand nichts geändert. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den Kauf des Fahrzeugs Zug um Zug rückabzuwickeln. In der Verhandlung vom 7. Juni 2023 schränkte der Kläger auf EUR 34.844,-- sA ein, wobei er sich ein Benützungsentgelt für die seit dem Kaufzeitpunkt gefahrenen Kilometer in Höhe von EUR 19.006,00 anrechnen ließ (ON 33.4, 4).

In eventu begehrte der Kläger aus dem Titel der Wertminderung die Zahlung von EUR 16.155,00 sA (30% des Kaufpreises), da das Fahrzeug aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung erheblich weniger wert sei, als es ohne die unzulässige Abschalteinrichtung wäre. Ihm sei dadurch ein Schaden in Höhe der durch die unzulässige Abschalteinrichtung bedingten Wertminderung entstanden; auch daran habe das Software-Update nichts geändert. Letztlich erhob der Kläger auch ein (mit EUR 3.000,00 bewertetes) Feststellungsbegehren.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und wendete im Wesentlichen ein, dass im Fahrzeug keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Das Fahrzeug sei technisch sicher, fahrbereit und könne uneingeschränkt im Straßenverkehr benützt werden; sowohl die EG-Typengenehmigung als auch die Zulassung seien weiterhin aufrecht. Dem Kläger sei zu keinem Zeitpunkt ein Schaden entstanden. Eine ursprünglich allenfalls bestandene unzulässige Abschalteinrichtung sei durch das von der Beklagten angebotene und in der Zwischenzeit (im November 2018) auch durchgeführte Software-Update behoben worden; nach diesem Update sei das Thermofenster im Fahrzeug auf einen Temperaturbereich von -10 Grad Celsius bis +40 Grad Celsius erweitert worden. Das Fahrzeug unterliege keiner Wertminderung; auch das vom Kläger erhobene Feststellungsbegehren bestehe nicht zu Recht.

Mit Urteil vom 8. August 2023 wies das Erstgericht im ersten Rechtsgang das Klagebegehren zur Gänze ab und verpflichtete den Kläger zum Kostenersatz (ON 40).

Das OLG Linz gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers mit Berufungsurteil vom 12. Dezember 2023, GZ2*, teilweise Folge, bestätigte das Ersturteil in seinen Spruchpunkten 1. (Abweisung des Hauptbegehrens) und 2.2. (Abweisung des Eventualbegehrens auf Feststellung) und änderte das auf Leistung gerichtete Eventualbegehren gemäß Punkt 2.1. dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, dem Kläger EUR 5.385,00 samt 4% Zinsen pa daraus seit 10. November 2021 binnen 14 Tagen zu bezahlen, während es das Leistungsmehrbegehren von EUR 10.770,00 sA abwies (ON 45).

Der OGHgab mit Beschluss vom 22. Mai 2024, 7 Ob 40/24v, der gegen das Berufungsurteil erhobenen Revision der Beklagten Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen im Umfang des Zuspruchs von EUR 5.385,00 sA auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Die Abweisung des Hauptbegehrens und des Eventualbegehrens im Umfang der Abweisung des Zahlungsbegehrens von EUR 10.770,00 sA sowie der Abweisung des Feststellungsbegehrens erwuchs unbekämpft in Rechtskraft. Im Umfang von EUR 5.385,00 sA erachtete der OGH die Rechtssache für noch nicht spruchreif, weil die Feststellungen nicht ausreichten, um ein Verschulden der Beklagten zu beurteilen (ON 51).

Mit dem angefochtenen Urteil im zweiten Rechtsgang verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung des restlichen Betrags von EUR 5.385,00 samt 4% Zinsen pa daraus seit 10. November 2021. Weiters verpflichtete es einerseits den Kläger zum Ersatz der mit EUR 10.947,95 bestimmten anteiligen Verfahrenskosten und andererseits die Beklagte zum Ersatz der mit EUR 202,28 bestimmten anteiligen Barauslagen.

