JudikaturOGH

9ObA102/24a – OGH Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
23. Oktober 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. WallnerFriedl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Anja Pokorny (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Csar (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat *, vertreten durch die Strasser Huber Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei *, vertreten durch die Draxler Rexeis Sozietät von Rechtsanwälten OG in Graz, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 27. November 2024, GZ 7 Ra 33/24p 29, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits und Sozialgericht vom 15. April 2024, GZ 36 Cga 61/23b 23, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden teilweise abgeändert, sodass die Entscheidung, die in Punkt 2. des Ersturteils unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, im Übrigen nunmehr zu lauten hat:

„Es wird festgestellt, dass ab 1. Juli 2019 sämtliche der * zugewiesenen Bediensteten der beklagten Partei, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und die bereits vor dem 1. Juli 2019 und über diesen Zeitpunkt hinaus überwiegend und vorübergehend zu Arbeiten herangezogen wurden, die sonst von Bediensteten einer jeweils höheren Entlohnungsgruppe (als jener, in der sie selbst eingestuft sind) versehen werden, für die Dauer der höheren Verwendung einen Anspruch auf eine Ergänzungszulage ohne Abzug eines Überstellungsverlusts haben, wenn die Verwendung mindestens 29 aufeinander folgende Kalendertage gedauert hat.

Das darüber hinausgehende Klagebegehren sowie die weiteren Eventualbegehren werden abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.905,83 EUR (darin 984,30 EUR USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie die mit 1.725,10 EUR (darin 287,51 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 705,45 EUR (darin 117,58 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Auf Arbeitsverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Bediensteten ist das Gesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark (in der Folge: Stmk L DBR , LGBl 29/2003) anzuwenden.

[2] § 282 Abs 1 Stmk L DBR ordnet für Vertragsbedienstete bestimmter Entlohnungsgruppen die „sinngemäße“ Geltung des § 257 Stmk L DBR an, der die Überstellung von Beamtinnen und Beamten regelt. Mit LGBl 49/2019 wurde der bis dato in § 282 Abs 1 Stmk LDBR enthaltene Verweis auf die Entlohnungsgruppen sIII und sV der Entlohnungsschemata SIII und SV nicht mehr übernommen, wodurch ein sogenannter „Überstellungsverlust“ sowohl für Überstellungen als auch für höhere Verwendungen im Entlohnungsschema SIII zur Gänze wegfiel. Jenen Bediensteten der Beklagten, die bereits vor dem 1. 7. 2019 in eine höhere Verwendungsgruppe überstellt oder faktisch höher verwendet wurden und deshalb eine Ergänzungszulage beziehen, wurde und wird nach wie vor ein Überstellungsverlust – entsprechend der Rechtslage vor dem 1. 7. 2019 – in Abzug gebracht.

[3] Der klagende Betriebsrat begehrte zuletzt folgende Feststellungen:

[4] 1. Die Feststellung, dass seit 1. 7. 2019 sämtliche der * zugewiesenen Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und die überwiegend und vorübergehend zu Arbeiten herangezogen werden, die sonst von Bediensteten einer jeweils höheren Entlohnungsgruppe (als jener in der sie selbst eingestuft sind) versehen werden, für die Dauer der höheren Verwendung, einen Anspruch auf eine Ergänzungszulage ohne Abzug eines Überstellungsverlusts haben, wenn die Verwendung mindestens 29 aufeinanderfolgende Kalendertage gedauert habe; dies sowohl für den Fall, dass die Ergänzungszulage in Folge Höherverwendung ohne Überstellung schon seit einem Zeitpunkt vor dem 1. 7. 2019 gewährt wurde/wird, als auch für den Fall, dass die Ergänzungszulage in Folge Höherverwendung ohne Überstellung erst ab einem Zeitpunkt nach dem 30. 6. 2019 gewährt wurde/wird. Er begehrt weiters die Feststellung, dass betroffene Bedienstete, denen nach 30. 6. 2019, trotz Anspruchs auf eine Ergänzungszulage ohne Abzug eines Überstellungsverlustes, dennoch ein Überstellungsverlust in Abzug gebracht wurde, einen Anspruch auf Nachzahlung der sich daraus ab Juli 2020 resultierenden Entgeltdifferenzen haben.

