JudikaturJustiz8ObS114/01z

8ObS114/01z – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. November 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Dr. Martha Seböck und Mag. Christa Marischka als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Severinka Z*****, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Oberösterreich, 4020 Linz, Gruberstraße 63 (nunmehr: IAF-Service GmbH), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen S 156.747,12 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. März 2001, GZ 12 Rs 55/01x-18, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. November 2000, GZ 19 Cgs 206/99m-12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen, die in Ansehung der Abweisung eines Teilbegehrens von S 21.851,52 netto samt 4 % Zinsen aus S 178.598,64 seit 28. 10. 1999 als unangefochten unberührt bleiben, werden darüber hinaus, somit im Umfang eines Betrages von S 156.747,12, und im Kostenpunkt aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit ihrer am 9. 11. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung von S 178.598,64 netto sA an Insolvenz-Ausfallgeld schuldig zu erkennen. Sie sei seit 15. 11. 1976 Hausbesorgerin in einem Wiener Wohnhaus, welches im Mehrheitseigentum des Ing. N. stehe. Das Arbeitsverhältnis sei aufrecht. Ing. N. habe die Liegenschaft 1984 erworben und auch die Hausverwaltung übernommen. Mehr als 10 Jahre lang habe die Klägerin ihren Lohn problemlos bekommen. Danach sei die Klägerin gezwungen gewesen, ihre Lohnforderungen mit Klage vom 18. 3. 1996 gerichtlich geltend zu machen. Die offenen Ansprüche seien nach dem ersten Verhandlungstermin zur Gänze befriedigt worden. Ab diesem Zeitpunkt habe die Klägerin keinen Lohn mehr erhalten und sei immer wieder auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet worden. In der Folge sei es zu weiteren Klagen und Exekutionsführungen gekommen, die jedoch erfolglos geblieben seien. Die zur Verfügung gestellte Dienstwohnung sei ein Entgeltbestandteil des Hausbesorgerdienstverhältnisses. Hausbesorger mit Dienstwohnung stünden unter dem besonderen Kündigungsschutz des § 18 HBG, der unter anderem die drohende Obdachlosigkeit des Hausbesorgers bei Nichtvorliegen eines verschuldensabhängigen Kündigungsgrundes verhindern solle. Folge man der Rechtsauffassung der Beklagten, würden diese Kündigungsschutzbestimmungen obsolet werden, da vom Hausbesorger verlangt würde, zur Wahrung seiner Ansprüche selbst das Dienstverhältnis zu beenden. Zudem habe sich die Suche nach einer finanziell leistbaren Wohnung als äußerst schwierig herausgestellt und sei auf Grund des Einkommensausfalls die Versorgung auf dem freien Wohnungsmarkt unmöglich gewesen. Es könne der Klägerin daher kein Vorwurf gemacht werden, sie habe missbräuchlich und in sittenwidriger Weise das Zahlungsrisiko auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds verlagern wollen. Die Klagsforderung ergebe sich aus offenem Lohn für die Zeit vom 1. 3. 1996 bis 28. 2. 1999 zuzüglich des jeweiligen Urlaubszuschusses und der Weihnachtsremuneration sowie Zinsen und Kosten.

Die Beklagte wendete dagegen ein, die Inanspruchnahme des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds sei wegen des langen Aufrechterhaltens des Dienstverhältnisses trotz Nichtzahlung des Lohns missbräuchlich. Es liege eine atypische Gestaltung des Arbeitsverhältnisses vor, die nicht auf die Erzielung von Entgelt zur Bestreitung des Lebensunterhalts, sondern auf die Erhaltung der Wohnung gerichtet gewesen sei.

