JudikaturJustiz9Ob80/15b

9Ob80/15b – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann Prentner und Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger ua, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Robert Galler und Dr. Rudolf Höpflinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 15.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 7.620,94 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. September 2015, GZ 4 R 130/15p 56, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 5. Juni 2015, GZ 5 Cg 134/12w 47, teilweise Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Berufungsurteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.066,56 EUR (darin 177,76 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 2.060,04 EUR (darin 116,34 EUR USt und 1.362 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin nahm über Auftrag der Beklagten Malerarbeiten in deren Hotel vor. Zusätzlich führte sie auch bestimmte Spachtelarbeiten durch, die ursprünglich über Auftrag der Beklagten das Unternehmen K. durchführen sollte. Der Geschäftsführer des Unternehmens K. hatte zuvor im Beisein der Ehegattin des Geschäftsführers der Beklagten und des Geschäftsführers der Klägerin vorgeschlagen, dass diese Spachtelarbeiten von der Klägerin durchgeführt werden sollten, worüber die Anwesenden auch das Einvernehmen erzielten. Die Klägerin war daher davon ausgegangen, die zusätzlichen Arbeiten im Auftrag der Beklagten durchzuführen. Die Ehegattin des Geschäftsführers der Beklagten war zwar öfters auf der Baustelle, aber nicht bevollmächtigt, Geschäfte für die Beklagte abzuschließen. Es kann nicht festgestellt werden, ob etwas und gegebenenfalls was zwischen der Klägerin und K. hinsichtlich der Abrechnung der von der Klägerin zu erbringenden Arbeiten oder der diesbezüglichen vertraglichen Ausgestaltung vereinbart wurde. Die von der Klägerin der Beklagten in Rechnung gestellten Spachtelarbeiten bezahlte die Beklagte nicht. Der angemessene Werklohn für diese von der Klägerin zusätzlich verrichteten Spachtelarbeiten beträgt 6.547,20 EUR.

Im Revisionsverfahren ist nur mehr der von der Klägerin (auch) auf Bereicherungsrecht gestützte Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 6.547,20 EUR sA strittig. Die Ehegattin des Geschäftsführers der Beklagten war nämlich nach den Verfahrensergebnissen nicht bevollmächtigt, die Beklagte zu vertreten und die Beklagte hatte gegenüber der Klägerin auch nicht den Anschein einer Vollmachtserteilung an die Ehegattin gesetzt. Es wird daher in der Folge nur auf den Rechtsgrund der Bereicherung eingegangen.

Die Beklagte bestritt diesen Anspruch.

Das Erstgericht bejahte den geltend gemachten Bereicherungsanspruch und gab dem Klagebegehren nach Feststellung des Zurechtbestehens der Klagsforderung mit 10.887,40 EUR und der Gegenforderung mit 1.692 EUR mit 9.195,40 EUR sA statt. Das Mehrbegehren in Höhe von 5.804,60 EUR sA wies das Erstgericht ab. Die Klägerin habe aus einem Irrtum über das Bestehen eines gültigen Auftrags der Beklagten eine rechtsgrundlose Leistung erbracht. Dafür stehe der Klägerin gemäß § 1431 ABGB ein Wertersatz in Höhe des der Beklagten verschafften Nutzens zu. Dieser bestehe im angemessenen Werklohn, weil sich die Beklagte diese Aufwendungen erspart habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten, mit der sie das Zurechtbestehen der Klagsforderung in Höhe von 10.887,40 EUR und die Verurteilung zur Zahlung von 9.195,40 EUR sA bekämpfte, teilweise Folge. Es erkannte die Klagsforderung mit 3.266,46 EUR zu Recht und mit 11.733,54 EUR nicht zu Recht, die Gegenforderung mit 1.692 EUR zu Recht und mit 3.308 EUR nicht zu Recht und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 1.574,46 EUR sA. Das Mehrbegehren von 13.425,54 EUR sA wies es ab. Der Klägerin sei der sie treffende Beweis für die Rechtsgrundlosigkeit der von ihr zusätzlich durchgeführten Spachtelarbeiten nicht gelungen, weil das Erstgericht das Bestehen einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und K. nicht ausschließen habe können. Die Klägerin habe daher keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch gegen die Beklagte. Abgesehen davon habe aus Sicht der Beklagten, die mit K. einen Vertrag über die Spachtelarbeiten abgeschlossen gehabt habe, die Leistung der Klägerin als eine solche des K. zum Zweck der Erfüllung dieses Vertrags erscheinen müssen. In einem solchen Fall bestehe aber nach der Entscheidung 1 Ob 747/76 kein Kondiktionsanspruch gegen den Vertretenen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Berufungsgericht nachträglich (§ 508 Abs 3 ZPO) zugelassene Revision der Klägerin. Sie beantragt die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung , der Revision der Klägerin keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Voraussetzung der Kondiktion nach § 1431 ABGB ist nach ständiger Rechtsprechung eine Vermögensverschiebung durch Leistung, das Fehlen eines die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grundes und die Schutzwürdigkeit des Leistenden wegen eines Tatsachen- oder Rechtsirrtums (8 Ob 96/15y; 10 Ob 58/15z ua; RIS-Justiz RS0033607; RS0014891). Erfolgte aber eine Leistung im Rahmen eines Vertrags, wäre es unzulässig, diesen Vertrag mit Hilfe des Bereicherungsrechts zu korrigieren (10 Ob 58/15z; RIS-Justiz RS0033585 [T3]; vgl RS0020022). Der Bereicherungskläger hat alle Voraussetzungen seiner Bereicherungsklage zu beweisen (RIS-Justiz RS0033564). Auch die Beweislast für die Rechtsgrundlosigkeit liegt beim Rückfordernden (RIS-Justiz RS0033564 [T1]; Rummel in Rummel ABGB³ § 1431 Rz 4; Lurger in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.02 § 1431 Rz 2; Mader in Schwimann , ABGB³ § 1431 Rz 15).