[5] In eventu wurde die Feststellung begehrt, dass seit 1. 7. 2019 sämtliche der * zugewiesenen Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und die überwiegend sowie mehr als 3 Monate in eventu mehr als 6 Monate in eventu mehr als 12 Monate in eventu mehr als 24 Monate in eventu längerfristig zu Arbeiten herangezogen werden, die sonst von Bediensteten einer jeweils höheren Entlohnungsgruppe (als jener in der sie selbst eingestuft sind) versehen werden, für die Dauer der höheren Verwendung, einen Anspruch auf eine Ergänzungszulage ohne Abzug eines Überstellungsverlusts haben; dies sowohl für den Fall, dass die Ergänzungszulage in Folge Höherverwendung ohne Überstellung schon seit einem Zeitpunkt vor dem 1. 7. 2019 gewährt wurde/wird, als auch für den Fall, dass die Ergänzungszulage in Folge Höherverwendung ohne Überstellung erst ab einem Zeitpunkt nach dem 30. 6. 2019 gewährt wurde/wird. Weiters wurde die Feststellung begehrt, dass betroffene Bedienstete, denen nach 30. 6. 2019 trotz Anspruchs auf eine Ergänzungszulage ohne Abzug eines Überstellungsverlusts dennoch ein Überstellungsverlust in Abzug gebracht wurde, einen Anspruch auf Nachzahlung der sich daraus ab Juli 2020 resultierenden Entgeltdifferenzen haben.

[6] In eventu wurde die Feststellung begehrt, dass seit 1. 7. 2019 sämtliche der * zugewiesenen Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und die überwiegend und ohne Enddatum zu Arbeiten herangezogen werden, die sonst von Bediensteten einer jeweils höheren Entlohnungsgruppe (als jener in der sie selbst eingestuft sind) versehen werden, für die Dauer der höheren Verwendung, einen Anspruch auf eine Ergänzungszulage ohne Abzug eines Überstellungsverlusts haben, wenn die Verwendung mindestens 29 aufeinanderfolgende Kalendertage gedauert hat; dies sowohl für den Fall, dass mangels Überstellung eine Ergänzungszulage in Folge Höherverwendung ohne Überstellung schon seit einem Zeitpunkt vor dem 1. 7. 2019 gewährt wurde/wird, als auch für den Fall, dass die Ergänzungszulage in Folge Höherverwendung ohne Überstellung erst ab einem Zeitpunkt nach dem 30. 6. 2019 gewährt wurde/wird. Weiters wurde die Feststellung begehrt, dass betroffene Bedienstete, denen nach 30. 6. 2019, trotz Anspruchs auf eine Ergänzungszulage ohne Abzug eines Überstellungsverlusts, dennoch ein Überstellungsverlust in Abzug gebracht wurde, einen Anspruch auf Nachzahlung der sich daraus ab Juli 2020 resultierenden Entgeltdifferenzen haben.

[7] 2. Die Feststellung, dass sämtliche der * zugewiesenen Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und die überwiegend und mehr als 3 Monate in eventu mehr als 6 Monate in eventu mehr als 12 Monate in eventu mehr als 24 Monate in eventu längerfristig zu Arbeiten herangezogen werden, die sonst von Bediensteten einer höheren Entlohnungsgruppe (als jener in der sie selbst eingestuft sind) versehen werden, in die der Verwendung entsprechende höhere Entlohnungsgruppe zu überstellen sind bzw einen Anspruch auf Überstellung haben, wenn vom Dienstgeber nicht bereits zu Beginn der Höherverwendung ein Endtermin für die Höherverwendung bekannt gegeben wurde. Weiters wurde die Feststellung begehrt, dass die betroffenen Bediensteten der (gemeint offensichtlich) Beklagten, die trotz Erfüllung der vorstehenden Kriterien nicht in eine höhere Entlohnungsgruppe überstellt wurden, einen Anspruch auf Nachzahlung daraus ab Juli 2020 resultierender Entgeltdifferenzen (ohne Abzug eines Überstellungsverlustes) haben.