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung die auf US 2 bis 6 getroffenen Feststellungen zugrunde, die unbekämpft geblieben sind und im Folgenden auszugsweise wiedergegeben werden:

Im Oktober 2018 erreichte den Kläger das Schreiben der Beklagten, dass ein Software-Update am Fahrzeug zu machen ist. Gleichzeitig legte die Beklagte in dem Schreiben dar, dass sich an den Treibstoff-Verbrauchswerten nichts ändern wird. Der Kläger berechnete seinen AdBlue-Verbrauch mit 1,05% pro Liter Diesel bis zum Update am 5. November 2018; danach sank der berechnete Verbrauch auf 0,79% AdBlue pro Liter Diesel. Das Fahrzeug entspricht nach wie vor den Erwartungen des Klägers; er lässt das Service ebenso regelmäßig machen wie das „Pickerl“. Bis zum Jänner 2022 fuhr der Kläger mit dem Fahrzeug gut 86.000 km, bis Anfang Juni 2023 fuhr er 105.833 km; dh der Kläger ist seit seiner Einvernahme als Partei rund 20.000 km gefahren, er dachte nicht daran, das Auto zu verkaufen.

Die Marktüberwachung des KBA ergab bislang keine Hinweise, dass nach dem Aufspielen des Software-Updates die geforderte Mindestdauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Bauteile von 160.000 km nicht mehr erreicht wird bzw eingehalten werden kann. Es kann nicht festgestellt werden, dass das verbaute „Thermofenster“ über die überwiegende Zeit des Jahres inaktiv ist. Vor dem Update war das „Thermofenster“ zwischen 0 Grad Celsius und 35 Grad Celsius bedatet; nach dem Aufspielen des Updates am 5. November 2018 wurde der Temperaturbereich des „Thermofensters“ auf -10 Grad Celsius bis +40 Grad Celsius erweitert.

Am 5. November 2018 wurde am Fahrzeug des Klägers ein Software-Update durchgeführt. Das Update hat tatsächlich zu keinen Leistungseinbußen, zu keinem Kraftstoffmehrverbrauch und zu keinem erhöhten CO²-Verbrauch im realen Betrieb, und schon gar nicht zu einer Überschreitung der Angaben des Herstellers geführt.

Mit dem Softwareupdate ist es zu einer Verbesserung der Interaktion zwischen Abgasrückführung und SCR-Dosierung gekommen. Die Abgasrückführung ist im Bereich von -10 Grad Celsius bis +40 Grad Celsius, jedenfalls aber im Bereich der im Unionsgebiet herrschenden Jahresdurchschnittstemperatur unkorrigiert. Das Fahrzeug weist (spätestens seit dem Update) über den überwiegenden Zeitraum eines Jahres eine volle und uneingeschränkte Abgasrückführung auf (was allerdings nicht bedeutet, dass der NOx-Grenzwert von 80 mg über den überwiegenden Zeitraum eines Jahres eingehalten wird; der Thermofensterbereich darf nicht mit dem tatsächlichen NOx-Ausstoß gleichgesetzt werden).

Für den Fall, dass der Kläger seinen Mercedes GLC 220d 4 Matic verkauft, erleidet er keinen Abschlag aufgrund des aufgespielten Software-Updates, verglichen mit einem fiktiv gleich- wertigen Mercedes GLC 220d 4 Matic, der schon bei der Auslieferung über eine Software mit inkludiertem Software-Update verfügt hätte. Das Software-Update hat eine deutliche Verbesserung der Abgasqualität erbracht, sodass nach dem Aufspielen des Software-Updates kein Minderwert des Mercedes GLC 220d 4 Matic festgestellt werden kann. Am Gebrauchtwagenmarkt gibt es keinen Wertverlust für Fahrzeuge, die vom Abgasskandal betroffen waren, und schon gar keinen für Fahrzeuge, bei denen lediglich ein Software-Update zur Verbesserung des Emissionsverhaltens aufgespielt wurde. Wenn ein Käufer zum Zeitpunkt des Erwerbs im September 2015 zwei völlig idente Fahrzeuge angeboten bekommen hätte, eines mit einem Taferl in der Windschutzscheibe „Ich bin verordnungskonform“ und ein zweites mit einem Taferl „Ich bin vorerst nicht verordnungskonform, allerdings gibt es innerhalb von 1 Jahr ein verordnungskonformes Software-Update“, dann würde jeder vernünftige Käufer beim gleichen Kaufpreis zu dem von vorneherein verordnungskonformen Fahrzeug greifen. Das heißt, das vorerst nicht verordnungskonforme Fahrzeug müsste billiger angeboten werden, wobei der Preisabschlag mit maximal 10% zu begrenzen wäre. Nur für den Fall, dass im Jahr 2015 festgestellt worden wäre, dass das Software-Update nicht verordnungskonform wäre und trotz dieser Feststellung bis heute kein konformes Software-Update in Aussicht gestellt würde, müsste man den Abschlag von 10% erweitern, weil dann über den gesamten Benützungszeitraum von nunmehr [richtig] 9 Jahren kein konformes Software-Update zur Verfügung gestellt worden wäre. Für diesen Fall, dass eben ein nicht verordnungskonformer Zustand festgestellt und kein konformes Software-Update in angemessener Frist angeboten würde, wäre die fiktive Zeitwertminderung, bezogen auf den Ankaufszeitpunkt, auf 20% bis 30% zu erhöhen.

