JudikaturOLG Graz

7Ra51/24k – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
26. März 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Kraschowetz-Kandolf (Vorsitz), die Richter Mag. Russegger und Mag. Reautschnig sowie die fachkundigen Laienrichter:innen Färber (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Allmannsdorfer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , Pensionist, **, vertreten durch Mag. Johannes Mutz, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Land Kärnten , vertreten durch den Landeshauptmann B*, **, vertreten durch die Holzer Kofler Mikosch Kasper Rechtsanwälte OG in Klagenfurt am Wörthersee, wegen EUR 15.771,81 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. August 2024, GZ: **-17, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.827,12 (darin EUR 304,52 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revision ist nichtnach § 502 Abs 1 ZPO zulässig .

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ab 1. Februar 2005 im Rahmen eines geförderten Dienstverhältnisses, in der Folge zunächst ab 1. Februar 2006 befristet und ab 1. Februar 2008 unbefristet, bei der C* im D* im handwerklichen Dienst beschäftigt. Grundlage des Dienstverhältnisses war der Dienstvertrag vom 1. Februar 2006.

Im März 2013 befand sich der Kläger aufgrund eines Arbeitsunfalls, bei dem er sich eine Fingerverletzung zuzog, einige Tage im Krankenstand. Im Krankenstand suchte er die Diskothek „E*“ auf, wo ein Foto angefertigt wurde, welches im Internet ersichtlich war und Personalverantwortlichen in der C* zur Kenntnis gelangte. Der Kläger kam drei Tage vor dem ursprünglich geplanten Ende seines Krankenstandes wieder in den Dienst. Unmittelbar nach seiner Rückkehr wurde er von seinem Vorgesetzten ersucht, den Abteilungsleiter der Abteilung Logistik und Lagerwirtschaft, Mag. F*, wegen eines Gespräches über sein Verhalten im Krankenstand aufzusuchen.

Im Rahmen dieses Gespräches am 15. März 2013 entschuldigte sich der Kläger, der sich nicht in Begleitung eines Betriebsrates befand, mehrfach für sein Verhalten. Seitens seiner Vorgesetzten wurde ihm jedoch zu verstehen gegeben, dass sein Verhalten nicht toleriert werden könne, nicht tragbar sei und eine Beendigung des Dienstverhältnisses wahrscheinlich sei. Der Betriebsrat sprach sich mit Schreiben vom 19. März 2013 gegen die Kündigung des Klägers aus. In der Folge erhielt der Kläger das schriftliche Kündigungsschreiben vom 25. März 2013, in welchem unter anderem festgehalten war, dass das Dienstverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten mit Ablauf des 30. Juni 2013 endet.

Der Kläger suchte in der Folge den Betriebsrat G* auf, um mit diesem die Situation zu besprechen. Es wurde ursprünglich vom Kläger überlegt, Klage einzubringen, weshalb er den Rechtsanwalt Dr. H* aufsuchte, der ihm gute Chancen für ein Obsiegen in einem allfälligen Prozess vorhersagte. G* besprach sich mit Betriebsrat I*, welcher gleichermaßen der Meinung war, dass das Verhalten des Klägers im Krankenstand keinen Kündigungsgrund darstellt.

Bei einer ersten Intervention des Klägers gemeinsam mit Betriebsrat G* beim Unterabteilungsleiter Dipl. KH-BW J* blitzten diese ab. J* teilte ihnen mit, dass es bei der Kündigung bleibe.

