7Ra54/24a – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Kraschowetz-Kandolf (Vorsitz), die Richter Mag. Russegger und Mag. Reautschnig sowie die fachkundigen Laienrichter:innen Färber (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Allmannsdorfer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch die Mitterbauer Schwarzmayr-Lindinger OG in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei B* -GmbH , FN **, **, vertreten durch Dr. Christian Puchner ua, Rechtsanwälte in Leoben, wegen EUR 4.654,63 sA, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. August 2024, **-51, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Oktober 2024, ON 50, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 877,39 (darin EUR 146,23 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Revision ist nichtnach § 502 Abs 1 ZPO zulässig .
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war bei der Beklagten vom 2. April 2023 bis (zumindest) 29. April 2023 als Kellnerin beschäftigt. Die Beklagte ist Inhaberin der Geschäftslokale „C*“, „D*“ und des „E*“. Anzuwenden war der Kollektivvertrag für das Hotel- und Gastgewerbe.
Die Klägerin verrichtete ihre Tätigkeiten grundsätzlich im „C*“. Dies wurde zwischen den Parteien zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses so vereinbart, weil der Ehegatte der Klägerin mit einer Beschäftigung im „D*“ nicht einverstanden gewesen wäre.
Weiters vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin ihren monatlichen Lohn teils in bar, teils per Banküberweisung am Ende des Monats ausbezahlt erhalten soll. Nie war die Rede davon, dass die Klägerin ihren Lohn täglich in bar ausbezahlt bekomme. Entgegen der ursprünglichen Vereinbarung, wonach die Klägerin Vollzeit angestellt werden sollte, meldete die Beklagte die Klägerin zunächst lediglich geringfügig als Kellner-Aushilfe an (1a) . Ein Arbeitsvertrag über das Arbeitsverhältnis wurde der Klägerin trotz mehrmaliger Aufforderung vom Geschäftsführer der Beklagten nie ausgehändigt. Für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses erfolgte neben der Vorschussleistung in Höhe von EUR 200,00 keine weitere Entlohnung der Klägerin (1b) .
Die Arbeitseinteilungen bei der Beklagten gestalteten sich flexibel. Es gab zwar Dienstpläne, denen die Mitarbeiter entnehmen konnten, wann ihre Arbeitszeiten waren. War ein Mitarbeiter mit dieser Arbeitseinteilung nicht einverstanden, konnte er dies bekannt geben und mitunter auch Dienste mit Kollegen tauschen. Häufig kam es – nicht zuletzt aufgrund saisonaler Erfordernisse – vor, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Mitarbeiter am Tag zuvor aufforderte, am nächsten Tag zur Arbeit zu erscheinen. Dies führte oftmals zu spontanen Arbeitseinteilungen und Dienstplänen. Die Beklagte verfügt über fix angestellte Arbeitskräfte und Aushilfskräfte. Bei den Aushilfskräften ist es vorgesehen, dass diese ihren Lohn täglich in bar entweder ausbezahlt bekommen oder sich diesen auch selbst abrechnen und entnehmen. Die übrigen Mitarbeiter, welche keine Aushilfskräfte sind, bekommen ihren Lohn in der Regel am Ende des Monats in bar oder per Banküberweisung ausbezahlt, je nachdem, wie sie das wünschen.
Bis zum 29. April 2023 gab es keine Probleme zwischen der Klägerin und der Beklagten oder anderen Mitarbeitern. Am 29. April 2023 kam es zu einem Streit zwischen der Klägerin und einer weiteren Mitarbeiterin, der Ehegattin des Mitarbeiters F*. Als dieser den Streit bemerkte, ging er dazwischen und versuchte, seine Ehegattin zu verteidigen. Im Zuge dessen schüttete er ein Wasserglas über die Klägerin. Daraufhin ging die Klägerin auf F* los. Sie verpasste im Tritte und Schläge in das Gesicht und kratzte ihn am Hals. Kurz darauf alarmierte die Klägerin die Polizei. Die Klägerin wurde aufgrund dieses Vorfalls mit Urteil des Bezirksgerichts Leoben vom 11. September 2023 wegen des Vergehens der versuchten Körperverletzung gemäß §§ 15, 83 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt.
Da die Klägerin aufgrund dieses Vorfalls sehr aufgebracht war, teilte sie dem Geschäftsführer der Beklagten noch am selben Tag per WhatsApp-Nachricht mit, dass sie nicht mehr kommen werde, zumal sie von F* geschlagen worden sei. Mit dieser Nachricht wollte sie das Arbeitsverhältnis nicht beenden, sondern ihren Unmut über das Geschehene kundtun. Der Geschäftsführer der Beklagten antwortete ihr in einer Sprachnachricht, dass er den Streit bedauere, und schlug vor, in Zukunft im „D*“ arbeiten zu können, um nicht mehr mit F* zusammenarbeiten zu müssen. Weiters teilte er mit, dass am 30. April 2023 ihr freier Tag sei, und sie sich bei ihm melden solle, zumal er sich wegen des bevorstehenden Festes am 1. Mai 2023 organisieren müsse.