Die Gefahr des Entzugs der Typengenehmigung oder gar eine Stilllegung des Fahrzeugs droht nicht.

In rechtlicher Hinsichtgab das Erstgericht im Wesentlichen die Ausführungen des OGH in dessen Entscheidung 7 Ob 40/24v (Rz 20 bis 44) und des OLG Linz in dessen Berufungsurteil GZ2* (S 13 bis 14) wieder und kam zu dem Ergebnis, dass die Beklagte im zweiten Rechtsgang zwar ein umfassendes Vorbringen erstattet, aber keine zusätzlichen Beweise angeboten habe. Deshalb hätten keine neuen Beweise aufgenommen und der festgestellte Sachverhalt nicht verbreitert werden können. Daher bleibe es bei dem Ergebnis, dass der Kläger Anspruch auf Wertminderung im Umfang von 10% des ursprünglichen Kaufpreises, somit im Betrag von EUR 5.385,00 habe.

Die Kostenentscheidungstützte das Erstgericht auf „§ 43 Abs 2 ZPO“, wobei es zwei Verfahrensabschnitte bildete: Im ersten Abschnitt (bis zur Klagseinschränkung in ON 33) sei der Kläger mit rund 13% durchgedrungen, sodass er der Beklagten 74% von deren Kosten zu ersetzen habe. In diesem Abschnitt erhalte der Kläger 13% der von ihm allein getragenen Pauschalgebühr. Im zweiten Abschnitt habe der Kläger mit rund 15% obsiegt, sodass er der Beklagten 70% von deren Kosten und 85% von deren allein getragenen Barauslagen zu ersetzen habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich einerseits die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass dem Kläger lediglich ein Betrag von EUR 2.692,50 (= 5% des ursprünglichen Kaufpreises) zugesprochen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Der Kläger strebt mit seiner Berufungsbeantwortung die Bestätigung des Ersturteils an.

Gegen die im angefochtenen Urteil enthaltene Kostenentscheidung richtet sich andererseits der Kostenrekurs des Klägers mit dem Antrag, ihn lediglich zu einem Kostenersatz in Höhe von EUR 4.785,36 brutto an die Beklagte zu verpflichten.

Die Beklagte strebt in ihrer Rekursbeantwortung die Bestätigung der Kostenentscheidung an.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung der Beklagten ist nicht berechtigt ; der Kostenrekurs des Klägers ist teilweise berechtigt .

I. Zur Berufung der Beklagten:

1. Zur Rechtsrüge:

1.1. Die Beklagte argumentiert im Rahmen ihrer Rechtsrüge zusammengefasst, dass das Erstgericht auf US 5 bindend festgestellt habe, dass beim Fahrzeug keine Wertminderung vorliege, sodass es nach der ständigen Rechtsprechung des OGH den Anspruch am unteren Ende der Bandbreite, somit mit höchstens 5% des Kaufpreises, zusprechen hätte dürfen. Auch aufgrund des Alters des Fahrzeugs und der umfassenden Nutzung durch den Kläger wäre der Anspruch am unteren Ende der Bandbreite festzusetzen gewesen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Erstgericht daher nur eine Wertminderung in Höhe von 5% des ursprünglichen Kaufpreises, somit einen Betrag von EUR 2.692,50 zusprechen dürfen.

1.2. Richtig ist, dass das Erstgericht auf US 5 einerseits feststellte, dass für den Fall, dass der Kläger seinen Mercedes verkaufen sollte, er keinen Abschlag aufgrund des aufgespielten Software-Updates erleiden würde und dass nach dem Aufspielen des Software-Updates kein Minderwert beim Mercedes mehr festgestellt werden könne.