[8] In eventu wurde die Feststellung begehrt, dass sämtliche der * zugewiesenen Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und die überwiegend und mehr als 3 Monate in eventu mehr als 6 Monate in eventu mehr als 12 Monate in eventu mehr als 24 Monate in eventu längerfristig zu Arbeiten herangezogen werden, die sonst von Bediensteten einer höheren Entlohnungsgruppe (als jener in der sie selbst eingestuft sind) versehen werden, nach Erreichen der im Gesetz allenfalls dafür vorgesehenen Berufserfahrung (in eventu Berufserfahrung und Ausbildung), in die der Verwendung entsprechende höhere Entlohnungsgruppe zu überstellen sind bzw einen Anspruch auf Überstellung haben, wenn vom Dienstgeber nicht bereits zu Beginn der Höherverwendung ein Endtermin für die Höherverwendung bekannt gegeben wurde. Es wurde weiters die Feststellung begehrt, dass die betroffenen Bediensteten der (gemeint offensichtlich) Beklagten, die trotz Erfüllung der vorstehenden Kriterien nicht in eine höhere Entlohnungsgruppe überstellt wurden, einen Anspruch auf Nachzahlung daraus ab Juli 2020 resultierender Entgeltdifferenzen (ohne Abzug eines Überstellungsverlustes) haben.

[9] In eventu wurde die Feststellung begehrt, dass (seit Inkrafttreten des § 216 Stmk L DBR idF LGBl Nr 112/2020) sämtliche der * zugewiesenen Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und die überwiegend und mehr als 3 Monate in eventu mehr als 6 Monate in eventu mehr als 12 Monate in eventu mehr als 24 Monate in eventu längerfristig zu Arbeiten herangezogen werden, die sonst von Bediensteten einer höheren Entlohnungsgruppe versehen werden, in die entsprechende höhere Entlohnungsgruppe zu überstellen sind bzw einen Anspruch auf Überstellung haben, wenn vom Dienstgeber nicht bereits zu Beginn der Höherverwendung ein Endtermin für die Höherverwendung bekannt gegeben wurde. Es wurde weiters die Feststellung begehrt, dass die Bediensteten der (gemeint offensichtlich) Beklagten, die unter das Entlohnungsschema SIII des Stmk L DBR fallen und die trotz Erfüllung der Kriterien nicht in eine höhere Entlohnungsgruppe überstellt wurden, einen Anspruch auf Nachzahlung daraus ab Juli 2020 resultierender Lohndifferenzen (ohne Abzug eines Überstellungsverlustes) haben.

[10] In eventu wurde die Feststellung begehrt, dass (seit Inkrafttreten des § 216 Stmk L DBR idF LGBl Nr 112/2020) sämtliche der * zugewiesenen Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und die überwiegend und mehr als 3 Monate in eventu mehr als 6 Monate in eventu mehr als 12 Monate in eventu mehr als 24 Monate in eventu längerfristig zu Arbeiten herangezogen werden, die sonst von Bediensteten einer höheren Entlohnungsgruppe versehen werden, nach Absolvierung der im Gesetz allenfalls dafür auch vorgesehenen Berufserfahrung (in eventu Berufserfahrung und Ausbildung), in die entsprechende höhere Entlohnungsgruppe zu überstellen sind bzw einen Anspruch auf Überstellung haben, wenn vom Dienstgeber nicht bereits zu Beginn der Höherverwendung ein Endtermin für die Höherverwendung bekannt gegeben wurde. Es wurde weiters die Feststellung begehrt, dass die Bediensteten der (gemeint offensichtlich) Beklagten, die unter das Entlohnungsschema SIII des Stmk L DBR fallen und die trotz Erfüllung der Kriterien nicht in eine höhere Entlohnungsgruppe überstellt wurden, einen Anspruch auf Nachzahlung daraus ab Juli 2020 resultierender Lohndifferenzen (ohne Abzug eines Überstellungsverlustes) haben.

