JudikaturOGH

5Ob208/24k – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. August 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun-Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richterinnen und Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers E*, vertreten durch die Zumtobel Kronberger Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die Antragsgegner      1. Gemeinnützige W* registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, *, vertreten durch Mag. Andreas Köttl, Rechtsanwalt in Salzburg, sowie 2. sämtliche übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ * KG *, wegen § 52 Abs 1 Z 6 iVm § 20 Abs 3 WEG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 12. September 2024, GZ 53 R 253/24y-33, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 21. Juni 2024, GZ 33 MSch 25/23t-26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller ist schuldig, der Erstantragsgegnerin die mit 602,54 EUR (darin 100,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Der Antragsteller ist Mit- und Wohnungseigentümer der von der Erstantragsgegnerin verwalteten Liegenschaft. Die weiteren Antragsgegner sind die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft.

[2] Der Antragsteller begehrt – soweit noch Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens , der Erstantragsgegnerin unter Androhung einer Geldstrafe aufzutragen, ihm nach § 52 Abs 1 Z 6 iVm § 20 Abs 3 WEG Einsicht in die vertraglichen Konditionen zwischen der Eigentümergemeinschaft und dem Energieversorgungsunternehmen für das Jahr 2021 und 2022, in die für die Liegenschaft abgeschlossenen Versicherungsverträge und in die Vertragsgrundlagen der Position „sonstige Kosten Hausbesorger“ zu gewähren. Der Zweck der Rechnungslegungs- und Belegeinsichtsbestimmungen liege darin, dem einzelnen Wohnungseigentümer die Prüfung der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltungsagenden zu ermöglichen. Eine nachvollziehbare Überprüfung sei nur dann möglich, wenn über die einzelnen Belege hinaus auch eine Bekanntgabe der jeweiligen Vertragsgrundlagen erfolge. Da ihm die Vertragsgrundlagen nicht zur Verfügung gestellt worden seien, seien die in den Jahresabrechnungen für 2021 und 2022 enthaltenen Positionen „Strom- und Heizkosten“, „Versicherungen“ und „sonstige Kosten Hausbetreuung“ nicht nachvollziehbar.

[3] Die Erstantragsgegnerin wendete ein, soweit die Anträge auf die Erlangung allgemeiner Informationen zu Verwaltungsangelegenheiten abzielten, seien sie unzulässig, weil das WEG kein allgemeines Informationsrecht der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter vorsehe. Dem Antragsteller sei bereits vor der Antragseinbringung Einsicht in die Belegsammlung zur Jahresabrechnung 2021 gewährt und Kopien ausgefolgt worden. Für das Jahr 2022 habe der Antragsteller keine Belegeinsicht verlangt.

[4] Das Erstgericht wies die Anträge ab. Die Erstantragsgegnerin habe dem Antragsteller bereits vor Antragseinbringung sämtliche Belege zur Verfügung gestellt. Weitere Belege hätten nicht zur Aufklärung der Schlüssigkeit der Jahresabrechnung 2021 gedient. Ein Anspruch auf Einsicht in jegliche interne Kommunikation der Hausverwaltung bestehe nicht.

[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers keine Folge. Bei der Überprüfung der Jahresabrechnung komme es bei Leistungen Dritter an die Eigentümergemeinschaft darauf an, dass es zu einem auf einem rechtswirksamen Vertrag zwischen der Eigentümergemeinschaft und dem dritten Unternehmer beruhenden Leistungsaustausch gekommen sei. Die gegenständlichen Positionen beruhten auf rechtswirksamen Verträgen zwischen der Eigentümergemeinschaft und Dritten (Energieversorgungsunternehmen, Versicherungsunternehmen, Hausbesorger), aufgrund derer es jeweils zu einem Leistungsaustausch gekommen sei. Selbst wenn einzelne Leistungen in Anbetracht der Vertragsgrundlagen zu Unrecht oder zu hoch verrechnet worden sein sollten, hätte das keine Unrichtigkeit der Abrechnung zur Folge, weil die Zweckmäßigkeit und die Höhe der vom Dritten verrechneten Kosten im Abrechnungsverfahren nicht zu prüfen seien. Die Belegeinsicht bilde mit der Abrechnung eine Einheit und diene ausschließlich der Überprüfung der Abrechnung. Da die antragsgegenständlichen Vertragsgrundlagen für die Prüfung der Ordnungsgemäßheit und der Richtigkeit der Abrechnung nicht erforderlich seien, sei die Antragsabweisung zu Recht erfolgt.

[6] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob in einem ausschließlich auf Belegeinsicht gerichteten Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm §§ 20 Abs 3, 34 Abs 3 WEG (nur) Einsicht in Belege verlangt werden könne, die zwar die Vertragsgrundlagen von Liegenschaftsaufwendungen darstellten, aber nicht für die Prüfung der Ordnungsgemäßheit und Richtigkeit der Abrechnung erforderlich seien.