Andererseits hat das Erstgericht aber auch unbekämpft und auf der Grundlage des vom Sachverständigen erstatteten Gutachtens festgestellt, dass dann, wenn ein Käufer zum Zeitpunkt des Erwerbs im September 2015 – und nur auf diesen Zeitpunkt kommt es an – zwei völlig idente Fahrzeuge angeboten bekommen hätte, ein verordnungskonformes und ein anderes vorerst nicht verordnungskonformes, das vorerst nicht verordnungskonforme Fahrzeug um 10% billiger angeboten hätte werden müssen (US 5). Das Erstgericht stellte daher ausdrücklich fest, dass zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs durch den Kläger (als noch kein Software-Update aufgespielt war) für das Fahrzeug ein Preisabschlag von 10% zu veranschlagen war. Diese erstgerichtliche Feststellung hat die Beklagte nicht bekämpft.

1.3.Wenn sie daher nun in ihrer Rechtsrüge davon ausgeht, dass das Erstgericht keine Wertminderung (auch nicht bezogen auf den Zeitpunkt des Erwerbs) festgestellt habe, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Eine Rechtsrüge ist nur dann dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn das angefochtene Urteil unter Zugrundelegung des von ihm festgestellten Sachverhalts als unrichtig bekämpft wird (RS0041585). Eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge hat daher stets vom festgestellten Sachverhalt auszugehen (vgl RS0043312). Da die Beklagte in diesem Punkt nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, ist ihre Rechtsrüge insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt.

1.4.Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des OGH ist der nach den Vorgaben des EuGH objektiv-abstrakt zu ermittelnde Schaden bereits aufgrund des Kaufvertrags eingetreten (10 Ob 27/23b, 10 Ob 46/23x ua). Dabei kann der vom deutschen BGH in einer Bandbreite von 5% (aus Gründen unionsrechtlicher Effektivität als Untergrenze) bis 15% (aus Gründen unionsrechtlicher Verhältnismäßigkeit als Obergrenze) ausgemittelte Schadenersatzbetrag auch für das österreichische Recht übernommen werden, sodass der zu ersetzende Betrag innerhalb dieser Bandbreite festzusetzen ist. Da der Kläger im konkreten Fall spätestens seit dem Software-Update im November 2018 Kenntnis vom umweltschädlichen Mangel hatte, das Fahrzeug jedoch auch nach Aufdeckung des „Abgasskandals“ behielt und weiter verwendete, erscheint ein Minderwert von 10% sachgerecht und angemessen (vgl 10 Ob 27/23b [Rz 39 ff]; RS0134498). Dies korrespondiert auch mit den Ausführungen des Sachverständigen DI D* in der Verhandlung vom 7. Juni 2023, wonach ein vorerst nicht verordnungs-konformes Fahrzeug, bei dem später ein Software-Update aufgespielt werden konnte, zunächst um ca 10% billiger angeboten hätte werden müssen (Protokoll ON 33.4, 9).

1.5. Auf den Umstand, dass sie an der vom Kläger behaupteten Übertretung eines Schutzgesetzes (angeblich) kein Verschulden treffe, kommt die Beklagte in ihrer Berufung nicht mehr näher zurück.

2. Ergebnis, Kosten, Zulassung:

2.1. Im Ergebnis kommt der Berufung der Beklagten – auf der Grundlage des im zweiten Rechtsgang unbekämpft gebliebenen Sachverhalts – keine Berechtigung zu.

2.2.Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 und 41 ZPO.

2.3.Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert EUR 5.000,00 nicht übersteigt. Daher kommt es allein auf den Entscheidungsgegenstand an, über den das Berufungsgericht entschieden hat (RS0042408).

II. Zum Kostenrekurs des Klägers:

1.Vorauszuschicken ist, dass das Erstgericht am Ende der Verhandlung vom 11. Oktober 2024, nachdem die Parteienvertreter ihre Kostennoten gelegt hatten, den Schluss der Verhandlung verkündete (Protokoll ON 57.5, 3). Noch vor Ablauf der 14-tägigen Frist für die Erhebung von Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis fasste das Erstgericht das nunmehr bekämpfte Urteil ON 58 vom 23. Oktober 2024; dieses wurde beiden Parteien am 28. Oktober 2024 zugestellt. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte erhoben fristgerecht jeweils am 25. Oktober 2024 Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis der jeweils anderen Partei (ON 59 und 60). Diese konnten bei der vom Erstgericht gewählten Vorgangsweise naturgemäß nicht mehr berücksichtigt werden. Durch dessen rasche Entscheidung ist § 54 Abs 1a ZPO gänzlich unanwendbar, was zur Folge hat, dass die im Kostenrekurs vorgetragenen Argumente nicht gegen das Neuerungsverbot verstoßen (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3II/1 § 54 ZPO Rz 27; Obermaier, Kostenhandbuch 4, Rz 1.63; 7 Ob 58/20k; OLG Linz 3 R 65/23h).

