1Bs163/24s – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter Mag. Redtenbacher als Vorsitzenden, den Richter Mag. Wieland sowie die Richterin Mag a . Schwingenschuh in der Strafsache gegen A* B* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 12. Juli 2024, GZ **-38, nach der am 14. Jänner 2025 in Gegenwart der Oberstaatsanwaltsanwältin Mag a . Dexer, des Angeklagten und des Verteidigers Mag. Wagner durchgeführten öffentlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
gründe:
Text
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* B* des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 15. Dezember 2022 in ** eine psychisch beeinträchtige Person (§ 205 Abs 1 StGB), nämlich seine an einer schizoaffektiven Störung, Epilepsie sowie Alzheimerdemenz leidende Mutter C* B* unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vornahm, indem er sie an ihren (bekleideten) Brüsten streichelte und diese knetete.
Der Schuldspruch erwuchs zufolge Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde durch den Obersten Gerichtshof in Rechtskraft (12 Os 121/24x).
Hiefür wurde A* B* nach § 205 Abs 2 StGB in Anwendung des § 43a Abs 2 StGB zur Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu je EUR 5,00, im Uneinbringlichkeitsfall 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und zur für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.
Ferner wurde er schuldig erkannt, der Privatbeteiligten C* B* gemäß § 369 Abs 1 StPO den Schadenersatzbetrag von EUR 200,00 zu zahlen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten gegen die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche (ON 36, ON 39).
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Zur Straffrage:
Strafbestimmend ist § 205 Abs 2 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Erschwerend wirkt die Begehung einer strafbaren Handlung nach dem zehnten Abschnitt des Besonderen Teils des StGB gegen seine Mutter (§ 33 Abs 2 Z 2 StGB). Mildernd ist hingegen, dass der Angeklagte bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB).
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) die erstgerichtliche Sanktion als tat- und schuldangemessen. Die solcherart ausgemessene Sanktion entspricht Belangen der Spezial- wie Generalprävention gleichermaßen. Die mit EUR 5,-- nur knapp über dem Mindestbetrag des § 19 Abs 2 StGB festgesetzte Höhe des Tagessatzes entspricht den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz (vgl Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari , StGB 14 § 19 Rz 3).
Zum Privatbeteiligtenzuspruch:
Die Kritik am Adhäsionserkenntnis ist ebenso nicht begründet. Wer jemanden durch eine strafbare Handlung zur Beiwohnung oder sonstigen geschlechtlichen Handlungen missbraucht, hat ihm den erlittenen Schaden und den entgangenen Gewinn zu ersetzen sowie eine angemessene Entschädigung für die erlittene Beeinträchtigung zu leisten (§ 1328 ABGB). Der Ersatz immateriellen Schadens soll einen Ausgleich für die Beeinträchtigung der geschlechtlichen Selbstbestimmung und für die mit dem Eingriff unmittelbar verbundenen und in weiterer Folge daraus resultierenden negativen Gefühle (einschließlich etwaige Belastung durch juristische Aufarbeitung des Delikts) bieten, die im Kontext des § 1328 ABGB auch nicht die Intensität einer Verletzung der psychischen Gesundheit erreichen müssen ( Hinteregger in Kletecka/Schauer , ABGB-ON1.06, § 1328 Rz 8). Die Vornahme einer geschlechtliche Handlung an einem psychisch beeinträchtigten Opfer rechtfertigt als besonders massiver Eingriff in die Willensfreiheit bezüglich der Geschlechtssphäre ( Reischauer in Rummel , ABGB³ § 1328 Rz 1) jedenfalls den zugesprochenen globalen Schadenersatz von EUR 200,-- (§ 273 ZPO), der auch mit Blick auf die Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes nicht zu beanstanden ist, wonach Personen bereits für verhältnismäßig geringfügige Eingriffe in deren geschlechtliche Sphäre immaterieller Schadenersatz von zumindest EUR 1.000,-- (§ 19 Abs 3 B-GlBG) zu gewähren ist (11 Os 89/16x).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.