In der Folge wurden im Hintergrund entweder durch die Gewerkschaft oder durch den Betriebsrat mit Personalverantwortlichen der C* weitere Gespräche geführt, um für den Kläger zu intervenieren. Wenige Tage später fand ein weiteres Gespräch zwischen dem Kläger, G* und J* statt. Nunmehr wurde besprochen, dass der Kläger mit Juli 2013, entweder zu Beginn oder Mitte des Monats, wieder eingestellt werden könnte, jedoch nur, wenn einer einvernehmlichen Auflösung zum 30. April 2013 zugestimmt werde. Der Vorschlag zu dieser Vorgehensweise stammte vom Betriebsrat. Der Kläger sowie die Personalverantwortlichen in der C* stimmten dieser Vorgehensweise spätestens Mitte April 2013 zu. Das Wichtigste für den Kläger in dieser Situation war, weiter in der C* im D* arbeiten zu können. Der Kläger äußerte zum damaligen Zeitpunkt, dass ihm die Abfertigung nicht wichtig wäre. Seitens der Beklagten wurde auf den Kläger kein Druck ausgeübt. Aufgrund der Zusage, wieder eingestellt zu werden, war eine Klage für den Kläger kein Thema mehr. Seitens des Betriebsrates wurde bei den Personalverantwortlichen der C* die allfällige Problematik eines Kettendienstvertrages nicht angesprochen, um die Wiedereinstellung des Klägers nicht zu gefährden.

Im schriftlichen Ansuchen um einvernehmliche Auflösung zum 5. April 2013, das der Betriebsrat für den Kläger entwarf und welches von ihm unterfertigt wurde, wurde seitens eines Mitarbeiters der C* handschriftlich Nachstehendes festgehalten: „AV: Mir ist bekannt, daß ich keinen Abfertigungsanspruch habe!“ Es war mündlich vereinbart, dass der Kläger etwa 14 Tage vor der Wiederaufnahme ein schriftliches Ansuchen um Wiedereinstellung an die Personalstelle richten solle. Mit Schreiben vom 8. April 2013 wurde dem Ansuchen des Klägers um einvernehmliche Auflösung seitens der C* formal zugestimmt und festgehalten, dass das Schreiben betreffend die Kündigung des Dienstverhältnisses (Auflösung mit 30. Juni 2013) gegenstandslos sei. Mit Schreiben vom 10. Juni 2013 ersuchte der Kläger schriftlich, wie vereinbart, um Wiederaufnahme. Der Kläger suchte aktiv nicht nach einem Job, zumal er die Zusage hatte, im Juli 2013 wieder eingestellt zu werden. Die Wiedereinstellung erfolgte letztlich zum 8. Juli 2013.

Seitens der C* wurde auf eine Mindestfrist bis zur Wiedereinstellung insofern Rücksicht genommen, als dass man das Vorliegen eines Kettendienstvertrages ausschließen wollte. Allfällig erworbene Rechte sollten durch die Wiedereinstellung nicht wieder aufleben. Würde man von einer Zusammenrechnung der Dienstverhältnisse (1. Februar 2006 bis 30. April 2013 und 8. Juli 2013 bis 30. November 2023) ausgehen, hätte der Kläger einen Anspruch auf Abfertigung in Höhe von EUR 15.771,81.

Der Kläger begehrt von der Beklagten zuletzt EUR 15.771,81 samt Anhang an Abfertigung mit der wesentlichen Begründung, dass sein Dienstverhältnis dem System Abfertigung-alt im Sinne des § 83 K-LVBG unterliege. Die Beklagte habe den Kläger im Jahr 2013 unter Ausnutzung einer Drucksituation zur einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses gedrängt. Gleichzeitig habe sie ihm die Wiedereinstellung zugesagt, die in weiterer Folge auch durchgeführt worden sei. Dadurch habe die Beklagte den Kläger aus dem System „Abfertigung-alt“ gedrängt. Aufgrund der bereits im Rahmen der einvernehmlichen Auflösung erfolgten Zusage, wieder in die Dienste der Beklagten einzutreten, und durch den tatsächlich erfolgten Wiedereintritt nur kurze Zeit nach der einvernehmlichen Auflösung sei von einem durchgehenden Dienstverhältnis des Klägers zur Beklagten auszugehen. Es liege daher eine abfertigungswahrende Beendigung zum 30. November 2023 vor, weshalb der Kläger Anspruch auf die gesetzliche Abfertigung habe.