2. Wie im Kostenrekurs des Klägers – insoweit noch zutreffend – ausgeführt, sind für die Kostenentscheidung insgesamt drei Verfahrensabschnitte zu bilden: der erste Abschnitt von der Klage bis einschließlich zum Beschluss vom 5. Juni 2023 (ON 32); der zweite Abschnitt von der Klagseinschränkung am Beginn der Verhandlung vom 7. Juni 2023 (Protokoll ON 33) bis zur Berufungsentscheidung des OLG Linz GZ2* (ON 45); und der dritte Abschnitt nach dieser Berufungsentscheidung (ab ON 46). Die Bemessungsgrundlage betrug im ersten Verfahrensabschnitt EUR 40.746,50 sA, im zweiten Verfahrensabschnitt EUR 34.844,00 sA und im dritten Verfahrensabschnitt nur noch EUR 5.385,00 sA.

3. Zum ersten Verfahrensabschnitt (ON 1 bis ON 32):

Der Kläger obsiegt im vorliegenden Verfahren letztlich mit dem Betrag von EUR 5.385,00 sA. Für den ersten Verfahrensabschnitt bedeutet dies, dass er mit (gut) 13% obsiegte und mit (knapp) 87% unterlag. Daraus folgt, dass die Beklagte im ersten Verfahrensabschnitt Anspruch auf 74% ihrer Kosten und auf 87% ihrer Barauslagen hat.

Die Kosten der Beklagten im ersten Verfahrensabschnitt umfassen jene für die Klagebeantwortung vom 6. Dezember 2021 (ON 5) und jene für die Verhandlung vom 26. Jänner 2022 in der Dauer von zwei Stunden (Protokoll ON 9). Für die Anregung und die Urkundenvorlage vom 19. Jänner 2022 (ON 8) können der Beklagten hingegen die verzeichneten Kosten nach TP 2 nicht zugesprochen werden. Die Anregung war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig und hätte ebenso in der vorbereitenden Tagsatzung vom 26. Jänner 2022 erhoben werden können. Somit ist die Eingabe laut ON 8 lediglich als einfache Urkundenvorlage nach TP 1 zu honorieren. Die Kosten für den Antrag und die Urkundenvorlage vom 31. März 2022 (ON 12) stehen der Beklagten nicht zu, zumal dieser Schriftsatz mit Beschluss des Erstgerichts vom 31. März 2022 zurückgewiesen wurde (ON 13). Der Beklagten stehen im ersten Verfahrensabschnitt somit 74% ihrer Kosten von EUR 4.237,10 netto zu, das sind EUR 3.135,45 netto. Darüber hinaus stehen der Beklagten 87% ihrer Barauslagen (Kostenvorschuss von EUR 1.200,00) zu, das sind EUR 1.044,00.

Im Gegenzug hat der Kläger im ersten Abschnitt Anspruch auf 13% seiner Barauslagen. Diese umfassen zwei Kostenvorschüsse für den Sachverständigen in Höhe von EUR 1.500,00 (ON 10 und ON 20) und EUR 1.200,00 (ON 23), insgesamt daher EUR 2.700,00; 13% davon betragen EUR 351,00. Darüber hinaus erhält der Kläger die anteilige Pauschalgebühr für die Klage von EUR 202,28, die ihm bereits vom Erstgericht rechtskräftig zugesprochen wurde.

Daraus folgt, dass die Beklagte im ersten Verfahrensabschnitt Anspruch auf EUR 4.221,91(inklusive anteiliger Barauslagen von EUR 693,00 und der anteiligen Umsatzsteuer) hat. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die Beklagte, die ihr Unternehmen in Deutschland betreibt, Anspruch auf 19% Umsatzsteuer hat (vgl RS0114955 [T12]).

