JudikaturOLG Innsbruck

2R94/25b – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
22. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Dr. Tangl als Vorsitzende sowie den Richter des Oberlandesgerichts Mag. Ortner und die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Rofner und als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , Berufsunfähigkeitspensionist, vertreten durch Mag. Bernhard Schwendinger, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, wider die beklagten Parteien 1. B*, und 2. C* AG , vertreten durch Mag. Alexandra Berger-Hertwig, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck wegen (ausgedehnt und restlich) EUR 148.000,-- s.A. über die Berufungen der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 68.000,--) und der beklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 80.000,--) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 25.4.2025, **-63, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Berufungen wird keine Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters die mit EUR 49,48 (davon EUR 8,25 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die (ordentliche) Revision ist nicht zulässig .

Text

Entscheidungsgründe:

Am 28.7.2011 ereignete sich in ** auf der L-** ein Verkehrsunfall, an dem der damals 20-jährige Kläger als Motorradfahrer und die Erstbeklagte als Lenkerin eines von ihr gehaltenen und bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW beteiligt waren. Der Kläger erlitt infolge dieses Unfalles folgende Verletzungen:

- aus unfallchirurgischer Sicht: instabile Berstungsfraktur des 3. Lendenwirbelkörpers, Hämatopneumothorax rechts, Pneumothorax links, Rippenserienfraktur 1,6,9 bis 11 rechts, Querfortsatzbruch T9 bis T11 rechts, Nierenprellung

- aus nervenfachärztlicher Sicht: Conus-Cauda-Syndrom mit beidseitiger schwerer Lähmung der Bein- und Hüftmuskulatur, Sensibilitätsstörung der unteren Extremitäten und im Gesäßbereich, neuropathische Schmerzen, neurogene Blasenentleerungsstörung.

Die Sexualität funktioniert eingeschränkt mit Unterstützung von Medikamenten. Zudem erlitt der Kläger eine vorübergehende Mastdarmlähmung und ein Schädelhirntrauma, welche ausgeheilt und ohne Folgen sind.

Im Verfahren ** des Landesgerichts Feldkirch (in Folge: Vorverfahren) wurde die Haftung der Beklagten für die unfallkausalen Folgen des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 28.07.2011 festgestellt. Schluss der mündlichen Verhandlung war der 06.05.2014. Dem Kläger wurde ein Betrag in Höhe von EUR 55.000,-- an Teil schmerzengeld zuerkannt. Dabei traf das Gericht ua folgende Feststellungen:

„Der Kläger litt gelegentlich beim Rollstuhlfahren unter Schmerzen in den Handgelenken, wofür er keine Schmerzmittel benötigt. An den unteren Extremitäten hatte bzw hat er Gefühlsstörungen, im Bereich von Gesäß, hinterem Oberschenkel und ab dem Knie abwärts auf der Außenseite waren bzw sind keine Gefühlsempfindungen mehr vorhanden, an der Innenseite des Knies waren bzw sind nur geringfügige Gefühlsempfindungen vorhanden. Seit Anfang 2012 litt der Kläger häufig unter Nervenkrämpfen, diese charakterisierten sich durch Kribbeln und Stechen im Schienbein und Knöchelbereich, fast immer links, wenn er zur Ruhe kam; die Krämpfe hielten dann bis zum Schlaf an. Die Krämpfe traten 5 oder 6 mal in der Sekunde auf, dann verspannte sich der ganze Körper, nach 30 Sekunden Pause trat die nächste Attacke auf. Die Frequenz war unterschiedlich, manchmal traten die Krämpfe drei Tage hintereinander auf, dann wieder vier Wochen nicht. Naturheilmittel halfen bzw helfen dem Kläger, als bisher einziges Medikament, gegen diese Krämpfe.

Die Schmerzen im Gesäßbereich bei längerem Sitzen besserten sich seit der Metallentfernung im Sommer 2012. Seither war es dem Kläger möglich, bis zu 5 Stunden am Tag zu sitzen, wobei er an schlechten Tagen nur 2 bis 3 Stunden sitzen konnte und dazwischen Pausen benötigte.

Der Kläger litt insgesamt, somit aus unfallchirurgischer und nervenfachärztlicher Sicht zusammen bis zum 19.04.2013 5 Tage lang unter quälenden Schmerzen, 15 Tage lang unter starken Schmerzen, 5 1/2 Wochen lang an mittelstarken Schmerzen und 4 Monate lang an leichten Schmerzen in komprimierter Form. Ab dem 19.04.2013 bis 31.12.2014 litt bzw leidet der Kläger insgesamt, somit aus unfallchirurgischer und nervenfachärztlicher Sicht zusammen an starken Schmerzen von 3 Tagen pro Jahr, an mittelstarken Schmerzen von 2 Wochen pro Jahr und an leichten Schmerzen von 5 Wochen pro Jahr, dies ist derzeit bereits einschätzbar. Die künftigen Schmerzen des Klägers nach dem 31.12.2014 sind darüber hinaus noch nicht vorhersehbar, es ist sodann eine neuerliche Begutachtung des Klägers und Einschätzung der künftigen Schmerzen des Klägers durchzuführen. Spätfolgen sind beim Kläger aus nervenfachärztlicher Sicht möglich, wenngleich mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit. Aus unfallchirurgischer Sicht sind aufsteigende Spätfolgen, insbesondere Blasenentzündungen und Dekubitus, wahrscheinlich. Dauerfolgen des Klägers werden sich in Zukunft nicht wesentlich ändern.

...

Der Kläger ist seit dem Unfall Rollstuhlfahrer und nur kurzstreckig mit Krücken gehfähig, dies führte bzw führt zu einer Beeinträchtigung seines Soziallebens. In den Möglichkeiten der Freizeitgestaltung war und ist der Kläger erheblich eingeschränkt, er konnte und kann frühere sportliche Aktivitäten nicht mehr ausüben. Vor dem Unfall war der Kläger sehr sportlich; er war mit Begeisterung Leichtathlet, spielte in einer Mannschaft und nahm an Meisterschaften teil. Zudem war der Kläger vor dem Unfall am Wochenende als Barkeeper tätig, was ihm ebenfalls nicht mehr möglich ist.

Die Zweitbeklagte zahlte am 18.9.2012 EUR 35.000,-- und am 10.2.2015 EUR 20.000,-- jeweils aus dem Titel des Schmerzengelds an den Kläger.

Der Kläger, der vor seinem Unfall bei seiner Mutter gewohnt hat, lebt allein in einer eigenen Wohnung in **, die barrierefrei umgebaut wurde. Er kann sein Leben großteils selbständig meistern. Die Körperpflege erledigt er selbständig. Einmal in der Woche erledigt die Mutter des Klägers für 1 1/2 bis 2 Stunden Reinigungsarbeiten in seiner Wohnung. Sie erledigt die Wäsche und bereitet das Mittagessen für ihn zu. Der Kläger ist mit einem adaptierten PKW mobil. Wenige Meter kann er mit Krücken und Schienen gehen, wovon er im Alltag kaum Verwendung macht, weil er beim Einkaufen die Hände nicht frei hätte und in der Wohnung Schuhe anziehen müsste, da er in Socken wegrutschen würde. Er absolviert aufgrund der Unfallfolgen alle 2 Jahre für einen Monat Wiederholungstrainings im Reha-Zentrum ** sowie einmal pro Woche Physiotherapie.