Der Klägerin ist es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gelungen, sämtliche für ihren Bereicherungsanspruch notwendigen Voraussetzungen zu beweisen. Der negativen Feststellung des Erstgerichts zum Zustandekommen eines allfälligen Vertragsverhältnisses über die klagsgegenständlichen Spachtelarbeiten zwischen der Klägerin und K. liegt keine Einwendung der Beklagten zugrunde. Insbesondere behauptete die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren nicht, dass die Klägerin die Spachtelarbeiten für die Beklagte gar nicht rechtsgrundlos, sondern im Auftrag des Unternehmens K. erbracht habe. Die Feststellung ist daher überschießend und auch ohne Verfahrensrüge nicht zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0037972 [T1, T13, T15]; RS0037964 [T1, T2]; RS0036933 [T6]; RS0112212 [T1]). Ob die Klägerin bei entsprechender Behauptung der Beklagten entgegen dem Grundsatz „negativa non sunt probanda“ die Beweislast getroffen hätte, braucht daher hier nicht näher untersucht zu werden.

Auch die Entscheidung 1 Ob 747/76 = SZ 49/133 kann gegen die Berechtigung des Kondiktionsanspruchs der Klägerin nicht erfolgreich ins Treffen geführt werden: Sind an einer Vermögensverschiebung mehrere Personen beteiligt, kann die Feststellung von Berechtigtem und Verpflichtetem zweifelhaft sein. Sie ist nach der Judikatur aufgrund der von den Parteien bei der Leistung vorgestellten Zweckbestimmung zu treffen. Es muss daher danach gefragt werden, wer nach dem angenommenen Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und wer Leistungsempfänger sein sollte. Die Rückabwicklung ist zwischen diesen Personen vorzunehmen (RIS-Justiz RS0033737 [insbes T9, T16]). Erfolgt dabei die Leistung an jemanden, der sie im fremden Namen in Empfang nahm und zu dieser Empfangnahme bevollmächtigt war, so wurde die Leistung an den Vertretenen erbracht, der deshalb auch Kondiktionsschuldner ist (RIS Justiz RS0016346). Bei einer Leistung an einen Scheinvertreter kann die Bereicherungsklage daher direkt gegen den unwirksam Vertretenen erhoben werden, wenn der Scheinvertreter als realer Empfänger der Leistung wenigstens zum Empfang berechtigt (autorisiert) war (8 Ob 57/07a).

Nach der Entscheidung 1 Ob 747/76 gelten die dargelegten Grundsätze dann nicht, wenn der Leistungsempfänger seinerseits einen Vertrag mit demjenigen, der als sein Vertreter ohne Vertretungsmacht gegenüber einem Dritten aufgetreten ist, geschlossen hatte, kraft dieses Vertrags Anspruch auf das vom Dritten Geleistete gegen den vollmachtslos Handelnden hatte, und sich die Leistung des Dritten aus der Sicht des Leistungsempfängers als Leistung an seinen Vertragspartner zum Zweck der Erfüllung des mit diesem abgeschlossenen Vertrags darstellt. Eine vergleichbare Sachverhaltskonstellation liegt hier aber nicht vor. Die Beklagte hat dazu auch kein Vorbringen erstattet. Vielmehr hat sie den von der Klägerin geltend gemachten Bereicherungsanspruch dem Grunde nach lediglich unsubstantiiert bestritten.

In Abänderung der Berufungsentscheidung war daher das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Auf die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Revisionsgründe musste nicht mehr eingegangen werden.

Die Entscheidung über die Verpflichtung der Beklagten auch zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens (zweiter und dritter Instanz) beruht auf den §§ 50, 41 ZPO. Das Revisionsinteresse beträgt richtig 7.620,94 EUR.