JudikaturJustiz9ObA74/05f

9ObA74/05f – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Kaszanits und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johannes K*****, Versicherungsmakler, *****, vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag.Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei ***** Versicherungs-AG, *****, vertreten durch Dr. Georg Grießer ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 1.845,85sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. Februar 2005, GZ 11 Ra 5/05t-14, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 2. September 2004, GZ 7 Cga 55/04z-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 333,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 55,52 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Beklagten als Versicherungsvertreter im Außendienst beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete mit 31. 5. 2003 durch Arbeitnehmerkündigung. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Kollektivvertrag für Angestellte der Versicherungsunternehmungen - Außendienst (in der Folge: KV) Anwendung, dessen § 6 - soweit hier von Interesse - folgenden Wortlaut hat:

Provisionszahlung nach Auflösen des Dienstverhältnisses

(1) Die vereinbarte Folgeprovision bleibt dem Angestellten unter der Bedingung einer ununterbrochenen Dauer des Dienstverhältnisses bei dem gleichen Dienstgeber durch mindestens drei Jahre gemäß den folgenden Bestimmungen gewahrt, längstens jedoch bis zum Ablauf der ursprünglich vereinbarten Dauer der von ihm selbständig vermittelten Versicherungsverträge nach Maßgabe des Prämieneinganges; dabei werden nach Beendigung des Dienstverhältnisses eingetretene Prämienzuwächse nicht berücksichtigt. Keineswegs gebührt Folgeprovision, und zwar auch nicht zum Teile für Versicherungen, die dem Angestellten zur Betreuung oder Bearbeitung zugewiesen worden sind.

(2) Insoweit dem Angestellten eine Folgeprovision unter Berücksichtigung des Abs 1 zusteht, beträgt diese nach Endigung des Dienstverhältnisses, längstens bis zu seinem Tode, 50 % jener Folgeprovision, auf die der Angestellte Anspruch hätte, wenn noch ein Dienstverhältnis bestünde ....

....

(4) Kündigt der Dienstnehmer das Dienstverhältnis und betätigt er sich sodann für ein anderes Versicherungsunternehmen, so behält er den Anspruch auf die Hälfte der ihm gemäß Abs 2 zustehenden Folgeprovision. ....“

Der Kläger gründete mit zwei weiteren Personen eine OEG und machte sich als Versicherungsmakler selbständig. Er und seine beiden Kollegen nahmen die Dienste einer GmbH in Anspruch, deren Gesellschafter und Partner ehemalige Mitarbeiter der Beklagten sind. Die GmbH bietet als Dachorganisation selbständigen Versicherungsmaklern Serviceleistungen an und handelt zB mit den Versicherern die Vertragsbedingungen und die Provisionen aus. Kundenkontakte hat die GmbH nicht. Verträge kommen zwischen den Kunden und den Versicherungen zustande. Der Makler erhält Provisionen auf sein Konto bei der GmbH, bei der ein Teil der Provisionen verbleibt.

Beim Neugeschäft bot der Kläger seinen Kunden nicht nur Produkte der Beklagten, sondern die gesamte Produktpalette an. Es kamen auch Verträge mit den verschiedensten Versicherungsunternehmen zustande. Bei den bestehenden Versicherungsverträgen mit der Beklagten setzte der Kläger vorerst keine besonderen Aktivitäten, seinen Kunden andere (günstigere) Produkte als die der Beklagten zu verkaufen.

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die dem Kläger nach § 6 Abs 1 und 2 des KV zustehende Folgeprovision wegen seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler im Sinne des § 6 Abs 4 des KV auf die Hälfte zu reduzieren ist.