Ds Erstgericht erkannte die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 156.747,12 schuldig und wies ein Mehrbegehren von S 21.851,52 sowie das gesamte Zinsenbegehren ab. Die Klägerin sei seit 15. 11. 1976 in einem Wiener Wohnhaus als Hausbesorgerin beschäftigt gewesen. Dieses stehe im Mehrheitseigentum des Ing. N., dessen Antrag auf Konkurseröffnung mangels kostendeckenden Vermögens mit Beschluss vom 28. 10. 1998 abgewiesen worden sei. Ing. N. habe die Liegenschaft im Jahr 1984 erworben und auch die Hausverwaltung übernommen. Erstmals 1995 sei es zu Verzögerungen in der Lohnauszahlung gekommen. Die Klägerin habe daraufhin mit Klage vom 18. 3. 1996 ausstehende Löhne für den Zeitraum 1. 5. 1995 bis 29. 2. 1996 sowie eine Lohndifferenz aus dem Zeitraum 1. 1. bis 30. 4. 1995 zuzüglich Sonderzahlungen im Gesamtnettobetrag von S 54.815,94 eingeklagt. Ing. N. habe zwar gegen den Zahlungsbefehl vom 20. 3. 1996 Einspruch erhoben, zufolge Zahlung des Klagsbetrags sei jedoch dann Ruhen des Verfahrens eingetreten.

Ab diesem Zeitpunkt habe die Klägerin keinen Lohn mehr ausbezahlt erhalten. Ing. N. habe nach Urgenz mit Schreiben vom 10. 10. 1996 die Zahlung des damals für die Zeit vom 1. 3. bis 30. 9. 1996 ausständigen Lohns für die nächsten Tage zugesagt. Mangels Zahlung habe die Klägerin mit Klage vom 27. 1. 1997 den Lohnrückstand für den Zeitraum 1. 3. 1996 bis 31. 12. 1996 zuzüglich Sonderzahlungen im Gesamtnettobetrag von S 57.161,68 eingeklagt. In der Folge sei ein Versäumungsurteil ergangen, das in Rechtskraft erwachsen sei. Mit Beschluss vom 10. 6. 1997 sei "zufolge dieses Exekutionstitels gegen die verpflichtete Partei WEG der Liegenschaft ...", Ing. N., die Fahrnisexekution und - da diese erfolglos geblieben sei - in der Folge die Forderungsexekution bewilligt worden. Auch diese sei ohne Erfolg geblieben. Am 17. 9. 1997 habe die Klägerin die Lohnansprüche für den Zeitraum 1. 1. 1997 bis 31. 8. 1997 im Nettobetrag von S 43.290,66 eingeklagt, der Zahlungsbefehl vom 23. 9. 1997 sei in Rechtskraft erwachsen. Am 27. 5. 1998 habe die Klägerin einen weiteren Nettobetrag von S 43.510,46 für Lohnansprüche September 1997 bis einschließlich April 1998 klagsweise geltend gemacht. Der Zahlungsbefehl sei ebenfalls rechtskräftig geworden. Die bewilligte Forderungsexekution sei erfolglos geblieben.

Obwohl von den Hausparteien laufend an Ing. N. als Hausverwalter Betriebskosten bezahlt worden seien, sei von diesem an die Klägerin kein Lohn ausbezahlt worden. Ebenso seien öffentliche Abgaben in beträchtlicher Höhe unbeglichen geblieben. "Aus diesen Gründen haben Wohnungseigentümer" am 1. 7. 1999 bei Gericht die Abberufung des Ing. N. als Hausverwalter beantragt.

Im Hausbesorgerdienstvertrag der Klägerin vom 10. 11. 1976 sei ihr die mietzinsfreie Benützung einer Dienstwohnung für die Dauer des Dienstverhältnisses eingeräumt worden. Die Klägerin habe neben der Tätigkeit als Hausbesorgerin noch bei der Gemeinde Wien als Helferin in der Kinderübernahmestelle gearbeitet. Die Klägerin habe trotz der beträchtlichen Entgeltrückstände ihren vorzeitigen Austritt deshalb nicht erklärt, weil sie die mietzinsfreie Wohnung nicht habe verlieren wollen. Seit April 1999 erhalte die Klägerin wieder regelmäßig ihren Lohn.

Zur rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, dass vor und nach der IESG-Novelle 1997 Ansprüche aus dem Zweck des Gesetzes in seinem Kernbereich nicht entsprechenden Arbeitsverhältnissen nicht gesichert seien, sodass ein solcher Arbeitnehmer auch nicht für die letzten sechs Monate (§ 3a Abs 1 IESG) vor Konkurseröffnung rückständigen Lohn gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds erfolgreich geltend machen könne. Ein Zuwarten mit der Geltendmachung von laufenden Entgeltansprüchen für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten gelte jedenfalls als missbräuchlich.

