7R9/25k – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kraschowetz-Kandolf (Vorsitz) sowie die Richter Mag. Russegger und Mag. Reautschnig als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache des Antragstellers A* , **, im Rekursverfahren nicht vertreten, wegen Verfahrenshilfe vor Einleitung eines Verfahrens, über den Rekurs des Antragstellers, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 15.1.2025, GZ **-12, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Antragsteller war aufgrund des Dienstvertrags vom 9.11.2011 beim Land Kärnten als Vertragsreligionslehrer auf unbestimmte Zeit beschäftigt.
Er begehrte mit einer beim Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage, das Erkenntnis des Schiedsgerichts der islamischen Glaubensgemeinschaft vom 18.1.2024, aufzuheben, mit dem seine Lehrbefugnis als Islamlehrer aufgehoben worden war. Durch den angefochtenen Schiedsspruch sei seine Lehrbefugnis und (in weiterer Folge) sein Dienstverhältnis mit dem Land Kärnten durch die Bildungsdirektion aufgelöst worden. Dagegen habe er rechtzeitig Widerspruch eingebracht, über den das Schiedsgericht entschieden habe.
Die islamische Glaubensgemeinschaft wandte die sachliche und örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein. Richtigerweise sei der Oberste Gerichtshof nach § 615 ZPO zuständig. Die geltend gemachten Aufhebungsgründe lägen nicht vor.
Das Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht erklärte sich mit Beschluss vom 21.5.2024 sachlich und örtlich unzuständig und überwies die Rechtssache an den Obersten Gerichtshof.
Der Oberste Gerichtshof wies die Klage zurück.
Aus dem Begehren und dem Klagevorbringen sei abzuleiten, dass sich die Klage gegen die Entscheidung der beklagten Glaubensgemeinschaft richte, weil ihm dadurch die Lehrbefugnis als Religionslehrer entzogen worden sei. Dafür sei aber der Rechtsweg unzulässig (18 OCg 2/24d).
Der Antragsteller beantragt nun die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang zur Durchsetzung eines „privatrechtlichen Anspruchs laut Seite 3 des Urteils des Obersten Gerichtshofes 18 OCg 2/24d“. Er wolle Schadenersatzansprüchen gegen die Glaubensgemeinschaft wegen des Entzugs seiner Lehrbefugnis und der daraus folgenden Kündigung durch das Land Kärnten durchsetzen. Der Schadenersatz umfasse den Entgang von Pensions- und Gehaltszahlungen von rund EUR 330.000,00. Das Schiedsgericht der Glaubensgemeinschaft habe kein Gesetz. Daher müsse ein ordentliches Gericht entscheiden.
Das Erstgericht weist den Antrag ab. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei aussichtslos. Die Beurteilung der Schadenersatzansprüche nach der Beendigung seines Dienstverhältnisses als Religionslehrer beim Land Kärnten setze die Klärung der Vorfrage voraus, ob die Glaubensgemeinschaft die Lehrbefugnis zu Unrecht entzogen habe. Der Oberste Gerichtshof habe schon ausgeführt, dass die Beurteilung dieser Frage der Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte entzogen sei. Für die Klage sei daher der Rechtsweg unzulässig. Die Rechtsverfolgung sei damit aussichtslos.
Gegen den Beschluss richtet sich der Rekurs des Antragstellers , der erschließbar beantragt, den Beschluss abzuändern und die Verfahrenshilfe zu bewilligen.
Der Revisor beteiligt sich nicht am Rekursverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Der Rekurs macht geltend, ein ordentliches Gericht dürfe sich hier in die Angelegenheit der Religionsgemeinschaft einmischen, weil das Schiedsgericht einen unbegründeten Beschuss ohne Rechtsbelehrung erlassen habe, die Glaubensgemeinschaft kein Gesetz habe und sich die ordentlichen Gerichte in Strafangelegenheiten einmischen dürften.
1.Das Rekursgericht hält die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts für zutreffend und die Rekursausführungen aus folgenden Gründen für nicht stichhältig (§§ 526 Abs 3, 500a ZPO):
1.1. Verfahrenshilfe ist einer Partei, so weit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint ( Schindler in Kodek/Oberhammer,ZPO-ON § 63 ZPO (Stand 9.10.2023, rdb.at)). Offenbar aussichtslos ist eine Prozessführung, die ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Verteidigungsmittel als erfolglos erkannt werden kann, wie insbesondere bei Unschlüssigkeit des Begehrens, bei unbehebbarem Beweisnotstand ( RS0117144 ; RW0000081 ) oder wenn für den verfolgten Anspruch der Rechtsweg unzulässig ist ( RI0100116 ).
1.2. Der Staat und damit die weltlichen Gerichte dürfen in den innerkirchlichen Bereich nicht eingreifen. Bei Dienstrechtsstreitigkeiten scheiden daher aus der Beurteilung durch das Gericht alle Vorfragen aus, welche etwa die Rechtsgültigkeit der Amtsenthebung, der Pensionierung, der Disziplinarstrafen oder einer Versetzung betreffen. Der so verbleibende Teil der Entscheidung berührt die kirchliche Autonomie nicht ( RS0045553 ; 18 Ocg 2/24d ). Der Oberste Gerichtshof hat bereits rechtskräftig ausgesprochen, dass der Rechtsweg zur Aufhebung des Schiedsspruches unzulässig ist, mit dem die Glaubensgemeinschaft dem Kläger die Lehrbefugnis entzogen hat ( 18 OCg 2/24d ). Soweit sich daher der Rekurs erneut gegen die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruches richtet, genügt der Hinweis darauf. Welche Gründe vorliegen müssen, um die religionsgemeinschaftlichen Behörden zu veranlassen, einem Vertragslehrer die Ermächtigung zu entziehen, ist ebenso eine innere Angelegenheit der Religionsgemeinschaft ( 10 ObS 6/19h ; 18 OCg 2/24d ; 9 ObA 124/22h ). Soweit der Antragsteller daher mit der beabsichtigten Klage, gestützt auf eine unrechtmäßige Amtsenthebung durch den Schiedsspuch Schadenersatzansprüche ableiten will, handelt es sich um eine Vorfrage die nicht der Beurteilung durch die Gerichte unterliegt. Der Rechtsweg ist soweit unzulässig.
1.3.Dass die ordentlichen Gerichte auch für Strafsachen zuständig sind, ist für die Bewilligung der Verfahrenshilfe in Zivilrechtssachen nicht bedeutend (§§ 63 ff ZPO).
Der Rekurs bleibt daher erfolglos.
2. Der Antragsteller verzeichnet keine Kosten.
3.Der Revisionsrekurs gegen einen Beschluss des Rekursgerichtes über die Verfahrenshilfe ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 4 ZPO; RS0036078 [T8]; RS0044213 [T5]; RS0052781 [T3]).