Daraus resultierte folgende WhatsApp-Kommunikation zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten, G*:
Sprachnachricht vom 29.04.2023 um 18.52 Uhr von G*:
„ Ich empfehle dir, Dienstag [Anmerkung: 02.05.2023] arbeiten zu kommen im D* wo der F* nicht arbeitet, wo andere Leute arbeiten, wo man nicht diskutieren braucht.“
Dann schlägt C* der Klägerin weiters vor, sie könne
„ normal arbeiten von 10.30 Uhr jeden Tag wie gesagt. Ich habe dir gesagt Montag bitte arbeiten kommen. Wenn du mir sagst kommst du nicht mehr arbeiten, dann ab Montag, also praktisch mal. Du hast gesagt, du kündigst selber, nämlich das war und werde ich dich abmelden wenn du nicht kommst.“
Um 22.43 Uhr antwortete die Klägerin schriftlich auf diese Sprachnachricht:
„Reden wir wenn du da bist Chef, alles gut. Doch ich habe schon meinen Privatanwalt angerufen und er kommt auch morgen mit zur Polizei. Ich kann von 10.30 Uhr bis 19.00 Uhr arbeiten.“
G* schrieb um 22.49 Uhr:
„ Ok, Montag 10.30 Uhr bei Eiscafe D*. Eine Freundin kann mit dir kommen und wir können mal reden.“
Am 30. April 2023 [Anm: Sonntag] schrieb wiederum die Klägerin um 18.53 Uhr:
„Ich weiß nicht ob morgen geht, weil muss noch mit meinem Mann reden, er ist nicht da und weiß nicht Bescheid. Wenn er ok sagt, komme ich Dienstag .“
Am 01.05.2023 um 11:00 Uhr erhielt die Klägerin eine Sprachnachricht von C* mit folgendem Inhalt:
„So, ich habe dir gesagt du musst um 10.30 Uhr kommen. Du bist nicht da. Wo ist deine Freundin zum Reden? Also dein Verhalten ist leider nicht in Ordnung, heute ist ein Fest und du bist fix angestellt und deshalb. Ich bin der Chef und ich sehe das nicht ein, dass du nicht arbeiten kommst. Das kann man nicht, einfach kommen oder nicht kommen. Gestern und vorgestern war ein Streit. Man kann ja jeden Tag streiten, heute muss man aber da sein und muss man arbeiten. Das ist einfach so. Ich sage dir das so, dass du nicht kommst finde ich nicht korrekt und deswegen sage ich, ich empfehle dir zur Arbeit zu kommen. Das ist nur eine Empfehlung von mir. Die Leute kann man nicht im Stich lassen, wenn ein Fest ist. Heute ist ein Fest und da muss man da sein.“
Die Klägerin antwortete darauf sogleich um 11.10 Uhr:
„ Ich habe gesagt muss mit meinem Mann reden. Ich habe dir Bescheid gegeben wegen dieser F* Streit. Ich habe Bescheid gegeben Chef. Wenn mein Mann sagt ja, kann ich Dienstag kommen. Mein Mann ist noch nicht zu Hause und ohne dass er Bescheid weiß, kann ich noch nicht.“
Um 18.32 Uhr schrieb die Klägerin wiederum:
„Habe geredet mit mein…., für ihn passt D*. Komme dann morgen um 10.30 Uhr !“
Am 30. April 2023 nahm die Klägerin wie vereinbart Zeitausgleich und erschien nicht zur Arbeit. Mit Ausnahme der oben genannten WhatsApp-Nachrichten erhielt die Klägerin keine Arbeitsanweisung, verpflichtend zum Mai-Fest am 1. Mai 2023 zu erscheinen und ihren Dienst zu verrichten.
Am 1. Mai erschien die Klägerin – wie in ihrer WhatsApp-Nachricht am 30. April 2023 um 18:53 Uhr bereits angekündigt – nicht zur Arbeit.
Auf die Nachricht der Klägerin am 1. Mai 2023 um 18:32 Uhr, wonach sie am Dienstag, dem 2. Mai 2023 um 10:30 Uhr zur Arbeit erscheinen werde, antwortete der Geschäftsführer der Beklagten nichts mehr. Die Klägerin ging daher davon aus, dass dies in Ordnung sei (2) .
Am 2. Mai 2023 erschien die Klägerin daher im „C*“, um ihre Arbeit anzutreten. Der Geschäftsführer der Beklagten nahm ihre Dienstverrichtung an. Die Klägerin erledigte von ca. 10:30 Uhr bis 14:30 Uhr über Aufforderung des Geschäftsführers der Beklagten Putzarbeiten im „D*“. Sie arbeitete an diesem Tag kürzer, da ihr vom Geschäftsführer der Beklagten angeboten wurde, den restlichen Tag Zeitausgleich zu nehmen, weil sie noch an einer Geburtstagsfeier einer Freundin teilnehmen wollte. Der Geschäftsführer sicherte der Klägerin anlässlich eines Gesprächs am 2. Mai 2023 auch für ihr Nichterscheinen am 1. Mai 2023 Zeitausgleich zu (3) .
