5Ob60/25x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Mag. Wurzer als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Painsi, Dr. Weixelbraun Mohr, Dr. Steger und Dr. Pfurtscheller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H* GmbH, *, und 2. HE* GmbH, *, beide vertreten durch die Krüger/Bauer Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. J*, vertreten durch die Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 8. Jänner 2025, GZ 1 R 336/24t 37, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die beiden Klägerinnen (die Eigentümerin einer Liegenschaft mit einem Hotel der Luxuskategorie und die Pächterin/Betreiberin dieses Hotels) begehrten vom beklagten Käufer einer Luxussuite die Unterfertigung einer von ihnen formulierten „Vermarktungsvereinbarung“. Der Beklagte hatte das Objekt im Jahr 2001 von der Rechtsvorgängerin der Erstklägerin gekauft.
[2] Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der Beklagte sei zum Abschluss dieser Vereinbarung insbesondere deswegen nicht verpflichtet, weil sie in wesentlichen Punkten nicht den Bedingungen des Kaufvertrags aus dem Jahr 2001 entspreche.
Rechtliche Beurteilung
[3]In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigen die Klägerinnen keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität auf.
[4]1. Die Auslegung einer konkreten Vereinbarung ist regelmäßig keine Rechtsfrage, deren Beantwortung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) zukäme (RS0042776; RS0042936; RS0044358 ua). Ob eine vertragliche Vereinbarung im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nach ständiger Rechtsprechung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn in grober Verkennung der Auslegungsgrundsätze ein unvertretbares – aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigierendes – Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042769 [T23, T24] ua).
[5] 2.1 Die Klägerinnen argumentieren zusammengefasst, die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, nach der der Beklagte seine Eigentumswohnung in der Hotelanlage auch länger als ein halbes Jahr nutzen dürfe, stehe „im eklatanten Widerspruch zur Widmung der Liegenschaft als reines Kurgebiet“ sowie zu den Bescheiden der Baubehörde aus dem Jahr 1999, in denen von „gewerblich genutzten Wohnungen/Suiten die Rede“ sei. Es sei „schlicht abwegig“ und „geradezu unvertretbar“, die Eigennutzung der Wohnung durch den Beklagten über ein halbes Jahr hinaus zu gestatten.
[6] 2.2 Die Klägerinnen übersehen, dass im Kaufvertrag über den Erwerb der Luxussuite im Jahr 2001 (Punkt 5 a 1.) lediglich festgehalten ist, dass die Errichtung der Anlage „zu gewerblichen (fremdenverkehrs )Zwecken“ erfolge und der Käufer berechtigt sei, das (Wohnungseigentums )Objekt „für sich selbst zu jenen Zeiten zu nutzen, zu denen er bzw seine Angehörigen in der Anlage aufhältig sind“. In den „übrigen Zeiten“ sei der Käufer verpflichtet, „kraft gesonderter Vereinbarung (...) über die Rezeption des Hotelbetriebes die Luxussuite dem Hotelbetrieb zur Vermarktung zur Verfügung zu stellen“. Eine Einschränkung der Zulässigkeit der Eigennutzung insgesamt oder auf bestimmte Zeiträume ist dem Kaufvertrag nicht zu entnehmen. Mit der Begründung des Berufungsgerichts, das zwar auf die allgemein aus den Baubewilligungsbescheiden resultierenden Verpflichtungen hinwies, aber die Berechtigung des Beklagten, den Abschluss der Vermarktungsvereinbarung zu verweigern, aus dem Inhalt des Kaufvertrags ableitete, setzen sich die Klägerinnen nicht näher auseinander. Davon abgesehen ist das Klagebegehren darauf gerichtet, die von den Klägerinnen vorgelegte Vermarktungsvereinbarung abzuschließen, und nicht auf das Unterlassen einer bestimmten Art oder Dauer der Nutzung des Objekts. Auch aus dem Umstand, dass im Kaufvertrag festgehalten ist, dass „der vertragsgegenständliche Erwerb insbesondere zum Zwecke der gewerblichen Vermietung der Luxussuite erfolgt“, lässt sich keine Verpflichtung zum Abschluss der nunmehr von den Klägerinnen gewünschten Vereinbarung ableiten. Eine korrekturbedürftige Beurteilung zeigen die Klägerinnen damit jedenfalls insgesamt nicht auf.
[7]3. Wollte man das Begehren der Klägerinnen als ein solches auf Abschluss eines Hauptvertrags (infolge einer im Kaufvertrag als „Vorvertrag“ im Sinn des § 936 ABGB zu wertenden Verpflichtung des Beklagten) qualifizieren, so wäre auch daraus für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen: Auf den Abschluss eines Hauptvertrags hätte innerhalb eines Jahres geklagt werden müssen, widrigenfalls das Recht erloschen ist (RS0018780 [T2]). Bis zum Jahr 2023 wurde aber keine der auf der Liegenschaft befindlichen Eigentumswohnungen über die Erstklägerin vermietet; erst die Zweitklägerin (als seit Mai 2023 neue Pächterin) hatte ein wirtschaftliches Interesse an einer Vermarktung (auch) des Objekts des Beklagten. Ein allfälliges Recht auf Abschluss eines Hauptvertrags wäre daher – wie der Beklagte schon im erstinstanzlichen Verfahren eingewendet hat – verfristet.
[8]4. Schließlich meinen die Klägerinnen, das Berufungsgericht hätte ihrem Begehren „zumindest teilweise“ stattgeben müssen, denn selbst wenn die in der Vermarktungsvereinbarung vorgesehene „Bestimmung über die vermietbaren Zeiträume rechtswidrig wäre“, habe dies „nur eine Teilnichtigkeit (...) zur Folge“. Bei dieser Argumentation übersehen sie, dass die Frage des Ausmaßes der Eigennutzung (ebenso wie die von den Vorinstanzen als zu unbestimmt erachtete Regelung zum Überlassungsentgelt) des Objekts den wesentlichen Inhalt der Vereinbarung ausmacht. Den Klägerinnen gelingt es daher gerade nicht aufzuzeigen, dass die Voraussetzungen für eine teilweise Stattgebung vorlägen, weil nur ein unwesentlicher Vertragspunkt ausgeschieden werden würde (vgl RS0017189 [T2]).
[9]5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).