Für die Beurteilung des Sachverhalts sei einerseits von Bedeutung, dass die Hausbewohner immer die Betriebskosten bezahlt haben, sodass die Klägerin davon habe ausgehen können, die entsprechenden Mittel für ihre Entlohnung seien vorhanden. Andererseits sei die für einen Hausbesorgerdienstvertrag charakteristische Verknüpfung von Dienstleistung und Dienstwohnung hervorzuheben. Untrennbar verbunden mit der Auflösung des Dienstverhältnisses sei auch der Verlust der - mietzinsfreien - Dienstwohnung. In Zusammenschau dieser Umstände sei nicht davon auszugehen, dass die Klägerin missbräuchlich, d.h. zu Lasten des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds ihr Dienstverhältnis aufrecht erhalten habe. Auch nach einem anzustellenden Fremdvergleich sei das Dienstverhältnis der Klägerin nicht als atypisch einzustufen. Gerade die Aufrechterhaltung der mietzinsfreien Dienstwohnung stelle einen nicht unbeträchtlichen Anteil an der Bestreitung des Lebensunterhalts dar. Zusammenfassend bedeute dies, dass der Klägerin Insolvenz-Ausfallgeld im Sinn des § 3a Abs 1 IESG jeweils für jene Zeiträume von sechs Monaten zuzuerkennen sei, die den jeweiligen Klagen vorangingen. Zinsen und Kosten seien nur entsprechend den ersiegten Beträgen zuzusprechen. Der begehrte Zuspruch von Zinsen aus dem ersiegten Betrag seit 28. 10. 1999 sei abzuweisen gewesen, weil gemäß § 3 Abs 2 Z 2 IESG Zinsen nur ab der Fälligkeit der gesicherten Ansprüche bis zum Ablauf der Frist nach § 6 Abs 1 IESG (sechs Monate) zustünden.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Vorgangsweise der Klägerin, ihr Dienstverhältnis über einen Zeitraum von rund zweieinhalb Jahren aufrecht zu belassen, ohne Entgeltzahlungen zu erhalten und ohne auch nur den Versuch eines Austritts zu unternehmen, im Nachhinein jedoch für den gesamten Zeitraum den Lohn vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds einzufordern, führe zur Annahme des Vorliegens eines atypischen Arbeitsverhältnisses, das einem Fremdvergleich nicht standhalte. Das Dienstverhältnis sei offenkundig nicht auf Erzielung von Entgelt für die Bestreitung des Lebensunterhalts gerichtet gewesen, sondern es scheine vielmehr der bedingte Vorsatz vorgelegen zu sein, die aushaftenden Entgeltansprüche gegen den Fonds geltend zu machen und auf diesen das Finanzierungsrisiko für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu überwälzen. Daran könne auch der Umstand, dass sich die Klägerin durch die Weiterbenützung der ihr eingeräumten Dienstwohnung im Ergebnis zumindest einen Teil der sonst anfallenden Lebenshaltungskosten habe ersparen können, nichts ändern. Da es sich bei der Hausbesorgerwohnung nicht um eine Natural-, sondern um eine Dienstwohnung handle, die in erster Linie zur zweckentsprechenden Verrichtung der vom Hausbesorger geschuldeten Arbeit erforderlich sei, zeige sich der Missbrauch zu Lasten des Fonds besonders deutlich, wenn die Klägerin die Fortsetzung des Dienstverhältnisses damit rechtfertige, die Dienstwohnung gerade für private Wohnzwecke benötigt zu haben. Der diesbezüglich zumindest bedingte Vorsatz der Klägerin zeige sich durch die regelmäßigen offenkundig auf die Sechsmonatsfrist des § 3a Abs 1 IESG abstellenden Klagen und die Tatsache, dass die Klägerin trotz Erfolglosigkeit der Exekutionen den vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis nicht einmal angedroht habe. Lägen besondere Umstände wie das Stehenlassen der gesamten Entgeltansprüche über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren ohne Austritt aus dem Dienstverhältnis vor, könne auch der für die letzten sechs Monate rückständige Lohn nicht erfolgreich gegen den Fonds geltend gemacht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist wegen des Vorliegens gravierender sekundärer Verfahrensmängel zulässig; es kommt ihr im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen auch Berechtigung zu.