[11] 3. Die Feststellung, dass seit 1. 7. 2019 sämtliche der * zugewiesenen Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und überwiegend und mehr als 3 Monate in eventu mehr als 6 Monate in eventu mehr als 12 Monate in eventu mehr als 24 Monate in eventu längerfristig zu Arbeiten herangezogen werden, die sonst von Bediensteten einer höheren Entlohnungsgruppe (als jener in der sie selbst eingestuft waren) versehen werden, einen Anspruch auf eine Einstufung ohne abzüglicher Berücksichtigung eines Überstellungsverlustes haben; dies sowohl für den Fall, dass die Höherverwendung bzw Überstellung in Folge Höherverwendung schon seit einem Zeitpunkt vor dem 1. 7. 2019 erfolgte, als auch für den Fall, dass die Höherverwendung bzw Überstellung in Folge Höherverwendung erst ab einem Zeitpunkt nach dem 30. 6. 2019 erfolgte. Es wurde weiters die Feststellung begehrt, dass die Bediensteten der (gemeint offensichtlich) Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind und bei denen auch nach dem 30. 6. 2019 noch ein Überstellungsverlust bei der Einstufung abzüglich berücksichtigt wurde, einen Anspruch auf Nachzahlung der sich daraus ab September 2020 resultierenden Entgeltdifferenzen haben.

[12] In eventu wurde die Feststellung begehrt, dass seit 1. 7. 2019 bei sämtlichen der * zugewiesenen Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion (dabei auch die Bediensteten des IT Bereichs) tätig sind, im Falle von erfolgten Überstellungen sowie bei Gewährungen von Ergänzungszulagen als Folge vorübergehender Höherverwendungen, kein Überstellungsverlust in Abzug zu bringen ist; dies sowohl für den Fall, dass die Höherverwendung bzw Überstellung in Folge Höherverwendung schon seit einem Zeitpunkt vor dem 1. 7. 2019 erfolgte, als auch für den Fall, dass die Höherverwendung bzw Überstellung in Folge Höherverwendung erst ab einem Zeitpunkt nach dem 30. 6. 2019 erfolgte. Es wurde weiters die Feststellung begehrt, dass betroffene Bedienstete, denen nach 30. 6. 2019 eine Ergänzungszulage unter Abzug eines Überstellungsverlustes gewährt wurde oder die in eine höhere Entlohnungsgruppe unter abzüglicher Berücksichtigung eines Überstellungsverlustes eingestuft waren bzw wurden sowie jene, bei denen zuvor schon berücksichtigte Abzüge von Überstellungsverlusten bei der Überführung in die neuen Entlohnungsgruppen gemäß § 300 l Stmk L DBR ab 1. 1. 2021 bei der Vorrückungsstufe nachteilig berücksichtigt wurden, einen Anspruch auf Nachzahlung der sich daraus ab Juli 2020 resultierenden Entgeltdifferenzen haben.

[13] Die Beklagte wandte dagegen ein, dass § 282 Stmk L DBR in der ab 1. 7. 2019 geltenden Fassung keine Rückwirkung angeordnet habe, weshalb diese Bestimmung auf Bedienstete, die bereits davor von einem Überstellungsverlust betroffen gewesen seien, nicht anwendbar sei.

[14] Die Vorinstanzen wiesen sämtliche Feststellungsbegehren ab.

[15] Gegen die Abweisung der Feststellungsbegehren Punkt 1. und Punkt 3. richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers.

[16] Die Beklagte beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision.

