JudikaturJustiz9Ob122/03m

9Ob122/03m – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. November 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****gmbH, *****, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Gert Kastner ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen EUR 32.865 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 30. Juli 2003, GZ 2 R 120/03v-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 31. März 2003, GZ 13 Cg 75/02w-11, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht darf die Zulässigkeit des Rekurses in einem Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nur dann aussprechen, wenn es die Voraussetzungen für gegeben erachtet, unter denen nach § 502 ZPO die Revision zulässig ist (§ 519 Abs 2 ZPO). Dies ist nach § 502 Abs 1 ZPO dann der Fall, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Im vorliegenden Fall stützte das Berufungsgericht seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses darauf, dass sich der zu beurteilende Sachverhalt von jenen Sachverhalten, die zu SZ 52/164 und SZ 53/1 zu beurteilen gewesen seien, unterscheide. Eine erhebliche Rechtsfrage im vorgenannten Sinn wird damit aber ebenso wenig aufgezeigt wie in den diesbezüglichen Ausführungen der Rekurswerberin.

Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses an die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden (§ 526 Abs 2 ZPO). Die Zurückweisung des Rekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):

Dem vorliegenden Klagebegehren liegt der Anspruch des Zessus gegen den Zessionar nach einem Teilrücktritt des Zessus vom Vertrag mit dem Zedenten über die Erbringung von Elektroinstallationsarbeiten zugrunde; und zwar wird in der Klage vom Zessus jener Betrag rückgefordert, der den vom Zedenten nicht (mehr) erbrachten Leistungen entspricht.

Der Oberste Gerichtshof entschied zu 7 Ob 732/79 (= SZ 52/174 = JBl 1981, 98 [Kantner]), dass für den Zessionar, dem vom Zessus eine Vorleistung erbracht wurde, auf die er nur unter der Voraussetzung ihres Rechtsbestandes Anspruch hatte (was zumindest dann der Fall ist, wenn ihm eine Forderung aus einem bestimmten Vertrag abgetreten wurde und er erkennen musste, dass diese Forderung von der nachträglichen Erbringung einer Gegenleistung abhängig ist), bei Rücktritt des Zessus vom Vertrag mit dem Zedenten nach § 918 ABGB (wodurch der Anspruch des Rücktrittsgegners auf die bedungene Vorleistung ex tunc erlischt und für den Zessus ein Rückabwicklungsanspruch nach § 921 zweiter Satz ABGB entsteht, welche Bestimmung einen Anwendungsfall des § 1435 ABGB beinhaltet) der Grund, die empfangene Leistung zu behalten, wegfällt, weshalb er selbst für die Rückforderung nach § 921 zweiter Satz ABGB passiv legitimiert ist. Diese Ausführungen wurden in den weiteren Entscheidungen 5 Ob 710/79 (= SZ 53/1) und 5 Ob 757/79 bekräftigt (RIS-Justiz RS0018392).

Dass sich die Sachverhalte in den genannten Entscheidungen voneinander unterscheiden, begründet noch keine erhebliche Rechtsfrage. Während die Rollenverteilung in SZ 52/174 ohnehin dem vorliegenden Fall entspricht, klagte zu SZ 53/1 (und 5 Ob 757/79) der Zedent den Zessionar; dabei wurde jedoch jeweils auf die Rechtslage zwischen Zessus und Zessionar Bezug genommen.

Von dieser Rechtsprechung ausgehend bejahte das Berufungsgericht auch im vorliegenden Fall den Anspruch des Zessus gegen den Zessionar auf Rückersatz der Überzahlung. Dieser Beurteilung ist nicht entgegenzutreten. Gerade bei größeren Bauvorhaben ist es die Regel, dass Teilrechnungen gelegt werden. Der Schluss, dass die von einem Elektroinstallationsunternehmen global abgetretenen Forderungen auch von der nachträglichen Erbringung von Gegenleistungen des Zedenten abhängig sind, liegt daher auf der Hand. Auf eine besondere "Schlechtgläubigkeit" des Zessionars kommt es nicht an. Aspekte der Auslegung des Prozessvorbringens begründen wegen ihrer Einzelfallbezogenheit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass es keiner Nachfristsetzung iSd § 918 ABGB bedarf, wenn der Schuldner zur Erfüllung des Vertrages auf die bedungene Weise nicht mehr bereit ist (RIS-Justiz RS0018428 ua). Die diesbezüglichen, erstmals angestellten Überlegungen der Rekurswerberin gehen daher ins Leere. Es stellen sich hier auch keine Fragen der Gewährleistung. Von einer "unzumutbaren Risikoverschiebung" zu Lasten der Beklagten kann allenfalls keine Rede sein.

Die Klägerin zahlte als Zessus schuldbefreiend auf das vom Zedenten auf den jeweiligen Teilrechnungen angegebene Konto bei der Beklagten als Zessionar (unstrittig); auf eine darüber hinausgehende "Bereicherung" der Beklagten kommt es nicht an. Die diesbezüglichen Überlegungen können daher auf sich beruhen.

Mangels Abhängigkeit der Entscheidung von einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war der Rekurs zurückzuweisen. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, dass der Sachverhalt zur Höhe des Rückforderungsanspruches noch klärungsbedürftig ist, ist nicht entgegenzutreten (RIS-Justiz RS0042179).

Kosten der Rekursbeantwortung waren der Klägerin nicht zuzuerkennen, weil sie nicht auf die Unzulässigkeit des Rekurses der Beklagten hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0035962).