Er leidet immer wieder an starken, stechenden Nervenschmerzen. Phasen mit sehr starken Schmerzen wechseln sich mit Phasen ab, in denen es dem Kläger besser geht. Beispielsweise konnte er im Juli 2023 zwei Tage am Stück wegen der Schmerzen nicht schlafen, dies trotz Schlafmedikamente und Schmerztabletten. Ca 2 Mal im Jahr sind die Schmerzen derart stark, dass sie auch mit Medikamenten nicht in den Griff zu bringen sind. Hinzu kommen Schmerzen an der Wirbelsäule durch das lange Sitzen. Er verspürt Schmerzen im Brustwirbelsäulenbereich und ist im Lendenwirbelsäulenbereich, der unfallbedingt versteift werden musste, verspannt. Hinzu kommen Schmerzen in den Handgelenken vom Rollstuhlschieben.

Auch nach seinem Unfall betrieb der Kläger weiterhin Leichtathletik. Er betätigte sich nach dem Unfall als Speerwerfer, wo er österreichische Rekorde aufstellen und österreichische Meisterschaften gewinnen konnte. Wegen der unfallkausalen Wirbelsäulenbeschwerden musste er das Speerwerfen jedoch 2021 aufgeben. Das Rollstuhltennis musste er aus demselben Grund reduzieren.

Psychisch leidet der Kläger an den Schmerzattacken und darunter, dass er bei schlechtem Wetter in seiner Mobilität eingeschränkt und auf das Auto angewiesen ist. Bei Schneefall fühlt er sich eingesperrt, weil er mit dem Rollstuhl nicht draußen unterwegs sein kann. Zu schaffen macht ihm auch, dass er nicht weiß, ob eine Familiengründung aufgrund des damit verbundenen Schlafmangels für ihn Sinn macht, da seine Nervenschmerzen immer dann verstärkt auftreten, wenn er zu wenig Schlaf bekommt. Es belastet ihn, da er vor dem Unfall davon ausgegangen ist, dass er einmal eine Familie mit Kindern gründen wird.

Es ist für ihn schwieriger, als es ohne die Unfallfolgen wäre, eine Partnerin zu finden. Eine Freundin beendete die Beziehung zum Kläger aus dem Grund, dass sie einen Partner wollte, der arbeitet und ein Einkommen erzielt und dass ihr der Kläger wegen seiner Schmerzen zu viel jammerte. Seine letzte Beziehung beendete der Kläger aus dem Grund, dass seine Freundin Kinder wollte und er sich aufgrund der unfallbedingten Beschwerden und dem Schlafmangel, der mit einer Familiengründung mit Kindern verbunden ist, nicht in der Lage sah, eine Familie zu gründen.

2018 wurde dem Kläger Berufsunfähigkeit bescheinigt. Das belastet ihn, weil er zunächst davon ausgegangen ist, dass sich seine gesundheitliche Verfassung nach dem Unfall wieder steigern würde; die Berufsunfähigkeit aber zeigt, dass sich diese verschlechtert. Derzeit arbeitet er 8 Stunden in der Woche. Längere Arbeitszeiten sind ihm nicht möglich, da die Sitzbelastung zu groß ist.

Seit der dem Schmerzengeldzuspruch aus dem Jahr 2014 zugrundeliegenden Begutachtung des Klägers wurde ein Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulenbereich diagnostiziert. Dieser ist nicht unfallkausal.

In komprimierter Form litt der Kläger aus unfallchirurgischer Sicht von 01.01.2015 bis zum 29.11.2024 für 9 Wochen und 2 Tage an mittelstarken Schmerzen sowie für 28,5 Wochen an leichten Schmerzen. Die künftig zu erwartenden Schmerzperioden können nicht abschließend eingeschätzt werden. Der zukünftige Verlauf und das etwaige Eintreten von möglichen Spätfolgen in Bezug auf das orthopädisch-traumatologische Fachgebiet kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht prognostiziert werden.

Dauerfolgen aus unfallchirurgischer Sicht, an denen der Kläger unfallkausal zu leiden hat, sind rezidivierende Beschwerden an der Brust- und Lendenwirbelsäule in Folge der Verletzungen mit einem inkompletten Querschnittsyndrom der unteren Extremität beidseits, sodass er sich nur im Rollstuhl, auf kurze Strecken auch mit 2 Unterarmstützkrücken + Peronäusschienen beidseitig, fortbewegen kann.

Mögliche Spätfolgen sind eine Zunahme der skoliotischen Fehlhaltung mit verstärkten Abnützungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, Knochenbrüche im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie an den unteren Extremitäten beidseits im Falle einer abnehmenden Knochendichte (Inaktivitäts-Osteoporose) und offene Stellen (Dekubitus). Eine Zunahme der Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose) wird mit Sicherheit eintreten, aber das Ausmaß ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend einschätzbar. Knochenbrüche im Bereich der Wirbelsäule und der Extremitäten im Sinne von pathologischen Frakturen (Knochenbrüche in Folge einer verminderten Knochendichte) sind in Zukunft möglich, aber müssen nicht zwangsläufig eintreten. Offene Stellen (Dekubitus) sind höchstwahrscheinlich zu erwarten, in welchem Ausmaß kann aber auch hier noch nicht abgeschätzt werden. Aufgrund dieser zu erwartenden Spätfolgen sind weitere und anderweitige Schmerzen als diejenigen, die bisher aus unfallchirurgischer Sicht eingeschätzt werden konnten, zu erwarten. Das Ausmaß dieser künftigen Schmerzen ist aber derzeit noch nicht abschätzbar.

Aus neurologischer Sicht leidet der Kläger unfallkausal an paroxysmalen neuropathischen Schmerzen in den Beinen und an einem intermittierenden symptomatischen Restless-legs-Syndrom. Aufgrund der neuropathischen Schmerzen leidet der Kläger pro Jahr für 1,5 Tage an starken und 3 Tage an mittelstarken Schmerzen. Von 16.5.2014 bis Ende 1.4.2025 sind somit 16,5 Tage starke und 33 Tage mittelstarke Schmerzen zu veranschlagen. Aufgrund des symptomatischen Restless-legs-Syndroms leidet der Kläger in komprimierter Form für 8 bis 12 Tage pro Jahr an leichten Schmerzen. Von 16.5.2014 bis 1.4.2025 sind somit 87 bis 130,5 Tage leichte Schmerzen zu veranschlagen. Zusammenfassend sind seit 15.5.2014 bis 1.4.2025 aus neurologischer Sicht sohin 16,5 Tage starke, 33 Tage mittelstarke und 87 bis 130,5 Tage leichte Schmerzen zu veranschlagen. Die mit den neuropathischen Schmerzen und dem Restless-Legs-Syndrom verbundenen unfallkausalen Schmerzen können abschließend eingeschätzt werden, es liegt diesbezüglich ein Endzustand vor.

Aus neurologischer Sicht werden unfallkausal gleichbleibend eine beidseitige Beinschwäche (Paraparese der Beine), eine Gefühlsstörung in den Beinen ab dem Unterschenkel und eine Blasen- und Mastdarmstörung als Dauerfolgen fortbestehen. An Dauerfolgen bestehen weiterhin Schmerzbeschwerden in den Beinen, wobei hier aber medikamentöse Behandlungsoptionen noch nicht ausgeschöpft sind.

Die Behandlungsoptionen mit Schmerzmitteln sind deshalb nicht ausgeschöpft, weil diese beim Kläger heftige Nebenwirkungen wie Übelkeit und Kreislaufbeschwerden hervorrufen. Das dem Kläger vom Sachverständigen bei der Befundaufnahme empfohlene Medikament ** wirkte bei ihm außerdem nicht. Ob andere Schmerzmittel wirken würden, lässt sich nicht feststellen. Um wie viel sich die Schmerzperioden verringern würden, wenn der Kläger Medikamente nehmen würde und diese wirksam wären, lässt sich nicht feststellen.