[17] Die Abweisung des Feststellungsbegehrens Punkt 2. ist in Rechtskraft erwachsen. Der Revisionswerber bekämpft die Entscheidungen der Vorinstanzen auch ausdrücklich nur mehr in dem Umfang, als Bediensteten der Beklagten, die im Bereich des Verwaltungsdienstes der Zentraldirektion samt IT dienstzugewiesen sind, im Falle einer Höherverwendung (als jener Tätigkeit, die der erfolgten Einstufung entspricht) oder im Falle einer Überstellung, als Folge einer Novelle des Stmk L DBR (durch das LGBl 49/2019) auch noch nach dem Stichtag 1. 7. 2019 ein Überstellungsverlust in Abzug gebracht wird und sie bereits vor dem 1. 7. 2019 überstellt oder höher verwendet wurden, dies allerdings, ohne das Klagebegehren entsprechend einzuschränken. Hinsichtlich der sonstigen Abweisungen der Feststellungsbegehren enthält die Revision keine Ausführungen und sind die sonstigen Feststellungsbegehren daher nicht mehr zu behandeln. Hinsichtlich jener Fallgruppe, in der eine Überstellung oder Höherverwendung nach dem 30. 6. 2019 erfolgte, leistete nach dem Vorbringen des Revisionswerbers die Beklagte bereits Nachzahlungen und wird auch diese Fallgruppe nicht mehr in der Revision thematisiert.

Rechtliche Beurteilung

[18] 1.1. Dem Gesetzgeber steht ein Gestaltungsspielraum verfassungsrechtlich insoweit zu, als er in seinen rechtspolitischen und wirtschaftspolitischen Zielsetzungen frei ist ( RS0053889 ). Der Gleichheitsgrundsatz verbietet dem Gesetzgeber nur, Differenzierungen zu schaffen, die sachlich nicht begründet sind und verbietet ihm nicht, von einem einmalig gewählten Ordnungsprinzip abzugehen und Sachverhalte ab einem bestimmten Zeitpunkt nach anderen Grundsätzen zu behandeln, wenn innerhalb der Fallgruppen vor bzw nach der Änderung das Gebot der Sachlichkeit verletzende Unterschiede nicht bestehen. Unter diesen Gesichtspunkten liegt eine mit einem bestimmten Zeitpunkt eintretende Neuregelung im Rahmen der dem einfachen Gesetzgeber zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit ( RS0053889 [T19]). Dem Gesetzgeber ist es somit nicht verwehrt, von einem einmal gewählten Ordnungsprinzip abzugehen, sofern die betreffende Regelung an sich sachlich begründbar ist und seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen ( RS0053889 [T21]). Nicht jede subjektiv als ungerecht empfundene einfachgesetzliche Regelung verletzt den Gleichheitssatz ( RS0053889 [T12]).

[19] 1.2. Eine zeitliche Differenzierung durch eine Stichtagsregelung verstößt daher grundsätzlich nicht gegen das Gleichheitsgebot ( RS0053393 ; RS0117654 ). Es liegt nämlich im Wesen einer Änderung materiell-rechtlicher Bestimmungen, dass Rechtsfälle je nach dem für maßgeblich erklärten zeitlichen Sachverhaltselement unterschiedlich nach der alten oder neuen Rechtslage behandelt werden ( RS0117654 ). Der Oberste Gerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass dies auch dann gilt, wenn mit einem neuen Entlohnungsschema Vergünstigungen eingeführt werden, die nur den später eingetretenen Dienstnehmern zugute kommen ( 8 ObA 59/22t Rz 14 mwN).

[20]1.3. Nach § 5 ABGB sind nur die nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes verwirklichten Sachverhalte nach dem neuen Gesetz zu beurteilen, vorher geschehene Handlungen und analog sonstige Sachverhalte aber wie vorher entstandene Rechte weiterhin dem alten Gesetz zu unterwerfen. Dieser zeitliche Geltungsbereich ist aber nur für einmalige oder jene mehrgliedrigen oder dauernden Sachverhalte abgrenzbar, die zur Gänze in die Geltungszeit des neuen Gesetzes fallen (RS0008715 [T3]). Die Wirkungen einer Gesetzesänderung ergreifen daher nicht Tatbestände, die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes abschließend und endgültig verwirklicht wurden (RS0008715 [T5]). Nur die nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes verwirklichten Sachverhalte sind nach dem neuen Gesetz zu beurteilen (RS0008745 [T17]).