[7] Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, in dem er die Abänderung dahin anstrebt, dass seinem Antrag vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

[8] Die Erstantragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[9] Der Revisionsrekurs ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Rekursgerichts – nicht zulässig .

[10] 1.Der Verwalter hat den Wohnungseigentümern nach den Regelungen des § 34 WEG eine ordentliche und richtige Abrechnung zu legen (§ 20 Abs 3 WEG). Die Abrechnung muss jeweils alle die Liegenschaft betreffenden Geldflüsse bezeichnen, alle Einnahmen und Ausgabenposten detailliert und aufgeschlüsselt angeben (RS0019408 [T15]; RS0070610 [T10]; RS0083417 [T1]).

[11]Die Jahresabrechnung dient der Darstellung der tatsächlichen Zahlungsflüsse in der betreffenden Abrechnungsperiode. Ergebnis dieser Abrechnung muss das tatsächlich Geschuldete sein (vgl RS0119057; 5 Ob 48/23d).

[12] 2.Fragen der Richtigkeit der Abrechnung im Sinn materieller Richtigkeit und Berechtigung von Forderungen sind als Vorfragen im außerstreitigen Verfahren zu prüfen (5 Ob 146/16f; vgl RS0117889; RS0119057).

[13]Den Grundsatz der umfassenden Verpflichtung zur Prüfung, ob die Abrechnung den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen entspricht, hat der Oberste Gerichtshof aber bei Leistungen Dritter an die Eigentümergemeinschaft relativiert. Diesbezüglich ist maßgeblich, ob es tatsächlich zu einem die Eigentümergemeinschaft betreffenden, auf einem Vertrag mit einem Dritten beruhenden Leistungsaustausch gekommen ist, der im Rahmen einer vollständigen Jahresabrechnung darzustellen und auszuweisen ist (5 Ob 146/16f; 5 Ob 32/22z; 5 Ob 178/23x). Ein etwaiges pflichtwidriges Verhalten des Verwalters im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe an Dritte ist im Rechnungslegungsverfahren weder zu prüfen noch für die Richtigkeit der Abrechnung relevant (5 Ob 32/22z; 5 Ob 208/22g; 5 Ob 178/23x).

[14] 3. Die ausführliche Entscheidung des Rekursgerichts entspricht diesen Grundsätzen. Der Antragsteller wendet sich auch nicht gegen die oben zitierte ständige Rechtsprechung, er meint aber, diese sei hier nicht anwendbar, weil sein Begehren ausschließlich auf Belegeinsicht und nicht (auch) auf Rechnungslegung gerichtet sei.

[15]Die Rechnungslegungspflicht des Verwalters umfasst auch die – nur nach den Umständen des Einzelfalls bestimmbare (RS0019408 [T20]; 5 Ob 208/22g) – Verpflichtung, Einsicht in Belege in „geeigneter Weise“ zu gewähren (RS0070049). Die Belegeinsicht dient der Kontrolle der Rechnungslegung (vgl RS0019408 [T8]), ist unverzichtbarer Bestandteil derselben (5 Ob 88/12w) und keine davon gesondert zu betrachtende Verpflichtung (RS0121706; 5 Ob 285/06g; 5 Ob 163/16f; Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Wohnrecht – WEG 5[2023] zu § 34 WEG Rz 22). Die Abrechnung und die Belegsammlung bilden eine Einheit (RS0083541; 5 Ob 88/12w; 5 Ob 163/16f).

[16]Da die Belegeinsicht Ausfluss der Rechnungslegungspflicht ist, kann der Umfang jener Informationen, die zu belegen sind, nicht weiter gehen als für die Überprüfung der Rechnungslegung notwendig ist. Damit liegt eine klare Rechtsprechung des Fachsenats vor, anhand der die vom Rekursgericht als erheblich iSv § 62 Abs 1 AußStrG angesehenen Frage gelöst werden kann und die von ihm auch richtig angewendet wurde (RS0107773). Zutreffend gelangte das Rekursgericht zum Ergebnis, dass die vom Antragsteller gewünschte Einsicht in die Verträge der Eigentümergemeinschaft mit dem Energieversorgungs- und dem Versicherungsunternehmen sowie dem Hausbesorger für die Überprüfung der Richtigkeit der Jahresabrechnung nicht erforderlich ist. Insoweit bedarf seine Entscheidung daher auch keiner Korrektur.

[17] 4.Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

[18] 5.Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG, wobei die Bemessungsgrundlage lediglich 4.000 EUR beträgt (§ 10 Z 3 lit b sublit aa RATG). Die Erstantragsgegnerin hat darauf hingewiesen, dass das Rechtsmittel nicht zulässig ist, und damit Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf dieser Grundlage (RS0129381).