An Spätfolgen sind Komplikationen denkbar wie zB sekundäre Skelettveränderungen (Kontrakturen; Osteoporose durch Inaktivität bzw. Immobilität), Blasenentzündungen (Harnwegsinfekte) und Dekubitalgeschwüre (durch Aufliegen).

Eine abschließende Einschätzung der mit den Dauerfolgen verbundenen Schmerzen aus neurologischer Sicht ist nicht möglich, da sich derzeit bedingt durch die (nicht neurologisch zu beurteilenden) Rumpfschmerzen und die daraus resultierende zunehmende Einschränkung des Aktionsradius eine Beschwerdedynamik abzeichnet, deren weiterer Verlauf nicht antizipiert werden kann. Lediglich die mit den neuropathischen Schmerzen und dem Restless-legs-Syndorm verbundenen Schmerzen können abschließend eingeschätzt werden.

Aus psychiatrischer Sicht litt der Kläger an keinen direkten Unfallfolgen mit Krankheitswert, wohl aber litt er unfallkausal an Beeinträchtigungen aus psychiatrischer Sicht, die dem normalpsycholgischen Bereich ohne Krankheitswert zuzuordnen sind. Die Höhe der mit dieser im normalpsycholgischen Bereich anzusiedelnden Beeinträchtigung verbundenen Schmerzen lässt sich nicht feststellen.

Aufgrund der im Februar 2024 erfolgten Trennung von der Lebensgefährtin, die – obwohl ihm an der Beziehung sehr viel gelegen war – vom Kläger selber aus Sorge, mit einer eigenen Familie überfordert zu sein, initiiert worden war, litt er allerdings an einer Anpassungsstörung (reaktive Depression), weil ihm anlässlich dieses Lebensereignisses seine perspektivenarme Zukunft (single, rollstuhlgebunden und ohne berufliche Entwicklungsmöglichkeiten) besonders deutlich bewusst geworden war. Das Störungsbild ist derzeit noch in leichter Ausprägung vorhanden. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die Symptomatik mit zunehmender zeitlicher Distanz vom Auslöser (der stattgehabten Trennung) wieder remittiert. Der Kläger litt aufgrund der durch die Trennung erfolgten Anpassungsstörung für einen Zeitraum von zwölf Monaten in komprimierter Form für 27 Tage an mittelstarken Schmerzen und für 9 Tage an leichten Schmerzen, wobei die mit der infolge der Trennung aufgetretenen Anpassungsstörung verbundenen Schmerzen abschließend eingeschätzt werden können.

Für die Zukunft kann eine neuerliche Anpassungsstörung (reaktive Depression) als Spätfolge aus psychiatrischer Sicht nicht ausgeschlossen werden. Diese kann auch als Begleiterkrankung allfälliger künftiger Schmerzbeschwerden auftreten. Insbesondere ist der weitere Verlauf der seit 2020 chronifizierten belastungsabhängigen Schmerzbeschwerden im Bereich des Brustkorbs, die aus neurologischer Sicht nicht zu beurteilen sind, schwer antizipierbar und könnte künftige depressive Reaktionen begünstigen.

Dauerfolgen sind aus psychiatrischer Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anzunehmen. Die Lebenserwartung des Klägers beträgt jedenfalls über 50 Jahre.

Der Kläger leidet an keinen pulmonalen Beschwerden in Folge des Unfalles. Aus lungenfachärztlicher Sicht sind durch den Unfall keine Spät- und Dauerfolgen und keine zusätzlichen Schmerzperioden zu jenen aus unfallchirurgischer, neurologischer und psychiatrischer Sicht hinaus zu erwarten.

Der Sachverhalt ist im Berufungsverfahren nicht strittig. Im Detail wird gemäß § 500a ZPO auf die unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts (Urteil S 1-4, 7-12) verwiesen.

Mit der am 23.06.2023 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Zahlung von zunächst EUR 114.767,80 s.A. (EUR 95.000,-- Schmerzengeld, Rest im zweiten Rechtsgang nicht mehr strittige Positionen Haushaltshilfe und Behandlungskosten). In der Verhandlung vom 05.12.2023 (ON 17) dehnte er das Klagebegehren um einen weiteren Schmerzengeldbetrag in Höhe von EUR 35.000,-- aus, sodass er letztlich EUR 130.000,-- an weiterem Schmerzengeld und unter Berücksichtigung der sonstigen Ansprüche insgesamt EUR 151.842,12 s.A., begehrte.

Er brachte vor, er habe bis Oktober 2019 seit dem Schluss der Verhandlung im Vorverfahren für vier Wochen an mittelstarken Schmerzen und 16 Wochen an leichten Schmerzen gelitten und werde künftig jährlich eine Woche mittelstarke und drei Wochen leichte Schmerzen zu erdulden haben. Zusätzlich habe er seither bis zum 14.10.2020 aus neurologischer Sicht zehn Tage an starken Schmerzen, 15 Tage an mittelstarken Schmerzen und zehn Tagen an leichten Schmerzen gelitten und werde neurologisch künftig für 1,5 Tage pro Jahr an starken Schmerzen, 2,5 Tage pro Jahr an mittelstarken Schmerzen und 1,5 Tage pro Jahr an leichten Schmerzen leiden. Der (außergerichtlich) tätige neurologische Sachverständige habe die Einholung eines lungenfachärztlichen Gutachtens und eine weitere neurologische Begutachtung alle zwei bis vier Jahre empfohlen.

Der Kläger sei durch den Unfall schwer verletzt geworden. Es liege ein Conus-Kauda-Syndrom vor, ua mit beidseitiger schwerer Lähmung der Bein- und Hüftmuskulatur. Er sitze seit dem Unfall im Rollstuhl und sei nur kurzstreckig mit Krücken und Schienen gehfähig. Dies führe zu einer Beeinträchtigung seines Soziallebens. Er könne zwischenzeitlich aufgrund des Unfalls keiner Arbeit mehr nachgehen und befinde sich in Berufsunfähigkeitspension. Dies stelle eine immense psychische Belastung dar. Seine Lebenserwartung sei verkürzt.

Auch in Beziehungen sei es zu Problemen gekommen, da er nicht arbeiten gegangen sei und in seiner Sexualität und bei sonstigen Aktivitäten in Folge des Unfalls eingeschränkt sei. Frauen würden aufgrund seiner Beeinträchtigung und der Befürchtung einer Verschlechterung vor Beziehungen mit ihm, insbesondere auch einer Familiengründung, zurückschrecken. Er leide an öfters auftretenden extrem starken Schmerzen in den Beinen und zwischenzeitlich verstärkt an chronischen Rückenschmerzen. Eine Globalabfindung an Schmerzengeld in Höhe von EUR 150.000,00 (Teilschmerzengeldzuspruch in Höhe von EUR 55.000,00 wie im Vorverfahren, EUR 95.000,00 im gegenständlichen Verfahren) sei im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen und das jugendliche Alter zum Unfallszeitpunkt nicht überhöht.

Die Beklagten bestritten, beantragten Klagsabweisung und wandten ein, die globale Schmerzengeldforderung sei weit überhöht. Eine spätere Schmerzengeldbemessung könne nicht dazu führen, dass der Verletzte insgesamt mehr zugesprochen bekomme als bei einer einmaligen Globalbemessung. Die unfallkausalen Schmerzen hätten zwar für einen jungen Menschen erheblich höher ausfallen müssen als für einen älteren Menschen, könne aber nicht ein Vielfaches dessen erreichen. Der Kläger sei nicht vollständig auf den Rollstuhl angewiesen, benötige nur geringe Hilfe im Haushalt und keine Pflege. Er sei teilweise arbeitsfähig. Die auf einen Bandscheibenvorfall zurückzuführenden Rückenschmerzen seien nicht unfallkausal.