Im Frühling 2013 habe sich der Kläger aufgrund eines Arbeitsunfalls, bei dem er sich eine Fingerverletzung zugezogen habe, im Krankenstand befunden. Ihm sei ein krankenstandswidriges Verhalten vorgeworfen worden, weil er in sozialen Medien auf einem Foto in einem ** Lokal abgebildet gewesen sei. Daraufhin sei ihm mitgeteilt worden, man müsse an ihm ein „Exempel statuieren“, weshalb ihm gegenüber die Kündigung erklärt worden sei. Der Kläger habe beabsichtigt, gegen die Kündigung vorzugehen, weil er kein grob pflichtwidriges Verhalten gesetzt habe. Offenkundig im Bewusstsein des Risikos einer erfolgreichen Klage des Klägers habe die Beklagte nur kurz nach Ausspruch der Kündigung die Wiedereinstellung unter der Voraussetzung, dass der Kläger einer einvernehmlichen Auflösung zustimme, zugesagt. Offenbar habe die Beklagte zukünftig dem System „Abfertigung-alt“ entgehen wollen, weshalb eine völlig unübliche Konstruktion auf Betreiben der Beklagten gewählt worden sei. Dem Kläger sei anlässlich der Gespräche ein Schreiben vorgelegt worden, mit dem er um die einvernehmliche Auflösung seines Dienstverhältnisses zum 30. April 2013, somit eine Beendigung zwei Monate vor der durch die Kündigung bewirkten Beendigung, ansuchen hätte sollen. Diesem, dem Kläger vorgegebenen „Auflösungswunsch“, sei seitens der Beklagten mit Schreiben vom 8. April 2013 „Folge gegeben“ worden. Mit dem Schreiben sei die dem Kläger gegenüber erklärte Kündigung zum 30. Juni 2013 als gegenstandslos erklärt worden. Gleichzeitig sei mitgeteilt worden, dass er nach rund sechs Wochen jedenfalls aber zwei Wochen vor dem 1. Juli 2013 schriftlich um Wiedereinstellung ansuchen solle; dem würde die Beklagte zustimmen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Personalabteilung der C* bereits klar gewesen, dass der Kläger mit 1. Juli 2013 wieder beschäftigt werde. Letztlich habe sein Dienstverhältnis durch Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension am 30. November 2023 geendet. Die Beklagte habe die angespannte Situation des Klägers ausgenutzt und ihn zu einer Umgehungskonstruktion verleitet.

