JudikaturJustiz9Ob60/98h

9Ob60/98h – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. April 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer, Dr.Spenling, Dr.Hradil und Dr.Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter J*****, ohne Beruf, ***** vertreten durch Mag.Dr.Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Augustyn B*****, ohne Beruf,***** wegen S 29.000,- sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 26.November 1997, GZ 43 R 950/97t-10, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes muß der Unterhaltspflichtige im Rahmen des Zumutbaren zwecks Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtung auch sein Vermögen angreifen, soweit er die notwendigen Unterhaltsleistungen aus dem laufenden Einkommen nicht bestreiten kann (SZ 54/52; SZ 63/60; RZ 1991/44 und 70; EFSlg 65.008ff). Dabei ist nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Heranziehung eines vorhandenen Vermögensstammes zumutbar ist (Ris-Justiz RS0047470; zuletzt 1 Ob 2292/96g). Dazu wurde vom Obersten Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß die Veräußerung oder Belastung einer Liegenschaft dem Unterhaltspflichtigen jedenfalls dann nicht zumutbar ist, wenn damit der Verlust der Deckung des dringenden eigenen Wohnbedürfnisses verbunden ist (EFSlg 77.959; 65.012; vgl auch EFSlg 76.839, EvBl 1992/73).

Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, daß das einzige Vermögen des völlig einkommenslosen Beklagten das Einfamilienhaus ist, in dem er wohnt. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dieses Einfamilienhaus könne zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht herangezogen werden, entspricht daher der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Zur nunmehr vom Rekurswerber geltend gemachten Möglichkeit des Beklagten, das Einfamilienhaus ohne Verlust der Wohnmöglichkeit zu belasten, hat er in erster Instanz lediglich - und ohne nähere Erläuterungen - auf die Möglichkeit eines "rückzahlungsfreien Darlehens" verwiesen. Dieses völlig unkonkretisiert gebliebene Vorbringen, für das auch keinerlei Beweise angeboten wurden, war nicht ausreichend, um das Erstgericht zur (amtswegigen) Durchführungen von Erhebungen zu verpflichten, ob tatsächlich ein Kreditinstitut bereit wäre, dem Beklagten einen zu seinen Lebzeiten rückzahlungsfreien Kredit zu gewähren; einen Verstoß gegen eine allenfalls das Erstgericht treffende Verpflichtung, den Kläger zu ergänzendem Vorbringen anzuleiten, hat er nicht geltend gemacht. Erst in der Berufung - und damit unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot - präzisierte er sein Vorbringen durch Hinweis auf einen von einem bestimmten Kreditinstitut gewährten "Generationenkredit", wobei er aber einräumen mußte, daß auch für einen derartigen Kredit laufend Zinsen zu zahlen sind. Da der Beklagte aber über keinerlei Einkommen verfügt, wäre auch die Zahlung nur von Kreditzinsen nicht gesichert, sodaß letztlich auch mit der Aufnahme eines solchen Kredites die Gefahr des Verlustes der einzigen Wohnmöglichkeit des Beklagten verbunden wäre. Daß der Beklagte - wie der Revisionswerber nunmehr geltend macht - einen Kredit erhalten könne, für den er zu Lebzeiten nicht einmal Zinsen zahlen müsse, wurde nicht einmal im Berufungsverfahren behauptet. Auf dieses gegen das Neuerungsverbot verstoßende Vorbringen ist nicht Bedacht zu nehmen.

Die Veräußerung des Einfamilienhauses - allenfalls auch gegen Leibrente - ist dem Beklagten iS der oben dargestellten Rechtsprechung keinesfalls zumutbar, weil damit jedenfalls die Gefahr des Verlustes der einzigen Wohnmöglichkeit verbunden ist. Daß es - wie in der Revision geltend gemacht wird - dem Beklagten möglich wäre, das Haus "gegen Einräumung eines Wohnrechtes" zu veräußern und dadurch die Erfüllung der Unterhaltsleistung sicher zu stellen, ist keineswegs offenkundig. Der Kläger hätte derartiges daher in erster Instanz konkret behaupten und beweisen müssen. Seine erstmals in der Revision dazu aufgestellten (unkonkretisierten) Behauptungen sind unbeachtlich.

Der vom Revisionswerber im Zusammenhang mit der dargestellten Rechtslage behauptete Wertungswiderspruch, der darin bestehe, daß er nach dem Tode des Beklagten gegen dessen Töchter gemäß § 142 ABGB bis zum Wert der Verlassenschaft Anspruch auf den laufenden Unterhalt habe, während ihm der Beklagte derzeit nichts schulde, liegt nicht vor. Nach herrschender Auffassung haftet nämlich nach der zuletzt genannten Bestimmung der Erbe nur in dem Ausmaß für die Unterhaltsschuld, in dem sie zu Lebzeiten des Erblassers nach dessen Lebensverhältnissen bestand (Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 142;

Schwimann in Schwimann, ABGB2 I, Rz 7 zu § 142;

Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung 46, jeweils unter Hinweis auf SZ 4/143).