Im ersten Rechtsgang sprach das Erstgericht dem Kläger mit Urteil vom 30.1.2024 (ON 23) einen Betrag von EUR 70.468,-- s.A. (EUR 3.842,12 Haushaltshilfekosten, Rest Schmerzengeld) zu und wies ein Mehrbegehren von EUR 81.374,12 s.A. (EUR 18.000,-- Haushaltshilfekosten, Rest Schmerzengeld) ab. Im Umfang der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von EUR 18.000,-- s.A. für Pflegekosten und des Zuspruchs für Behandlungskosten in Höhe von EUR 3.842,12 s.A. blieb das Urteil unbekämpft.

Hinsichtlich des gesamten Schmerzengeldbegehrens wurde es infolge Berufung beider Parteien mit Beschluss des Rechtsmittelgerichts vom 17.4.2024 (ON 33) aufgehoben und zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen, weil nicht ausreichend geklärt war, ob die Voraussetzungen für eine Globalbemessung des Schmerzengeldes vorlagen. Im zweiten Rechtsgang geht es also nur noch um den Schmerzengeldanspruch.

Im zweiten Rechtsgang dehnte der Kläger sein Schmerzengeldbegehren um EUR 18.000,- auf EUR 148.000,- aus. Er brachte vor, das Beweisverfahren habe ergeben, dass ihm rein rechnerisch ein Schmerzengeldbetrag in der Höhe von rund EUR 80.000,-- zustehe, wobei das sonstige Ungemach in diesen Beträgen noch nicht inkludiert sei, sodass dieses noch hinzukomme. Es werde Teilschmerzengeld begehrt. Falls vom Gericht entschieden werden sollte, dass der Deckelbetrag für die Schmerzengeldansprüche erreicht sein sollte, werde das Schmerzengeld in eventu als Globalbemessungsbetrag begehrt.

Die Beklagten wandten im zweiten Rechtsgang ein, dass das allgemeine Ungemach seien durch den im Vorverfahren zugesprochenen Schmerzengeldbetrag vollständig abgegolten worden, die Voraussetzungen für eine Teilbemessung lägen nicht vor. Der Kläger wäre aufgrund der ihn treffenden Schadenminderungspflicht verpflichtet gewesen, die vom neurologischen und psychiatrischen Sachverständigen empfohlene medikamentöse Behandlung anzunehmen, wodurch es zu einer Reduktion der Schmerzzustände um die Hälfte gekommen wäre. Außerdem seien auch nicht unfallskausale Faktoren bei den Beschwerden des Klägers zu berücksichtigen.

Mit dem nun im zweiten Rechtsgang angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagten zur Zahlung von EUR 80.000,-- s.A. und zum Ersatz der mit EUR 46.592,65 bestimmten Prozesskosten und wies ein Mehrbegehren von EUR 68.000,-- ab.

In der rechtlichen Beurteilung führte es nach ausführlicher Wiedergabe der allgemeinen Grundsätze zum Schmerzengeld und unter Verweis auf Vergleichsfälle aus, der Zuspruch eines weiteren Teilschmerzengeldbetrags von EUR 80.000,-- zusätzlich zu den valorisierten Zahlungen von EUR 77.895,-- für die seit Juni 2014 bis zum Schluss der Verhandlung am 1.4.2025 vorliegenden Unfallfolgen sei angemessen. (Das Erstgericht ging also insgesamt von einem Anspruch von EUR 157.895,-- aus.) Eine Globalbemessung sei nicht möglich, da die Schmerzen noch nicht abschließend eingeschätzt werden könnten.

Gegen diese Entscheidung richten sich die rechtzeitigen, jeweils auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten, Berufungen beider Streitteile. Der Kläger bekämpft den abweisenden Teil des Urteils und beantragt, es dahin abzuändern, dass ihm ein Betrag von EUR 148.000,-- zuzusprechen sei. Die Beklagten bekämpfen den Zuspruch und beantragen, das Urteil im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung abzuändern. Beide Seiten stellen jeweils hilfsweise einen Aufhebungsantrag und beantragen in ihren rechtzeitigen Berufungsbeantwortungen, dem jeweils gegnerischen Rechtsmittel den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Über die Berufungen ist gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden. Beide Berufungen sind nicht berechtigt.

1.1. Der Kläger argumentiert, das Erstgericht habe das weitere Teilschmerzengeld rechtlich verfehlt unter Berücksichtigung des bereits zugesprochenen Betrags bemessen und sohin verdeckt eine Globalbemessung des Schmerzengelds vorgenommen. Bei dessen Bemessung sei nicht auf bereits bezahlte Beträge Rücksicht zu nehmen. Schon alleine aufgrund der festgestellten zusätzlichen Schmerzperioden seit der Entscheidung im Vorverfahren sei dem Kläger rein rechnerisch ein weiterer Betrag in der Höhe von EUR 80.000,-- zuzusprechen gewesen. Die unfallskausalen Beeinträchtigungen ohne Krankheitswert im psychiatrischen Sinne seien zusätzlich zu den Schmerzperioden zu berücksichtigen. Im Vorverfahren habe der Kläger für einen Zeitraum von etwas über zwei Jahre EUR 55.000,-- erhalten. Der nun geltend gemachte Betrag betreffe elf Jahre, pro Jahr also ca. EUR 13.500,--. Unter Berücksichtigung der gravierenden Unfallsfolgen und der tagtäglichen Beeinträchtigung, insbesondere dass der Kläger auf einen Rollstuhl angewiesen sei, keiner normalen Arbeit nachgehen könne und sich die familiäre Situation als schwierig darstelle, sei das angemessen. Das Erstgericht hätte daher den begehrten Betrag von EUR 148.000,-- zusprechen müssen.

1.2.1. Die Beklagten hingegen vertreten den Standpunkt, eine Teilbemessung des Schmerzengelds sei nicht gerechtfertigt. Diese sei nur in Ausnahmefällen zulässig. Ein medizinischer Sachverständiger werde nur sehr selten garantieren können, dass der zukünftige Behandlungsverlauf mit vollständiger Sicherheit abgeschätzt werden könne. Es sei nicht sachgerecht, wenn wegen einzelner, vernachlässigbarer Unsicherheiten in Bezug auf die Vorhersehbarkeit der Schmerzentwicklung eine Teilbemessung vorgenommen werde. Diese müsse auf Fälle beschränkt bleiben, in denen der zukünftige Verlauf in erheblichem Ausmaß nicht verlässlich eingeschätzt werden könne. Im vorliegenden Fall sei der Teilbemessung im Wesentlichen zugrunde gelegen, dass der unfallchirurgische Sachverständige das Ausmaß der Zunahme der Verkrümmung der Wirbelsäule und von offenen Stellen nicht habe abschätzen können. In Relation zu den gesamten Verletzungsfolgen handle es sich dabei um geringfügige Aspekte. Die Vornahme einer Globalbemessung solle verhindern, dass der Schädiger ständig neuen Forderungen ausgesetzt sei. Jedenfalls sollte dann, wenn nur gewisse Teile der Verletzungsfolgen nicht vorhersehbar sein, nur dieser Teil aus der Globalbemessung ausgeklammert werden. Die gegenteilige Rechtsprechung dürfe nicht für Fälle gelten, in welchen zumindest der Großteil der Folgen gut und abschließend einschätzbar sei. Andernfalls müsste jede schwere Verletzung mit einer Teilbemessung einhergehen. Trotzdem gehe die Rechtsprechung auch bei Querschnittslähmungen mit einer Globalbemessung des Schmerzengelds vor.

