JudikaturJustiz9ObA81/95

9ObA81/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Ing.Peter Pata und Dr.Franz Zörner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Eduard E*****, Vertragsbediensteter (Musiklehrer), ***** vertreten durch Dr.Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Land Tirol, vertreten durch den Landeshauptmann Dr.Wendelin Weingartner, Landhausplatz 1, 6010 Innsbruck, dieser vertreten durch Dr.Iris-Claudia Ammann, Rechtsanwältin in Hall in Tirol, wegen Widerrufes (Streitwert S 20.000,-), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.Februar 1995, GZ 5 Ra 6/95-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.Oktober 1994, GZ 47 Cga 117/94b-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.427,20 (darin S 571,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob dem Kläger gegen die beklagte Gebietskörperschaft ein Widerrufsanspruch im Sinne des § 1330 ABGB zusteht, zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers, daß die beklagte Partei die Stellungnahme im Verfahren über die Verleihung des Berufstitels "Professor" auch in ihrer Eigenschaft als (privatrechtlicher) Dienstgeber abgegeben habe und diese inhaltlich rein dienstliche Angelegenheiten betroffen habe, entgegenzuhalten:

Gemäß Art 65 Abs 2 lit b B-VG steht dem Bundespräsidenten das Recht zu, Berufstitel zu schaffen und zu verleihen. Er hat bei der Schaffung der Berufstitel (durch gesetzesvertretende Verordnung) alles das zu bestimmen, was ansonsten der Gesetzgeber zu regeln hat;

die "Verleihung" geschieht durch individuellen Verwaltungsakt des Bundespräsidenten (vgl H.Mayer, Kurzkomm z B-VG, Art 65 Erl III.2;

VfSlg 5.242, 11.999). Das weiter gesetzlich nicht geregelte Verfahren beruht auf den vom Ministerrat am 19.6.1981 beschlossenen Richtlinien für das Verfahren der Verleihung von Berufstiteln. Die Antragstellung an den Bundespräsidenten obliegt in diesem Fall (Professor) dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Diese holt regelmäßig auch die Stellungnahme (auch Mitteilung eventueller Vorstrafen oder sonstiger Vormerkungen) des nach dem Wohnsitz des Kandidaten örtlich zuständigen Amtes der Landesregierung ein; dies erfolgt in allen Fällen unabhängig davon, ob der Kandidat im öffentlichen Dienst, sei es des Bundes, des Landes oder einer Gemeinde, steht.

Der Revisionswerber bezweifelt nicht, daß es sich bei der Verleihung eines Berufstitels nicht um einen Vorgang der Privatwirtschaftsverwaltung handelt, sondern um eine hoheitliche Tätigkeit. Ist aber ein einheitlicher Vorgang seinem Wesen nach hoheitlicher Natur, werden zudem alle damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen als in Vollziehung der Gesetze erfolgt angesehen; der gesamte Tätigkeitsbereich, der sich auf die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben bezieht, ist auch dann einheitlich als hoheitlich zu beurteilen, wenn Teile der Aufgabe in einer Weise erfüllt werden, die für sich allein nach ihrer äußeren Erscheinungsform von jedermann (bzw hier vom Dienstgeber) vorgenommen werden können. Entscheidend ist der enge innere und äußere Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe (vgl Schragel, Kommz AHG2 § 1 Rz 61 mwH; SZ 60/156; SZ 63/25; ecolex 1990, 607 ua).

Daraus folgt, daß der Inhalt der Stellungnahme der beklagten Partei nicht danach getrennt beurteilt werden kann, welche Äußerungen dem Amt der Landesregierung als ersuchte Behörde (Art 22 B-VG) und welche Äußerungen der beklagten Partei als (privatrechtliche) Dienstgeberin zuzurechnen sind. Da das Amt der Landesregierung vom damaligen Bundesministerium für Unterricht und Kunst um eine Stellungnahme im hoheitlichen Verleihungsverfahren ersucht worden ist, ist die dem Ersuchen entsprechende Stellungnahme insgesamt nicht dem privaten Bereich, sondern dem Verleihungsverfahren zuzuordnen. Darauf, daß der Kläger in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur beklagten Partei steht, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (9 ObA 228/93 mwH). Da nach § 1 Abs 1 AHG Schadenersatz nur in Geld zu leisten ist, kann gegen den Rechtsträger keine Klage auf Widerruf erhoben werden (ÖBl 1957, 53; ÖBl 1993, 139 - Bundesheer-Ausbildungsfilme II mwN); ein Folgenbeseitigungsanspruch (der der Widerrufsanspruch seinem Wesen nach ist [vgl etwa Ciresa, HdB der Urteilsveröffentlichung 72 mwN FN 155]) durch Rückversetzung in den vorigen Stand besteht nach dem AHG nicht (Schragel aaO 155).

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO begründet.

Rechtssätze
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