Am 2. Mai 2023 schickte die Klägerin dem Geschäftsführer von der Arbeit aus um 13:04 Uhr eine Sprachnachricht mit folgendem Inhalt:
„Hallo Chef, kannst du bitte meinen Arbeitsvertrag fertig machen ? Ich brauche das dann. “
Um 16:06 Uhr erhielt die Klägerin eine Sprachnachricht von G* mit dem Inhalt:
„Ich muss etwas erledigen und bitte wenn diese Bekannte von dir arbeiten will, muss sie heute Abend mit mir reden. Jetzt habe ich was zu tun, eine Stunde. Ab 5 Uhr bin ich wieder zurück, ich muss zur Bank gehen. Wenn du vorbei kommst, dann schaun wir mal, dein Vertrag ist kein Problem. Er muss erst geschrieben werden. Das geht nicht heute oder morgen, das schreibt der Steuerberater. Der Steuerberater muss wissen, das sind Standardverträge. Es gibt auch andere Verträge 48 Stunden/Woche. Es gibt 40 Stunden plus 8 Stunden dazu, das ist was notwendig ist. Bei einem Vertrag muss man sagen was man will. Der Steuerberater schreibt das dann und fertig. Der Steuerberater hat viel zu tun und Anderes zu tun. So ist das. Deshalb hätte ich das schon lange gemacht, wenn du nicht gestritten hättest. Dann hätte ich den Vertrag schon bekommen. Aber du hast dann gestritten und bist weggegangen. Deshalb bitte, wenn du vorbei kommst heute am Abend mit deiner Freundin, dann reden wir kurz. Rufst du mich bitte an, wir sehen uns wieder im D* und nicht im C* diskutieren mit den beiden. Im C* ist nur F* wieder mit seiner Frau. Dann sagen wir sehen uns im D* Chef. Die Türen sind offen. Du kannst ja auch ein Getränk machen bei der Schank, das ist kostenlos. Und deine Freundin auch, sagst du Chef um 5 Uhr bin ich da. Kannst du selber rein kommen. Und dann komme ich und dann kommt deine Freundin und dann sagen wir alles ist gut und ein paar Tagen hast du deinen Vertrag fertig.“
Die Klägerin schrieb um 16:43 Uhr zurück:
„Okay, habe ich ihr gesagt, kannst du meinen Vertrag per Whats App schicken 40 Stunden/Woche plus wo der Lohn drauf steht. Arbeitsvertrag ist wichtig Chef, ich brauche das bitte.“
Um 21:09 Uhr schrieb G*:
„Eine Kundin, die H*, hat sich Nachmittag bei mir beschwert wegen deinem Verhalten. Du hast selber am Samstag Cafe C* gestritten und gekündigt. Montag war das 1. Mai-Fest, bist du nicht gekommen obwohl du hättest im Cafe D* arbeiten können. Ich habe deine Kündigung weitergeleitet bei dem Steuerberater. Ich behalte mir rechtliche Schritte vor im Fall dass du versuchst uns zu beschädigen. Die Polizei ist heute wieder in Cafe C* gekommen.“
Daraufhin antwortete die Klägerin um 21:10 Uhr:
„Ich habe nicht gekündigt. Das ist leider nicht gültig Chef. Kannst auch bei der Arbeiterkammer fragen. Hab mich schon informiert. Werde auch rechtliche Schritte nachgehen was die Stunden- und Steuerabziehungen angeht. Sorry hab genug beweise. Schriftlich und Nachrichten von cafe C*. Ich kläre das mit der Finanzpolizei Dankeschön. Schönen Abend noch.“
G* antwortete darauf um 21:13 Uhr:
„Wir werden auch gleich machen! Wir haben genug Zeugen gegen dir!!“
Am 3. Mai 2023 um 8:54 Uhr schrieb die Klägerin:
„Herr G*, Sie haben die Zeit dafür bis heute spätestens denn Lohnzettel von letzten monat per mail an mir zu schicken Und eine An und Abmeldung.“
Der Geschäftsführer der Beklagten meldete die Klägerin sodann rückwirkend mit 29. April 2023 unter Angabe des Grundes „unberechtigter vorzeitiger Austritt“ von der Sozialversicherung ab und übermittelte ihr am 22. Mai 2023 per WhatsApp-Nachricht ein Foto einer Lohn- und Gehaltsabrechnung.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von EUR 4.654,63 an Lohn vom 2. April 2023 bis 30. April 2023 (EUR 802,46 netto), Entgelt für vier Mehrstunden laut Lohnabrechnung April 2023 (EUR 65,94 brutto), Lohn von 1. Mai 2023 bis 2. Mai 2023 (EUR 90,00 brutto), anteilige Jahresremuneration vom 2. April 2023 bis 2. Mai 2023 (EUR 229,32 brutto), Kündigungsentschädigung inklusive anteiliger Sonderzahlung und Urlaubsersatzleistung von 3. Mai 2023 bis 30. Juni 2023 (EUR 3.386,73 brutto) und eine Urlaubsersatzleistung für 1,12 Arbeitstage (EUR 80,18 brutto). Das Arbeitsverhältnis habe durch unberechtigte Entlassung geendet, die der Klägerin am 2. Mai 2023 per WhatsApp-Nachricht zugegangen sei. Für den gesamten Beschäftigungszeitraum habe die Klägerin lediglich EUR 200,00 netto bezahlt bekommen.
Die Beklagte bestreitet und wendet ein, das Arbeitsverhältnis sei vielmehr durch unberechtigten vorzeitigen Austritt der Klägerin per 29. April 2023 beendet worden. An diesem Tag habe der Geschäftsführer der Beklagten eine Nachricht der Klägerin erhalten, dass sie nicht mehr zur Arbeit erscheinen werde. Sie sei auch tatsächlich nicht mehr erschienen. Dem Ganzen sei ein Streit zwischen der Klägerin und weiteren Mitarbeitern der Beklagten vorangegangen. Die Klägerin habe vor Gästen eine Mitarbeiterin auf das Übelste beschimpft und zudem einen weiteren Mitarbeiter geschlagen. Das Verhalten der Klägerin hätte auch eine sofortige Entlassung gerechtfertigt. Der Geschäftsführer der Beklagten habe der Klägerin mit Sprachnachricht vom 29. April 2023 unmissverständlich angekündigt, dass sie für den Fall, dass sie am Montag, dem 1. Mai nicht arbeiten komme, abgemeldet werde. Diese Ankündigung sei zweifelsfrei so zu verstehen, dass die Kündigung bzw. der ungerechtfertigte Austritt der Klägerin angenommen werde. In eventu stelle diese Ankündigung auch eine gerechtfertigte Entlassung seitens des Geschäftsführers der Beklagten dar.
Die Klägerin habe ihren Lohn entsprechend ihrem Wunsch zunächst täglich in bar ausbezahlt erhalten. Zudem habe sie einen Gehaltsvorschuss in Höhe von EUR 240,00 bekommen. Ihre Ansprüche seien ordnungsgemäß abgerechnet worden.
