JudikaturJustiz9Ob23/17y

9Ob23/17y – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. April 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr in der Rechtssache der klagenden Partei A***** L*****, vertreten durch Dr. Johannes Öhlböck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei DI R***** C*****, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwältin in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 1. Februar 2017, GZ 40 R 347/16z-43, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten ihrer „Äußerung“ wird abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1 . Eine vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeit kann nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (s RIS-Justiz RS0043405). Dies gilt auch dann, wenn die Nichtigkeit nicht im Spruch der Berufungsentscheidung, sondern bloß in den Entscheidungsgründen verneint wurde (RIS-Justiz RS0043405 [T37]). Auf das entsprechende Vorbringen des Beklagten ist daher nicht näher einzugehen.

2. Die Frage, ob ein bestimmtes Vorbringen Anlass zu einer Erörterung oder Anleitung einer Partei durch das Gericht geben könnte, ist schon von vornherein so einzelfallbezogen, dass darin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu erblicken ist (RIS-Justiz RS0114544). Das ist auch hier nicht der Fall, weil das Berufungsgericht die vermeintliche Verletzung der Manuduktionspflicht des Erstgerichts hier schon im Hinblick auf das umfangreiche Vorbringen des Beklagten in vertretbarer Weise verneint hat.

3. Aus der vom Beklagten begehrten Qualifizierung der Vereinbarung der Streitteile als Servitut iSd § 521 ABGB ist für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen:

Nach ständiger Rechtsprechung können dingliche und obligatorische Wohnungsrechte ganz allgemein wie jedes andere Dauerschuldverhältnis aus wichtigen Gründen aufgelöst werden (RIS-Justiz RS0018813 [T7]). Dies entspricht auch dem Standpunkt der Lehre (s nur Koch in KBB, ABGB 4 § 524 Rz 4). Welche schwerwiegenden Gründe im Einzelfall die Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines Dauerschuldverhältnisses bewirken und zu dessen Auflösung berechtigen, ist eine Frage der Abwägung im Anlassfall (RIS Justiz RS0018305 [T52, T65]; RS0042834; RS0111817), die hier von den Vorinstanzen in nicht weiter korrekturbedürftiger Weise bejaht wurde (zB mangelhafte Ernährung und Betreuung des phasenweise besachwalterten Klägers durch den – das Haus des Klägers mitbewohnenden – Beklagten; Ausbreitung des Beklagten im Haus mit eigenmächtiger, sexuell obsessiver „Ausstattung“; Verängstigung des Klägers infolge Beschimpfen und Anschreien durch den Beklagten). Die Verhaltensweisen des Beklagten wären aber auch geeignet, den in § 1118 ABGB genannten Auflösungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs zu verwirklichen, der auch durch unleidliches Verhalten begründet sein kann (s RIS-Justiz RS0020956).

4. Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Beklagte sieht sie lediglich in der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sich die Auflösungserklärung auf das mit dem Pflegevertrag verbundene Wohnrecht bezogen habe.

5. Die außerordentliche Revision des Beklagten ist danach zurückzuweisen.

Da eine Rechtsmittelbeantwortung nicht freigestellt war, diente die vom Kläger eingebrachte „Äußerung“ zur außerordentlichen Revision des Beklagten nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung und ist nicht zu honorieren (§ 508a Abs 2 ZPO; RIS-Justiz RS0043690).

Rechtssätze
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