1.2.2. Zusätzlich zum bereits zugesprochenen Betrag von valorisiert EUR 77.895,-- sei dem Kläger ein weiterer Betrag von EUR 80.000,-- zugesprochen worden, gesamt also EUR 157.895,--, was weit überhöht sei. Ein derartiger Zuspruch sei für Geschädigte angemessen, die ein komplettes Querschnittssyndrom erlitten hätten und deshalb weitestgehend auf Hilfe angewiesen und von beruflichen und sozialen Möglichkeiten ausgeklammert seien. Das sei beim Kläger nicht der Fall. Er habe es geschafft, trotz seiner Verletzungen ein weitgehend selbstständiges Leben führen zu können. Er sei nicht vollkommen auf den Rollstuhl angewiesen und könne sein Auto selbst lenken. Er lebe in seiner eigenen Wohnung und könne sich zum allergrößten Teil selbst versorgen. Er benötige weder Haushalts- noch Pflegehilfe. Er sei auch nicht völlig berufsunfähig. Weder sei er in sexueller Hinsicht eingeschränkt noch hinderten ihn die Verletzungen an einer Familiengründung. Auch wenn man vergleichbare Fälle heranziehe, zeige sich, dass der Zuspruch überhöht sei. Der bisherige Zuspruch im Vorverfahren sei daher als Abgeltung der Unfallfolgen angemessen. Rechne man den Zuspruch auf die Lebenserwartung des Klägers hoch, ergebe sich ein insgesamt völlig unangemessener Zuspruch von EUR 600.000,--. Das Erstgericht hätte die Klage daher abweisen müssen.

2.1.Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten hat das Erstgericht zu Recht eine Teilbemessung des Schmerzengeld vorgenommen. Wenn keine besonderen Gründe für eine zeitliche Einschränkung bestehen, ist das Schmerzengeld grundsätzlich global zu bemessen (RS0031196, RS0031055). Dadurch soll insbesondere verhindert werden, dass der Haftpflichtige ständig neuen Forderungen ausgesetzt ist, obwohl die Verletzungsfolgen schon im ersten Prozess hinreichend überschaubar waren (2 Ob 242/98x mwN; vgl 2 Ob 68/18s). Eine Globalbemessung kann aber dann nicht vorgenommen werden, wenn die Folgen der Körperschädigung noch nicht voraussehbar sind (RS0031082) oder wenn das Ausmaß der Schmerzen nicht so weit abgeschätzt werden kann, dass eine globale Beurteilung möglich ist (RS0031082 [T3]). In diesem Fall kann der Geschädigte Schmerzengeld aufgrund der von ihm bereits erlittenen Schmerzen begehren. Maßgebender Zeitpunkt für die Bemessung ist in diesem Fall der Schluss der Verhandlung erster Instanz; zukünftige Schmerzen sind in diesem Fall auch bei Vorhersehbarkeit nicht einzubeziehen (keine „Teil-Globalbemessung“; RS0115721; s etwa 2 Ob 59/17s, 2 Ob 216/18f).

2.2. Nach den Feststellungen können die künftig zu erwartenden Schmerzperioden aus unfallchirurgischer Sicht nicht abschließend eingeschätzt werden. Der zukünftige Verlauf und das etwaige Eintreten von möglichen Spätfolgen ist nicht prognostizierbar. Das Ausmaß der Verkrümmung der Wirbelsäule ist nicht einschätzbar. Zukünftige Knochenbrüche sind möglich, müssen aber nicht eintreten. In welchem Ausmaß höchstwahrscheinlich zu erwartende offene Stellen auftreten werden, kann nicht abgeschätzt werden (Urteil S 9 und 10). Auch eine abschließende Einschätzung der mit den Dauerfolgen verbundenen Schmerzen aus neurologischer Sicht ist nicht möglich, weil sich durch die Rumpfschmerzen und die daraus resultierende zunehmende Einschränkung eine Beschwerdedynamik abzeichnet, deren weiterer Verlauf nicht antizipiert werden kann (Urteil S 10f). Der weitere Verlauf der belastungsabhängigen Schmerzen und Beschwerden, die künftige depressive Reaktionen begünstigen könnte, ist ebenfalls schwer antizipierbar (Urteil S 11).

2.3. Ausgehend von diesen unbekämpften Feststellungen ist es also keineswegs so, dass nur die Entwicklung geringfügiger Beschwerden derzeit nicht abschätzbar ist. Vielmehr ist insbesondere aus unfallchirurgischer Sicht offen, wie belastend die Unfallsfolgen für den Kläger in Zukunft sein werden. Auszugehen ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Teilbemessung des Schmerzengeld nicht von Ausführungen im Gutachten, sondern den Feststellungen im Ersturteil. Soweit der Beklagte argumentiert, bei schweren Verletzungen könnten künftige Folgen nie verlässlich prognostiziert werden, wird das bei schwerwiegenden Unfallfolgen zwar tatsächlich häufiger so sein als bei leichteren Verletzungen. Zwangsläufig kann davon aber nicht ausgegangen werden. Der Beklagte führt selbst Vergleichsentscheidungen ins Treffen, bei denen auch bei schwerwiegenden Verletzungen Globalbemessungen vorgenommen wurden, was im Hinblick auf die eindeutige Rechtsprechung zu dieser Frage nur möglich ist, weil die Unfallfolgen in diesen Fällen – anders als hier – ausreichend prognostizierbar waren. Letztlich ist es immer eine Frage des Einzelfalls, ob und in welchem Umfang künftige Unfallfolgen antizipierbar sind. Das Berufungsgericht sieht sich nicht veranlasst, von der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, wonach bei einer Teilbemessung bereits vorhersehbare Beeinträchtigungen nicht zu berücksichtigen sind. Die Frage, ob künftige Schmerzen zu berücksichtigen sind, wenn nur einzelne, in Relation zu den Gesamtfolgen unbedeutende Entwicklungen unverlässlich vorhersehbar erscheinen, stellt sich im vorliegenden Fall insbesondere im Hinblick auf die insbesondere aus unfallchirurgischer Sicht völlig ungewissen zukünftigen Beschwerden nicht. Die Voraussetzungen für eine Teilbemessung des Schmerzengelds liegen also vor.

3.Auch dem Standpunkt des Klägers, die Zahlungen im Vorverfahren seien nicht zu berücksichtigen und das Erstgericht habe unzulässigerweise eine „verdeckte Globalbemessung“ vorgenommen, ist nicht zu folgen: Grundlage für eine Teilbemessung des Schmerzengelds ist das vorläufige Gesamtbild, das sich bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt. Die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz aufgetretenen Schmerzen sind hingegen global zu bemessen (RS0115721 [T3].) Es ist unzulässig, einer Teilbemessung nicht das vorläufige Gesamtbild der unfallskausalen Beeinträchtigungen, sondern nur das Schmerzgeschehen ab einem bestimmten Zeitpunkt zu Grunde zu legen ( 2 Ob 420/10y). Die bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz erlittenen Schmerzen sind unter Berücksichtigung des Vorprozesses sowie der festgestellten (aufgewerteten) Teilzahlungenzu berücksichtigen. Es darf nicht nur auf die Schmerzen seit der ersten Bemessung im Vorprozess abgestellt werden, weil dann die Gefahr bestünde, dass der Geschädigte einen höheren Zuspruch erhielte als bei erstmaliger Bemessung (5 Ob 120/17h).

Die Beschwerden seit Schluss der Verhandlung im Vorverfahren sind also nicht isoliert zu betrachten. Grundlage des Zuspruchs sind alle Folgen der Körperverletzung ab dem Unfall bis zum Verhandlungsschluss im jetzt geführten Verfahren. Die valorisierten Zahlungen von insgesamt EUR 77.895,-- sind vom Anspruch abzuziehen.