[21]1.4. Die Rückwirkung eines Gesetzes bezieht sich nur auf jene Tatbestände, für die die Rückwirkung ausdrücklich ausgesprochen wird (RS0008694), sodass Rechtsänderungen auf abschließend verwirklichte Sachverhalte nicht zurückwirken, sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich Gegenteiliges anordnet (RS0008694 [T8]) oder der besondere Charakter einer zwingenden Norm deren rückwirkende Anordnung verlangt (RS0008694 [T4]).

[22]1.5. Bei Dauerrechtsverhältnissen und Dauertatbeständen ist mangels anders lautender Übergangsbestimmungen für den Zeitraum bis zum Wirksamwerden der Novellierung die alte Rechtslage anzuwenden und ab dann die neue (RS0008745 [T19]).

[23] 2. Gemäß § 306 Abs 30 Z 9 Stmk L DBR trat § 282 Abs 1 idF LGBl 49/2019 am 1. 7. 2019 in Kraft. Eine Übergangsbestimmung ist nicht geregelt. Auch in den Gesetzesmaterialien ( Vorblatt und Erläuterungen StLT XVII. GP RV EZ/OZ: 3151/1 ) finden sich keine Hinweise darauf, dass für bereits erfolgte Überstellungen oder gewährte Ergänzungszulagen aufgrund höherer Verwendung die Neuregelung nicht zu gelten hätte.

[24] 3. Die Revision ist hinsichtlich der vor dem 1. 7. 2019 bereits erfolgten und über diesen Zeitpunkt hinaus gehenden Gewährung einer Ergänzungszulage aufgrund einer Höherverwendung unter Berücksichtigung eines Überstellungsverlusts auch über den 1. 7. 2019 hinaus berechtigt, nicht jedoch hinsichtlich der bereits vor dem 1. 7. 2019 erfolgten Überstellungen/Neueinstufungen.

[25] 3.1. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass es sich bei der Regelung des § 282 Stmk L DBR um eine Stichtagsregelung handelt, entspricht der ständigen Rechtsprechung.

[26] 3.2. Es ist allerdings hinsichtlich der Überstellungen und der Gewährung von Ergänzungszulagen aufgrund einer Höherverwendung zu differenzieren:

[27] 3.2.1. Bei erfolgten Überstellungen handelt es sich um abgeschlossene Rechtsakte. Die Überstellung in eine andere Besoldungs oder Verwendungsgruppe oder Neueinstufung führt zu einer dauerhaften Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung und damit auch des Dienstvertrags, die sich, sofern keine Änderung der Tätigkeit eintritt oder ein Antrag auf ergänzende Vordienstzeitenanrechnung durch den/die Bediensteten gestellt wird, auch – allenfalls während des gesamten Dienstverhältnisses – nicht ändert.

[28] Das Argument des Revisionswerbers, wonach es sich bei einem Arbeitsverhältnis um ein Dauerrechtsverhältnis handelt und die Entlohnung ein, wie er meint, „laufend zu betrachtender Prozess“ ist, verfängt hier nicht, stellen doch die vor dem 1. 7. 2019 erfolgten Überstellungen abgeschlossene Rechtsakte und damit auch abgeschlossene Sachverhalte dar. Das Argument, dass gesetzliche Entgelterhöhungen bei fehlenden Übergangsbestimmungen auf sämtliche Bedienstete und nicht nur nach dem Inkrafttreten eintretende Bedienstete anzuwenden wären, verfängt ebenso nicht, werden derartige Entgelterhöhungen doch stets für die diversen Gehaltsgruppen und damit für sämtliche Bediensteten geregelt.

[29] In diesem Umfang war der Revision daher nicht Folge zu geben.

[30] 3.2.2. Anderes gilt jedoch für bereits vor dem Inkrafttreten des § 282 Abs 1 Stmk L DBR idF LGBl 49/2019 erfolgte und über diesen Zeitpunkt hinausgehende Gewährungen von Ergänzungszulagen aufgrund einer vorübergehenden Höherverwendung.