Mit dem angefochtenen, mit Beschluss vom 11. Oktober 2024, ON 50, berichtigten Urteil gibt das Erstgericht dem Klagebegehren auf der Grundlage des eingangs dargestellten, soweit in Kursivschrift strittigen Sachverhalts statt. In rechtlicher Hinsicht folgert es, dass von einem unberechtigten vorzeitigen Austritt der Klägerin nicht auszugehen sei. Mit der aufgrund der Geschehnisse am 29. April 2023 verfassten Nachricht habe sie nicht beabsichtigt, das Dienstverhältnis tatsächlich zu beenden. Die weitere Planung der künftigen Arbeitstage und die Forderung eines Arbeitsvertrages sowie die Tatsache, dass die Klägerin am 2. Mai 2023 noch Dienst bei der Beklagten verrichtet habe, ließen auf keinen Beendigungswillen schließen.
Die Entlassung durch den Geschäftsführer der Beklagten, welche durch die Abmeldung von der Sozialversicherung mit dem Grund „unberechtigter Austritt“ faktisch vollzogen worden sei, sei unberechtigt erfolgt. Im Hinblick auf den Vorfall vom 29. April 2023 (Körperverletzung zulasten von F*) sei das Entlassungsrecht verwirkt, zumal der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin am 2. Mai 2023 weiterbeschäftigt und ihr auch einen Dienstvertrag zugesichert habe. Überdies sei die Klägerin noch während des aufrechten Beschäftigungsverhältnisses und darüber hinaus arbeitsbereit und arbeitswillig gewesen. Ihr einmaliges Nichterscheinen am 1. Mai 2023 habe sie angekündigt und auch gerechtfertigt. Hingegen sei der Geschäftsführer unklar in seinen Dienstanweisungen gewesen und habe nicht mehr adäquat auf den Einwand der Klägerin, am 1. Mai 2023 nicht erscheinen zu können, reagiert. Offensichtlich hätten die Klägerin und der Geschäftsführer der Beklagten „aneinander vorbei“ kommuniziert, weil diese in ihren Nachrichten die Tage „Montag“ und „Dienstag“ abwechselnd ins Treffen geführt hätten und ein Konsens zwischen den beiden in keiner Nachricht erzielt worden sei. Der Klägerin seien Konsequenzen nie klar und unmissverständlich angedroht worden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung , der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in Verbindung mit § 2 Abs 1 ASGG in nicht-öffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt.
1. Zum Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung:
1.1. Die Berufungswerberin bekämpft die eingangs unter (1a) und (1b) in Kursivschrift wiedergegebenen Feststellungen und begehrt als Ersatzfeststellungen:
„Zwischen den Parteien war vereinbart, dass die Klägerin ihren Lohn täglich in bar erhalten sollte. Die Klägerin war zunächst bei der Beklagten als Aushilfskellnerin beschäftigt. Die Beklagte (richtig Klägerin) hat in der Beilage./2 mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass sie den Lohn bis 25.04.2023 täglich erhalten hatte und auch weiterhin täglich entlohnt werden wollte. Die Klägerin hat somit neben der Vorschussleistung in der Höhe von EUR 200,00 ihren Lohn bis zum 29. April 2024 täglich in bar ausbezahlt erhalten.“
Das Erstgericht stützt die bekämpften Feststellungen auf die Parteiaussage der Klägerin, die Aussage der Zeugen Q* R* und B* S* sowie die Beilagen./B und./3.
Es entspricht schon ganz grundsätzlich dem Wesen von Zivilprozessen, dass sich über prozessrelevante Tatsachen häufig unterschiedliche Darstellungen gegenüber stehen. In einem solchen Fall hat das Erstgericht gemäß § 272 ZPO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung und Beweisführung nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob es der tatsächlichen Angabe (etwa der Aussage eines Zeugen oder einer Partei) das zur Anwendung kommende Regelbeweismaß der hohen Wahrscheinlichkeit beizumessen vermag; dies führt regelmäßig – insbesondere, wenn objektive Beweisergebnisse fehlen – dazu, dass einer von mehreren Varianten der Vorzug zu geben ist (RS0043175; RS0110701). Beim Regelbeweismaß der hohen Wahrscheinlichkeit handelt es sich nicht um eine objektive Größe; ihr wohnt vielmehr eine gewisse Bandbreite inne, sodass es sowohl von den objektiven Umständen des Anlassfalles als auch von der subjektiven Einschätzung des Entscheidungsorgans abhängt, wann es diese „hohe“ Wahrscheinlichkeit als gegeben ansieht (RS0110701 [T3]).
Demnach hat sich der Richter(senat) dem Wesen der freien Beweiswürdigung entsprechend begründend für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, zu entscheiden. Das Berufungsgericht hat daher die Beweiswürdigung (nur) daraufhin zu untersuchen, ob die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten und die Beweisergebnisse schlüssig gewürdigt wurden. Einer Beweisrüge könnte demnach ein Erfolg nur dann beschieden sein, wenn sie gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung stichhaltige Bedenken ins Treffen führen kann, die erhebliche Zweifel rechtfertigen. Der bloße Umstand etwa, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Tatsachenfeststellungen möglich gewesen wären oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Rechtsmittelwerbers sprechen, reicht aber noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Dem anlässlich der Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck des erkennenden Richter(senat)s von der Glaubwürdigkeit vernommener Personen kommt schon ganz grundsätzlich maßgebliche Bedeutung zu (vgl 7 Ob 260/04t; 2 Ob 100/10k).
Die Berufungswerberin versucht nun über mehrere Seiten die Aussage der Zeugin Q* R* als – nachweislich – falsch darzustellen, wobei ihr zuzugestehen ist, dass die Aussage in einigen Punkten zumindest unklar und auch nicht durchgängig richtig erscheint. Ähnliches trifft auf die Aussage des Zeugen B* S* zu. Dessen ungeachtet ist eine Gesamtwürdigung der Umstände vorzunehmen, die die Lohnauszahlungsmodalitäten betreffen.