Die beklagte Partei bestreitet und wendet ein, eine Drucksituation anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses zum 30. April 2013 habe es nicht gegeben. Es sei zu einer einvernehmlichen Auflösung gekommen, wobei weder eine Vereinbarung über die Zahlung einer Abfertigung getroffen, noch die Wiedereinstellung des Klägers zugesagt worden sei. Von einem durchgehenden Dienstverhältnis könne keine Rede sein. Vielmehr sei es zu einem neuen Dienstverhältnis gekommen, welches den Regelungen über die Abfertigung-neu zu unterwerfen sei. Völlig unrichtig sei, dass die Beklagte eine Umgehungskonstruktion geschaffen habe, um sich des Abfertigungsanspruchs zu entledigen, oder dass dem Kläger irgendetwas vorgegaukelt worden sei. Das Dienstverhältnis mit dem Kläger habe sich nicht ganz friktionsfrei gestaltet; es habe oft mit ihm Probleme gegeben. Er habe wenig Verständnis für betriebliche Erfordernisse aufgebracht, oft und regelmäßig Kritik geübt und beim Betriebsrat unsachliche Beschwerden vorgebracht. Am 8. März 2013 habe der sich aufgrund eines Arbeitsunfalls im Krankenstand befindliche Kläger das Lokal E* aufgesucht und sich auf einem Bild in Begleitung zweier Damen ablichten lassen. An der rechten Hand habe der Verband gefehlt (der ihm angelegt worden sei). Anlässlich eines Gesprächs am 15. März 2013 habe sich der Kläger für sein Fehlverhalten entschuldigt und von einem schweren Fehler gesprochen. Ihm sei mitgeteilt worden, dass sein Verhalten nicht toleriert werden könne. Noch am selben Tag sei der Betriebsrat im D* von der Kündigungsabsicht der Beklagten informiert worden. Der Betriebsrat habe sich zwar gegen die Kündigung ausgesprochen; dessen ungeachtet sei das Dienstverhältnis mit Schreiben vom 25. März 2023 aufgekündigt worden. Die Auflösung des Dienstverhältnisses habe auf eine eindeutige Sachverhaltslage gestützt werden können. Am 5. April 2013 habe der Kläger ein Schreiben an die Verwaltungsleitung im D* gerichtet, in dem er um eine einvernehmliche Auflösung ersucht habe. Darauf finde sich der Vermerk, dass ihm bekannt sei, dass er keinen Abfertigungsanspruch habe. Aus Anlass dieses Schreibens sei in der Folge der Beendigungszeitpunkt auf den 30. April 2013 vorverlegt und als Beendigungsart im SAP einvernehmliche Auflösung hinterlegt worden. Am 18. Juni 2013 sei im D* das Schreiben des Klägers vom 10. Juni 2013 eingelangt, in dem dieser mitgeteilt habe, es sei ihm nicht möglich gewesen, einen anderen Job zu finden. Er bitte daher um Wiederaufnahme im D*. Er wäre bereit, den Dienst im handwerklichen Dienst sofort anzutreten. Aufgrund dieses Ansuchens sei es sodann zur Neubegründung des Dienstverhältnisses gekommen, wobei ursprünglich nicht klar gewesen sei, wann der Dienstantritt erfolgen hätte sollen. Weder sei eine Drucksituation vorgelegen, noch sei dem Kläger irgendetwas „vorgegaukelt“ worden, um den Abfertigungsanspruch zu umgehen. Überdies hätte der Kläger, wenn er schon von einer unberechtigten Auflösung des Dienstverhältnisses im Jahre 2013 ausgegangen sei, seinen Fortsetzungsanspruch umgehend gerichtlich geltend machen müssen. Dies sei unterblieben. Dem Kläger wäre daher ein Verstoß gegen die dienstnehmerseitige Aufgriffsobliegenheit anzulasten.

Selbst wenn man von einer Zusammenrechnung zweier separater Dienstverhältnisse ausginge, wäre § 83 Abs 8 Z 2 K-LVBG anzuwenden. Nach dieser Bestimmung seien Dienstzeiten in Dienstverhältnissen einer inländischen Gebietskörperschaft (wie dem Land Kärnten) zwar für die Dauer des Dienstverhältnisses zuzurechnen. Die Zurechnung sei aber ausgeschlossen, wenn das erste Dienstverhältnis in einer Weise beendet worden sei, durch die der Abfertigungsanspruch erloschen sei. Nach dem Dienstrechtsgesetz sei daher die Anrechnung von Vordienstzeiten ausgeschlossen, wenn die Vordienstverhältnisse abfertigungsschädlich beendet worden seien.