Das Erstgericht bejahte diese Frage und wies das Klagebegehren des auf dem gegenteiligen Standpunkt stehenden Klägers ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Versicherungsmakler iSd §§ 26 ff MaklerG regelmäßig ein Doppelmakler sei und nicht nur für den Versicherungsnehmer, sondern auch für den Versicherer tätig werde. Vor dem Hintergrund einer Rahmenvereinbarung komme der Maklervertrag zwischen Versicherungsmakler und Versicherer zu dem Zeitpunkt zustande, in dem der Versicherer ein ihm vom Versicherungsmakler gebrachtes Vertragsanbot annehme. Der Versicherungsmakler sei daher schon aufgrund des Maklervertrags in gewissem Umfang auch zur Wahrung der Interessen des Versicherers verpflichtet. Beim Neugeschäft des Klägers seien auch Verträge mit den verschiedensten Versicherungsunternehmen zustande gekommen. Seine Ansicht, er sei daher kein Vertragsverhältnis zu einem Konkurrenzunternehmen eingegangen, sei daher verfehlt. Er sei vielmehr als Versicherungsmakler im beschriebenen Umfang auch für konkurrenzierende Versicherungsunternehmen tätig geworden, sodass es dem Willen vernünftiger Kollektivvertragsparteien entspreche, dass die in § 6 Abs 4 KV normierte Folgeprämienreduktion eintrete.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Revision des Klägers kommt keine Berechtigung zu.

Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der ausführlichen Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist den Revisionsausführungen wie folgt entgegenzutreten:

Die Rechtsauffassung des Revisionswerbers, die Kollektivvertragsparteien haben bei der Schaffung des § 6 des KV den Beruf des Versicherungsmaklers nicht bedacht sondern beabsichtigt, die in Abs 4 der Bestimmung vorgesehene Prämienreduktion ausschließlich im Fall des Wechsels eines Arbeitnehmers von einem zum anderen Arbeitgeber eintreten zu lassen, findet im Wortlaut der Kollektivvertragsbestimmung keine Stütze. Hätten die Kollektivvertragsparteien derartiges beabsichtigt, wäre es - wie in der Revisionsbeantwortung zutreffend ausgeführt wird - nahe gelegen, in § 6 Abs 4 KV auf ein „Dienstverhältnis zu einem anderen Versicherungsunternehmen“ abzustellen. Die tatsächlich gewählte Formulierung („ betätigt er sich sodann für ein anderes Versicherungsunternehmen “) ist viel weiter gefasst und spricht daher für die von den Vorinstanzen vertretene Rechtsauffassung, nach der jede Betätigung für ein anderes (konkurrenzierendes) Versicherungsunternehmen Anlass für eine Provisionsreduzierung sein soll.

Dass der Kläger als Versicherungsmakler jedenfalls auch für andere Versicherungsunternehmen tätig geworden ist, hat das Berufungsgericht zum einen aus der rechtlichen Stellung des Versicherungsmaklers abgeleitet - dieser ist zwar primär für den Versicherungsnehmer tätig, in gewissem Umfang aber auch für den Versicherer (ausführlich dazu 7 Ob 315/03d) -, zum anderen aber auch aus der Feststellung, dass der Kläger im Rahmen seines Neugeschäftes Verträge mit den verschiedensten Versicherungsunternehmen zustande gebracht hat. Dem ist beizupflichten. Der dagegen in der Revision erhobene Einwand, § 6 Abs 4 des KV komme dennoch nicht zum Tragen, weil der Kläger nicht ausschließlich für andere Versicherungsunternehmen tätig geworden sei, findet im Wortlaut der zitierten Bestimmung keine Deckung und widerspricht auch der aus der Regelung ableitbaren Absicht der Kollektivvertragsparteien, die ersichtlich auf jegliche (konkurrenzierende) Betätigung für andere Versicherungsunternehmen abstellen wollten.

Dem in der Revision ins Treffen geführten Abs 5 des KV, nach dem „ kein Anspruch auf Folgeprovision oder auf Teile einer solchen “ besteht, „ wenn der Angestellte etwas unternimmt, was eine Beeinträchtigung oder Schmälerung des Geschäftsbestandes oder der geschäftlichen Interessen oder des Ansehens des Dienstgebers zur Folge haben könnte “ (näher dazu RIS-Justiz RS0029982), ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.