Die von der Beklagten behauptete und vom Geschäftsführer bestätigte tägliche Entnahme des Lohns durch die Klägerin und damit die behauptete Lohnbefriedigung kann angesichts der vorliegenden Beweisergebnisse nicht ernsthaft festgestellt werden. Selbst aus der WhatsApp-Nachricht Beilage ./B2 geht hervor, dass der Geschäftsführer gedacht hatte, die Klägerin hätte - wie alle Aushilfen - zunächst das Geld erhalten. In der Nachricht spricht er selbst von einem „Misch-Masch“. Darin kündigt er zudem die Auszahlung von EUR 200,00 an, was mit dem festgestellten Vorschuss gut in Einklang zu bringen ist. Demgemäß kann von einer täglichen Auszahlung zumindest bis zu diesem Zeitpunkt keine Rede sein. Außerdem kündigte er darin nicht nur die Abrechnung der alten Stunden an, sondern auch, dass die Klägerin die letzten zwei Wochen am Ende des Monats mit dem Lohnzettel ausbezahlt erhält. Wie das Erstgericht zutreffend ausführt, steht diese WhatsApp-Nachricht mit der Aussage der Klägerin eher im Einklang als mit der des Geschäftsführers der Beklagten. Wenn das Erstgericht daher unter diesem Gesichtspunkt auch den Zeugen I* und J* folgt und insbesondere der Klägerin, ist dies das Ergebnis einer schlüssigen Beweiswürdigung. Zutreffend verweist es auch darauf, dass die dazu in Widerspruch stehenden Aussagen der Zeugen F* und K* nur Vermutungen darstellten, weil Aushilfskräfte ihren Lohn täglich in bar ausbezahlt bekämen, indem sie sich das Geld selbstständig am Ende des Tages nach der Abrechnung aus der eigenen Geldtasche entnähmen. Ob dies von der Klägerin tatsächlich so praktiziert worden sei, habe niemand bezeugen können.
Diese von der Zeugin K* geschilderte Praxis der täglichen Entnahme des Lohns (vgl Protokoll ON 44 Seite 15), die nach der Aussage des Geschäftsführers die Klägerin „anlernen“ hätte sollen, muss zumindest als ungewöhnlich angesehen werden, ohne näher darauf einzugehen, welcher Zweck dieser zugrunde liegen könnte. Soweit der Geschäftsführer der Beklagten meinte, dass das, was der Steuerberater in der Beilage ./3 (Lohn/Gehaltsabrechnung April 2023) ausgerechnet hat, dem entsprechen sollte, was die Klägerin sich herausgenommen hätte (Protokoll ON 27, Seite 26), kann dies schwer nachvollzogen werden, stellt sich doch schon die Frage, welche Unterlagen dem Steuerberater (von der Klägerin unterfertigte Auszahlungsbelege?) zur Verfügung standen. Die dargestellte WhatsApp-Nachricht lässt jedenfalls eine tageweise Auszahlung an die Klägerin ebenso wenig erkennen wie die Lohn/Gehaltsabrechnung Beilage ./3.
Im Übrigen beschäftigte sich das Erstgericht auch ausführlich mit der Urkunde Beilage./2, die die Klägerin unterfertigte. Für das Erstgericht war es nicht erklärbar, warum sich auf der äußerst unleserlichen Urkunde Textpassagen in unterschiedlicher Schriftart befunden hätten. Auch habe nicht restlos aufgeklärt werden können, zu welchem Zeitpunkt allfällige und welche Ergänzungen gemacht worden seien. Die in der Berufung auf Seite 11 getätigten Ausführungen dazu vermögen eine evidente Unrichtigkeit der Überlegungen des Erstgerichts nicht aufzuzeigen. Zudem stünde eine Barauszahlung des Lohnes bis zum 25. April 2024 wiederum mit der WhatsApp-Nachricht Beilage ./B2 in Widerspruch, mit der schließlich angekündigt wurde, dass die Stunden bis Montag, 10. April, zusammengerechnet würden und die Klägerin diese ausbezahlt erhalten solle und sie den Lohn für die letzten zwei Wochen (17. bis 30. April) am Ende des Monats mit dem Lohnzettel bekommen solle.
Zusammenfassend können die Berufungsausführungen nicht überzeugen.
1. 2.: Im nächsten Punkt bekämpft die Berufungswerberin die eingangs unter (2) dargestellte Feststellung und begehrt als Ersatzfeststellung:
„Auf die Nachricht der Klägerin am 12.05.2023 (gemeint wohl 01.05.2023) um 18:32 Uhr, wonach sie am Dienstag, den 02.05.2023 um 10:30 Uhr zur Arbeit erscheinen werde, antwortete der Geschäftsführer der Beklagten nicht mehr. Der Klägerin war jedoch bewusst, dass vom Geschäftsführer der beklagten Partei erwartet wird, dass sie am 01.05.2023 zur Arbeit erscheint. Die Klägerin vertraute jedoch darauf, dass der Geschäftsführer der beklagten Partei seine Androhung das Arbeitsverhältnis zu beenden, nicht wahr machen wird, zumal sie eine gute Kellnerin sei.“
Die Berufungswerberin meint damit offenkundig die Nachricht der Klägerin, die sie am Abend des 1. Mai 2023, an dem sie zur Arbeit nicht erschienen ist, dem Geschäftsführer (der sie nach der Sprachnachricht des 1. Mai 2023 um 11:00 Uhr erwartet hatte) übermittelte. Dass der Geschäftsführer der Beklagten auf diese nicht reagierte, ist unstrittig.
