9Bs189/25z – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Kohlroser als Vorsitzende, den Richter Mag. Scherr, LL.M. BA, und die Richterin Mag a . Berzkovics in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 15. Mai 2025, GZ **-64, nach der am 10. September 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Liensberger, LL.M., des Angeklagten und seines Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Stastny durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung des Angeklagten wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf neun Jahre herabgesetzt.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft darauf verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1.) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (2.) schuldig erkannt und unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB nach § 28a Abs 4 SMG zur Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet. Die Vorhaft von 10. Februar 2024, 14.55 Uhr bis 15. Mai 2025, 11.50 Uhr wurde gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB angerechnet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 5. August 2025, GZ 12 Os 87/25y-4, zurückgewiesen.
Dem sohin rechtskräftigen Schuldspruch nach hat er seit Ende 2020 bis zum 10. Februar 2024 in ** und andernorts vorschriftswidrig Suchtgift
1. in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er zumindest 4.000 Gramm Kokain (3.160 Gramm Kokain-Base [210-fache Grenzmenge]), 11.500 Gramm Cannabiskraut (1.324,8 Gramm THCA und 57,5 Gramm Delta-9-THC [zusammengerechnet die 36-fache Grenzmenge dieser Suchtgifte]), 300 Gramm Amphetamin (30 Gramm Amphetamin-Base [3-fache Grenzmenge]) sowie „13 Gramm Cannabisharz“ an teils bekannte, teils unbekannte Abnehmer verkaufte,
2. ausschließlich zum persönlichen Gebrauch besessen, indem er weitere Mengen (US 4: THCA- und Delta-9-THC-hältiges) Cannabiskraut und Kokain bis zum Eigenkonsum innehatte.
Gegen den Strafausspruch richten sich die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Die Berufung des Angeklagten zielt auf die Herabsetzung des Strafmaßes ab (ON 69.2). Die Staatsanwaltschaft beantragt die Anhebung des Strafmaßes ausgehend von einem gemäß § 39 Abs 1a StGB erweiterten Strafrahmen (ON 67).
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung des Angeklagten hat Erfolg.
Das Erstgericht ging bei der Strafbemessung von der in § 28a Abs 4 SMG normierten Strafdrohung von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe aus. Die Anklagebehörde weist in ihrem Rechtsmittel allerdings zutreffend darauf hin, dass beim Angeklagten aufgrund der auf US 3 festgestellten früheren Verurteilungen (zu AZ ** und AZ ** des Landesgerichts Leoben), denen jeweils vorsätzliche strafbare Handlungen gegen Leib und Leben (zur Beurteilung von Suchtgiftdelinquenz als Straftat gegen die menschliche Gesundheit vgl RS0091972) zugrundelagen, und der neuerlichen Tatbegehung innerhalb des fünfjährigen Rückfallsverjährungszeitraums des § 39 Abs 2 StGB die Voraussetzungen für die Strafschärfung bei Rückfall (§ 39 Abs 1a StGB) vorliegen. Daraus ergibt sich ein Strafrahmen von einem bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe, von dem das Berufungsgericht auszugehen hat (RS0116586 [T6]).
Als erschwerend sind sieben frühere Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen und deren Fortsetzung über einen längeren Zeitraum zu berücksichtigen. Schuldsteigernd im Sinn der allgemeinen Strafzumessungserwägungen des § 32 StGB ist ferner, dass das 25-fache der Grenzmenge bei der Überlassung von Suchtgift (Punkt 1.) erheblich überschritten wurde, dass der Angeklagte die Taten zum Teil in einer Probezeit verübt hat sowie die in der Hauptverhandlung von ihm geschilderte Tatbegehung aus Gewinnstreben (ON 63.2, 2 f).
Als mildernd steht dem gegenüber, dass der Angeklagte in Bezug auf einen Teil der Vorwürfe ein reumütiges Geständnis abgelegt hat. Die Sicherstellung sehr geringer Mengen an Suchtgift (ON 41.23) hingegen fällt angesichts der enormen Menge, die der Angeklagte in Verkehr gesetzt hat, nicht strafmildernd ins Gewicht.
Bei einer Gesamtbewertung des dargestellten Strafzumessungssachverhalts erweist sich die vom Erstgericht ausgemessene zehnjährige Freiheitsstrafe ungeachtet der nunmehrigen Anwendung des erweiterten Strafrahmens als geringfügig überhöht und ist daher auf ein tat- und schuldangemessenes Maß von neun Jahren herabzusetzen. Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Der Kostenausspruch ist eine Folge der Sachentscheidung und stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.