Zweck des IESG ist die sozialversicherungsrechtliche Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Ansprüchen von Arbeitnehmern im Fall der Insolvenz ihres Arbeitgebers. Es sind nur jene Ansprüche gesichert, die mit den ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Haupt- und Nebenpflichten in einem solchen Sachzusammenhang stehen, dass davon ausgegangen werden kann, die Ansprüche hätten ihren Entstehungsgrund letztlich im Arbeitsverhältnis (DRdA 1992, 383; SZ 69/195 ua). Voraussetzung des Anspruchs auf Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld ist daher gemäß § 1 Abs 1 IESG unter anderem, dass über das Vermögen des Arbeitgebers (ehemaligen Arbeitgebers) im Inland der Konkurs eröffnet wird oder dieser Tatsache gleichzusetzende vom Gesetz aufgezählte Maßnahmen (§ 1 Abs 1 Z 1 bis 6 IESG) getroffen werden (ArbSlg 11.995; Liebeg, IESG2 § 1 Rz 136). Der Arbeitgeberbegriff im Sinn des § 1 Abs 1 IESG orientiert sich ebenso wie der Arbeitnehmerbegriff am Arbeitsvertragsrecht und nicht am Sozialversicherungsrecht. Demnach ist unter Arbeitgeber - als Pendant zum Arbeitnehmer - derjenige zu verstehen, dem sich der Arbeitnehmer auf gewisse Zeit zur Arbeitsleistung verpflichtet hat, dem also das Recht zusteht, vom Arbeitnehmer Arbeitsleistungen in persönlicher Abhängigkeit aus eigenem Recht zu fordern (SZ 69/195; DRdA 1997, 285; 8 ObA 30/01x; Liebeg aaO). Richtet sich der Entgelt- oder sonstige Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis nicht gegen den (ehemaligen) Arbeitgeber, sondern - zulässig vereinbart, da die Entgeltleistung nicht ein notwendiges Element des Arbeitsvertrages ist - nur gegen einen Dritten, so besteht aus dem deutlichen Wortlaut des Gesetzes heraus kein gesicherter Anspruch. Konkurseröffnung über das Vermögen des (ehemaligen) Arbeitgebers bzw gleichgestellter Tatbestand erfüllen die Sicherungsvoraussetzungen nur dann, wenn ein zu sichernder Anspruch gegen den Arbeitgeber besteht. Konkurseröffnung oder ein gleichgestellter Tatbestand betreffend das Vermögen des entgeltzahlungspflichtigen Dritten, der nicht Arbeitgeber ist, lösen die Sicherung nicht aus. Mit der Verweisung auf die "gegen den Arbeitgeber" zustehenden Ansprüche hat das Gesetz abschließend den Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld bei Bestehen von lediglich gegen den Nichtarbeitgeber zu richtenden Ansprüchen verneint (SZ 69/195; Liebeg aaO Rz 138).

Weder dem Vorbringen der Klägerin noch den erstinstanzlichen Feststellungen kann mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, wer nun tatsächlich Arbeitgeber der Klägerin gewesen ist. Während die Klägerin sich auf das Vorbringen beschränkt, sie sei seit 15. 11. 1976 in dem Wohnhaus, welches im Mehrheitseigentum des Ing. N. steht, als Hausbesorgerin beschäftigt, hat das Erstgericht zu Beginn der Entscheidungsgründe (S. 2 der Urteilsausfertigung) zwar dieses Vorbringen übernommen und ebenfalls das Mehrheitseigentum des Ing. N. festgestellt, dann jedoch auf S. 6 der Urteilsausfertigung die Feststellung getroffen, Ing. N. habe im Jahr 1984 die Liegenschaft erworben und auch die Hausverwaltung übernommen, sodass der Eindruck erweckt wird, Ing. N. sei Alleineigentümer der Liegenschaft gewesen. Aus dem vom Obersten Gerichtshof beigeschafften Grundbuchsauszug ergibt sich demgegenüber, dass an der Liegenschaft offenbar im Jahre 1989 Wohnungseigentum begründet wurde und Ing. N. Eigentümer von möglicherweise mehr als der Hälfte der Wohnungen ist. Das Bestehen von Wohnungseigentum ergibt sich auch indirekt aus dem Ersturteil - obwohl dort auch von "Mietern der Liegenschaft" (S. 8 der Urteilsausfertigung) gesprochen wird -, weil als verpflichtete Partei einmal die "WEG der Liegenschaft ..." (S. 7 der Urteilsausfertigung) angeführt und sodann festgestellt wird, die "Wohnungseigentümer" hätten die Abberufung von Ing. N. als Hausverwalter beantragt (S. 8 der Urteilsausfertigung).