Mit dem angefochtenen Urteil weist das Erstgerichtauf der Grundlage des eingangs dargestellten und unstrittigen Sachverhalts das Klagebegehren ab. In rechtlicher Hinsicht folgert es, dass gemäß § 83 Abs 2 Z 7 K-LVBG der Anspruch auf Abfertigung nicht bestehe, wenn das Dienstverhältnis einverständlich aufgelöst werde und keine Vereinbarung über die Abfertigung zustande komme. Die Bestimmung des § 83 Abs 8 K-LVBG über die Zurechnung von Dienstzeiten komme hier nicht zum Tragen. In der Rechtsprechung zur Bestimmung des § 23 AngG, der eine ununterbrochene Dauer des Arbeitsverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum voraussetze, sei anerkannt, dass eine unmittelbare Aufeinanderfolge von Dienstverhältnissen nicht bedeute, dass ein Arbeitsverhältnis fugenlos an das nächste anschließen müsse. Für den erforderlichen Konnex zwischen den Arbeitsverhältnissen sei es jedoch stets als schädlich angesehen worden, wenn längere Unterbrechungen vorlägen, die somit eine Zusammenrechnung der unterbrochenen Arbeitszeiten ausschließen würden. Von unmittelbar aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen könne nur gesprochen werden, wenn eine verhältnismäßig kurze Frist zwischen dem Ende des einen und dem Beginn des nächsten Arbeitsverhältnisses liege und wenn zugleich die Umstände auf eine sachliche Zusammengehörigkeit der beiden Arbeitsverhältnisse deuten würden. Die Beurteilung, ob eine für eine Zusammenrechnung schädliche Unterbrechung vorliege, könne immer nur nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls erfolgen. In diesem Sinne sei etwa ein Zeitraum von 11 oder von 16 Tagen als noch nicht so lang betrachtet worden. Eine Unterbrechung in der Dauer von 25 Tagen sei jedoch bereits als zu lang angesehen worden. Rein vom zeitlichen Aspekt her könne nicht von einem Konnex der beiden Dienstverhältnisse ausgegangen werden, zumal ein Zeitraum von über zwei Monaten dazwischen liege. Eine Zusammenrechnung der unterbrochenen Arbeitszeiten scheide unter diesem Aspekt sowie auch unter Berücksichtigung des § 83 Abs 8 Z 2 K-LVBG aus. Auch von einer Drucksituation könne keine Rede sein. Vielmehr sei es der Vorschlag des Betriebsrats gewesen, der den Kläger in der Angelegenheit vertreten habe und im Sinne des Wunsches des Klägers, wieder eingestellt zu werden, die Wiedereinstellung im Zuge dieser Vereinbarung erreicht habe. Unter Berücksichtigung der letztlich getroffenen Vereinbarung sei von einer vergleichsweisen Einigung der Parteien auszugehen. Im Zuge der Vereinbarung sei konkret festgehalten worden, dass dem Kläger bekannt sei, keinen Abfertigungsanspruch zu haben. Es könne auch keine Rede davon sein, dass ihm hier etwas vorgegaukelt worden sei. Es wäre ihm freigestanden, der vom Betriebsrat vorgeschlagenen Lösung nicht zuzustimmen und eine Klage einzubringen, um bei einem Obsiegen den Abfertigungsanspruch nicht zu verlieren. Es sei vielmehr dem Kläger selbst oblegen, hier eine Risikoabwägung vorzunehmen. Dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise den Verlust des Abfertigungsanspruchs nicht ausreichend in seine Erwägungen mit einbezogen habe, sondern die Zusicherung der Wiedereinstellung zu sehr in den Vordergrund gestellt habe, könne den Abfertigungsanspruch gegenüber der Beklagten nicht begründen. Die von den Parteien damals getroffene Vereinbarung sei zulässig gewesen und habe zur Folge, dass der Kläger den Anspruch auf Abfertigung im Sinne der Bestimmung des § 83 K-LVBG verloren habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung , der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in Verbindung mit § 2 Abs 1 ASGG in nicht-öffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt.

