JudikaturJustiz9ObA219/97i

9ObA219/97i – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. August 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Josef Weiss als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, pA Landesstelle Graz, 8021 Graz, Göstingerstraße 26, vertreten durch Dr.Werner Thurner und Dr.Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Rudolf M*****, Malermeister, ***** vertreten durch Dr.Paul Friedl, Rechtsanwalt in Eibiswald, wegen S 56.194,-- und Feststellung (S 50.000,--), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30.April 1997, GZ 8 Ra 320/96g-18, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 48 zweiter Halbsatz ASGG).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der beim hier zu beurteilenden Arbeitsunfall verletzte Lehrling hatte zum Unfallszeitpunkt das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet; das Lehrverhältnis hatte erst wenige Tage vorher begonnen. Nach den §§ 2, 9 Z 8 der Verordnung über die Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche (BeschäftigungsV) wäre daher seine Beschäftigung auch auf Gerüstlagen bis zu einer Höhe von 4 m nur dann erlaubt gewesen, wenn das Gerüst von ihm im Rahmen des Lehrverhältnisses herzustellen gewesen wäre. Dies war aber hier nicht der Fall, sodaß die Beschäftigung des Lehrlings auf dem Gerüst - mag auch das Berufsbild des von ihm gewählten Lehrberufes das "Aufstellen der erforderlichen Gerüste" umfassen - nicht zulässig war. Schon deshalb ist der Hinweis, der Lehrling sei nicht aus 4 m, sondern nur aus 3,50 m abgestürzt, verfehlt. Zudem ereignete sich der Unfall, als der Lehrling, der vorher in einer Höhe von über 4 m gearbeitet hatte, aus dieser Höhe abstieg. Wenngleich sich daher der Absturz allenfalls aus einer etwas geringeren Höhe ereignete, hat sich somit dennoch gerade jene Gefahr realisiert, die mit den Arbeiten in Gerüstlagen mit mehr als 4 m verbunden ist.

Die nur wenige Tage nach Beginn des Lehrverhältnisses erfolgte Beschäftigung des Lehrlings auf einem Gerüst, noch dazu in einer Höhe von mehr als 4 m, stellt daher einen krassen Verstoß gegen die zitierte Schutzbestimmung dar, zu dem noch das (dem Beklagten bekannte) Fehlen der vorgeschriebenen sicher begehbaren Zugänge ("Leitern, Leitergänge, Stiegen oder Laufbrücken"; § 46 Abs 11 der hier noch anwendbaren Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung) tritt. Dem Beklagten ist daher eine ungewöhnliche und auffallende Sorgfaltsverletzung vorzuwerfen, bei der der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich vorhersehbar war und die daher als grobe Fahrlässigkeit zu qualifizieren ist (RIS Justiz RS0085373 und 0030644).

Rechtssätze
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