Nach ständiger Rechtsprechung ist Arbeitgeber eines Hausbesorgers grundsätzlich der Hauseigentümer (ArbSlg 9773; ArbSlg 10.307; ArbSlg 11.487; 8 ObA 190/00z ua), der gemäß § 7 Abs 1 Hausbesorgergesetz (HbG) an den Hausbesorger für die nach den §§ 3 und 4 Abs 1 HbG zu erbringenden Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt monatlich im Nachhinein zu leisten hat. Es wurde jedoch auch bereits mehrmals ausgesprochen, dass aus den dargestellten Grundsätzen nicht zwingend folge, einzelne Vertragsverhältnisse könnten nicht andere Vertragspartner als den Hauseigentümer aufweisen (ArbSlg 10.565; ArbSlg 11.487). Der Hausverwalter ist gemäß § 1029 ABGB auch zum Abschluss von Hausbesorgerdienstverträgen bevollmächtigt, weshalb der Erklärungsempfänger den Vertrag als im Namen des Eigentümers geschlossen verstehen darf (DRdA 1981/2). Dies trifft allerdings nicht zu, wenn der Hausverwalter ausdrücklich erklärt, im eigenen Namen kontrahieren zu wollen (ArbSlg 11.487; 8 ObA 190/00z).

Nach der durch das 3. WÄG mit Wirksamkeit vom 1. 1. 1994 eingeführten Bestimmung des § 13c WEG bilden alle Wohnungs- und sonstigen Miteigentümer der Liegenschaft zu deren Verwaltung die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese kann in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft als solche Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und am Ort der gelegenen Sache geklagt werden. Das Gesetz versteht unter den der Wohnungseigentümergemeinschaft zukommenden Maßnahmen der Verwaltung solche der Geschäftsführung (SZ 60/83; immolex 1997, 335). Abschluss und Beendigung eines Dienstvertrags mit einem Hausbesorger fallen unter die der Wohnungseigentümergemeinschaft zustehende ordentliche Verwaltung, weshalb die Wohnungseigentümergemeinschaft Dienstgeber mit allen Verpflichtungen ist (9 ObA 209/97v; 8 ObA 4/98s).

Der Oberste Gerichtshof verkennt nicht, dass der Dienstvertrag der Klägerin offenkundig lange vor Inkrafttreten des § 13c WEG geschlossen wurde und dass das Gesetz nach nun bereits ständiger Rechtsprechung keine Rückwirkung auf bereits vor Inkrafttreten des 3. WÄG verwirklichte Sachverhalte anordnet. Wenngleich in diesem Zusammenhang auch wiederholt ausgesprochen wurde, dass keine ex lege eintretende Gesamtrechtsnachfolge der Wohnungseigentümergemeinschaft für vor dem 1. 1. 1994 verwirklichte Sachverhalte angenommen werden kann und insoweit die einzelnen Miteigentümer passiv legitimiert bleiben (RIS-Justiz RS0105481), wurde doch hinsichtlich der nach dem 31. 12. 1993 entstandenen Aufwandersatzansprüche des Verwalters die Passivlegitimation der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft bejaht (5 Ob 61/99b). Der Verwalter stehe seit der Anerkennung der Rechtspersönlichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft zu ihr und nicht mehr zu den einzelnen Mit- und Wohnungseigentümern in einem Auftragsverhältnis. Die Wohnungseigentümergemeinschaft entscheide in Verwaltungsangelegenheiten und sei damit zum Gewaltgeber des Verwalters geworden (RIS-Justiz RS0110933; RS0110934; 5 Ob 265/98a ua). Im Ergebnis wird damit ein Vertragseintritt der Wohnungseigentümergemeinschaft in Dauerschuldverhältnisse (hinsichtlich der allgemeinen Teile) mit Wirkung des Inkrafttretens des 3. WÄG am 1. 1. 1994 bejaht (Löcker, "Altmietwohnung" und Passivlegitimation im Verfahren zur Feststellung des vereinbarten Mietzinses, immolex 2000, 85), wobei die neue Gesetzeslage auf die nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens fällig werdenden Leistungen anzuwenden ist (5 Ob 16/96; Illedits, Die Wohnungseigentümergemeinschaft, WoBl 2000, 65).

Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass, sollte nicht ein vom Hausverwalter Ing. N. ausdrücklich im eigenen Namen abgeschlossener oder übernommener Dienstvertrag vorliegen, die Wohnungseigentümergemeinschaft, soweit Wohnungseigentum an der Liegenschaft während des strittigen Zeitraums ab 1. 3. 1996 begründet wurde, nunmehr als Dienstgeberin anzusehen wäre.

Aus dem Akteninhalt könnte entnommen werden, dass die Klägerin tatsächlich davon ausging, im strittigen Zeitraum sei die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Dienstgeberin gewesen, obwohl die Klägerin dazu - wie dargestellt - keinerlei Vorbringen erstattet hat und die Vorinstanzen dazu - mit der einzigen Ausnahme der bereits mehrfach zitierten Nennung der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verpflichtete - keinerlei Feststellungen getroffen haben. Aus den im Akt erliegenden Klagen, auf welche sich die Klägerin im Sinne des § 3a Abs 1 IESG berufen hat, ergibt sich nämlich, dass sie Ing. N. niemals persönlich für den aushaftenden Lohn in Anspruch genommen hat. Die am 19. 3. 1996 eingebrachte Klage, die schließlich zur Zahlung der dort begehrten in der Zeit vom 1. 5. 1995 bis 29. 2. 1996 aufgelaufenen Lohnrückstände führte, bezeichnet als Beklagte die "Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft ... vertreten gemäß § 17 WEG durch Ing. Manfred N. ..., Hausverwalter". Dieselbe Bezeichnung findet sich auch in den Klagen vom 27. 1. 1997, 17. 9. 1997 und 27. 5. 1998, welche jene Zeiträume umfassen, für die nunmehr Insolvenz-Ausfallgeld begehrt wird. Aus dem Verwaltungsakt der Beklagten ergibt sich, dass auch in den jeweiligen Exekutionsverfahren die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verpflichtete benannt war und Forderungsexekutionen als Rechtsgrund der Forderung "gemäß § 13c Abs 2 WEG Rücklagen und Vorauszahlungen" anführten, wobei als Drittschuldner die "Hausverwaltung Ing. Manfred N. ..." bezeichnet wurde. Demgegenüber enthält allerdings das ebenfalls im Akt erliegende Schreiben vom 10. 10. 1996, mit welchem der die Interessen der Klägerin wahrnehmenden Gewerkschaft die (allerdings nie durchgeführte) Zahlung des Rückstandes für März 1996 bis September 1996 in Aussicht gestellt wurde, lediglich eine Stampiglie mit Namen und Anschrift von Ing. N. ohne Hinweis auf seine Verwaltereigenschaft.

Sollte nach den noch zu treffenden Feststellungen tatsächlich die Wohnungseigentümergemeinschaft Dienstgeberin der Klägerin gewesen sein, ergibt sich das Bild, dass diese zwar von der Klägerin mehrfach klagsweise in Anspruch genommen wurde, es jedoch an der weiteren unabdingbaren Voraussetzung des § 1 Abs 1 IESG mangelt, nämlich dass über das Vermögen des Arbeitgebers im Inland der Konkurs eröffnet wurde oder einer der in den Z 1 bis 6 dieser Gesetzesstelle genannten gleichzuhaltenden Sachverhalte gegeben war. Zwar hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung 8 ObS 60/00g ausgesprochen, dass die im § 1 Abs 1 Z 1 bis 6 IESG genannten, der Konkurseröffnung gleichzuhaltenden Tatbestände einer vorsichtigen Analogie zugänglich seien, jedoch wurde diese nur insoweit anerkannt (Zurückweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung wegen vorausgehender Löschung wegen Vermögenslosigkeit), als Konformität mit Art 2 Abs 1 lit b der Richtlinie 80/987/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vom 20. 10. 1980 herzustellen war. Danach gilt ein Arbeitgeber als zahlungsunfähig, "wenn die auf Grund der genannten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zuständige Behörde