4.1.Das Schmerzengeld soll die durch die Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und anstelle der ihm entzogenen Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen (RS0031061). Es hat dabei die Aufgabe, eine Globalentschädigung für alle durch die eingetretenen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen zu gewähren (RS0031191[T4]). Jede Verletzung ist in ihrer Gesamtauswirkung nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu betrachten und auf dieser Basis eine Bemessung vorzunehmen (RS0125618). Tendenziell erscheint es geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen (T4). Allein aufgrund der inflationsbedingten Geldentwertung ist die Zuerkennung von im Vergleich zu früheren Schmerzengeldzusprüchen höheren Beträgen gerechtfertigt (vgl RS0031075 [T10]). Bei der Bemessung ist allerdings einerseits auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, andererseits muss zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung ein objektiver Maßstab angelegt werden. Es darf der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung im Einzelfall nicht gesprengt werden (RS0031075). Bei der Bemessung ist der Gesamtkomplex der Schmerzempfindung unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, die Schwere der Verletzung und das Maß der psychischen und physischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes zu berücksichtigen (RS0031040). Die Schwere der erlittenen Verletzungen steht bei der Bemessung im Vordergrund (RS0031202). Grundsätzlich ist das Schmerzengeld umso höher zu bemessen, je bedeutender die körperliche Verletzung, je länger die Heilung oder Gesundheitsstörung, je intensiver die mit der Verletzung verbundenen Schmerzen und je empfindlicher die üblichen Folgen für das Leben und die Gesundheit des Verletzten sind, wobei auch seelische Schmerzen zu berücksichtigen sind (RS0031363). Auf das Lebensalter einer verletzten Person ist bei der Schmerzengeldbemessung ebenfalls Bedacht zu nehmen (vgl RS0031307 [T24, 25], RS0031148 [T33]. Schmerzperioden können zur Orientierung als Bemessungshilfe herangezogen werden (RS0125618 [T2]), stellen jedoch keine Berechnungsmethode dar.

4.2. Neben den festgestellen Verletzungen und der (unter Berücksichtigung des Vorverfahrens ca 40 Tage schweren, 180 Tage mittleren und 470 Tage leichten) komprimierten körperlichen und psychischen Schmerzen an sich ist der weitgehende Mobilitätsverlust mit drastischen Einwirkungen auf den vor dem Unfall sehr sportlichen und aktiven Kläger (Leichtathlet, Teilnahme an Meisterschaften, Barkeeper etc) zu berücksichtigen. Seine Versuche, auch als Rollstuhlfahrer sportlich aktiv zu bleiben, musste er wegen seiner Wirbelsäulenbeschwerden aufgeben bzw reduzieren. Dass sein Zustand seine Lebensqualität massiv beeinträchtigt, ist offensichtlich. Es kann auch nicht wie von den Beklagten insinuiert zu seinem Nachteil ausgelegt werden, dass er trotz seines Zustands versucht(e), so aktiv wie möglich zu bleiben. Im Vergleich zu sonstigen Querschnittsfällen ist darauf Bedacht zu nehmen, dass der Kläger nicht nur unter dem Verlust der Bewegungsfähigkeit, sondern immer wieder an starken, stechenden Nervenschmerzen leidet, die zeitweise zur Schlaflosigkeit führen. Naturgemäß ist er durch seinen Zustand psychisch belastet. Es ist für ihn schwieriger, eine Partnerin zu finden. Zwei Beziehungen endeten aufgrund seiner Beeinträchtigungen. Die Sexualität funktioniert nur eingeschränkt mit Unterstützung von Medikamenten. Obwohl „nur“ eine Teilschmerzengeldbemessung vorzunehmen ist, ist ein langer Leidenszustand von nahezu 14 Jahren zu bewerten.

4.3. Folgende Vergleichsfälle sind der jüngeren Judikatur zu entnehmen:

- Das OLG Wien sprach in der Entscheidung vom 19.7.2023, 14 R 96/23z, (valorisiert) EUR 95.220,-- im Sinne einer Globalbemessung aus, wobei die klagende Partei zwei Jahre nach dem Unfall verstorben war. Dabei wurden folgende Unfallfolgen berücksichtigt:

- (Minimale) Blutansammlung unter der harten Gehirnhauthülle, Abrissbrüche der Dornfortsätze des 7. Halswirbels bis zum 3. Brustwirbel, Eindrückbruch des 2. Brustwirbelkörpers, Eindrück-Berstungsbruch des 3. Brustwirbelkörpers, oberer Deckeplatteneinbruch des 4. Brustwirbelkörpers, Knochenmarksödem (bone bruise) des 5. Brustwirbelkörpers, unvollständige Querschnittlähmung unterhalb des Segments TH IV/TH V (von der Höhe des 3. Brustwirbels abwärts), Blasen- und Mastdarmlähmung mit Verlust der Stuhl- und Harnkontinenz, Bruch der 1. und 2. Rippe beidseits, Lungenprellung li mit Luftansammlung im Brustfellraum (Pneumothorax) li, Bruch des li Schulterblatts, Abschürfung im Unterkieferbereich, Rissquetschwunde im Bereich des li Ellenhakens, Prellung des li Kniegelenks, Abschürfung im Bereich des re Oberschenkels; verminderte Knochenhärte (Osteoporose), sehr ausgeprägte Spastik der Beine mit einschließenden Spasmen (die dazu führten, dass er sich rund zweimal pro Monat aus dem Rollstuhl kapitulierte und dabei Verletzungen ua im Kopfbereich zuzog); dauerhaft auf Rollstuhl angewiesen, bis zum Tod (2 Jahre nach Unfall) nicht imstande, ohne Hilfe Dritter allein in den Rollstuhl zurückzukehren; neuropathisches Schmerzsyndrom mit Schmerzen im Bereich des Brustkorbs, weshalb im Jänner 2017 eine Stimulationselektrode eingesetzt wurde; Störung des Sexuallebens (Erektions- und Ejakulationsfähigkeit); Schlaf- und Appetitlosigkeit, Magenbeschwerden, wiederholte Weinkrämpfe, Schwindelanfälle, Panikattacken; Gedankenschwäche und Antriebslosigkeit samt Traurigkeit, depressive Stimmung; während der stationären Aufenthalte wiederholte Harnweginfekte

- (bis zum Tod ) 22 Tage starke; 98 Tage mittelstarke; 312 Tage leichte (darin 30 Tage leichte seelische) Schmerzen.

- In einer Entscheidung vom 17.12.2021, 14 R 97/21v, sprach das OLG Wien einem 10 Monate nach dem Unfall Verstorbenen (valorisiert) EUR 96.800,-- zu, wobei folgende Unfallfolgen zu berücksichtigen waren:

- Durch Sturz aus Spitalsbett querbett sitzend (anlässlich wegen Nichtvorbeugung einer latenten Sturzgefahr nach ähnlichem Vorfall in der Nacht zuvor nicht lege artis erfolgter Arztvisite) kopfüber Rissquetschwunde frontal und Fraktur des 6. Halswirbelkörpers mit inkompletter Querschnittsymptomatik samt motorischen Ausfällen aller 4 Extremitäten; ausgeprägte Schluckstörung (schwere Dysphagie mit Notwendigkeit, den Mund manuell auszuräumen und abzusaugen), künstliche Ernährungsnotwendigkeit über Magensonde; Verlust der Harn- und Stuhlkontrolle (Inkontinenz); verstarb 10 Monate nach Unfall nach Aspirationspneumonien

- (bis zum Tod) 41 Tage starke; 100 Tage mittelstarke; 175 Tage leichte Schmerzen.