4. Zum zweiten Verfahrensabschnitt (ON 33 bis ON 45):

In diesem Abschnitt hat der Kläger mit (gut) 15% obsiegt und mit (knapp) 85% verloren. Die Beklagte hat daher Anspruch auf 70% ihrer Verfahrenskosten und 85% ihrer Barauslagen. Die Verfahrenskosten betreffen einerseits die Teilnahme an der Verhandlung vom 7. Juni 2023, wobei diese nicht – wie im Kostenrekurs behauptet – eine Stunde, sondern tatsächlich zwei Stunden dauerte (vgl Protokoll ON 33); es ist daher der von der Beklagten verzeichnete Betrag von EUR 1.228,20 zugrunde zu legen. Andererseits sind in diesem zweiten Verfahrensabschnitt auch die Kosten für die Berufungsbeantwortung vom 12. Oktober 2023 (ON 43) angefallen. Insgesamt hat die Beklagte Anspruch auf 70% ihrer Kosten von EUR 5.508,50 netto, das sind EUR 3.855,95 netto.

Darüber hinaus hat die Beklagte Anspruch auf 85% ihrer in diesem Verfahrensabschnitt angefallenen Barauslagen (von EUR 50,00), das sind EUR 42,50.

Dagegen hat der Kläger im zweiten Abschnitt Anspruch auf 15% seiner Barauslagen; diese umfassen den Kostenvorschuss vom 26. Juni 2023 in Höhe von EUR 50,00 (ON 36) und die Pauschalgebühr von EUR 1.219,00 für die Erhebung der Berufung vom 14. September 2023 (ON 41). 15% von insgesamt EUR 1.269,00 ergeben den Betrag von EUR 190,35.

Daraus folgt, dass die Beklagte im zweiten Abschnitt Anspruch auf EUR 4.440,73 brutto hat (inklusive anteiliger Barauslagen und 19% deutsche Umsatzsteuer).

5. Zum dritten Verfahrensabschnitt (ab ON 46):

Zutreffend verweist der Kläger in seinem Kostenrekurs darauf, dass die Berufungsentscheidung des OLG Linz vom 12. Dezember 2023 nur im Umfang von EUR 5.385,00 sA bekämpft wurde, sodass dieser Betrag die Bemessungsgrundlage für den dritten Verfahrensabschnitt bildet. In diesem Abschnitt hat der Kläger zur Gänze obsiegt und daher Anspruch auf vollen Kostenersatz: einerseits für seine Revisionsbeantwortung vom 26. Februar 2024 (ON 49) und andererseits für die Kosten der abschließenden Verhandlung vom 11. Oktober 2024 (ON 57). Für diese Verhandlung legte der Kläger aber – offenbar irrtümlich – wiederum die (höhere) Bemessungsgrundlage von EUR 34.844,00 zugrunde (siehe Kostenverzeichnis ON 57.3, 1). Tatsächlich beträgt die Bemessungsgrundlage EUR 5.385,00; die vom Kläger verzeichneten Kosten sind entsprechend zu kürzen. Der Kläger hat für den dritten Verfahrensabschnitt Anspruch auf EUR 1.102,22 brutto .

6. Daraus folgt insgesamt:

Erster Abschnitt: Beklagte hat Anspruch auf EUR 4.221,91 brutto

Zweiter Abschnitt: Beklagte hat Anspruch auf EUR 4.440,73 brutto

Dritter Abschnitt: Kläger hat Anspruch auf - EUR 1.102,22 brutto.

Der Beklagten stehen daher anteilige Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt EUR 7.560,42 brutto (darin enthalten EUR 342,87 an anteiligen Barauslagen und 19% deutsche USt) zu.

7. Zu den Kosten des Rekursverfahrens:

Der Kläger wurde vom Erstgericht zu einem Kostenersatz von insgesamt EUR 10.745,67 (EUR 10.947,95 – EUR 202,28) verpflichtet. Aufgrund seines teilweise berechtigten Kostenrekurses ist er nunmehr lediglich zum Ersatz von EUR 7.560,42 an anteiligen Verfahrenskosten verpflichtet; das bedeutet, dass sein Kostenrekurs im Umfang von EUR 3.185,25 bzw – gemessen am Rekursinteresse von EUR 5.960,31 – mit 53,44% erfolgreich war. Die Kosten des Rekursverfahrens sind daher gemäß §§ 50 und 43 Abs 1 ZPO gegenseitig aufzuheben (vgl Obermaier, Kostenhandbuch 4 Rz 1.130).

8.Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses resultiert aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.