In seiner ausschließlich erhobenen Rechtsrüge vertritt der Berufungswerber die Auffassung, dass der Rechtsansicht des Erstgerichts nicht gefolgt werden könne. Bei der Auflösung des Dienstverhältnisses habe der Betriebsrat den Kläger nicht darüber informiert, dass bei Nichteinhalten von einer Mindestfrist ein durchgängiges Dienstverhältnis vorliegen würde, was seinen Abfertigungsanspruch wahren würde. Der Beklagten sei das offensichtliche Risiko einer erfolgreichen Kündigungsanfechtungsklage (richtig Klage auf Feststellung des aufrechten Fortbestandes des Dienstverhältnisses über den 30. Juni 2013 hinaus) bewusst gewesen und sei eine einvernehmliche Auflösung samt Wiedereinstellungszusage, nur kurz nach Ausspruch der Kündigung, jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung vorgeschlagen worden. Dies sei im Interesse der C* gelegen gewesen, um ein Kündigungsverfahren vor dem Arbeitsgericht zu vermeiden. Penibel sei seitens der Beklagten darauf geachtet worden, dass kein Kettendienstvertrag bzw. durchgehendes Dienstverhältnis vorliege. Der Kläger habe an dieser Variante nicht aktiv mitgewirkt. Auch die zugesicherte Wiederbegründung des Dienstverhältnisses mit 1. Juli 2013 sei von der Beklagten auf den 8. Juli 2013 nach hinten verschoben worden, ohne den Kläger hierüber zu informieren. Die Beklagte habe den Kläger zu dieser Vorgehensweise verleitet, mit der er nicht nur auf die Einhaltung der Kündigungsfrist, sondern auch auf zukünftige Ansprüche, die Abfertigung-alt, verzichten solle. Ihm sei diese Variante als die einzige Möglichkeit „verkauft“ worden, sein Dienstverhältnis wieder zu erlangen. Weiters würde man bei dieser Variante schneller an ein Arbeitslosengeld kommen. Auf dem Schreiben vom 5. April 2013, das dem Kläger zur Unterschrift vorgelegt worden sei, habe sich zunächst auch kein Hinweis zur Abfertigung befunden. Der diesbezügliche handschriftliche Hinweis sei von der Beklagten hinzugefügt worden. Der Kläger sei nochmals aufgefordert worden, auch diesen Vermerk zu unterfertigen. Auch daraus sei ersichtlich, dass es primäres Ziel der Beklagten gewesen sei, ein Verfahren zu vermeiden.

Ein noch während des aufrechten Dienstverhältnisses erfolgter Verzicht auf eine noch nicht fällige Abfertigung sei unwirksam, insbesondere, wenn der Arbeitnehmer dabei unter wirtschaftlichem Druck seines Arbeitgebers gehandelt habe. Eine solche Drucksituation habe für den Kläger zweifellos vorgelegen, zumal er völlig ungerecht mit der Kündigung konfrontiert worden sei. Jedenfalls liege auch ein sekundärer Feststellungsmangel vor.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

1. Der Kläger versucht mit seiner Argumentation, ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten anlässlich der Vereinbarung der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses im Jahr 2013 und der daraufhin erfolgten Neubegründung eines Dienstverhältnisses darzustellen, indem er sich auf eine Drucksituation beruft.

Verzichtet ein Dienstnehmer auf Ansprüche, ist ein solcher Verzicht so lange unwirksam, als sich der Verzichtende in einer typischen Unterlegenheitssituation eines Dienstnehmers befindet ( Spenling/Kitaiblin Bydlinski/Perner/Spitzer ABGB 7§ 1164a ABGB Rz 3; RS0029958).

Im vorliegenden Fall liegt jedoch, wie noch darzustellen sein wird, kein Verzicht des Klägers auf Abfertigungsansprüche, sondern vielmehr ein Vergleich über eine einvernehmliche Auflösung vor, die nach dem anzuwendenden Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz keine Abfertigung vorsah. Gleichzeitig wurde die Wiedereinstellung des Klägers in Aussicht genommen; dazu wurden die Modalitäten mündlich vereinbart.

Gemäß § 1380 ABGB heißt ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun, oder zu unterlassen verbindet, Vergleich. Der Vergleich gehört zu den zweiseitig verbindlichen Verträgen, und wird eben nach denselben Grundsätzen beurteilt. Ein derartiger Vergleich könnte im Rahmen des § 1385 ABGB nur wegen Arglist, Zwang oder Sittenwidrigkeit angefochten werden (RS0028337 [T5]).

