9Bs155/25z – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag. a Kohlroser als Vorsitzende, die Richterin Mag. a Berzkovics und den Richter Mag. Scherr, LL.M., BA in der Strafsache gegen A*und einen weiteren Angeklagten wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall StGB über die Berufung des Angeklagten A* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 14. Mai 2025, GZ **-50, nach der am 29. Juli 2025 in Anwesenheit der Oberstaatsanwältin Mag. a Dexer, des Angeklagten A* und seines Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Birringer durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
GRÜNDE:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch ein unbekämpft gebliebenes Adhäsionserkenntnis enthält, wurde – unter anderem – der am ** geborene ungarische Staatsangehörige A* des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt und hierfür nach § 130 StGB zur Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.
Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die Vorhaft von 17. Jänner 2025, 16:15 Uhr bis 10. Februar 2025, 12:00 Uhr auf die Freiheitsstrafe angerechnet. Ferner wurde gemäß § 20 Abs 3 StGB der Betrag von EUR 200,00 bei A* für verfallen erklärt.
Unter einem fasste das Erstgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO den Beschluss auf Absehen vom Widerruf der A* mit Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 15. März 2024, rechtskräftig am 19. März 2024, zu AZ B* gewährten bedingten Strafnachsicht und Verlängerung der Probezeit gemäß § 494a Abs 6 StPO auf fünf Jahre.
Dem Schuldspruch nach haben A* und C* im bewussten und gewollten Zusammenwirken in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei sie mehr als zwei solche Taten binnen Jahresfrist begingen (§ 70 Abs 1 Z 3 und Abs 2 StGB), den nachgenannten Personen die nachangeführten fremden beweglichen Sachen in einem insgesamt EUR 5.000,00 nicht übersteigenden Gesamtwert mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
1. am 17. September 2024 in D* Berechtigten der E* GmbH Co. KG Altmetall im Wert von zumindest EUR 150,00,
2. am 17. Oktober 2024 in D* F* acht Stück Autoreifen mit Felgen im Gesamtwert von ca. EUR 1.500,00,
3. am 3. Dezember 2024 in ** G* vier Stück Autoreifen im Gesamtwert von ca. EUR 130,00,
4. am 7. Jänner 2025
a. in D* Berechtigten der H* GmbH einen Katalysator im Wert von ca. EUR 420,00,
b. an unbekannten Orten im Bundesgebiet unbekannten Geschädigten 26 Stück Autoreifen (davon acht Reifen samt Felgen) sowie drei KFZ-Lichter im Gesamtwert von ca. EUR 2.545,00.
Gegen dieses Urteil richtet sich das rechtzeitig angemeldete Rechtsmittel der „vollen“ Berufung, das wegen des Ausspruchs über die Strafe zur Ausführung gelangte (ON 55). In der Berufungsverhandlung zog der Angeklagte die Berufung wegen Nichtigkeit, wegen des Ausspruchs über die Schuld und die privatrechtlichen Ansprüche, wegen des Verfallserkenntnisses sowie die implizierte Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) gegen den Beschluss auf Verlängerung der Probezeit zurück.
Rechtliche Beurteilung
Strafbestimmend ist § 130 Abs 1 StGB mit einer Freiheitsstrafdrohung von bis zu drei Jahren.
Erschwerend ist, dass A* die Taten in Gesellschaft des Mittäters C* begangen hat (RIS-Justiz RS0090930). Weiters ist die Tatwiederholung über die strafsatzbestimmende Qualifikation hinaus als erschwerend zu werten (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB). Eine Tatwiederholung, mag sie auch bei gewerbsmäßig handelnden Tätern die Regel sein, gehört nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen dieser Qualifikation und kann daher bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe nicht außer Betracht bleiben, mag auch das Gewicht dieses Erschwerungsgrundes je nach Fallgestaltung gering sein. Die Berücksichtigung dieses Erschwerungsgrundes verstößt deshalb auch bei Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (RIS-Justiz RS0091375). Erschwerend ist ferner die Tatsache, dass der Angeklagte schon drei Mal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB). So besteht im österreichischen Strafregister unter Berücksichtigung des Zusatzstrafenverhätltnisses nach § 31 StGB eine Vorstrafe wegen des Vergehens des gewerbsmäßigem Diebstahls (ON 43). In Ungarn wurde der Angeklagte – ebenfalls unter Berücksichtiugng eines zu seinen Gunsten anzunehmenden Zusatzstrafenverhältnisses – zweimal wegen Diebstahls verurteilt (ON 28.2). Der rasche Rückfall (Vorverurteilung zu B* des Bezirksgerichts Graz-Ost wurde am 19. März 2024 rechtskräftig; vgl Riffel aaO § 33 Rz 11; Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 15§ 33 Rz 3), die Tatbegehung während der Probezeit (RIS-Justiz RS0090597, RS0090954) sowie während anhängigen Strafverfahrens ( Riffel aaO § 33 Rz 19), nämlich während des Strafverfahrens zu AZ ** des Landesgerichts für Strafsachen Graz ist im Rahmen der allgemeinen Schuldabwägung ebenfalls als erschwerend zu werten.
Mildernd ist die letztlich reumütige geständige Verantwortung des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB). Die Sicherstellung eines Teils der Diebesbeute ist – in untergeordnetem Ausmaß, weil der Angeklagte dazu nicht wesentlich beitrug, sondern die Gegenstände bei seiner Festnahme durch die Polizei vorgefunden werden konnten – ebenfalls mildernd zu berücksichtigen.
Die vom Berufungswerber relevierte prekäre Einkommenssituation infolge seiner Beschäftigungslosigkeit wirkt sich hingegen nicht mildernd aus. Insoweit er mit seinem Vorbringen den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 10 StGB anspricht, ist ihm zu entgegnen, dass dieser Milderungsgrund nur auf Straftaten anzuwenden ist, soweit sie einer drückenden Notlage des Täters selbst Abhilfe verschaffen wollen, also zur Befriedigung existentieller Lebensbedürfnisse ( Riffel aaO § 34 Rz 24). Eine derartige drückende Notlage ist jedoch nicht anzunehmen, weil der Angeklagte nicht etwa Güter zur Deckung existentieller Lebensbedürfnisse wegnahm, sondern vielmehr großteils Autoreifen im Rahmen mehrfacher Angriffe. Außerdem fehlen Anhaltspunkte für eine überwiegend von dritter Seite zu vertretenden Beschäftigungslosigkeit des Angeklagten, der in der Lage sein sollte, finanzielle Mittel für seine Familienangehörigen und sich selbst durch Arbeit zu erwirtschaften.
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe von 14 Monaten nicht als korrekturbedürftig. Eine (auch nur teilweise) bedingte Nachsicht der Strafe im Sinne der §§ 43 und 43a StGB scheitert bereits an spezialpräventiven Erwägungen, wobei auf das einschlägigst belastete Vorleben des Angeklagten, den auch der Strafvollzug in Ungarn nicht deliktsabhaltend beeinflussen konnte, hinzuweisen ist.
Der Kostenausspruch ist Folge der Sachentscheidung und gründet auf § 390a Abs 1 StPO.