Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen des Ausspruchs über die Strafe gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 05.06.2025, GZ ** 42, nach der am 05.11.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. Unger, des Oberstaatsanwaltes Mag. Willam, des Angeklagten und seines Verteidigers RA Mag. Moser öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Der Berufung des Angeklagten wird n i c h t Folge gegeben.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird F o l g egegeben und die Freiheitsstrafe in weiterer Anwendung auch des § 39 Abs 1a StGB auf 6 (sechs) Jahre e r h ö h t .
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle in Anwendung des § 39 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Die erlittene Verwahrungs- und Untersuchungshaft wurde gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB auf die Strafe angerechnet.
Zudem wurde der Angeklagte gemäß §§ 366 Abs 2 erster Satz, 369 Abs 1 StPO zur Zahlung eines Teilschmerzengeldbetrages von EUR 1.000,-- an den Privatbeteiligten B* binnen 14 Tagen verpflichtet.
Nach dem Schuldspruch hat A*
am 05.04.2025 in ** B* dadurch, dass er dem Genannten drei heftige Faustschläge und zwei wuchtige Fußtritte gegen den Kopf versetzte, wodurch dieser eine zentrolaterale Mittelgesichtsfraktur rechts mit mehrfragmentärer Orbitabodenfraktur, eine Jochbeinfraktur, eine Jochbogenfraktur, und eine dislozierte Nasenbeinfraktur erlitt, eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) absichtlich zugefügt.
Zum Vorleben des Angeklagten stellte der Schöffensenat fest:
Die österreichische Strafregisterauskunft weist insgesamt 4 Eintragungen auf:
Zunächst wurde der Angeklagte mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 16.03.2015 zu ** am 16.03.2015, rechtskräftig seit 07.05.2015, wegen § 107 Abs 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt (Vollzugsdatum: 09.12.2021), wobei die bedingte Nachsicht der Strafe in weiterer Folge anlässlich der Verurteilung durch das Landesgericht Linz vom 13.07.2018 zu ** widerrufen wurde.
Die weiteren Verurteilungen erfolgten nach dem SMG: Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 19.01.2016 zu ** vom 19.01.2016 wurde der Angeklagte unter anderem wegen § 27 Abs 1 Z 1 siebter und achter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt, wovon 5 Monate zunächst bedingt nachgesehen wurden (Vollzugsdatum: 09.05.2022). Die bedingte Strafnachsicht wurde jedoch in weiterer Folge wiederum anlässlich der Verurteilung durch das Landesgericht Linz vom 13.07.2018 zu ** widerrufen. Am 04.11.2016 wurde der Angeklagte mit Urteil des Landesgerichts Linz zu **, rechtskräftig seit 08.11.2016, wegen § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall, Abs 4 SMG und anderer strafbarer Handlungen nach dem SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt (Vollzugsdatum 04.09.2017). Zuletzt wurde der Angeklagte mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 13.07.2018 zu ** unter anderem wegen § 28 Abs 1 fünfter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt (Vollzugsdatum: 09.10.2021).
Die Voraussetzungen der Strafschärfung nach § 39 Abs 1 StGB liegen mit Blick auf den gegenständlichen Anklagevorwurf vor.
Bei der Strafzumessung erachtete das Erstgericht in geringem Umfang das Tatsachengeständnis des Angeklagten sowie die bei mangelnder Feststellbarkeit im Zweifel zu Gunsten des Angeklagten anzunehmende Tatprovokation durch das Opfer als mildernd. Aggravierend sei die einschlägige Vorstrafenbelastung.
Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen des Angeklagten (ON 46) mit dem Antrag auf Herabsetzung der Freiheitsstrafe und der Staatsanwaltschaft Innsbruck (ON 45) mit dem Antrag auf deren Erhöhung.
Die Oberstaatsanwaltschaft erachtet in ihrer Stellungnahme unter Hinweis darauf, dass auch die Rückfallsvoraussetzungen des § 39 Abs 1a StGB vorlägen, die Berufung des Angeklagten für nicht berechtigt, wohl aber jene der Staatsanwaltschaft.
Von den Berufungen kommt nur jener der Staatsanwaltschaft Berechtigung zu.
Die Oberstaatsanwaltschaft zeigt in ihrer Stellungnahme zutreffend auf, dass neben den Rückfallsvoraussetzungen des § 39 Abs 1 StGB auch jene nach § 39 Abs 1a StGB vorliegen. Den oben angeführten Urteilen des Landesgerichts Linz zu ** und zu ** liegen Suchtmitteldelikte (auch) durch Überlassen von Suchtgift an andere Personen zugrunde.
Die Weitergabe von Suchtgiften ist ebenso wie Körperverletzungsdelikte gegen die körperliche Integrität anderer gerichtet (RIS-Justiz RS0091972). Damit liegen aber die von § 39 Abs 1a StGB verlangten Vortaten wegen vorsätzlicher strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben vor. Das Vorliegen beider Fälle der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB bildet zwar keinen zusätzlichen und eigenständigen Erschwerungsgrund, verstärkt aber das Gewicht des besonderen Erschwerungsgrundes nach § 33 Abs 1 Z 2 StGB.
Der Milderungsgrund eines reumütigen Geständnisses liegt nicht vor, weil der Angeklagte einen Körperverletzungsvorsatz bestritten (ON 41 AS 4) und somit die subjektive Tatseite in Abrede gestellt hat (RIS-Justiz RS0091585 [T12]). Unter dem Aspekt eines wesentlichen Beitrags zur Wahrheitsfindung ist ein Tatsachengeständnis nur dann von Bedeutung, wenn es sich maßgeblich auf die Beweiswürdigung auswirkt (RIS-Justiz RS0091585 [T14]), was vorliegend mit Blick auf die Zeugenaussagen und die Videoaufnahme (ON 2.5 bis 2.7 und ON 3) sowie den Umstand, dass der Angeklagte im Ermittlungsverfahren von seinem Recht, nicht auszusagen (ON 2.4), Gebrauch machte, nicht der Fall ist.
Eine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit durch die Alkoholisierung des Angeklagten wurde zu Recht nicht mildernd gewertet, zumal dieser aufgrund seines Vorlebens Kenntnis davon hatte, dass er in alkoholisiertem Zustand zu gewalttätigem Verhalten neigt (§ 35 StGB; vgl ON 30). Eine anderweitige psychische Belastung des Angeklagten ergibt sich aus dem Akteninhalt nicht.
Der Strafrahmen des § 87 Abs 1 StGB reicht in Anwendung des § 39 Abs 1 und Abs 1a StGB von 1 bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe.
Ausgehend von den korrigierten Strafzumessungsgründen, der erheblichen Vorstrafenbelastung und der Art der Tat, bei der der Angeklagte dem bereits am Boden knieenden Opfer noch zwei wuchtige Fußtritte gegen den Kopf versetzte, ist die mit weniger als einem Drittel des Strafrahmens bemessene Freiheitsstrafe zu milde ausgefallen und war daher auf 6 Jahre anzuheben, womit sie dem Unrechtsgehalt der Tat, der personalen Täterschuld und den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung nach § 32 StGB entspricht.
Der Berufung des Angeklagten war sohin nicht Folge zu geben, wohl aber jener der Staatsanwaltschaft.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle.
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