Nach den getroffenen Feststellungen stand ein krankenstandswidriges Verhalten des Klägers im Raum, das die Beklagte veranlasste, den Kläger nach den Bestimmungen des Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetzes zu kündigen. In weiterer Folge war es nicht der Kläger selbst, der Gespräche über eine allfällige Weiterbeschäftigung führte, sondern vielmehr der Betriebsrat, der noch anlässlich seiner ersten Intervention (gemeinsam mit dem Kläger) beim Unterabteilungsleiter im Personalmanagement nicht erfolgreich war. Erst nach weiteren Interventionen durch die Gewerkschaft oder durch den Betriebsrat kam es sodann zu der vom Erstgericht festgestellten Lösung über eine Wiedereinstellung im Falle der Zustimmung zu einer einvernehmlichen Auflösung zum 30. April 2013, wobei der Vorschlag vom Betriebsrat stammte. Für den Kläger, der nach Beratung durch einen Rechtsanwalt mit guten Chancen für ein Obsiegen in einem allfälligen Prozess (Feststellungsklage) rechnen konnte, war es jedoch das Wichtigste, weiterhin im D* arbeiten zu können. Unbekämpft steht fest, dass er sich zum damaligen Zeitpunkt äußerte, die Abfertigung wäre für ihn nicht wichtig. Insgesamt war er jedenfalls in Kenntnis davon, dass für ihn die „Abfertigung-alt“ bei dieser Lösung nicht mehr infrage kommt.

Nach ständiger Rechtsprechung kommt es dann, wenn ein Arbeitnehmer unter dem Eindruck einer bereits ausgesprochenen Kündigung (oder Entlassung) eine ihm gleichzeitigangebotene einvernehmliche Auflösungsvereinbarung abschließt, für die Redlichkeit des Arbeitgebers darauf an, ob für ihn für diesen Zeitpunkt plausible und objektiv ausreichende Gründe für einen (wie hier) Kündigungsausspruch gegeben waren. Ist dies der Fall, kann nicht von der Ausübung ungerechtfertigten psychologischen Drucks die Rede sein (RS0014873 [T11]). Bei dieser Beurteilung kommt es auf den Wissensstand des Arbeitgebers ex ante und nicht darauf an, ob seine Ansicht ex post aufgrund der Ergebnisse eines förmlichen Beweisverfahrens auch von den befassten Gerichten geteilt wird (RS0014873 [T 12]). Dieser Rechtsprechung liegen Fälle zugrunde, in denen ein Arbeitnehmer eine drohende Entlassung oder Kündigung durch eine vom Dienstgeber angebotene einvernehmliche Auflösung abwenden kann. Dieser Fall ist hier gar nicht gegeben, weil die Beklagte die Kündigung bereits ausgesprochen hatte und erst über Betreiben des Betriebsrats (oder der Gewerkschaft) die festgestellte Übereinkunft erzielt wurde. Eine Anfechtung im Sinn der §§ 870 oder 879 Abs 2 Z 4 ABGB scheidet daher unter diesem Gesichtspunkt aus.

Soweit der Kläger der Beklagten unterstellt, ihr sei das „offensichtliche Risiko einer erfolgreichen Kündigungsanfechtungsklage (richtig Klage auf Feststellung des aufrechten Fortbestandes über den 30.6.2013 hinaus) bewusst gewesen“, das sich den Feststellungen gar nicht entnehmen lässt, ändert dies an den Überlegungen nichts. Die Verantwortlichen der Beklagten wollten an der Kündigung zunächst festhalten.

Im Ergebnis stimmte der Kläger mit der festgestellten Vorgangsweise einer Neubegründung seines Dienstverhältnisses zu, weil für ihn das Wichtigste war, weiter im D* arbeiten zu können.