[31] Dabei handelt es sich gerade nicht um (dauerhaft) abgeschlossene Sachverhalte, sondern um einen Dauertatbestand, weshalb sich ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes die Rechtsfolgen bezüglich des sich danach weiter verwirklichenden Tatbestands nach der neuen Rechtslage richten (vgl RS0008745 [insb T19]). Im Gegensatz zu Überstellungen bzw Neueinstufungen handelt es sich schließlich um keinen (abgeschlossenen) Rechtsakt, der zu einer gesicherten Rechtsposition des Bediensteten führt, sondern kann die Höherverwendung jederzeit vom Dienstgeber beendet und die Gewährung der Ergänzungszulage eingestellt werden, während eine Überstellung in eine niedrigere Entlohnungsgruppe nach § 257 Abs 1 Stmk L DBR an bestimmte, gesetzlich geregelte Voraussetzungen gebunden ist.

[32] Das Stmk L DBR sah in seiner ursprünglichen Fassung (LGBl 29/2003) in § 217 Abs 4 vor, dass im Fall der Höherverwendung von Vertragsbediensteten des Entlohnungsschemas SIII die Ergänzungszulage nur dann gebührte, wenn die vorübergehende Verwendung länger als einen Monat dauerte. Mit LGBl 49/201 9 wurde § 217 Abs 4 Stmk L DBR dahingehend geändert, dass die vorübergehende Verwendung mindestens 29 aufeinanderfolgende Kalendertage dauern musste, um Anspruch auf eine Ergänzungszulage zu haben. Die Bestimmung trat mit 1. 7. 2019 in Kraft ( § 306 Abs 30 Z 9 Stmk L DBR ). Eine längere als 29 aufeinanderfolgende Kalendertage dauernde Höherverwendung ist somit für die Gewährung einer Ergänzungszulage (dies ohne Abzug des Überstellungsverlustes) nicht nötig.

[33] In diesem Umfang war der Revision daher Folge zu geben und die Entscheidung der Vorinstanzen abzuändern.

[34] 4. Eine unsachliche Ungleichbehandlung zwischen überstellten und vorübergehend höherverwendeten Bediensteten liegt schon deshalb nicht vor, weil, wie bereits ausgeführt, die Rechtsposition der aufgrund eines Rechtsaktes formal überstellten Bediensteten deutlich stärker und gesicherter ist, als die jener Bediensteten, die vorübergehend für eine Höherverwendung heranzogen werden.

[35] 5. Das Begehren, auch eine Nachzahlungsverpflichtung hinsichtlich jener Bediensteten, die bereits vor dem 1. 7. 2019 vorübergehend höherwertig und über diesen Zeitpunkt hinaus verwendet wurden, auszusprechen, war schon deshalb abzuweisen, weil bereits die Erhebung einer Leistungsklage möglich wäre ( RS0038817 ; RS0038849 ; vgl auch RS0039021 ). Der Mangel rechtlichen Interesses an der Feststellung ist auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen wahrzunehmen ( RS0039123 ).

[36] 6. Auf die Frage, ob durch das Steiermärkische KAGes Zuweisungs , Dienst- und Besoldungsrecht (StKDBR, LGBl 100/2023 ) eine Änderung der Rechtslage ab dessen Inkrafttreten eingetreten ist, kommen beide Parteien im Revisionsverfahren nicht mehr zurück.

[37]7. Die Entscheidung über die Kosten erster und zweiter Instanz beruht auf § 43 Abs 2 ZPO, hinsichtlich des Berufungsverfahrens iVm § 50 Abs 1 ZPO, weil der Kläger nur mit einem entsprechend der von ihm aufgeteilten und gegliederten drei Feststellungsbegehren geringen Teil, nämlich einem Sechstel, erfolgreich war und damit der Beklagten rund 66 % ihrer Kosten zu ersetzen hat.

[38]Im Revisionsverfahren beruht die Kostenentscheidung auf §§ 43 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Bei einer Bemessungsgrundlage von 24.000 EUR für drei Feststellungsbegehren waren noch zwei Begehren streitgegenständlich, sodass der Kläger auf Basis einer Bemessungsgrundlage von 16.000 EUR mit einem Viertel seines Begehrens erfolgreich war. Auf Basis dessen hat er daher der Beklagten 50 % ihrer Kosten zu ersetzen.