Dem gingen – betrachtet man die unbestritten festgestellte Vorgeschichte (tätliche Auseinandersetzung mit F*) – Gespräche und Nachrichten zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten dahingehend voraus, ob sie in Zukunft zur Vermeidung eines Aufeinandertreffens mit F* im „D*“ arbeiten könnte. Unbestritten war vereinbart, dass die Klägerin im „C*“ arbeitet, weil der Ehegatte der Klägerin mit einer Beschäftigung im „D*“ nicht einverstanden gewesen wäre. Bereits am 30. April 2023 (Sonntag) teilte die Klägerin um 18:53 Uhr mit, sie wisse nicht, ob es morgen (also am 1. Mai 2023) gehe, weil sie noch mit ihrem Mann reden müsse, der nicht Bescheid wisse. Wenn er ok sage, komme sie Dienstag. Auch die am 1. Mai 2023 festgestellte Nachricht der Klägerin um 11:10 Uhr als Reaktion auf die Sprachnachricht des Geschäftsführers befasste sich mit dieser Thematik.
Wenn die Klägerin daher mit der WhatsApp-Nachricht am 1. Mai 2023 um 18:32 Uhr schrieb, dass es für ihn (gemeint ihren Ehegatten) passe, dass sie im „D*“ arbeite, und sie morgen komme, und sie daraus, dass der Geschäftsführer nicht zurückschrieb, schloss, dass dieser damit einverstanden sei, wie dies das Erstgericht feststellte, kann dem nicht entgegengetreten werden.
Demgemäß erachtete das Erstgericht es nachvollziehbar als plausibel, dass die Klägerin ihr Erscheinen am 1. Mai 2023 mit ihrem Ehegatten abklären wollte und sie aufgrund der Nichtreaktion auf die WhatsApp-Nachricht von einem Einverständnis des Geschäftsführers ausging, dass sie erst am nächsten Tag, nämlich am 2. Mai 2023, zur Arbeit komme.
1. 3. Der zuletzt noch unter (3) bekämpften Feststellung hält die Berufungswerberin nachstehende Ersatzfeststellung entgegen:
„Die Klägerin ist nach dem 29.04.2023 trotz Aufforderung durch den Geschäftsführer der Beklagten nicht mehr zur Arbeit bei der beklagten Partei erschienen“.
Konkret geht es daher um die Frage, ob die Klägerin am 2. Mai 2023 zur Arbeit erschienen und Arbeitstätigkeiten verrichtet hat oder nicht. Das Erstgericht stützt die getroffenen Feststellungen auf die Parteienvernehmung der Klägerin sowie die Aussage der Zeugen I* und J*. Die WhatsApp-Nachricht stimme mit der Aussage der Klägerin überein, dass diese am 2. Mai 2023 zuerst, wie üblich, im Café „C*“ gearbeitet habe und nach Aufforderung des Geschäftsführers in das „D*“ gewechselt habe. Dies hätten die Zeugen B* und I* bestätigt. Zusammenfassend gewann das Erstgericht den Eindruck, dass der Geschäftsführer der Beklagten am Abend des 2. Mai 2023 darüber verärgert gewesen sei, dass die Klägerin zu keiner Zeit, wie von ihm mehrfach gewünscht, ihre Freundin als potentielle Arbeitskraft vorstellig gemacht habe und sich äußerst lästig und fordernd gezeigt habe, indem sie ihn immer wieder um Übermittlung eines Arbeitsvertrages gebeten habe. Es sei davon auszugehen, dass es dem Geschäftsführer der Beklagten „reichte“. Daraufhin habe er erstmalig in seiner Sprachnachricht vom Abend des 2. Mai 2023 verschiedenste Gründe konstruiert, um die Klägerin „loszuwerden“, darunter Beschwerden von Gästen sowie die von ihr angeblich ausgesprochene Kündigung.
Es geht daher darum, ob, wovon das Erstgericht ausgeht, die Darstellung der Klägerin oder die des Geschäftsführers der Beklagten glaubwürdiger ist. Letzterer bestreitet vehement, dass die Klägerin überhaupt am 2. Mai 2023 gearbeitet habe. Er habe sie an diesem Tag nicht gesehen. Die Berufungswerberin argumentiert mit der von ihr bereits aufgezeigten Unglaubwürdigkeit der Zeugen I* und J* und mit Unrichtigkeiten in der Parteieneinvernahme der Klägerin. Hingegen vertritt sie die Auffassung, dass die Darstellung des Geschäftsführers von den Zeugen F* und K* gestützt würde.
Die Aussage der Zeugin K* erweist sich im Gegensatz zu den Ausführungen der Berufungswerberin keineswegs als geeignet, die begehrten Ersatzfeststellungen zu stützen; nach mehrmaligem Befragen konnte sich die Zeugin nicht erinnern, ob die Klägerin am 2. Mai 2023 (dass sie am 1. Mai 2023 nicht gearbeitet hat, ist unbestritten) gearbeitet hat oder nicht. Sie wusste auch nicht, ob sie selbst am 2. Mai 2023 frei hatte (Protokoll ON 44 Seite 14, 16 und 17).
Aber auch die Aussage des Zeugen F* überzeugt nicht. Zunächst bekundete er, er habe am 2. Mai 2023 „nur ein bisschen Dienst“ gehabt, er habe in beiden Lokalen gearbeitet, weil er immer Sachen von dem einen in das andere Lokal transportieren habe müssen. Immer wieder sei er im „C*“, im „E*“ oder im „D*“ tätig gewesen. Die Aussage der Klägerin, wonach sie an diesem Tag im „C*“ gearbeitet und im „D*“ geputzt habe, bestreitet er.