Von einer derartigen Situation kann aber jedenfalls dann nicht die Rede sein, wenn lediglich erfolglos in das Vermögen Exekution geführt wurde. Auch die subsidiäre Haftung der Wohnungseigentümer gemäß § 13c Abs 2 WEG vermag zu keiner anderen Sichtweise zu führen. Danach ist ein gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft ergangener Exekutionstitel nur in die Rücklage oder in die vom Verwalter eingehobenen Vorauszahlungen der Miteigentümer für Aufwendungen zu vollstrecken. Soweit die Rücklage und die eingehobenen Vorauszahlungen keine ausreichende Deckung bieten, haften die Miteigentümer für den Ausfall im Zweifel im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile. Zur Rechtsnatur der Miteigentümergemeinschaft führen Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 § 13c WEG Rz 1 aus, dass sie keine volle juristische Person, sondern vielmehr (als Verwaltungsgemeinschaft) eine Gemeinschaft besonderer Art sei, die am ehesten mit den Personengesellschaften des Handelsrechtes zu vergleichen ist, aber im Wesentlichen ein Sondervermögen darstellt, das dem Wesen einer Stiftung nahekommt (vgl auch RIS-Justiz RS0108020). Diese Rechtsnatur der Wohnungseigentümergemeinschaft macht es zulässig, die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage der Sicherung von Ansprüchen gegen eine Personengesellschaft des Handelsrechts und der Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen des § 1 IESG in Ansehung deren persönlich haftender Gesellschafter auch für den hier zu beurteilenden Fall heranzuziehen. Dort wurde ausgesprochen, dass die aus der (weitergehenden) Haftungsbestimmung des § 128 HGB abzuleitende Pflicht der Gesellschafter zur Lohnzahlung sich nicht auf den mit der Gesellschaft abgeschlossenen Arbeitsvertrag gründe, sondern außerhalb desselben auf die gesetzliche Haftungsbestimmung, weshalb im Konkurs der Gesellschafter die gegen sie gerichteten Lohnzahlungsansprüche nicht nach dem IESG gesichert seien (RIS-Justiz RS0104998; SZ 69/195; ArbSlg 11.995). Dass ein gegen einen der Wohnungseigentümer gerichteter Konkursantrag mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde, vermag somit auch unter dem Blickwinkel der Bestimmung des § 13c Abs 2 WEG die Sicherung des gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Dienstgeberin gerichteten Entgeltanspruchs nach dem IESG nicht zu begründen. Vielmehr stellt sich auf Grund der - wenngleich subsidiären - Haftung nach dieser Gesetzesstelle die Frage nach dem Sicherungsausschluss im Sinn des § 1 Abs 3 Z 5 IESG, der Ansprüche betrifft, für die auf Grund gesetzlicher Anordnung ein anderer als der Arbeitgeber (ehemaliger Arbeitgeber) zur Zahlung verpflichtet ist (8 ObS 219/99k, 8 ObS 126/00p, 8 ObS 82/01v). Diese Frage muss hier jedoch nicht abschließend gelöst werden.

Lediglich wenn Ing. N. im eingangs dargestellten Sinn persönlich als Dienstgeber der Klägerin aufgetreten sein sollte, wären die Voraussetzungen des § 1 Abs 1 IESG erfüllt, allerdings mangelte es nach dem bisherigen Akteninhalt in einem derartigen Fall an einer Klagsführung oder sonstigen Betreibung des Anspruchs gegenüber diesem Dienstgeber. Insoweit bedarf es weiterer Feststellungen, weil erst dann beurteilt werden könnte, ob der Klägerin zumindest in der Sechs-Monatsgrenze des § 3a Abs 1 IESG Ansprüche gegenüber der Beklagten zustehen.

Deshalb und da die hier behandelte rechtliche Problematik weder von den Parteien noch den Vorinstanzen auch nur im Ansatz erkannt wurde, ist der Revision im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen Folge zu geben.

Rechtssätze
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