- In der Entscheidung vom 29.7.2020 zu 15 R 60/20h sprach das Oberlandesgericht Wien (valorisiert) einem ** geborenen Kläger EUR 408.000,-- bei nachfolgend angeführten Umständen zu:

- Querschnittlähmung nach totaler Unterbrechung der Leitfähigkeit des Rückenmarks mit totaler Funktionslosigkeit in den subläsionalen Körperbereichen und Bewegungsunfähigkeit aller vier Extremitäten, Blasen- und Mastdarmfunktionsstörung mit Katheterisierung, weitgehende Lähmung der Atemmuskulatur mit deutlich erschwerter Atmung (ohne dauernde Notwendigkeit einer assistierten Beatmung); aufgrund der massiv beeinträchtigten Thermoregulation extreme Thromboembolie-Gefährdung sowie Gefahr der Überhitzung bei warmen Außentemperaturen mit Fieber bis zu 40° Celsius; immer wieder Schmerzen im Nackenbereich und Spasmen (Muskulatur muss dauernd durchbewegt, nämlich massiert werden, um zu verhindern, dass sich eine Thrombose mit der Gefahr einer Thromboembolie bildet und auch, um zu verhindern, dass Gelenkskontrakturen einsetzen); alle früheren sportlichen Aktivitäten (vor Unfall mindestens dreimal pro Woche Mountainbiken, einmal pro Woche Fußball und Tischtennis, im Winter Skitouren und Skifahren) nicht mehr möglich; bis Lebensende nur mit Rollstuhl und eingeschränkt fortbewegungsfähig; muss alle 4 Stunden zur Prophylaxe von Druckulzera (Dekubitalbeschwerden) umgelagert werden; unfallbedingte Einschränkungen (speziell Kontrollverlust bzgl Darm und Blase sowie Probleme mit der Sexualität) "setzen dem Kl psychisch sehr zu" (leicht- bis mittelgradige depressive Episoden)

- (bis 9. 3. 2018) 404 Tage starke; 442 Tage mittelstarke; 91 Tage leichte Schmerzen; bis zum Lebensende weitere 155 starke, 310 mittelstarke und 1231 Tage leichte Schmerzen.

- Der Oberste Gerichtshof sprach in einer Entscheidung vom 29.6.2020 zu 2 Ob 98/21g einem beim Unfall 16-jährigen nach Berücksichtigung von Teilzahlungen valorisierte EUR 181.355,--, an Teilschmerzengeld zu, wobei er von folgenden Verletzungsfolgen ausging:

- Ab 5. Halswirbel querschnittgelähmt, harn- und stuhlinkontinent; verfahrensgegenständlich (nach Zusprüchen in Vorprozess) ab Mai 2006 (alle 2 bis 3 Monate, über 17 Jahre ca 6 pro Jahr) regelmäßige fiebrige Harnwegsentzündungen (mit antibiotischer Behandlung) von solcher Intensität und Dauer, dass wiederholt externe Sphinkterotomien notwendig wurden, weiters 4 Nebenhodenentzündungen, immer wieder auftretende Dysreflexie, massive Missempfindungen und autonome Disregulation mit Schweißausbrüchen, Kopfschmerzen und Blutdruckanstieg

- pro Harnwegsinfekt) 3 Tage je 1 Stunde starke, mittelstarke und leichte Schmerzen; (pro Nebenhodenentzündung) 3 Tage je 1 Stunde starke und mittelstarke sowie 5 Tage je 1 Stunde leichte Schmerzen.

- Das OLG Linz sprach in der Entscheidung vom 22.1.2020, 2 R 187/19m, einer bei der Körperverletzung 40-jährigen(valorisierte) EUR 128.300,-- bei folgenden Umständen zu:

- Bei medizinisch indizierter, jedoch nicht lege artis durchgeführter Wirbelsäulenoperation wegen Kribbelparästhesien und Bandscheibenvorfall in Höhe Th8/9 li Komplikation durch Auftreten eines Transversalsyndroms mit vollständiger Lähmung beider Beine samt Blasenlähmung und Gefühlsstörung vom Nabel abwärts; unter intensiver Rehabilitation zwar deutliche Verbesserung des neurologischen Zustandsbilds und der motorischen Funktionen (Gangleistung und urologische Situation); jedoch weiterhin motorisch und sensibler inkompletter Querschnitt li ASIA D mit spastischer Querschnittlähmung KG III -- IV/V re und KG II -- III/V, massiv erhöhter Muskeltonus des li Bein mit Spitzfußstellung des li Vorfußes (benötigt Spezialschuhe und Schienen); kann mit Krücken und Spezialschuhen ein paar Schritte gehen, freies Stehen und Gehen nicht möglich; kann Beine spüren, sie sind aber taub, li Bein aufgrund einer massiven Tonuserhöhung "steinhart"; kann das re Bein etwas von der Unterlage aufheben, von der Rückenlage in die sitzende Position können die Beine nur mit Hilfe der Hände mobilisiert werden; kann weichen Stuhl nicht halten, keine Sexualfunktion, Erektion und Ejakulation

- (bis Ende 2014) 20 Tage starke; 62 Tage mittelstarke; 130 Tage leichte; (seit 2015) 15 Tage starke, 15 Tage mittelstarke und 45 Tage leichte Schmerzen pro Jahr.

- Das OLG Wien sprach in einer Entscheidung vom 23.5.2019, 11 R 61/19z, einer bei der Körperverletzung 31-jährigen in voller Stattgabe des Begehrens (valorisierte) EUR 232.920,--, zu, wobei folgende Umstände zu berücksichtigen waren:

- Mehrere Wirbelbrüche, die zu Quetschung des Rückmarks und als Dauerfolge Querschnittlähmung in Form einer Tetraparese führten (Lähmung beider oberer und unterer Extremitäten samt Harn- und Stuhlinkontinenz); Anpassungsstörung (Zustand subjektiver Bedrängnis und emotionale Beeinträchtigungen mit Flash-Backs sowie Entwicklung eines depressiven Zustandsbilds mit Hoffnungs- und Antriebslosigkeit); auf Rollstuhl angewiesen (Kontrolle über den Schultergürtel und die Oberarme vorhanden, bei Unterarmen und Handgelenken Kraftentfaltung geringer; mit Fingern und Daumen nur geringe motorisch wenig verwertbare Bewegungen möglich), plötzlich und überfallsartig auftretende Krämpfe von 1 bis 2 Minuten am ganzen Körper oder nur an den Extremitäten; an den unteren Extremitäten nur unverwertbare geringe Muskelaktivität; Gelenke aller Extremitäten absteigend passiv immer schlechter beweglich und durch die unkontrollierte Muskelspannung verzogen; Spitzfußstellung; kann weder gehen, stehen, sich vom Rollstuhl ins Bett oder zurück bewegen oder sich im Liegen umdrehen, kann sich nicht selbst an- und auskleiden, bedarf der Hilfe bei der Körperhygiene sowie Zu- und Aufbereitung der Nahrung (Vorschneiden)

- 6 Tage starke; 30 Tage mittelstarke; 130 Tage leichte; aus psychiatrischer Sicht weitere 30 Tage leichte Schmerzen.