Das Erstgericht weist im Rahmen der Beweiswürdigung darauf hin, dass die Angaben des Zeugen F* unter Verweis auf dessen Abhängigkeitsverhältnis zur Beklagten in auffallendem Widerspruch zu den Aussagen der Klägerin stünden. Auch sei er auffallend bemüht gewesen, den Geschäftsführer der Beklagten in ein gutes, hingegen die Klägerin in ein schlechtes Licht zu rücken.
Betrachtet man den Gesamtzusammenhang der Aussagen in Verbindung mit den festgestellten Nachrichten, ist der Umstand, dass das Erstgericht, das einen persönlichen Eindruck durch die Einvernahmen erzielen konnte, in wesentlichen Punkten, insbesondere auch in der Frage, ob die Klägerin am 2. Mai 2023 arbeitete oder nicht, der Parteiaussage der Klägerin in einer ausführlichen Beweiswürdigung folgte, nicht jedoch derjenigen des Geschäftsführers der Beklagten, das Ergebnis einer schlüssigen Beweiswürdigung. Letztlich spricht gegen die Darstellung des Geschäftsführers auch der Inhalt der vom Erstgericht unbekämpft festgestellten Sprachnachricht vom 2. Mai 2023, um 16:06 Uhr, in der der Geschäftsführer den von ihm behaupteten Umstand des Nichterscheinens der Klägerin an diesem Tag mit keinem Wort erwähnte. Da die Klägerin am 1. Mai 2023 angekündigt hat, sie komme morgen um 10:30 Uhr, hätte ihm dies jedenfalls auffallen müssen. Trotzdem sicherte er ihr darin zu, dass ihr (Arbeits)Vertrag kein Problem sei; er müsse erst geschrieben werden.
Ergänzend ist noch anzumerken, dass die Aussage der Zeugin I*, mag sie auch über deutliche Erinnerungslücken verfügen, in zumindest zwei Punkten durchaus nachvollziehbar ist. Die Zeugin, eine Stammkundin der Beklagten, ist als Finanzberaterin tätig und wollte die Klägerin offenkundig wegen abzuschließender Versicherungen beraten. Hierfür benötigte die Klägerin einen Lohnzettel oder andere Unterlagen, was erklärt, aus welchen Gründen sie vom Geschäftsführer einen (schriftlichen) Arbeitsvertrag verlangte. Insofern konnte von der Zeugin auch erwartet werden, dass sie Kenntnisse darüber hat, ob die Klägerin Lohnzahlungen erhielt oder nicht. Die Kenntnisse der Zeugin über eine Arbeitsverrichtung der Klägerin am 2. Mai 2023 resultierten aus einem (zeitlich leicht einordenbaren) Familienfest.
Der Berufungswerberin gelingt es daher insgesamt nicht, eine evidente Unrichtigkeit der Beweiswürdigung des Erstgerichts aufzuzeigen.
Das Berufungsgericht übernimmt daher die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen gemäß § 498 Abs 1 ZPO in Verbindung mit § 2 Abs 1 ASGG und legt sie seiner Entscheidung zugrunde.
2. Zur Rechtsrüge:
2. 1.: Die Berufungswerberin erblickt zunächst in der Nachricht der Klägerin vom 29. April 2023, sie rufe zurück, sie komme nicht mehr, alles gut, sie sei in der Arbeit von F* geschlagen worden, das gehe nicht, er sei ein Mann (Beilage ./B, 8 und 9), einen vorzeitigen Austritt, der das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgelöst habe. Es komme ausschließlich darauf an, wie der Erklärungsempfänger die Nachricht der Klägerin verstehen habe dürfen. Zudem sei sie auch nicht am darauf folgenden Tag, dem 1. Mai 2023 zur Arbeit erschienen.
Der vorzeitige Austritt aus einem Dienstverhältnis kann sowohl durch eine ausdrücklich abgegebene Erklärung als auch stillschweigend im Sinne des § 863 ABGB erfolgen (RS0031704). Die Auflösungserklärung ist so zu beurteilen, wie sie der Empfänger nach ihrem Wortlaut und dem Geschäftszweck unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände bei objektiver Betrachtungsweise, gemessen an einem redlichen und verständigen Menschen, verstehen konnte; auf eine davon abweichende subjektive Auffassung des Erklärenden kommt es dabei nicht an (RS0028612). Dabei ist der objektive Erklärungswert einer Willensäußerung maßgeblich; die Auslegung der Erklärung ist am Empfängerhorizont zu messen (RS0028642 [T4]). Bereits das Erstgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass wegen der besonderen Rechtsfolgen, die damit verbunden sind, an das konkludente Verhalten der Vertragsparteien ein strenger Maßstab anzulegen ist, weil die Gefahr besteht, dass dem Handelnden Äußerungen unterstellt werden, die nicht im seinem Sinn sind (RS0014490 [T2 und T8]).
