JudikaturJustiz9Os188/78

9Os188/78 – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Dezember 1978

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Dezember 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Sailer als Schriftführer in der Strafsache gegen Erwin A wegen Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB über die von der Generalprokuratur gegen die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Imst vom 3. Juli 1978, GZ. U 431/78-3, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Imst vom 3. Juli 1978, GZ. U 431/78-3, verletzt das Gesetz in dem im XX. Hauptstück der Strafprozeßordnung verankerten Verfahrensgrundsatz der materiellen Rechtskraft.

Diese Strafverfügung und alle darauf beruhenden Beschlüsse sowie Verfügungen werden aufgehoben und es wird gemäß § 292, 288 Abs. 2 Z 3 StPO der vom öffentlichen Ankläger am 29. Mai 1978 gestellte Antrag auf Bestrafung des Erwin A wegen Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB, begangen am 6. Mai 1978 in Imst durch Ansichbringen eines von Helmut B gestohlenen Geldbetrages von 300 S, abgewiesen sowie das Verfahren eingestellt.

Text

Gründe:

I./ Aus den Akten U 382/78 und U 431/78 des Bezirksgerichtes Imst ergibt sich folgender Sachverhalt:

1. Mit der - in Rechtskraft erwachsenen - Strafverfügung des Bezirksgerichtes Imst vom 7. Juni 1978, GZ U 382/78-3, wurde der am 20. Juli 1957 geborene Hilfsarbeiter Erwin A auf Grund des Bestrafungsantrages der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 22. Mai 1978 (S 1 d. A) der Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB und der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB schuldig erkannt und zu einer - gemäß § 43 (Abs. 1) StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Geldstrafe verurteilt.

Als Hehlerei wurde dem Genannten angelastet, am 6. Mai 1978 in Imst einen von Helmut B gestohlenen Geldbetrag von 300 S an sich gebracht zu haben (S. 9, 21 und 41 d. A).

2. Mit der - ebenfalls rechtskräftigen - Strafverfügung desselben Gerichtes vom 3. Juli 1978, GZ. U 431/

78-3, wurde Erwin A auf Grund des von der Staatsanwaltschaft Innsbruck am 29. Mai 1978 gestellten Antrages auf Bestrafung (ON 2 S. 52 d. A) neuerlich wegen Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB zu einer - gleichfalls gemäß § 43 (Abs. 1) StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Geldstrafe verurteilt, wobei diesem Schuldspruch der nämliche Sachverhalt wie dem zu 1. erwähnten Schuldspruch wegen Vergehens der Hehlerei zugrundeliegt (S. 19, 31 und 53 d. A).

Rechtliche Beurteilung

II./ Die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Imst vom 3. Juli 1978, GZ. U 431/78-3, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang, weil sie gegen den - sich aus den Bestimmungen des XX. Hauptstücks der Strafprozeßordnung ergebenden - Verfahrensgrundsatz der materiellen Rechtskraft ('ne bis in idem') verstößt, der auch für Strafverfügungen gilt (SSt. 13/59). Das Bezirksgericht Imst - bei welchem das Verfahren U 431/78 erst am 16. Juni 1978 anhängig wurde (S. 51 d. A) - hätte vielmehr von vornherein die vom öffentlichen Ankläger begehrte Einleitung eines - abermaligen - Strafverfahrens gegen Erwin A wegen der vom Genannten am 6. Mai 1978 begangenen Hehlerei mit Beschluß ablehnen müssen (vgl. 13 Os 104/74 und 9 Os 3/77 sowie die dort angeführte Literatur und Judikatur). In Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen begründeten Nichtigkeitsbeschwerde war daher spruchgemäß zu erkennen.