Außerdem musste der Kläger auf einen Abfertigungsanspruch gar nicht verzichten, weil nach § 83 Abs 2 Z 7 K-LVBG im Falle der einverständlichen Auflösung des Dienstverhältnisses ein Abfertigungsanspruch nur dann besteht, wenn darüber eine Vereinbarung zustande kommt, was die Beklagte jedenfalls ablehnte. Der festgestellte, von einem Mitarbeiter der C* beigefügte Vermerk auf dem Ansuchen um einvernehmliche Auflösung diente daher in Wahrheit nur der Klarstellung. Mit der Vereinbarung der einvernehmlichen Auflösung entfiel somit bereits der Abfertigungsanspruch. Einen solchen hätte der Kläger somit nur dann gehabt, wenn er in einem Feststellungsverfahren gegen die Beklagte obsiegt hätte und es zu einer Weiterbeschäftigung gekommen wäre. Dies wäre ihm freigestanden. In Wahrheit hat der Kläger mit der festgestellten Vereinbarung auf die Einbringung einer Feststellungsklage verzichtet. Den Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass von der Beklagten Druck auf den Kläger ausgeübt wurde.

Dass die Beklagte das Vorliegen eines sogenannten Kettendienstvertrages und damit im Zusammenhang einen weiteren Rechtsstreit vermeiden wollte, ändert an diesen Überlegungen ebenso wenig.

2. Im Übrigen begehrt der Kläger nachstehende ergänzende Feststellungen:

„Nur kurz nach Ausspruch der Kündigung, jedenfalls im zeitlichen Naheverhältnis zur Kündigung, wurde die Variante gewählt, das Dienstverhältnis durch vorzeitige einvernehmliche Auflösung zum 30.04.2013 und Wiedereinstellung zum 1.7.2013 mit der Abgabe der Erklärung des Klägers, dass er keinen Abfertigungsanspruch habe, zu beenden. Diese Variante wurde gewählt, um ein Kündigungsanfechtungsverfahren bzw. ein Verfahren auf Feststellung des aufrechten Fortbestandes über den 30.06.2013 hinaus vor dem Arbeitsgericht zu vermeiden. Ohne die Abgabe der Erklärung des Klägers hinsichtlich der Abfertigung wäre eine Vereinbarung über eine Wiedereinstellung zum 1.7.2013 nicht zustande gekommen und wurde deshalb von der beklagten Partei der handschriftliche Vermerk auf der Auflösungsvereinbarung angebracht.“

Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren. Wenn aber zu einem bestimmten Thema Tatsachenfeststellungen getroffen werden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich auch keine rechtlichen Feststellungsmangel erfolgreich geltend gemacht werden (RS0053317 [insbesondere T1]).

Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht jedoch zum Ablauf der Gespräche über die letztlich erfolgte einvernehmliche Auflösung, zur Motivlage und zur Vereinbarung (ausreichende) Feststellungen getroffen. Insbesondere wurde festgestellt, dass besprochen wurde, dass der Kläger mit Juli 2013 , entweder zu Beginn oder Mitte des Monats , wieder eingestellt werden könnte. Mündlich war zudem vereinbart, dass der Kläger etwa 14 Tage vor der Wiederaufnahme ein schriftliches Ansuchen um Wiedereinstellung an die Personalstelle richten solle.

Dies betrifft auch die Vorgangsweise im Zusammenhang damit, dass der Kläger keinen Abfertigungsanspruch hat. Dass er im Falle der Vereinbarung einer einvernehmlichen Auflösung einen Abfertigungsanspruch nur hat, wenn darüber eine Vereinbarung zustande kommt, wurde bereits dargestellt.

Insofern ist auch kein sekundärer Feststellungsmangel zu erkennen.

3. Zusammenfassend liegt die vom Kläger behauptete – sittenwidrige – Irreführung durch die Beklagte bzw. eine Umgehungskonstruktion über eine einvernehmliche Auflösung, in die der Kläger gedrängt worden sei, nicht vor. Für die vom Kläger begehrte Zusammenrechnung der Dienstzeiten fehlt daher nicht zuletzt im Hinblick auf den zwischen den Dienstverhältnissen vergangenen Zeitraum von mehr als zwei Monaten die Grundlage (vgl RS0028387; 9 ObA 21/03h: Die Unterbrechung in der Dauer von 25 Tagen wurde als zu lang angesehen).

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO in Verbindung mit § 2 Abs 1 ASGG.

Im Hinblick auf die bestehende Einzelfallkonstellation war die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.