Die vom Erstgericht (nur) inhaltlich festgestellten WhatsApp-Nachrichten sind nicht geeignet, einen vorzeitigen Austritt der Klägerin, also mit sofortiger Wirkung, zu begründen. Der Grund für die zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten ausgetauschten Nachrichten lag in dem festgestellten Streit mit dem Mitarbeiter der Beklagten, im Zuge dessen dieser ein Wasserglas über die Klägerin schüttete und die Klägerin diesen überdies angriff, was letztlich zu einer strafrechtlichen Verurteilung der Klägerin führte. Aus diesem Grund war die Klägerin nach den getroffenen Feststellungen aufgebracht und wollte primär mit den Nachrichten ihren Unmut über das Geschehene kundtun. Der Geschäftsführer hat die Äußerungen der Klägerin („sie rufe zurück, sie komme eh nicht mehr, Chef, alles gut – laut Beilage ./B8) auch nicht als Austritt verstanden, bedauerte er doch den Streit und schlug vor, dass die Klägerin in Zukunft im „D*“ arbeiten könne. Weiters teilte er mit, dass am 30. April 2023 ihr freier Tag sei und sie sich wegen des bevorstehenden Festes am 1. Mai 2023 bei ihm melden solle. Wie wörtlich festgestellt, empfahl er ihr mittels Sprachnachricht, am Dienstag (2. Mai 2023) arbeiten zu kommen. In weiterer Folge entspann sich eine Diskussion mittels Sprach- und WhatsApp-Nachrichten im Zusammenhang mit der Zustimmung des Ehegatten der Klägerin zu einer Tätigkeit im „D*“, die am 1. Mai 2023 darin endete, dass die Klägerin dem Geschäftsführer mitteilte, sie habe mit ihrem Mann geredet und sie komme morgen (am 2. Mai 2023) um 10:30 Uhr. Diese Planung einer weiteren Arbeitstätigkeit der Klägerin stehen sowohl einem Beendigungswillen der Klägerin als auch einem Verständnis der Erklärungen der Klägerin als vorzeitigen Austritt durch den Geschäftsführer der Beklagten entgegen. Abgesehen davon hat die Klägerin ausgehend vom festgestellten Sachverhalt am 2. Mai 2023 Arbeitstätigkeiten verrichtet, die der Geschäftsführer der Beklagten angenommen hat, und damit das Arbeitsverhältnis fortgesetzt.
Ein unberechtigter vorzeitiger Austritt durch die Klägerin liegt daher nicht vor.
2.2. Schließlich meint die Berufungswerberin, die Ankündigung des Geschäftsführers vom 30.04.2023 und die WhatsApp-Nachricht an die Klägerin, wonach er sie abmelden werde, seien als gerechtfertigte Entlassung zu qualifizieren. Unbestritten habe die Klägerin einen Mitarbeiter der Beklagten physisch angegriffen und sei hierfür verurteilt worden. Die Beklagte habe ihr Entlassungsrecht auch nicht verwirkt. Die Klägerin habe tatsachenwidrig behauptet, sie sei in der Arbeit von F* geschlagen worden. Damit sei dem Geschäftsführer der Beklagten ein gänzlich falsches Bild vermittelt worden. Dieser sei überdies zum Vorfallszeitpunkt in Italien gewesen. Damit sei die Entlassung auch rechtzeitig. Es könne nicht aus jeder Verzögerung ein Verzicht des Dienstgebers auf die Ausübung des Beendigungsrechts geschlossen werden. Erst am 2. Mai 2023 sei er durch eine Kundin über den genauen Hergang des Vorfalls aufgeklärt worden. Zudem sei auch die Polizei ins Lokal „C*“ gekommen. Dahingehend würden Feststellungen fehlen.
Darüber hinaus habe der Geschäftsführer der Klägerin klar kommuniziert, dass sie am 1. Mai 2023 zur Arbeit erscheinen müsse, und er sie für den Fall des Nichterscheinens abmelden werde. Diese Ankündigung sei so zu verstehen, dass die Klägerin bei Nichtbefolgen der Anweisung entlassen werde. Da sie am 1. Mai 2023 nicht zur Arbeit erschienen sei, sei der Geschäftsführer auch aus diesem Grund berechtigt gewesen, das Dienstverhältnis zur Klägerin am 2. Mai 2023 aufzulösen.
Gründe für die vorzeitige Lösung eines Dienstverhältnisses sind bei sonstiger Verwirkung des Entlassungsrechts unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, geltend zu machen. Der Dienstgeber darf mit der Ausübung seines Entlassungsrechts nicht wider Treu und Glauben so lange zuwarten, dass der Dienstnehmer aus diesem Zögern auf einen Verzicht des Dienstgebers auf die Geltendmachung der Entlassungsgründe schließen muss (RS0031799). Der Grundsatz der Unverzüglichkeit beruht auf dem Gedanken, dass ein Arbeitgeber, der eine Verfehlung seines Arbeitnehmers nicht sofort mit der Entlassung beantwortet, dessen Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar ansieht, und auf die Ausübung des Entlassungsrechtes im konkreten Fall verzichtet (RS0031799 [T 15]). Das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ist demnach eine essentielle Voraussetzung für die Berechtigung zur Entlassung; diese setzt voraus, dass dem Arbeitgeber infolge des im Übrigen tatbestandsmäßigen Verhaltens des Arbeitnehmers nach Lage der Umstände die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum nächsten Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann, sondern vielmehr eine sofortige Abhilfe notwendig ist (RS0029020 [insbesondere T4]).
Der Geschäftsführer der Beklagten wurde über die Auseinandersetzung noch am 29. April 2023 informiert. Hätte er die Klägerin entlassen wollen, hätte er den Vorfall (Tatumstände) auch – etwa durch ein Telefonat mit seinem Mitarbeiter, jedenfalls aber deutlich früher – recherchieren können. Vielmehr hat er gegenüber der Klägerin den Streit nur „bedauert“ und ihr in Aussicht gestellt, künftig im „D*“ arbeiten zu können.
Nach den getroffenen Feststellungen hat er die Klägerin am 2. Mai 2023 noch beschäftigt, ihre Arbeitsleistungen entgegengenommen und ihr auch einen Dienstvertrag zugesichert. Damit hat er auch ihr Fernbleiben am 1. Mai 2023 nicht zum Anlass für eine sofortige Entlassung genommen. Das Erstgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass das Entlassungsrecht im konkreten Fall verfristet ist.
Zusammenfassend war der Berufung daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO in Verbindung mit § 2 Abs 1 ASGG.
Die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO war nicht zuzulassen, weil sowohl die Frage, ob ein unberechtigter vorzeitiger Austritt erfolgte oder ob das Entlassungsrecht verfristet ist, von der Beurteilung im Einzelfall abhängt (RS0031799 [T 28]; RS0028612, 9 ObA 126/03z).