- Das OLG Linz sprach in einer Entscheidung vom 20.4.2017, 2 R 43/17g, einer ** geborenen Klägerin (valorisierte) EUR 235.025,-- zu und ging dabei von folgenden Unfallfolgen aus:

- Zerrung der HWS mit Gurtprellmarke an der re Halsseite, Brustkorbprellung mit Bruch der 3. li und 5. re Rippe, Zerrung der li Schulter, Prellung des Brustbeins, Zerrung des Sprunggelenks, unverschobener Abbruch des vorderen Anteils des Fersenbeins, Zerrung der Bänder und Sehnen im Bereich der Fußwurzel; trotz mehrjähriger langandauernder - teils stationärer, teils ambulanter - Schmerztherapiebehandlungen Entwicklung eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms (sog "ausgebrannte" CRPS-Symptomatik, die sich nach derzeitigem medizinischem Kenntnisstand nicht mehr verändern wird, bei unverminderter Lebenserwartung von derzeit durchschnittlich 82,8 Jahren bei Frauen) des Typs I (also ohne Verletzung peripherer Nerven) als unvorhersehbare Erkrankung, die auch nach Bagatelltraumen entstehen kann, zunächst nur an der re unteren Extremität, die etwa 5 Jahre nach Unfall auch auf die re Seite übersprang und sich auch hier - als Verletzungsdauerfolge - als Vollbild eines höchstgradigen chronifizierten Schmerzsyndroms mit somatischen und psychischen Faktoren und einer hochgradigen schmerzbedingten funktionellen Beeinträchtigung (MPSS III nach dem Mainzer Studienmodell der Schmerzchronifizierung, vergleichbar mit einer tiefen inkompletten Querschnittlähmung: Gehen nicht mehr möglich, seit 2011 völlig auf Rollstuhl angewiesen) entwickelte: ziehende, reißende, brennende und schneidende Schmerzen an beiden Füßen herauf bis zum Kniegelenk, Taubheitsgefühle bzw Kribbelparasthesien an beiden Oberschenkeln, brennende und stechende Dauerschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, schmerzhaftes (sich durch Sitzen verschlimmerndes) Ziehen im re Gesäß- und Oberschenkelbereich sowie auch teils starke Schmerzen im Bereich der HWS, Beugekontrakturen an beiden Füßen; starke und langandauernde Krämpfe, weshalb sie mit Unterbrechungen nur 1 -- 3 Stunden pro Nacht durchschläft; weiters psychovegetative Symptome wie Verstopfung, Schwindel, Schwitzen, Darmkrämpfe, Durchfall, Appetitlosigkeit und Einschränkung des Geschmacksinns; auch seelische Leiden infolge dieser unfallkausalen Erkrankung und deren Entwicklung; war bis zum Unfall sportlich sehr aktiv (Rad fahren, Klettern, Schwimmen); seit Mai 2006 Aufgabe ihrer Berufstätigkeit; bzgl Körperpflege, An- und Auskleiden, Haushaltsführung, Ortsveränderungen und Besorgungen in vielfacher Hinsicht auf Betreuung und Unterstützung durch Dritte angewiesen; 2015 zusätzlich (nicht unfallkausal) Erkrankung an Brustkrebs

- (bis 23. 2. 2016) 15 -- 21 Tage starke; 45 -- 59 Tage mittelstarke; 270 -- 330 Tage leichte; seither 7 -- 10 Tage mittelstarke und 10 -- 14 Tage leichte Schmerzen pro Jahr.

4.4.Diese Vergleichsfälle zeigen den breiten Spielraum bei der Schmerzengeldbemessung. Der von den Beklagten zitierte Vergleichsfall 1 R 158/14s des OLG Innsbruck war die Rechtsmittelentscheidung im Vorverfahren. Der Schmerzengeldzuspruch im Verfahren 1 R 193/06a des OLG Innsbruck von EUR 50.000,-- entspricht aufgewertet EUR 82.250,--. Die Vergleichbarkeit dieser Entscheidung ist auch deshalb fraglich, weil in diesem Fall nicht mehr begehrt wurde als (damals) EUR 50.000,--. Der Zuspruch im Fall 1 R 60/14d des OLG Innsbruck entspricht valorisiert EUR 208.050,--. Abgesehen davon geht die Entwicklung in den letzten Jahren bei Unfällen mit schwersten Verletzungen tendenziell in die Richtung, höhere Schmerzengeldbeträge zuzusprechen, weshalb ältere Entscheidungen (wie etwa die zitierten Fälle 2 Ob 104/06t, 7 Ob 281/02b) eine etwas eingeschränkte Aussagekraft haben.

4.5.Ausgehend von den oben wiedergegebenen Rechtsprechungsgrundsätzen und den Vergleichsfällen muss der Standpunkt der Beklagten, wonach dem Kläger überhaupt kein zusätzliches Schmerzengeld zustehe, als völlig unhaltbar bezeichnet werden. Der bekämpfte Zuspruch bewegt sich zwar im oberen Bereich des für derartige Verletzungsfolgen angemessenen Schmerzengelds, aber noch innerhalb der Bandbreite des dem Erstgericht zukommenden Ermessensspielraums. Beispielsweise wurde in der Entscheidung des Höchstgerichts vom 29.8.2017, 5 Ob 120/17h, einem ** geborenen Kläger, der anlässlich seiner Geburt eine Verletzung der Nerven im Bereich des linken Halses mit einer kompletten Plexusparese links erlitt, wodurch sein linker Arm verschmächtigt und in seiner Funktion schwerst eingeschränkt war und eine Reihe von Operationen erforderlich war, für einen Zeitraum bis 2016 (also knapp über 20 Jahre) ein Teilschmerzengeld von valorisiert EUR 148.700 zuerkannt. Beim Kläger ist hingegen der Verlust der Gehfähigkeit zu beurteilen. In der Entscheidung 2 Ob 143/18w wurden (iSe Globalbemessung) valorisiert EUR 161.400,-- zugesprochen. Dabei waren schwerste Verletzungen aufgrund eines Flugzeugabsturzes (lebensbedrohliches Polytrauma, instabiler Thorax, beidseitige Rippenserienfrakturen, Brüche von Brust- und Lendenwirbeln, Nasenbeinbruch, Unterschenkeltrümmerbruch, Wadenbeinbruch, Zwerchfellruptur, Lungenkontusion, Pneumoperikard, Pneumothorax, Taubheitsgefühle), eine posttraumatische Belastungsstörung mit einer depressiven Reaktion, die als Dauerfolge künftig im Vordergrund steht, bisher komprimiert 42 Tage schwere, 84 Tage mittlere und 112 Tage leichte physische sowie 10 Tage schwere, 21 Tage mittlere und 83 Tage leichte psychische Schmerzen, künftig pro Jahr 7 Tage leichte physische Schmerzen sowie (wohl zusammengerechnet für die nächsten 20 Jahre) 76 Tage mittlere und 228 Tage leichte psychische Schmerzen zu berücksichtigen. Die unmittelbaren Unfallfolgen waren in diesem Fall schwerwiegender, die Dauerfolgen sind aber als weniger einschränkend als beim Kläger zu beurteilen. Auch die festgestellten Schmerzperioden blieben dort unter denen des vorliegenden Falls.

4.6. Das Berufungsgericht erachtet den vom Erstgericht vorgenommenen Zuspruch insgesamt zwar als hoch, aber noch als vertretbar, weshalb der Berufung der Beklagten keine Folge zu geben ist. Es besteht aber auch keine Veranlassung, den Zuspruch wie vom Kläger begehrt zu erhöhen, weshalb auch sein Rechtsmittel erfolglos bleibt.

5.Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren ergibt sich aus den §§ 50, 40, 41 ZPO. Die Streitteile haben einander die Kosten der erfolgreichen Berufungsbeantwortungen zu ersetzen. Die Beklagten haben ihre Kosten überhöht verzeichnet. Bei einem Streitwert von EUR 68.000,-- beträgt der Ansatz für TP 3B EUR 1.259,40 (und nicht EUR 1.364,20). Nach Saldierung bleibt ein Kostenersatzanspruch des Klägers von netto EUR 41,23, brutto daher EUR 49,48.

6. Das Berufungsgericht konnte sich bei allen behandelten Fragen auf die zitierte höchstgerichtliche Judikatur stützen. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung liegen nicht vor. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.